Aero International September 2017

(Greg DeLong) #1
Die balkenförmige
Satelliten-Antenne oben
auf dem Rumpf ist
dreh- und schwenkbar

48 http://www.aerointernational.de 9/2017

IndustrIe & technIk


W

enn ich in der Luft bin, melde
ich mich wieder.“ Darius Hölt-
ge gibt noch schnell auf sei-
nem Smartphone einen Smiley
ein – und meldet sich dann auf
Whatsapp ab. Das Boarding für seinen Flug
von Bremen nach Frankfurt hat begonnen.
Etwas später erreicht der Airbus A319 seine
Reiseflughöhe, der Journalist an Bord öffnet
wieder die App, um sich erneut bei seinen
Kollegen zu melden.
Was für Höltge auf diesem Flug völlig
normal ist, war bis vor wenigen Jahren auf
Kurz- und Mittelstrecken in Europa kaum
möglich. Selbst auf Langstreckenflügen war
die Verbindung mit dem weltweiten Netz
keine Selbstverständlichkeit – und viele Ma-
schinen eine internetfreie Zone.
„Heute gibt es in diesem Bereich einen
regelrechten Hype“, erläutert Lukas Bucher,
Head of Connectivity Programs bei Luft-
hansa Technik. Immer mehr Airlines rüs-
ten ihre Flugzeuge mit der entsprechenden
Technik aus. Der Markt boomt. Connectivi-
ty lautet das Stichwort. Den Fluggesellschaf-
ten bieten sich neue Servicemöglichkeiten
und damit die Chance, sich von Wettbewer-
bern abzuheben – und eine neue Einnah-
mequelle. „In acht oder zehn Jahren werden
wir nur noch Flugzeuge sehen, die mit dem
Internet verbunden sind“, schätzt Bucher.
Bei der Lufthansa sind seit Juni 2015 alle
Langstreckenflugzeuge online. Jetzt wird die
Kurz- und Mittelstreckenflotte umgerüstet.
Auf vielen Flügen über Deutschland können
sich Passagiere bereits gegen Gebühr ins In-
ternet einwählen.
Hinter dem Begriff Connectivity muss
sich nicht zwingend eine Verbindung mit
dem Internet verbergen. „Grundsätzlich
gibt es zwei Connectivity-Möglichkeiten,
mit denen Airlines ein Flugzeug ausstatten
können“, erklärt Sven Räcker, bei Lufthan-
sa Technik als Product Engineer Original
Equipment Innovation tätig. Die eine: Über
eine Antennen-Anlage ist das Flugzeug mit
Satelliten oder Bodenstationen verbunden,
sodass die Passagiere an Bord im Internet
surfen und ihre Mails abrufen können. Die

zweite: ein WLAN-Funknetz, das nur an
Bord besteht. So können Passagiere mit ih-
ren Smartphones oder Tablets, die sie oh-
nehin dabei haben, eine Verbindung zum
Servercomputer des Bordunterhaltungspro-
gramms aufnehmen. Dank einer speziellen
App sehen sie dann mit ihren eigenen Gerä-
ten Filme oder hören Musik. So können die
Airlines auch auf kürzeren Strecken Inflight
Entertainment bieten, ohne dafür in jedem
Sitz aufwändige, teure und schwere Technik
installieren zu müssen. Dieses Sparpotenzial
wird auch in Langstreckenmaschinen umge-
setzt werden: „In der Economy ist der klare
Trend, dass die Airlines darauf verzichten,
Bildschirme in die Sitze einzubauen“, gibt
Räker das Marktgeschehen wieder.
Die meisten Fluggesellschaften kombinie-
ren beide Varianten der Konnektivität.
Voraussetzung für ein drahtloses Bord-
netz ist die Installation von Wireless Access
Points (WAP) in der Kabine. „WAPs werden
normalerweise unter den Decken-Paneln in-
stalliert“, erläutert Räker. Airbus A320 und
Boeing 737 benötigen drei bis vier WAPs,
um die gesamte Kabine zu versorgen; in
Großraumflugzeugen wie der Boeing 747
oder dem Airbus A380 werden bis zu sieben
Geräte eingebaut. Der Betrieb des Funknet-
zes ist auf den Reiseflug beschränkt.

Antenne Auf Dem Rücken
Sollen die Passagiere die Möglichkeit haben,
sich auch ins Internet einzuwählen, wird
dies heute meist über die Funkverbindung
zu einem Satellitennetz umgesetzt. Die Da-
tenrate bei der Übertragung beträgt dabei
bis zu 70 Megabit pro Sekunde – alle Passa-
giere müssen sich den Zugang teilen.
„Zur Zeit ist der Markt im Umbruch“, sagt
Connectivity-Experte Lukas Bucher von LH
Technik. „Aktuell werden neue Satelliten in
den Orbit geschossen, die viel Bandbreite
bieten.“ Betreiber der Satelliten sind Firmen
wie Viasat oder Inmarsat. Das Lufthansa-
System nutzt zum Beispiel Inmarsat.
Die Kommunikation zwischen Flugzeug
und Satellit erfolgt per Funk in drei Fre-
quenzbereichen: Das Ku-Band deckt den

untersten Bereich mit 12 bis 18 Gigahertz
(GHz) ab, gefolgt vom K-Band mit 18 bis 27
GHz und dem Ka-Band mit 27 bis 40 GHz.
Das Ku-Band wird schon seit längerem
genutzt und ist vergleichsweises stark aus-
gelastet. Das Ka-Band hat gegenwärtig die
größte Bandbreite; die Betreiber können
vergleichsweise günstige Preise für die Da-
tenmengen anbieten. Inmarsat ist zu Zeit
der einzige Anbieter, der Ka-Band-Satelli-
ten im Orbit hat, die in der ganzen Welt mit
Ausnahme der Polkappen erreichbar sind.
Zur Verbindung mit den Satelliten wird
auf dem Rücken der Flugzeuge eine Anten-
ne installiert, die dreh- und schwenkbar ist.
Sie richtet sich automatisch auf das Signal
des künstlichen Himmelskörpers aus und

Surfen über


den Wolken


InteRnet Im flug
dass Passagiere an bord eine online-Verbindung haben,
wird nun auch auf kurz- und Mittelstrecken Standard.
die lufthansa-Gruppe hat bereits einen Großteil ihrer
A320-flotte mit der nötigen Technik nachgerüstet

fo


ToS: j


An br


Ande


S/luf


Th


An


SA T


echnik (2), SA


rA


h ke


SS


ler

Free download pdf