Flugrevue - Februar 2017

(avery) #1
„Die Erde sieht immer
wieder anders aus.“

Ein Flug zum Mond oder zum Mars, das
wär’s! Ich kriege Gänsehaut, wenn ich
mir das vorstelle. Wann es wieder eine
Landung auf dem Mond gibt, ist zwar
schwierig vorherzusagen. Aber das
Orion-Modul ist Realität, es ist schon
gebaut und wird im Moment getestet.
Damit ist es in absehbarer Zeit greifbar
und möglich, dass wir weiter hinaus in
den Weltraum fliegen, um den Mond
herum zum Beispiel. Ich würde mich
wahnsinnig freuen, wenn ich dabei eine
Rolle spielen könnte, in welcher Form
auch immer.

Was interessiert Sie als Wissen-
schaftler am Mond?
Sehr wahrscheinlich ist der Mond aus
der Erde heraus entstanden. Das eröff-
net die Möglichkeit, den Mond als Ar-
chiv zu benutzen. Wir können daraus
lernen, wie die Erde zusammengesetzt
ist, wie sich unser Planet entwickelt hat.
Der Mond hat auch logistische Vorteile.
Wir könnten dort vielleicht einmal Heli-
um-3 als Energiespeicher abbauen. Der

Mehr im
Internet:

In den sozialen Netzwerken Facebook und Twitter berichtet Alexander Gerst aus seinem Training in den USA und
Russland: http://www.facebook.com/ESAAlexGerst, http://www.twitter.com/astro_alex

Mond gibt uns auch die Möglichkeit,
besser Ausschau zu halten – beispiels-
weise auf der Rückseite ein Teleskop zu
bauen oder auch irgendwann eine Basis
zu entwickeln, von der aus man Aste-
roiden ablenken könnte. Generell geht
es um Grundlagenforschung: Wie kön-
nen wir da draußen leben? Wie ist der
Mond aufgebaut? Gibt es dort Wasser?
Können wir dabei lernen, wie wir weiter
zum Mars fliegen?

Durch Ihre Popularität bringen
Sie die Raumfahrt wieder ins Ge-
spräch. Welchen Nutzen ziehen
Sie selbst aus Ihrer Bekanntheit?
Ich habe es immer als Privileg gesehen,
dass ich in den Weltraum fliegen und
diese Erfahrung machen konnte. Aber
für mich war es auch immer eine Pflicht,
dieses Privileg weiterzugeben. Das hat
natürlich Vor- und Nachteile für mein
Privatleben. Es ist nicht immer ganz
einfach, mit der Popularität umzugehen.
Aber es gibt auch schöne Momente.
Wenn man beispielsweise vor 2000 Stu-

denten oder einer Schulklasse redet
und die Begeisterung spürt. Wenn ich
die Gesellschaft vielleicht ein bisschen
zum Guten verändern kann, indem ich
mehr Jungen und Mädchen dazu bringe,
an ihren Traum zu glauben und daran
zu arbeiten, ist das für mich ein riesiges
Kompliment.

Auf was freuen Sie sich bei Ihrer
zweiten Mission auf der ISS am
meisten?
Da gibt es einiges. Der Blick aus der
Cupola, diese Vielfalt! Die Erde sieht
immer wieder anders aus. Und ich habe
auch immer gern im Wissenschaftsmo-
dul gearbeitet. Das liegt vielleicht auch
daran, dass ich Wissenschaftler bin. Die
Bandbreite der Experimente macht gro-
ßen Spaß. Und ich freue mich auch auf
die Situation an Bord, die Freundschaft.
Wenn ich mich an meine letzte Mission
zurückerinnere, da gab es viele großarti-
ge Momente mit meinen Mannschafts-
kameraden.
Die Fragen stellte Ulrike Ebner

FR

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