Flugrevue - Februar 2017

(avery) #1
New Shepard New Glenn
Höhe ~ 15 m (ohne Kapsel) 82 m (zweistufige Variante)
95 m (dreistufige Variante)
Durchmesser ~ 3,5 m 7 m
Startmasse ~ 40 t 1400 t
Triebwerke 1 x BE-3 (Wasserstoff/Sauerstoff) 8 x BE-4 (Methan/Sauerstoff)
1 x BE-3U (Oberstufe)
Schub auf Meereshöhe 490 kN 17 MN

Technische Daten
New Glenn bedeutet ein Riesensprung in Sachen Größe und Leistung.

Über das Orbital-Raumschiff von Blue Origin, hier das
Bild einer Strömungssimulation, ist nicht viel bekannt.

Blue Origin begann vor mehr als vier Jahren mit der
Entwicklung des BE-4. 2017 soll es zugelassen werden.


FR

Schub. Dazu müsste aber nicht nur die
Brennkammer den höheren Druck aus-
halten. Die Pumpen müssten mehr als
die vierfache Leistung bringen, denn sie
müssten nicht nur den doppelten Druck
überwinden, sondern auch die doppelte
Menge Treibstoff durch Kühlkanäle und
Einspritzdüsen pumpen. Es wäre nicht
das erste Triebwerk, das so eine große
Leistungssteigerung vollzieht. Die Mer-
lin 1C von SpaceX erreichten beim ers-
ten Falcon-9-Start nur einen Schub von
420 Kilonewton. Das neueste Merlin 1D
kommt mit einer etwas größeren Brenn-
kammer auf den doppelten Schub.


BLUE ORIGIN WILL KÜNFTIG
ASTRONAUTEN BEFÖRDERN


Der Name der neuen Blue-Origin-Rakete
deutet an, wofür sie gedacht ist. Die klei-
ne New Shepard bekam ihren Namen
von Alan Shepard, dem ersten Amerika-
ner, der mit einer Rakete einen kurzen
Flug in den Weltraum machte. Die große
New Glenn ist nach John Glenn benannt,
dem ersten Amerikaner, der die Erde im
Weltraum umrunde und kürzlich im Al-
ter von 95 Jahren verstorben ist (siehe S.
80). Die Rakete soll dementsprechend
nicht nicht nur Satelliten in den Welt-
raum bringen, sondern eines Tages auch
Astronauten.
Blue Origin arbeitet schon seit 2010
mit Unterstützung der NASA an einem
eigenen Orbital-Raumschiff. Rund 26
Millionen US-Dollar schießt die ameri-
kanische Raumfahrtbehörde im Rahmen
des Commercial-Crew-Development-Pro-
gramms zu. Bisher hält sich Blue Origin
mit der Veröffentlichung technischer


Details aber zurück. Bekannt ist bislang
lediglich, dass das Raumschiff eine bi-
konische Form haben soll, die ein größe-
res Volumen als herkömmliche Kapseln
und ein geringeres Gewicht als ein
Raumgleiter ermöglicht.
Die dritte Stufe der New Glenn ist
für alle Aufgaben gedacht, bei denen
Nutzlasten in hohe Orbits gebracht wer-
den sollen. Das BE-3 ist, dank des Was-
serstoffs als Treibstoff, deutlich effizien-
ter als die methanbetriebenen BE-
4-Triebwerke. Das macht sich besonders
in der letzten Stufe bezahlt, wenn das
zusätzliche Gewicht der übrigen Stufen
schon abgetrennt wurde. Durch diese
Konstruktion dürfte die Rakete auch ei-
ne höhere Nutzlast als die ähnlich
schwere Falcon Heavy von SpaceX ha-
ben. Dort kommen nur die kerosinbe-
triebenen Merlin-Triebwerke zum Ein-
satz, um die Entwicklungs- und Baukos-
ten der Rakete möglichst niedrig zu hal-
ten. Im Gegensatz zu den ersten beiden

Stufen benötigt die dritte Stufe der New
Glenn ein für den Betrieb im Vakuum
optimiertes BE-3-Triebwerk mit größe-
rer Düse, eine neue Konstruktion der
Treibstofftanks und zusätzliche Anlagen
an der Startrampe zum Auftanken der
dritten Stufe.
Welche Auswirkungen der zusätzli-
che Aufwand auf die Kosten hat, weiß
niemand. Zu den Startkosten der Rakete
hat sich das Unternehmen bisher noch
nicht geäußert. Die technischen Daten
der Triebwerke sind nur deshalb be-
kannt geworden, weil ihre Entwicklung
auch von der NASA und der Air Force
mitfinanziert wird. Die Rakete ist dage-
gen ein reines Blue-Origin-Projekt. An-
ders als SpaceX ist die Firma von Jeff
Bezos bisher vor allem durch eine sehr
zurückhaltende Informationspolitik be-
kannt geworden. Dafür hat Bezos mit
seinem Unternehmen Amazon auch
deutlich mehr Kapital, um teure Projek-
te selbst umzusetzen.

http://www.flugrevue.de FLUG REVUE F E BRUA R 2017^77

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