Aero International Mrz 2017

(Nancy Kaufman) #1
3/2017 http://www.aerointernational.de 41

AIRPORT


EXTRA


N


och im November vergangenen
Jahres sah alles nach Einigkeit
aus: Österreichs Finanzminister
Hans Jörg Schelling war nach
Interventionen von Austrian-
Airlines-CEO Kay Kratky und Luthansa-
Vorstand Carsten Spohr bereit, ab 2018 auf
die Hälte der umstrittenen Flugabgabe zu
verzichten. Eine Steuersenkung würde In-
vestitionen in Österreich erleichtern, so die
Airline-Chefs. Seit Einführung der Abgabe
im November 2011 hat der österreichische
Staat insgesamt mehr als 580 Millionen
Euro kassiert – allein 2015 waren es 107
Millionen Euro.
Doch nun kam es anders: Die Steuer-
senkung passierte den Ministerrat über-
raschend nicht. Bundeskanzler Christian
Kern (SPÖ) forderte noch Analysen zur
Standortwirksamkeit. Die Diskussion um
die Halbierung der Ticketsteuer hält somit
weiter an. „Wir hatten Ende 2016 große
Hofnung, dass nun endlich eine schritt-
weise Reduzierung der Flugabgabe ver-
einbart wird“, erläutert Marco Pernetta,
Geschätsführer des Flughafens Innsbruck
und gegenwärtig Präsident der Arbeitsge-
meinschat Österreichischer Verkehrslug-
häfen (AÖV) im Gespräch mit Aero Inter-
national. Pernetta spricht Klartext: Wenn
es um Flughafengebühren gehe, feilschten
Airline-Kunden mit Flughäfen um jeden
Cent. „Sobald wir versuchen, den Preis um
0,1 Prozent zu erhöhen, gibt es einen Rie-
senaufstand. Auf der anderen Seite ent-
spricht die derzeitige Flugabgabe in einigen

Flugabgabe
Österreichs Luftfahrtindustrie hat sich über eine baldige Halbierung der Flugabgabe zu früh gefreut:
Die Pläne dazu scheiterten überraschend im Ministerrat. Doch für 2018 ist eine Lösung in Sicht

REDUZIERUNG VERSCHOBEN


FOTOS: ARCHIV

Fällen einem Aufschlag auf den Ticketpreis
in zweistelliger Prozenthöhe und muss ein-
fach so hingenommen werden. Das ist eine
unheimliche Marktverzerrung“, sagt er.
Zurzeit verteuert die Abgabe Tickets für
Kurzstrecken um sieben Euro, Mittelstre-
cken um 15 Euro und Langstrecken sogar
um 35 Euro. Besonders betrofen sind vor
allem Airports im Osten oder Süden Öster-
reichs – also in direkter Nachbarschat zu
ausländischen Flughäfen, welche von einer
derartigen Steuer befreit sind. Der Flugha-
fen der slowakischen Hauptstadt Bratislava
beispielsweise liegt nur 50 Kilometer von
Wien entfernt.
Für Julian Jäger, Vorstand der Flughafen
Wien AG, ist die Flugverkehrswirtschat
einer der wichtigsten langfristigen Wachs-
tumsfaktoren für den Wirtschats- und
Tourismusstandort Österreich. „Gerade die
aktuellen Entwicklungen bei der Air-Ber-
lin-Gruppe zeigen den hohen Kosten- und
Wettbewerbsdruck, dem Airlines und die
Lutfahrt insgesamt ausgesetzt sind. Das

Jahr 2017 wird hier noch mehr Herausfor-
derungen bringen“. So sichere die österrei-
chische Lutverkehrswirtschat landesweit
insgesamt über 70 000 Arbeitsplätze und
erwirtschate 1,8 Prozent des Bruttoin-
landsprodukts. „Die Lutfahrt ist ein un-
verzichtbarer und nachhaltiger Jobmotor
und Wirtschatsfaktor, der nicht künstlich
geschwächt, sondern durch wettbewerbsfä-
hige Rahmenbedingungen gestärkt werden
soll. Daher ist es dringend notwendig, auf
politischer Seite eine Einigung zur bereits
geplanten Reduktion der Flugticketabgabe
zu inden und damit notwendige Wachs-
tumsimpulse zu ermöglichen“, so Jäger.
Doch wie geht es nun weiter? In ihrem
Ende Januar veröfentlichten Arbeitspro-
gramm hat die Regierung die Halbierung
der Steuer für 2018 nach wie vor auf der
Agenda. Die Gesetzesänderung soll den
Ministerrat endgültig im kommenden Ap-
ril passieren und schließlich zum 1. Januar
in Krat treten.
Kurt Hofmann

Der Flughafen Wien ist durch die Flugabgabe besonders
betroffen: Der benachbarten airport im slowenischen bratislava
ist nur 50 Kilometer entfernt – dort gibt es die Steuer nicht

Klagt über
Standortnach-
teile durch die
Flugabgabe:
Innsbrucks
airportchef
Marco Pernetta
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