Flugzeug Classic April 2017

(Dana P.) #1

TECHNIK Hawker Tempest


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Luftsiegen wird der Verband am 27. März
1945 beanspruchen. Damit heftet sich die
Tempest insgesamt 794 zerstörte Robot-Bombs
auf die Fahnen, mehr als jeder andere Jagd-
flugzeugtyp der Alliierten.

Nie die Flak unterschätzen!
Bei der 2TAF besteht ihre vorrangige Einsatz-
rolle dagegen in der sogenannten bewaffneten
Aufklärung – als klassischer Jagdbomber also,
der Gelegenheitsziele angreift. Falls es nicht
zum Luftkampf kommt, lassen die Piloten ihre
leer geflogenen Zusatztanks im Regelfall unter
den Tragflächen hängen. Zum einen, da sich
dies kaum auf die Fluggeschwindigkeit aus-
wirkt. Zum anderen bleibt dem Wartungsper-
sonal so einiger Aufwand erspart, was wieder-
um die Einsatzintervalle verkürzt. Obwohl die
Tempest mittlerweile auch ungelenkte Rake-
tengeschosse mitführen kann, kommt sie da-
mit lange nicht so häufig zum Einsatz wie ihre
genetische Zwillingsschwester, die Typhoon.
Vor allem, weil Letztere den Großteil an Nach-
schub für sich in Anspruch nimmt.

Bei der Zielauswahl genießen Transportko-
lonnen und Eisenbahnzüge hohe Aufmerk-
samkeit. Ausgerechnet Wing Commander
Roland Beamont geht dabei am 12. Oktober
1944 der Gaul durch. Obwohl er stets predigt,
jedes Bodenziel nur einmal anzugreifen und
danach sofort abzuhauen, um sich der Flak zu
entziehen, vernachlässigt er an diesem Tag

sträflich seine eigenen Grundsätze. Mensch-
lich freilich nachvollziehbar: Er steht am Ende
seiner Dienstzeit an vorderster Front, will sich
aber unbedingt noch den einhundertsten Ein-
satz über Feindgebiet ins Flugbuch schreiben
können. Als er und seine Kameraden in der
Nähe von Bocholt einen stattlichen, doch
stark verteidigten Transportzug aufstöbern,
greift er diesen gleich dreimal hintereinander
an. Zweimal hat er Glück, dann trifft die Flak.
Mit zerschossenem Kühler schnell zur Bauch-
landung gezwungen, wandert er anschlie-
ßend in Kriegsgefangenschaft.

Jagd auf deutsche Jets
Am Himmel braucht die Tempest dafür kaum
einen Gegner ernstlich zu fürchten – sofern er
Kolbenmotor hat. Obschon mit der Fw 190D
und besonders der Ta 152H, die im Einzugs-
bereich der 2TAF jedoch keine große Rolle
spielt, in den letzten Kriegsmonaten durchaus
harte Nüsse zu knacken sind. Die Me 262 ist
indes ein anderes Kaliber. Sie verlangt der
Tempest von Anfang an alles ab. Meistens
sind die Strahljäger zu schnell, um sie, von
Ausnahmen abgesehen, im offenen Luft-

Technische Daten – Hawker Tempest Mk.VI/F.6


Länge 10,32 m
Höhe 4,90 m
Spannweite 12,50 m
Tragflügelfläche 28,06 m²
Antrieb ein flüssigkeitsgekühlter Napier Sabre V 24-Zylinder-Reihenmotor
mit 2340 PS Leistung
Max. Startmasse 6232 kg
Höchstgeschwindigkeit 705 km/h in 5425 m
Max. Reichweite 2510 km (mit Zusatztanks)
Dienstgipfelhöhe 11 580 m
Bewaffnung vier Hispano-Mk.V-20-mm-Kanonen,
bis zu 454 kg Abwurflast,
acht 7,62-cm-PR-3-Raketengeschosse
Besatzung ein Mann

Pierre Clostermann, erfolgreichster fran-
zösischer Jagdflieger des Krieges, erringt
viele seiner Luftsiege mit der Tempest
Mk.V – hier im Tiefflug entlang des Dort-
mund-Ems-Kanals am 18. April 1945
Foto RAF

Die Tempest Mk.VI (ab Mitte 1947 F.6) unterscheidet sich äußerlich von ihrer direkten Vorgängerin
vor allem durch Lufteinläufe für Vergaser und Ölkühler in den Vorderkanten der Tragflächen Foto RAF
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