Flugzeug Classic April 2017

(Dana P.) #1

FLUGZEUG CLASSIC4/2017 31


war für ihn jedoch nicht drin, die Alliierten
hatten den Deutschen das Fliegen untersagt.
Erst 1955 wurde das Flugverbot aufgehoben,
und im selben Jahr wurde offiziell, was be-
reits seit Jahren vorbereitet wurde: die Grün-
dung der Bundeswehr.
Als »RAF-Faßberg« Anfang Dezember
1956 an jene neuen deutschen Streitkräfte
übergeben wurde, drohte ein neuerlicher
Bruch in Irmfried Zipsers Leben. »Ich wurde
nicht übernommen und musste mir etwas


Neues suchen.« Er bewarb sich bei der Bun-
deswehr. Ab dem 2. Januar 1957 war Irmfried
Zipser wieder Soldat. »Als Flugzeugführer
lehnte man mich aufgrund gesundheitlicher
Umstände ab, teilte mir aber mit, dass die
Möglichkeit bestehe, in einer neu aufzu-
bauenden Laufbahn Hubschrauberpilot zu
werden. Dafür suche man kurzfristig Inte-
ressenten, die sich auf dem Hummerich bei
Andernach entsprechend ausbilden ließen.«
Bei der Bundeswehr war das zu diesem Zeit-

punkt noch nicht möglich, man musste ent-
weder in die USA gehen oder eine Privat-
schule besuchen. »Wie auch immer, mein
Entschluss stand fest: Ich wollte Hubschrau-
berpilot werden!«

Private Ausbildung
Am Donnerstag, den 28. Februar
1957, trafen er und seine neuen
Kameraden bei der privaten
Hubschrauberschule der H.V.G.
(Hubschrauber-Vertriebs-Gesell-
schaft) auf dem Hummerich bei
Mendig, Rheinland-Pfalz, ein. Sie
bezogen Privatzimmer im nahen
Niedermendig, stellten sich dem
Kommandeur des dortigen Hee-
res-Fliegerhorstes vor und besich-
tigten das private Schulgelände.
»Der Leiter der Schule erweckte
den Eindruck, als müsste man ihn
kennen. Ich kannte ihn aber nicht.
Umso größer war meine Überra-
schung, als ich erfuhr, wer Flugkapi-
tän Dipl.-Ing. Carl Bode war. Beim
Deutschlandflug 1933 gehörte er zur
Siegermannschaft, vor dem Krieg ar-
beitete er bei der Erprobungsstelle Rechlin so-
wie für die Firmen Arado und Focke-Achge-
lis. Bei der Entwicklung des Hubschraubers
leistete er Pionierarbeit. Mit der Focke-Wulf
Fw 61 stellte er Höhen- und Geschwindig-
keitsrekorde auf und nicht zuletzt flog er
1938, noch vor Hanna Reitsch, in der Berliner
Deutschlandhalle. Jetzt, zwölf Jahre später,
leitete er die Flugschule der H.V.G.«

Alles gänzlich ungewohnt!
Am 1. März 1957 ging es sogleich ans Einge-
machte: »Um 10 Uhr theoretische Einweisung
auf dem Hubschrauber Bell 47 G-1. Instru-
mente und Steuerorgane werden eingehend
erklärt. Jeder von uns sechs Flugschülern darf
auf dem Pilotensitz diese Dinge genau be-
trachten und betätigen.«
Schon am Nachmittag desselben Tages
gingen sie auf dem Flugplatz von Nieder-
mendig zum ersten Mal in die Luft: »Wie vie-
le Jahre sind seit dem Zeitpunkt vergangen,
da ich das letzte Mal am Steuerknüppel
saß?«, notierte Irmfried Zipser in seinem
»Leistungsnachweis«. »Ich erinnere mich
noch ganz genau an den Augenblick in Flens-
burg, als wir unsere stolzen Maschinen an
den Sieger abgeben mussten. Nun, nach fast
zwölf Jahren, habe ich das Glück, wieder in
die Luft zu steigen.«
Damit, dass es sofort losgehe, hatten die
Schüler nicht gerechnet, entsprechend groß
war ihre Aufregung: »Mein Fluglehrer, der
Schweizer Emil Müller, erklärte mir die Ins -
trumente und Steuerorgane in allen Einzel-
heiten. Ich lernte die Handgriffe des Anlas-

Neue Hubschrauber-Laufbahn: Für
Irmfried Zipser folgte auf die Bell 47
die Sikorsky H-34

Zurück zur Armee:
1957 wurde Zipser
wieder Soldat, anfangs
als Oberleutnant, später
stieg er zum Oberst im
Generalstabsdienst auf
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