Flugzeug Classic April 2017

(Dana P.) #1

ZEITGESCHICHTE Irmfried Zipser


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Bremsbereich und Antriebsbereich beim
Tragschrauberflug (mit antriebslosem Haupt-
rotor).«

Intensives Lernen
Die Komplexität des Hubschrauberfliegens
zeigt sich an folgendem Beispiel: »Heute lern-
te ich Autorotationslandungen mit Gas beim
Abfangen über Grund. Dieser Landevorgang
fordert vom Piloten außerordentliches Fein-
gefühl beim Abfangen der Maschine. Zuerst
wird der Pitch unter gleichzeitiger Drehzahl-
wegnahme bis zum untersten Anschlag ge-
drückt und dort gehalten. Fahrtrücknahme
bis auf 50 Meilen pro Stunde bei steilem An-
schwebewinkel. Gasdrehgriff so einstellen,
dass dem Motor im erforderlichen Moment
sofort Leistung zugeführt werden kann. Ab
150 Fuß Höhe Fahrt langsam zurücknehmen,

bei null Fahrt Stick zügig nach vorne drücken,
Pitch langsam anheben und sofort die Dreh-
zahl durch Drehen des Gasgriffs auf 3000
Touren bringen – und halten!!
Um ein Durchsacken der Maschine zu ver-
hindern, muss ich die Leistung durch zügiges
Heben des Pitches schnell hochbringen. Ach-
tung auf Drehzahl! Bei diesem Vorgang auch
auf Seitenruder links achten. Maschine wie
bei jedem Landemanöver stabilisieren und

am Landepunkt aufsetzen. Das Zusammen-
wirken aller Vorgänge erfordert eine rei-
bungslose, fließende Handhabung. Mir berei-
tet diese noch große Schwierigkeiten.«
Auch Irmfried Zipser fiel nicht als Meister
vom Himmel, Hubschrauberfliegen erfordert
einen intensiven Lernprozess, der mitunter
auch ratlos macht: »Beim Anflug muss ich da-
rauf achten, dass die Maschine nicht nach
rechts schiebt. Dafür habe ich keine Erklä-
rung. Ich merke das nicht, wohingegen ich
beim richtigen Anflug das Gefühl habe
zu schieben.«

Der zweite Freiflug
Ende März 1957 durfte er erstmals alleine
los: »Nach 15 Jahren mein zweiter Frei-
flug. Es ist ein glückliches, freies Empfin-
den, wieder alleine am Steuer zu sitzen.
Ein Frühlingsanfang in meiner neuen Flie-
gerei.« Selbstkritisch fügte er hinzu: »Die
Mühen, die mein Fluglehrer mit mir ge-
habt hat, haben doch einen Erfolg ge-
bracht.« In der Folge dehnt sich sein Bewe-
gungsradius aus: »Beim Überlandflug
möglichst nicht über große Ortschaften flie-
gen und Notlandeplätze stets im Auge behal-
ten. Beim Überfliegen von Bergen auf Höhe
achten, ebenfalls Vorsicht vor Hochspan-
nungsleitungen. Die Orientierung macht kei-
nerlei Schwierigkeiten.«
Das Fliegen in der Nacht war »herrlich«,
die Gebirgsfliegerausbildung »überwälti-
gend«, zumal er die Bergwelt zu wenig kann-
te. Dabei waren auch Landungen in 2000 Me-

Hubschrauberfliegen erfordert sensible Füße und Fingerspitzengefühl. Zipser und seine Kameraden sprachen vom Fliegen mit »Katzenpfötchen«

Mit einer Sikorsky
H-34 führte Irmfried
Zipser eine Berg-
rettung durch. Am
Tag danach sorgte
diese für Schlagzeilen,
den Pilot erwähnte
man namentlich nicht
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