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(coco) #1

FLUGZEUG CLASSIC3/2017 39


der Umwandlung der Bayerischen Flugzeug-
werke in die Messerschmitt AG im Juli 1938
änderte sich das Kürzel in Me), danach als
Me 209 V1 bezeichneten ersten Rekordflug-
zeugs aus. Sämtliche Nieten und Schlitze
wurden verspachtelt, verschliffen und an-
schließend poliert.
Der passende Antrieb für die auf Hochge-
schwindigkeit getrimmte Maschine kam von
Daimler-Benz und basierte auf dem 34-Liter-
Motor DB 601 mit Benzindirekteinspritzung
und Zweistufenlader. Als Treibstoff verwen-
dete man spezielles Benzin, zudem sorgte
eine Methanol-Wasser-Einspritzung für zu-
sätzliche Kraft. Die für wenige Minuten ab-
rufbare Maximalleistung des Rennmotors lag
bei beeindruckenden 2500 PS. Der zwischen
Motor und Kabine verbaute Kraftstofftank
der Me 209 fasste 500 Liter und reichte für


maximal 35 Minuten Flugzeit. Ein verstellba-
rer Dreiblattpropeller aus Metall setzte die
brachiale Leistung des DB 601 ReV V10 in
Vortrieb um. Zur Kühlung des empfindli-
chen Aggregats setzte man auf ein Oberflä-
chen-Verdampfungskühlsystem in den Flä-
chen, wodurch auf einen klassischen,
widerstandsträchtigen Kühler verzichtet
werden konnte. Doch brauchte es dafür ein
Flüssigkeitsvolumen von 450 Litern, da das
System bis zu neun Liter Wasser in der Minu-
te verbrauchte. Ursprünglich sah man eine
Wasserrückgewinnungsanlage vor, die zwar

nur 220 Liter benötigte, jedoch dauerhaft gro-
ße Schwierigkeiten bereitete und letztlich fal-
lengelassen wurde.
Am 1. August 1938 um 10:57 Uhr konnte
Chefeinflieger (Testpilot) Hermann Wurster
den Rekordboliden, der für die Flugversuche
von einem Serien-DB-601 angetrieben wurde,
erstmals in Augsburg-Haunstetten von der
Bahn ziehen. Schon der Start gestaltete sich
schwierig und auch in der Luft zeigte sich,
dass mit der Me 209 V1 in Sachen Flugeigen-
schaften nichts zu gewinnen war. Der »Re-
kordvogel« erwies sich als überaus schwierig
zu fliegen. Entsprechend verlangte auch die
Landung Wursters ganzes Können. Änderun-
gen an Leitwerk und Flächen verbesserten die
Flugeigenschaften etwas, von »gut« blieben
sie aber nach wie vor Lichtjahre entfernt.
Parallel entstand die für den Rekordflug
vorgesehene Me 209 V2. Mit der Me 209 V3
entstand noch ein drittes Rekordflugzeug, das
für die 100-Kilometer-Strecke vorgesehen
war. Die Me 209 V4 sollte dagegen der pflicht-
gemäßen Erprobung als Jäger dienen.

Heinkel legt vor
Am 4. April 1939 erlitt der Motor der zweiten
Versuchsmaschine während des abschließen-
den Testfluges kurz vor der Landung einen
Kolbenfresser. Einflieger Fritz Wendel gelang
es zwar gerade noch, einen Absturz abzu-
wenden, beim Aufsetzen brach jedoch das
Fahrwerk weg und die wertvolle Rekordma-
schine rutschte auf dem Bauch dahin. Wäh-
rend Wendel nahezu unverletzt blieb, fiel die
V2 als Rekordjäger aus.
Eine äußerst bittere Pille für die Messer-
schmitt-Mannschaft, da man bereits am 30.
März 1939 aus dem hohen Norden die alar-
mierende Nachricht von Heinkel erhalten
hatte: Hans Dieterle schraubte in der He 100
V8 den absoluten Weltrekord auf durchaus
respektable 746,606 km/h.
Umso größer war die Anspannung bei
Messerschmitt, wo man alles daransetzte,
nach der Bruchlandung mit der V2 nun die

Der reinrassige Rennbolide Me 209 V1.
So schnell die Me 209 auch war, so
schlecht waren ihre Flugeigenschaften

Attrappe des Projekts 1059 im Versuchsbau der Bayerischen Flugzeugwerke in Augsburg 1938
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