Torries

(Marcin) #1

in 24 stunden nach nord-norwegen


hammer-

trip

Mit einem Flugzeug, das nur 95 Knoten schat,
ist der Polarkreis weit weg von Paderborn. Kann man
dennoch in einem Tag bis fast zum Nordkap liegen?

TEXT Michael Gross, Brigitte Rothfischer
FOTOS Michael Gross

K


ann ich es schafen, inner-
halb von 24 Stunden ohne
Übernachtung von Pader-
born ans Nordkap zu lie-
gen, nach Hammerfest? Nur
bei Tageslicht, unter Ausnutzung der Mit-
ternachtssonne nördlich des Polarkreises?
Nicht mit einer schnellen Reisemaschine,
sondern mit meiner zweisitzigen Piper
PA-38 Tomahawk. Die liegt zwar im Reise-
lug 95 Knoten, doch mit Ab-, An- und Steig-
lug rechne ich 83 Knoten von Start bis Ziel.
Da sind 1450 Nautische Meilen ganz schön
viel, und dann noch fast durchgängig über
Wasser oder kaum landbarem Gelände.
Der Unterschied zu meinem sonstigen
Fliegerleben ist groß: Ich bin Gründer und
Inhaber der FMG-FlightTraining in Pader-
born, wo wir ATPL-Piloten ausbilden. Ab
und zu bleibt Zeit, Fracht mit der Boeing
747-400 zu liegen. Meine bisher längste
Reise mit der Tomahawk war 2015: nach
Innsbruck und Venedig, dann Cannes, Per-
pignan und Biarritz bis Belle-Île und zurück.
2000 Nautische Meilen innerhalb von fünf
Tagen – eine gute Vorbereitung: Auf der Rei-
se habe ich Cockpitabläufe verfeinert und
Checklisten angepasst, die Verbräuche auf
den Liter ausgemessen und Durchschnitts-
geschwindigkeiten ermittelt, sodass ich die

Reichweite der Tomahawk von etwa vier
Stunden optimal nutzen kann.
Mir geht es darum, die Leistungsfähig-
keit der Klein- und Kleinstliegerei auch oh-
ne Glascockpit und unzählige GPS-Geräte
aufzuzeigen und das Vertrauen in die ein-
motorige Fliegerei zu stärken. Das A und O
dafür ist eine gründliche Flugvorbereitung
samt aller möglicher Alternativrouten und
-ziele, sodass zu jeder Zeit klar ist, wo es Aus-
weichmöglichkeiten gibt, wenn es eng wird.
und dazu gehört auch eine Instrumenten-
lugausbildung, damit es bei schwierigem
Wetter trotzdem weiter gehen kann.
Für mein Projekt kommen nur wenige
Wochen zwischen Anfang Juni und Mitte
Juli in Frage. Bei Dunkelheit will ich weder
liegen noch notlanden müssen. Und ich
möchte die Mitternachtssonne sehen. Also
muss ich vor Sonnenuntergang den Nord-
polarkreis überschreiten, wo die Sonne zu
dieser Zeit immer überm Hoizont bleibt.
Fast ein halbes Jahr lang beschätigt
mich die Idee immer wieder. Ich komme
auf sieben Legs und insgesamt 18 Stun-
den Flugzeit, erfrage die Öfnungszeiten
der Plätze, die Spritverfügbarkeit auch in
der Nacht, setze rund 40 Minuten Turn-
around-Zeit für jeden der sechs Tankstopps
an und suche sorgfältig nach Ausweichlug-
plätzen entlang des Wegs.
Meine PA-38 ist mit einem Garmin 430
ausgerüstet und IFR-tauglich. Mit an Bord
sind Taschenrechner, iPad samt Navigati-

1 | Ein langer Tag: Autor Michael Gross
am Steuer seiner Piper Tomahawk


2 | Keine guten Aussichten: Wolken oben,
Wolken unten – und schwieriges Gelände


3 | Nicht ungefährlich: Aus dem Meer
ragen die Berge der Lofoten steil auf


4 | Mitternachtssonne: Tolles Licht um 20 Uhr
abends. Viel dunkler wird es nicht mehr


5 | Erster Stopp in Norwegen: Schon in
Kristiansand ist das Wetter suboptimal


6 | Noch viel Besiedlung: Die ersten Fjorde
sind auf dem Weg nach Bergen zu sehen


7 | Es wird eng: Viel Platz bleibt nicht
zwischen Wolken und Gelände


7
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