PRAXIS | FLIEGEN
senes Flugzeug einen Ausschlussgrund
dar? Wenn nicht, dann wenigstens ein Ziga-
rettenstummel im Cockpit? Was, wenn wir
einen Fall im Vertrag übersehen haben?
Übrig blieb als einzig wichtiger Grund für
einen Ausschluss: ein Tatbestand, der den
Wert des Flugzeugs erheblich reduziert
oder gefährdet, sofern dies messbar und
damit nachweisbar ist, zum Beispiel das
dauerhate Überhitzen des Motors.
Die Nachweisbarkeit war uns wichtig,
denn wir wollten auch verhindern, dass
drei sich einig sind, etwas zu behaupten,
nur um den Vierten rauszumobben. Daher
liegt die Beweislast bei denjenigen, die eine
Anschuldigung vorbringen.
Uns wurde an dieser Stelle klar, dass wir
nicht alles würden regeln können. Wir ver-
einbarten daher auch, dass wir bereits im
Vertrag einen Schlichter benennen wollen –
eine Person, die im Streitfall darüber bein-
den soll, ob ein wichtiger Ausschlussgrund
vorliegt.Jeder zahlt für seine Schäden
Bei der Frage, was passieren soll, wenn ei-
ner das Flugzeug beschädigt, haben wir uns
so verständigt: Ein Schaden am Flugzeug
oder an Dritten, sofern er nicht durch die
Versicherung gedeckt ist, geht voll zu Las-
ten desjenigen Miteigentümers, in dessen
Besitz das Flugzeug war. Beispiel: Jemand
liegt zu einem Flugplatz und übernachtet
dort. Während der Standzeit am Flugplatz
wird das Flugzeug beschädigt. Den Schaden
trägt der Kollege, der das Flugzeug dort ab-
gestellt hat. Für Schäden, die während der
Standzeit am Heimatlughafen entstehen,
haten alle gemeinsam.
Diskutiert haben wir durchaus, ob wir
ein Solidarprinzip einbauen sollen, denn
schließlich kann ja jedem mal etwas Blödes
passieren, und schon ist es vorbei mit der
Fliegerei, weil man den Schaden kaum be-
zahlen kann. Ein Solidarprinzip würde den
Einzelnen etwas besser schützen. Umge-
kehrt hatte aber auch keiner von uns Lust,
Schäden mitzutragen, die ein anderer ver-
ursacht hat. Letztlich war es eine Bauchent-
scheidung, kein Solidarprinzip einzubauen.
Eine der am meisten gestellten Frage
von anderen ist: »Wie macht Ihr das mit
den Flugzeugbuchungen, und wie geht ihrmit Konlikten um?« Für uns war diese Fra-
ge schnell beantwortet.
Ich richtete einfach einen Google-Ka-
lender ein, auf den alle Zugrif haben. Den
kann man sich prima auf sein Smartpho-
ne oder sonstwo hin synchronisieren. Je-
der kann die aktuellen Buchungen sehen
und selbst eine vornehmen. Der Kalender
verschickt automatisch E-Mails, sobald je-
mand Änderungen vornimmt.
Wir kommen mit nur zwei Regeln aus.
Die erste lautet: irst come, irst serve – wer
zuerst bucht, hat den Flieger. Die zweite:
Wir stimmen uns (wie unter Arbeitskolle-
gen) bis Ende Februar bezüglich der Som-
merferien ab. Weitere Regeln hinsichtlich
Langzeitbuchungen oder Mindestabnah-
men haben wir uns vorerst nicht gegeben,
sondern wollen sie erst dann etablieren,
wenn wir wirklich ein Problem feststellen.
Als es konkret wurde und wir unser
Wunschlugzeug gefunden hatten, be-
schätigte uns die Frage, als wer oder was
wir einen Kaufvertrag unterzeichnen wol-
len. Welche Rechtsform soll unsere Halter-
gemeinschat eigentlich haben? Wenn wir
zu viert einen Kaufvertrag unterschreiben,
sind wir automatisch eine Gesellschat
bürgerlichen Rechts (GbR) und haten ge-
meinschatlich. Allerdings ergab unsere
Recherche, dass wir ohnehin nicht voll aus
der Hatung kommen. Lassen sich in einer
anderen Form steuerliche Vorteile besser
nutzen, wenn einige von uns das Flugzeug
auch für geschätliche Reisen verwenden?
Vielleicht sollten wir eine Kapitalgesell-
schat werden? Oder sogar ein Verein mit
dem Ziel, das Flugzeug zu betreiben?
Also auf zu Steuerberatern. Wir spra-
chen vorsichtshalber mit zweien. Das Er-
gebnis war ernüchternd: Für die Gründung
einer Kapitalgesellschat müssten wir ei-
ne Gewinnerzielungsabsicht nachweisen
können. Sonst ist die Ablehnung als Lieb-
haberei wahrscheinlich. Für einen Verein
braucht man sieben Gründungsmitglieder.
Und inanziell macht ein Verein nur dann
Sinn, wenn er gemeinnützig ist. Auch das
war dann schnell vom Tisch.
Also blieb nur die GbR übrig. Schließlich
wollten wir liegen und uns nicht ständig
mit Behördenkram beschätigen müssen.
Und wie wollten wir heißen? Wenn mankeine Fantasie hat, hilt eine Leihgabe aus
der englischen Sprache. Eine Gesellschat
aus Privatpersonen würde man wohl am
ehesten Fellowship nennen, die Gesellen
demnach Fellows. Irgendwas mit Aviation
muss noch dazu. Zur Sicherheit noch einen
Ort, also Aviation Fellows Hamburg GbR.
Das war schnell abgehandelt.Schicke Posten für alle
Nun musste all das als Vertrag festgehalten
werden. Was Abstimmungen betrit, legten
wir in fast allen Fällen die einfache Mehr-
heit als Bedingung fest. Einstimmigkeit ist
nur vorgesehen für die Änderung des Ver-
trags, den Verkauf des Flugzeugs, Investi-
tionen von mehr als 2000 Euro und den
Standort des Flugzeugs. Der letzte Punkt ist
uns erst spät eingefallen, er ist aber eigent-
lich sehr wichtig. Für alle diese einstimmi-
gen Beschlüsse sehen wir in unserem Ver-
trag sogar eine formelle Versammlung mit
persönlicher Anwesenheitsplicht, Termin-
vorlauf und Protokoll vor.
Eine große Sorge von uns war, dass nie-
mand sich um notwendige Dinge küm-
mert, weil sich niemand verantwortlich
fühlt oder denkt, dass es andere machen.