in der Fliegerei. Moderne Avionik trägt ei-
nen großen Teil zur Zuverlässigkeit unserer
Flugzeuge bei, sodass Ausfälle selten sind.
Ob GPS, Moving Map und Glascockpit
die complacency befördern, weil sie vieles
einfacher machen, ist umstritten. Der Ge-
winn an Sicherheit bei der Navigation da-
gegen ist zweifelsfrei. Wer das als Anstoß
nimmt, die Flugvorbereitung zu vernach-
lässigen oder sich während des Flugs men-
tal aus dem Geschehen auszuklinken, be-
geht allerdings einen großen Fehler.
Dabei sind die Grenzen fein und lie-
ßend. Ist es okay, einen Vorhaltewinkel
nicht mehr zu berechnen, sondern wäh-
rend der ersten Minuten auf Kurs anhand
der Ablage von der magentafarbenen Linie
zu erliegen? Das lässt sich guten Gewissens
mit ja beantworten. Ist es in Ordnung, über-
haupt nicht mehr darauf zu achten, welcheLandschatsmerkmale draußen vor-
bei ziehen, und bei Ausfall der Mo-
ving Map völlig hillos im Nichts zu
liegen? Sicher nicht.
Wer aber die Ansicht vertritt, je-
der Pilot müsse stets und ständig
mit jedem archaischen Verfahren
bis in die Urzeit der Fliegerei vertraut sein,
weil ja »immer etwas ausfallen könnte«, der
geht zu weit. Es lässt sich bis zur Absurdität
immer noch eine weitere Ebene der Red-
undanz einziehen. Die Papierkarte wird zu-
mindest im Cockpit entbehrlich. Das Ende
des Drehmeiers ist überfällig – außer, man
hat Spaß an solchen Geräten.Kann das sein?
Viel wichtiger ist es, konsequent Plausibili-
tätsprüfungen zu machen. Die Berechnung
von Beladung und Schwerpunkt ist ein
schönes Beispiel. Mit den früher üblichen
Graphen vergaloppierten sich Flugschüler
regelmäßig. Heute ist die Eingabe der mit-
geführten Massen in eine App blitzschnell
erledigt. Doch jeder Pilot sollte das Ergebnis
der Berechnung mit einer groben Abschät-
zung nachprüfen. Kann es wirklich sein,dass der Schwerpunkt hinten aus der Gren-
ze läut, obwohl die Rückbank leer bleibt?
Wohl kaum. Kann der Rückenwind wirklich
so stark sein, dass die Maschine laut com-
putergestütztem Flugdurchführungsplan
diesmal mit halb so viel Sprit auskommt
wie sonst? Eher nicht. Beliebter Fehler: ein
wilder Mix von Maßeinheiten, zwischen
Meter, Fuß, Kilo und Zoll.
In solchen Fällen müssen Alarmglocken
läuten – einfach so dürfen die Ergebnisse ei-
ner Berechnung aus der »black box« eines
Computerprogramms nicht akzeptiert wer-
den. Ohne Grundkenntnisse von dem, was
da eigentlich berechnet wird, geht’s nicht; es
führt kein Weg daran vorbei, die zugrunde
liegenden Methoden zu kennen. Auch das
ist eine Motivation, sich in der liegerisch
ruhigeren Jahreszeit mit der Theorie zu be-
schätigen – und ebenso mit der Sotware,
die einem im Sommer bei der Flugvorberei-
tung und -durchführung helfen soll. Für die
gibt es nämlich lesenswerte Handbücher,
die allzu gern vergessen werden.
Wer die so erworbenen Kenntnisse ab-
rubereit hat, kann letztlich entspannter
liegen – und noch mehr genießen.Immer der Linie nach: Moving Map und Glascockpits machen es dem Piloten viel leichter,
den Weg zu finden und immer genau zu wissen, wo er sich gerade befindet. Das darf aber
kein Grund sein, das situative Bewusstsein komplett zu verlierenFOTOS: HELMUTH LAGE, CHRISTINA SCHEUNEMANNPRAXIS | FLIEGEN