| EDITORIAL
Liebe Leserinnen und Leser,
noch nie war der Umbruch in der Modellbaubranche so deutlich zu sehen wie auf der diesjährigen
Spielwarenmesse in Nürnberg. Er kam nicht überraschend – über veränderte Produktzyklen und
den Übergang zum parallelen Fachhandels- und Direktvertrieb haben wir bereits in den letzten zwei
bis drei Jahren berichtet. Auch die gefühlt sinkende Zahl der Aussteller im Flugmodellbaubereich
ist kein neuer Trend. Der Statistiker wird dies sicher mit Zahlen widerlegen können, wenn
aber Ausstellungslächen frei bleiben und große, bekannte Firmen fehlen, ist die Entwicklung
ofensichtlich. Horizon fehlte, Hobbico war nicht mehr als eigenständiger Aussteller, aber immerhin
noch über den neuen Vertriebspartner ProModels dabei und am Messestand von Graupner waren
nun auch Produkte von ThunderTiger zu sehen.
Es war keine schlechte Messe. Dieses Urteil würde den verbliebenen Ausstellern nicht gerecht
werden. An deren Ständen konnten wir noch viele interessante Neuheiten sehen. Allerdings bei Weitem nicht mehr so
viele wie in vergangenen Jahren. Unsere Berichterstattung auf der FMT-Homepage und ab Seite 64 dokumentiert dies
eindrucksvoll. Nach vielen Jahren Wachstum mit tragenden Trend-Themen, geht es nun ruhiger zu – die Hobbykeller sind
gefüllt, die Qualität der Modelle ist gestiegen und so halten diese nun auch deutlich länger als früher. Neue Produkte
abzusetzen, ist schwieriger geworden. Ich mache mir dabei aber keinesfalls Sorgen um unser Hobby – das Angebot ist
immer noch reichhaltig genug und es gibt immer wieder Highlights, die den Spaß am Hobby nicht nur aufrecht halten,
sondern neu entfachen. Sorgen mache ich mir um die kleineren Fachhändler, die mit der Entwicklung nicht Schritt halten
können. Ich hatte auf der Messe die Gelegenheit, mit Joe Ambrose, Präsident und CEO von Horizon Hobby, und Holger
Harms, Geschäftsführer von Staufenbiel, über die Veränderungen am Markt und bei Horizon zu sprechen. Beide betonten,
dass trotz der Neuorientierung von Staufenbiel zur Horizon-Niederlassung in Europa, der Fachhandel weiter ein Partner
von Horizon bleiben soll. Auch ProModels wird die Hobbico-Produkte weiterhin über den Fachhandel ausliefern. Trotzdem
wird das veränderte Konsumverhalten den Fachhandel stärker unter Druck setzen und das wird nicht ohne Folgen auf
die Vertriebsstruktur der Hersteller bleiben – der Modellbaumarkt wird sich noch weiter verändern. Die eingeschlagene
Richtung ist nicht mehr umzukehren.
Sorgen bereitet mir auch die für uns alle überraschende Kehrtwende des Bundesministeriums für Verkehr und digitale
Infrastruktur, das kurz nach den beruhigenden Meldungen zum gefundenen Kompromiss für die Novellierung der
Luftverkehrsordnung eine Ministerverordnung mit einem anderen und uns stark einschränkenden Inhalt veröfentlicht
hat. Diese Verordnung wurde am 18.01.17 vom Bundeskabinett verabschiedet und sieht nun doch eine generelle
Höhenbegrenzung von 100 m außerhalb zugelassener Modelllugplätze vor. Die Begründung für diese Entscheidung ist
genauso abwegig wie überraschend. Angeblich soll das Bundesverteidigungsministerium diese Regelung „angesichts
einer erhöhten nationalen und internationalen Gefährdungslage“ gefordert haben. Das Bundesverteidigungsministerium
bestätigt dies aber nicht. Was dieses Katz-und-Maus-Spiel soll, kann und will uns derzeit niemand erklären. Glücklicherweise
muss die Verordnung noch durch den Bundesrat bestätigt werden und hier ist eine zustimmende Mehrheit nicht
sicher. Aus Kreisen der SPD wurde dem DMFV bereits Unterstützung signalisiert. Wird der Modelllug damit etwa zum
Wahlkampfthema? Wenn es uns hilft, warum nicht!
Keinesfalls werden wir den Wortbruch von Bundesminister Alexander Dobrindt schweigend dulden. In diesem Punkt
sind sich die deutschen Modelllug-Zeitschriften und deren Redakteure einig und haben einen ofenen Brief an Herrn
Dobrindt verfasst.
Uwe Puchtinger, Chefredakteur FMT