Dogs Avenue — Nr.6 2017

(Ben Green) #1

ich nie Lust spazieren zu gehen, die Kinder hatten immer irgendwas
anderes vor, aber mein Hund hat immer Lust, mit mir rauszugehen.
Abgesehen davon gibt es niemanden, der sich so freut, wenn ich nur
mal fünf Minuten weg war. Das gibt jedes Mal einen Freudentanz. In
Amerika nennt man den Vizsla auch „Velcro dog“, und das ist mei-
ner auch: ein Hund, der an seinem Frauchen hängt wie eine Klette.


Es gibt viele Studien, die belegen, dass Hunde Kindern in der Ent-
wicklung gut tun. Können Sie das bestätigen?
Meine Kinder haben sich das mit dem Hund natürlich viel einfa-
cher vorgestellt. Mehr so wie ein programmiertes Wesen, das seine
Kommandos schon beherrscht. Das dauernd Bällchen holen will und
niemals nervt. Inzwischen haben sie viel dazugelernt. Einen Hund
holt man sich nicht wie ein Eis am Kiosk, das ist eine echte Aufgabe.
Die übliche Kleintierphase haben wir in unserer Familie ausgelassen.
Keine Meerschweinchen oder Hamster kamen ins Haus – dafür et-
was später Gravy. Und nach etwa drei Tagen wussten alle drei Kinder,
warum. Einen Hund integriert man nicht mal eben so in eine Fa-
milie. Ich habe die ersten drei Wochen auf einer Matratze im Flur
geschlafen, bin nachts ein paarmal raus mit ihr, habe sie so an ihren
Schlafplatz gewöhnt. Drei Wochen hat es gedauert, weil ich mich
zweimal habe ablösen lassen. Da lag der Hund dann morgens einge-
kuschelt mit auf der Matratze und nicht mehr im Laufstall. Meine
Kinder haben auch miterlebt, dass man nicht das erstbeste Futter in
den Napf knallt, sondern sich damit auseinandersetzt, was drin steckt.
Wer selbst gerne gut isst, der will ja auch sein Tier gut versorgen.
Sie haben gelernt, dass ein Hund viel Verantwortung bedeutet, und
Arbeit. Und natürlich noch mehr Spaß.


Was ist Ihnen in der Erziehung der Kinder besonders wichtig?
Meine Kinder sollen mit anderen Menschen so umgehen, wie sie es
selbst auch erleben wollen. Freundlich, höflich, mit Respekt. Sie sollen
ihr Tun überdenken, sich selbst auch in Frage stellen können. Natür-
lich sollen sie selbstbewusst und aufrecht durchs Leben gehen, aber
wenn man mit anderen Menschen gut klarkommt, ist das leichter.


Und bei Hunden?
So blöd das klingt, aber mein Hund soll auch mit anderen gut aus-
kommen. Ich hasse es, wenn mir Leute entgegenkommen, der Hund
ohne Leine, und dann wird schon von Weitem gerufen: „ Ist das ein
Mädchen? Meine mag keine jungen Hündinnen.“ Im selben Mo-
ment liegt mein Hund schon auf dem Rücken und wird wild ange-
knurrt. Wer muss denn da wen an die Leine nehmen? Und warum
duldet man so ein Verhalten? Daran muss man doch arbeiten.


Was ist ihr liebstes Urlaubsreiseziel für den Herbst und Winter?
Im Winter fahren wir immer nach Österreich. Alle außer mir fahren
Ski, ich stapfe stattdessen mit Gravy durch den Schnee und mittags
treffen wir uns alle auf einer gemütlichen Berghütte. Aber jetzt im


Herbst geht es erst mal nach Holland an den Strand. Der ist von Köln
nicht so weit und die Niederländer sind entspannte Hundefreunde.
Mancherorts ist der Strand schon ab 1.September frei, spätestens
aber am 1. Oktober heißt es `Leinen los`. Das finde ich herrlich, das
tosende Meer, der tobende Hund und hinterher ein leckeres Kopje
Koffie. Als wir zuletzt in Domburg waren, sind wir in ein Strandres-
taurant eingekehrt. Da saß unter fast jedem Tisch ein Hund.

Was machen Sie am Liebsten in Ihrer Freizeit?
Am liebsten bin ich mit meinem Hund auf Entdeckungsreise. Wenn
mein Mann und die Kinder mitkommen, umso besser. Und ich in-
formiere mich gerne weiter über all das, was die Wissenschaft über
Hunde herausfindet. Verhalten, Gesundheit, was gibt es an neuen
Erkenntnissen. Als wir Gravy bekamen, wurde das Thema Kastration
noch nicht in Frage gestellt. Jetzt dreht sich da gerade Einiges, und
ich bin froh, dass wir den Eingriff bei Gravy noch nicht haben vor-
nehmen lassen.

„In Amerika nennt man den Vizsla auch „Velcro


dog“, und das ist meiner auch: ein Hund, der


an seinem Frauchen hängt, wie eine Klette.“


MENSCH & HUND Im Gespräch

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