Dogs Avenue — Nr.6 2017

(Ben Green) #1

INNENSCHAU Dossier


D


ie Aufmerksamkeitsdefizit- bzw.
Hyperaktivitätsstörung (ADHS)
ist schon im Welpen- bzw.
Junghundealter erkennbar. Es fällt dem
Hund sehr schwer, sich zu konzentrieren,
und er wird immer und überall von Außen-
reizen abgelenkt. Da auch die sogenannte
Impulskontrolle – also die Fähigkeit, auch
einmal abzuwarten – fehlt, reagiert er auf
alles und jeden sofort und rast immer sofort
los bzw. springt in die Leine, sodass Frau-
chen ihn kaum noch halten bzw. kontrollie-
ren kann. Häufig lässt sich auch beobach-
ten, dass der Hund z. B. im Spiel mit dem
Menschen oder mit anderen Hunden sehr
schnell wild und dann auch grob wird. Es
scheint ihm nie schnell genug zu gehen, so-
dass er sein Frauchen „immer hinter sich her
ziehen“ muss. Der Hund kann nicht einfach
geradeaus gehen, sondern läuft hektisch von
einem Punkt zum nächsten.

Wie geht es dem Hund dabei?


Für den Hund ist das alles andere als lustig,
auch wenn es teilweise diesen Anschein hat.
Bei anderen Hunden und Menschen ist er
nicht beliebt und bekommt das mehr oder
weniger deutlich zu spüren. Da der Hund
überall auf Ablehnung stößt, leidet nicht
nur sein Selbstbewusstsein, sondern er ent-
wickelt auch immer mehr Ängste und Un-
sicherheiten, da er für so gut wie alles, was
er tut, bestraft wird und nie etwas richtig
machen kann. Selbst sein eigenes Frauchen
verliert mehr und mehr den Spaß an ihrem
Hundekind und unternimmt immer we-
niger mit ihm, nimmt ihn nicht mehr mit
und reagiert schneller gereizt und aggressiv
auf das ungestüme Verhalten ihres Hundes.
Da der Hund die Strafen nicht mit seinem
Verhalten in Verbindung bringen kann und
zudem mehr mit Frauchen unternehmen

Für den Hund


ist das alles


andere als


lustig, auch


wenn es teilweise


diesen Anschein


hat.


Was kann Hyperaktivität
auslösen?


  • eine genetische Disposition

  • eine striatofrontale Dysfunktion
    im Gehirn

  • Stress der Mutterhündin während
    der Trächtigkeit

  • Ungünstige Aufzucht- und Hal-
    tungsbedingungen

  • Ein gestörtes Figur-Grund-
    Prinzip


Bei unseren Kindern ist die Hyperaktivitätsstörung inzwischen
zu einer richtigen Modediagnose geworden. Nicht nur unter
Hundemamis erntet man allerdings häufig nur mitleidige und spöttische
Blicke, wenn dieser Begriff in Zusammenhang mit dem eigenen Hund
genannt wird. Es ist aber tatsächlich so, dass nicht jeder ungestüme Hund
unerzogen, unausgelastet oder einfach nur frech ist. Auch das Wort
„Dominanz“, hat in diesem Zusammenhang nichts zu suchen, denn der
Hund zeigt sein Verhalten nicht, um irgendjemanden damit zu ärgern.
Was also unterscheidet einen hyperaktiven Hund von anderen Hunden,
und liegt hier wirklich ein Erziehungsfehler zu Grunde?
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