Dogs Avenue — Nr.6 2017

(Ben Green) #1

INNENSCHAU Wissen


Fotos: Fotolia.com – Olesia Bilkei

Ist höher besser?


U


nsere Hündin war gerade bei uns
eingezogen. Zuckersüß und aller-
liebst tapste sie auf ihren vier dicken
und flauschigen Pfoten durch unser Leben
und in unsere Herzen. Ich gebe es ungern
zu – aber wir buhlten um sie. Jeder wollte ihr
Liebling sein. Eines Tages kam eine Freun-
din zu Besuch, die beim Anblick des kleinen
Welpen in den höchsten Tönen quietschte.
Zu unserem ungläubigen Entsetzen re-
agierte unsere Miniwölfin darauf. Sie war
vollkommen begeistert von diesen schrillen
Tönen und tanzte aufgeregt und aufmerk-
samkeitsheischend um diese piepsende Frau
herum. Dies sollte nicht ohne Folgen blei-
ben. Rückblickend betrachtet war es wohl
die nackte Eifersucht, die unsere Familie zu
ungeahnten Höhen trieb. Selbst der große
Sohn, der nach dem Stimmbruch mit er-
staunlich tiefer Stimme zu sprechen pflegte,


Eine quietschende Stimme, die in den
höchsten Tönen spricht, scheint bei Welpen
eine ganze besondere Anziehungskraft zu
haben. Das zeigt eine Studie aus Amerika.
Lesen Sie nachfolgend den Erfahrungsbericht.

versuchte sich im Mezzosopran. Und der
kleine Welpe war selig. Er wusste gar nicht,
wo er als Erstes hinsollte. In New York muss
es wohl ganz besonders auffällig sein. Denn
dort ist es einem Forscherteam zum ersten
Mal aufgefallen. Was die Stimmlage mit
den Tieren macht und wie sie darauf reagie-
ren hat ein Forscherteam der City University
in New York untersucht. Toby Ben-Aderet
und seine Kollegen präsentierten 30 Frau-
en Bilder von Welpen, von ausgewachsenen
Hunden und von Seniorhunden. Zu diesen
visuellen Hunden sollten die Frauen dann
einen typischen Hundehalter-Appell sen-
den. Und zwar: „Hallo Süßer, komm mal her,
guter Junge, so ist`s fein.“ Die Sprachmuster
wurden von den Forschern aufgezeichnet,
um sie später genau analysieren zu können.
Mit Absicht sind in diesem ersten Teil der
Studie keine echten Hunde eingesetzt wor-

den. Die Interaktion mit den Tieren hätte
die gleichmäßige Analyse der Sprachmerk-
male erschwert, erklären die Forscher in der
Fachzeitschrift „Proceedings B“ der bri-
tischen Royal Society. Die Studie zeigte,
dass die Versuchspersonen ausnahmslos alle
Hunde gleich anredeten. Und zwar auf die
gleiche Art, wie Menschen normalerweise
mit Babys reden. Die Stimmlage wird hö-
her und die Aussprache deutlicher. Bei Wel-
pen ging die Stimme besonders hoch. Aus
Hundesicht zeigte dieses Gesäusel dann
auch tatsächlich nur bei den Welpen Wir-
kung. Diese wendeten sich viel schneller den
Lautsprechern zu und zeigten sich von der
höheren Stimmfrequenz sichtlich animiert.
Sie liefen zu den Boxen und zeigten deutlich
länger Zeichen von Interesse als ihre älteren
Artgenossen. Die waren von dem Gesäusel
eher wenig beeindruckt.
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