Meine Gute Landkche MärzApril 2017

(Joyce) #1
2· 2017 meine gute Landküche 21

S


o wie die Brezen Bayerns berühmtestes
Backwerk ist, gehört das Vinschgerl
ganz eindeutig nach Südtirol, genauer
gesagt, in den Vinschgau, dieses schöne
und noch ein bisschen unentdeckte Tal
südlich von Österreich und östlich von der
Schweiz. Der Vinschgau war einst die
Kornkammer Südtirols. Auch heute arbei-
ten noch viele Bäcker nach traditionellen
Rezepten in der eigenen Backstube. So
auch Alois Burger. Doch er ist etwas
Besonderes: Landwirt, Müller und Bäcker
in einer Person.

Jedes Brot schmeckt anders
Im hübschen Dorf Prad am Stilfserjoch
betreibt er den Winklhof. Da baut Alois
Burger auf 4,5 Hektar Roggen, Weizen
und Dinkel an. Dort vermahlt er auch seine
Ernte und dann backt er nach dem über-
lieferten Rezept aus der Abtei Marienberg
seine Vinschgerl, zwei aneinandergeba-
ckene Laibe, die zu Hochzeiten aufgetischt
wurden und das Brautpaar symbolisieren
sollten. Doch das Rezept ist nicht nur
durch die Vorgabe der Abtei geschützt.
„Jeder Bäcker würzt ein bisschen anders“,
lächelt Alois Burger und lässt sich nur so
viel an geheimen Zutaten entlocken, dass
neben Fenchel und Kümmel auch die
getrockneten Blätter der Brotkleie
(Zigeunerkraut) mit im Spiel sind. Aber
wenn Erfahrung ein Aromat ist, dann gibt
das sicherlich die interessanteste Würze in
seinem Backwerk. Die Burgers sind schon
seit dem 17. Jahrhundert Bauern und
wissen seit Generationen, wie man mit
und auf dem Land lebt. „Nur noch wenige
von uns machen das, vom Feld über das

Mahlen bis zum Backen“, sagt er bedau-
ernd. Dafür bekommt er viel Besuch von
Interessenten und freut sich besonders
über Schulklassen. „Das ist mein großes
Anliegen – dass die Kinder mitbekommen,
wo unser Brot eigentlich herkommt.“

Familienbetrieb seit 1593
Seine jüngste Tochter Anna Magdalena
ist schon in seine Fußstapfen getreten;
immerhin existiert das Familienwappen
bereits seit 1593. Gebacken wird nach wie
vor auf traditionelle Weise, in einem ge-

mauerten Holzofen, der mit Erle und Birke
befeuert wird. „Das sind Holzsorten, die
nicht schwitzen“, erklärt die junge Frau.
Der Vorteil? Die Hölzer rußen nicht.
Der Vorteig wird mit Mehl, Wasser und
Hefe angesetzt und geht mindestens zwei
Stunden. Dann kommt der Hauptteig
dazu. Es wird gebacken wie früher, ohne
die Fertigmischungen, die den Bäcker
morgens zwar länger schlafen lassen, das
aber auf Kosten der Brotqualität. Auch
nach dem Backen ist alles so, wie es war
und wie es schon vor Jahrhunderten

ALLESKÖNNER Dass Backen etwas mit Handwerk zu tun hat, sieht man hier. Alois Burger
verwendet keine Backmischungen. Der Bäckermeister ist zudem Landwirt, baut das Getreide
fürs Brot in seinem Heimatdorf (u.) selbst an und erntet es. Auch das Mahlen (o.) ist Chefsache

DER VINSCHGAU ist touristisch
längst nicht so überlaufen wie
das restliche Südtirol. Am oberen
Ende des Etschtals am Stilfserjoch
backen die Burgers ihr Brot noch wie früher.
Bäckerei Burger am Winklhof, St. Johanngasse 2,
I-39026 Prad,  00 39/04 73/61 64 13

>

TradiTion

Free download pdf