Süddeutsche Zeitung - 27.11.2019

(ff) #1

München– SechsWochen sind die landes-
weiten Proteste in Libanon weitgehend
friedlich verlaufen. Es herrschte vielerorts
Partystimmung auf den Plätzen. Die De-
monstranten räumten morgens den Müll
weg, die Polizei und das Militär hielten sich
anders als in Irak zurück. Libanesen aus
verschiedenen sozialen Schichten und Reli-
gionsgruppen wandten sich gemeinsam ge-
gen die von ihnen als korrupt empfundene
politische Elite des Landes, gegen ein Sys-
tem, das Ämter nach Konfessionszugehö-
rigkeiten verteilt und damit der Korrupti-
on den Weg bereitet hat. Nun, vier Wochen
nach dem Rücktritt der Regierung von Pre-
mier Saad al-Hariri, greifen die Gegner der
Proteste zu Gewalt und Einschüchterung.
In der Nacht zum Dienstag kam es zum
zweiten Mal in Folge zu Zusammenstößen
zwischen Anhängern von Hisbollah und
Amal, der beiden wichtigsten schiitischen
Gruppen, mit Demonstranten und Unter-
stützern Hariris, der die wichtigste sunniti-
sche Fraktion anführt. In der Nähe der Cola-
Brücke im Westen der Stadt waren Salven
aus automatischen Waffen zu hören, ohne
dass es Meldungen über Verletzte oder To-
te gab. Die Schüsse wurden abgegeben, als
dort Hisbollah-Anhänger mit Flaggen der
von Iran kontrollierten Organisation auf
Motorrollern eintrafen; viele der Protestie-
renden ergriffen daraufhin die Flucht. Poli-
zisten und Soldaten der libanesischen Ar-
mee versuchten, die Gruppen zu trennen.
Hisbollah-Anhänger, die sich mit Eisen-
stangen und Knüppeln bewaffnet hatten,


fuhren wie schon am Abend zuvor auch
durch andere, vor allem christliche Viertel
der Stadt und skandierten: „Schia! Schia!
Schia!“ Unter den Demonstranten sind vie-
le Christen. Die Protestierenden antworte-
ten mit Sprechchören, in denen sie Hisbol-
lah als Terroristen bezeichneten. „Hier ist
Libanon – und nicht Iran“, schallte es
durch die Straßen. Es flogen Steine.

In Tyros, im Süden Libanons, attackier-
ten Anhänger von Hisbollah und Amal Zel-
te von Demonstranten und brannten diese
nieder. In der Nacht zuvor hatten sie Pro-
testlager in Beirut attackiert, auch zerstör-
ten sie Autos und beschädigten Geschäfte.
In Tyros feuerten Soldaten Warnschüsse in
die Luft und setzten Tränengas ein, um die
Situation unter Kontrolle zu bekommen.

Die Machtdemonstration der Hisbollah
wurde im Land als Zeichen gewertet, dass
die als Partei im Parlament vertretene
Gruppe bereit ist, Gewalt anzuwenden, um
die Proteste zu beenden. Von Iran kontrol-
lierte Milizen in Irak werden dort als Urhe-
ber der Gewalt gegen die Demonstranten
in Bagdad gesehen, durch die inzwischen
mehr als 330 Menschen getötet wurden.

Auch in Iran hatten die Revolutionsgarden
jüngst Proteste gegen die Erhöhung der
Benzinpreise gewaltsam niedergeschla-
gen. Die Hisbollah unterhält eine Miliz, die
von den Revolutionsgarden kontrolliert
wird und militärisch die mit Abstand
stärkste Kraft in Libanon ist.
Falls die politische Krise in Libanon nun
wieder in einen Konflikt umschlagen soll-
te, der entlang der konfessionellen Trennli-
nien ausgetragen wird, steht die Armee vor
einer Zerreißprobe. Sie gehört zu den weni-
gen weithin akzeptierten Institutionen in
Libanon und hat sich bislang weitgehend
neutral verhalten, hinderte allerdings His-
bollah und Amal nicht daran, das zentrale
Protestcamp in Beirut zu attackieren. US-
Präsident Donald Trump hält derzeit, ohne
eine Begründung zu geben, Militärhilfe im
Wert von 100 Millionen Dollar zurück, die
der US-Kongress bereits genehmigt hatte.

Die Hisbollah gewann bei den Parla-
mentswahlen im Mai 2018 zwar nur 13 der
128 Sitze, kommt aber zusammen mit ver-
bündeten christlichen und schiitischen
Parteien auf eine klare Mehrheit. Sie lehnt
wie auch der mit ihr verbündete Präsident
Michel Aoun, ein maronitischer Christ, die
Forderung der Demonstranten nach einer
Technokraten-Regierung ab. Hariri, der ge-
schäftsführend als Premier fungiert,
schloss „klar und entschieden“ aus, sich er-
neut zum Regierungschef bestellen zu las-
sen. Er rief Aoun auf, Beratungen des Parla-
ments einzuberufen, um einen neuen Pre-
mier zu bestimmen. Aoun kündigte das für
Donnerstag an; nach der Verfassung muss
dieses Amt ein Sunnit bekleiden.
Die politische Ungewissheit in Libanon
hat die wirtschaftliche Krise verschärft.
Den Banken droht der Zusammenbruch,
der Staat ist mit mehr als 150 Prozent der
Wirtschaftsleistung verschuldet. Zwar gibt
es offiziell noch keine Kapitalverkehrskon-
trollen, viele Banken weigern sich aber, ih-
ren Kunden größere Beträge in Dollar aus-
zuzahlen, der in Libanon als Zweitwährung
neben dem Pfund dient. Bislang hat die
Zentralbank den Wechselkurs der Landes-
währung gestützt, eine Abwertung könnte
aber unvermeidlich werden. Geldwechsler
verlangen inzwischen 2000 Pfund für ei-
nen Dollar, der offizielle Kurs liegt bei etwa
1500 Pfund. Viele Gehälter und Pensionen
werden in Pfund gezahlt, daher würde eine
Abwertung die Mehrheit der Libanesen
hart treffen. paul-anton krüger

von cathrin kahlweit

London– Ephraim Mirvis ist nicht irgend-
einVertreter der Juden in Großbritannien,
er ist der Oberrabbiner der „Vereinten Jüdi-
schen Gemeinde für das Vereinigte König-
reich und das Commonwealth“, er ist ortho-
doxer Jude, in Südafrika geboren. Und, ne-
benbei bemerkt, glühender Fußballfan der
Tottenham Hotspurs.
Wenn sich Mirvis äußert, spricht er
zwar nicht zwingend für die Reformge-
meinden und auch nicht für alle britischen
Juden, aber er spricht für die mächtigste jü-
dische Organisation im Land. DieTimes
veröffentlichte am Dienstag eine – in die-
ser Form wohl einmalige – Intervention in
den laufenden Wahlkampf: einen offenen
Brief von Mirvis unter dem Titel „Was wird
aus den Juden in Britannien, falls Labour
an die Regierung kommt?“. Er sagt darin
zwar nicht explizit „wählt auf keinen Fall
Labour“, aber jede Zeile, jedes Wort setzte
genau diese Botschaft in die Welt.


Seine jüdischen Mitbürger sähen, so der
Oberrabbiner, mit wachsender Besorgnis,
wie sich der Antisemitismus in der Labour-
Partei festgesetzt habe und nie ausrei-
chend bekämpft worden sei. Es sei „nicht
wahr“, dass die Parteispitze um Jeremy Cor-
byn alles tue, um Antisemitismus in den ei-
genen Reihen zu beseitigen. Ein „neues
Gift“ breite sich bei Labour aus. Corbyn sei
deshalb „nicht geeignet“ für das Amt des
Premierministers. „Die Seele des Landes
steht auf dem Spiel.“
Starke, bittere Worte, die eine Schock-
welle durch die Partei schickten, weil Zeit-
punkt und Botschaft – 16 Tage vor dem
Wahltermin und angesichts miserabler
Umfragewerte – einen weiteren Tiefschlag
in einem ohnehin schwierigen Wahlkampf
bedeuten. Und es war nicht einmal die ers-
te, derartige Intervention gewesen. Erst An-
fang November hatte die größte jüdische
Zeitung des Landes, derJewish Chronicle,
an Nicht-Juden appelliert, nicht für Cor-
byn zu stimmen. Er habe zeitlebens „mit
Rassisten und Antisemiten gemeinsame
Sache gemacht“. Und das Jewish Labour
Movement, eine parteiinterne Gruppie-
rung, hat angekündigt, keinen Wahlkampf
mehr für die Partei, sondern nur noch für
ausgesuchte Kandidaten zu machen.
Zugleich zogen und ziehen sich immer
mehr prominente jüdische Abgeordnete
und Politiker zurück. Die populäre Parla-
mentarierin Luciana Berger etwa, die auf
dem Labour-Parteitag 2017 sogar Perso-
nenschutz brauchte, tritt nun für die Libe-
raldemokraten an. Reihenweise machen
ehemalige Labour-Mitglieder – von Stadt-
räten bis hin zu Mitgliedern des House of
Lords – ihre Empörung darüber öffentlich,


dass die Partei zwar Besserung verspre-
che, aber nicht entsprechend handele.
Corbyn und die Parteiführung wehren
sich mittlerweile fast verzweifelt gegen
den Vorwurf, nicht nur antisemitischen
Übergriffen und Äußerungen zu wenig ent-
gegenzusetzen, sondern im Zweifel sogar
selbst Antisemiten zu sein. In zwei TV-De-
batten vor der Parlamentswahl musste
sich zwar auch Premier Boris Johnson vor-
halten lassen, er gelte als Lügner und man
könne ihm nicht vertrauen. Corbyn wurde


  • von Juden und Nichtjuden – in emotiona-
    len Ausbrüchen beschuldigt, jüdische Mit-
    bürger seien in seiner Partei immer noch
    nicht ausreichend geschützt. Seine Beteue-
    rung, Labour trete allen Formen von Rassis-
    mus und Antisemitismus entgegen, man
    habe 130 000 Beschwerden und Vorfälle in


Disziplinar- und Ethikkommissionen weit-
gehend abgearbeitet, stieß auf Ungläubig-
keit und Protest. Tatsächlich waren nach
Angaben des Jewish Labour Movement
noch im April knapp 900 Beschwerden an-
hängig gewesen; die Einschätzung, wie ent-
schlossen dieses Problem angegangen wor-
den ist oder ob sich die Parteiführung
schützend vor einzelne Beklagte gestellt
hat, spaltet die Partei bis heute.
Im Sommer schaltete sich dann die Un-
abhängige Gleichstellungs- und Men-
schenrechtskommission des Landes mit ei-
ner Untersuchung ein; das Ergebnis soll
nächstes Jahr veröffentlicht werden. Um
endlich aus der Verteidigungsposition her-
auszukommen, hat Jeremy Corbyn am
Dienstag selbst ein „Race and Faith Mani-
fest“ vorgestellt. Er kam eine Stunde zu

spät und sprach sich eher allgemein für
Emanzipation und mehr Diversität aus. Er
respektiere, so Corbyn, alle Glaubensrich-
tungen. Angriffe auf Gläubige seien uner-
träglich, egal, ob sie sich gegen Moscheen,
Tempel oder Synagogen richteten. Derarti-
ge Attacken sollten von Gerichten schärfer
bestraft werden. „Antisemitismus ist böse
und schlecht. Es ist in Europa in den Zwan-
zigern gewachsen und hat letztlich zum Ho-
locaust geführt. Unter einer Labour-Regie-
rung wird Antisemitismus nicht toleriert.“
Den offenen Brief des Oberrabbiners
sprach Corbyn nicht direkt an. Er löste das
Problem etwas eleganter: Seine Tür sei für
alle Kirchenführer und alle Glaubensrich-
tungen offen, auch, unter anderem, für
den Oberrabbiner der Jüdischen Gemein-
den. Corbyn vermied es offenkundig, sich

auf eine direkte Auseinandersetzung mit
seinen jüdischen Kritikern einzulassen.
Der in der Labour-Partei hervorragend
vernetzte Kolumnist desNew Statesman,
Stephen Bush, verwies darauf, dass nach
aktuellen Umfragen etwa 85 Prozent aller
britischen Juden glaubten, Labour sei zu ei-
ner antisemitischen Partei geworden. Vor
zehn Jahren seien die Sympathien zwi-
schen Tories und Labour bei jüdischen
Wählern noch etwa gleich verteilt gewe-
sen. Jetzt wendeten sich immer mehr Ju-
den von der Linken ab.
Eine Wiederannäherung, schreibt Bush,
könne nur beginnen, wenn Labour aner-
kenne, dass die Partei viel, aber eben noch
nicht genug getan habe. Es reiche nicht zu
betonen, dass „Corbyn Zeit seines Lebens
gegen Rassismus gekämpft hat“.

Washington –DieBemühungen der Demo-
kraten, in der amerikanischen Öffentlich-
keit und im Kongress eine breite Mehrheit
für das Amtsenthebungsverfahren gegen
Präsident Donald Trump zu erreichen,
kommen kaum voran. Obwohl in den ver-
gangenen Wochen mehrere ranghohe US-
Diplomaten und Regierungsmitarbeiter in
öffentlichen Anhörungen im Abgeordne-
tenhaus bestätigt haben, dass Trump die
Ukraine unter Druck gesetzt hat, damit
diese gegen den demokratischen Präsi-
dentschaftsbewerber Joe Biden ermittelt,
ist nach wie vor nur eine knappe relative
Mehrheit der Amerikaner dafür, Trump
aus dem Amt zu entfernen. Zudem hat sich
bisher im Kongress kein einziger republika-
nischer Abgeordneter oder Senator auf die
Seite der Demokraten geschlagen.
Nach jetzigem Stand haben die Impeach-
ment-Untersuchungen der Demokraten
zwar deutliche Belege dafür erbracht, dass
Trump sein Amt missbraucht hat – vermut-
lich, um sich im Wahlkampf einen Vorteil


gegen den möglichen Rivalen Biden zu ver-
schaffen: Er hat finanzielle und politische
Unterstützung für die Ukraine an die Bedin-
gungen geknüpft, dass diese sich zu Ermitt-
lungen gegen Biden verpflichtet. Doch in
politischer Hinsicht haben diese Enthüllun-
gen lediglich dazu geführt, dass die Front
zwischen den Parteien sich verhärtet hat:
Bei den Demokraten ist die Gegnerschaft
zu Trump gewachsen, bei den Republika-
nern die Gefolgschaft.
Die Demokratenführerin im Abgeordne-
tenhaus, Nancy Pelosi, hatte ursprünglich
gehofft, dass sich die Bevölkerung gegen
Trump wendet, wenn dessen Vergehen
öffentlich ausgebreitet werden. Doch die
Umfragen zeigen ein anderes Bild: Im
Durchschnitt der Erhebungen, den Inter-
netseiten wieReal Clear PoliticsundFive-
ThirtyEightberechnen, befürworten etwa
48 Prozent der Amerikaner Trumps Amts-
enthebung, um die 45 Prozent sind dage-
gen. Die Anhörungen hatten demnach nur
wenig Auswirkung auf die öffentliche

Meinung. Die republikanischen Anhänger
stehen zu mehr als 80 Prozent hinter dem
Präsidenten, die demokratischen Wähler
fordern zu gut 80 Prozent seine Ablösung.
Die unabhängigen Wähler sind gespalten.
Das hat Folgen für die Stimmung im
Kongress. Die Republikaner stehen nicht
unter dem Druck ihrer Wähler, Trump
fallen zu lassen – im Gegenteil. Nach der-
zeitigem Stand würde kein einziger repu-
blikanischer Abgeordneter für eine Amts-
enthebungsklage gegen den Präsidenten
votieren, kein einziger republikanischer
Senator würde ihn schuldig sprechen.
Die Demokraten können mit ihrer Mehr-
heit im Abgeordnetenhaus Anklage gegen
Trump erheben und werden das aller Vor-
aussicht nach auch tun. Um ihn aus dem
Amt zu entfernen, brauchen sie jedoch im
Senat die Stimmen von 20 Republikanern.
Das scheint im Moment aussichtslos zu
sein. Besonders bitter ist für die Demokra-
ten, dass selbst republikanische Abgeord-
nete, die nicht mehr zur Wiederwahl antre-

ten, sich gegen ein Amtsenthebungsverfah-
ren ausgesprochen haben. Für Trump ist
es daher einfach, das Impeachment gegen-
über seinen Anhängern als rein parteipoli-
tisch motiviert zu bezeichnen.
Allerdings haben die Demokraten auch
noch nicht alle Zeugen vernommen, die
etwas über seine Machenschaften aus-
sagen könnten. In diesem Zusammenhang
hat die Partei nun einen Sieg errungen: Ei-
ne Bundesrichterin in Washington urteilte
am Montag, dass der ehemalige Justiziar
im Weißen Haus, Donald McGahn, einer
Vorladung des Kongresses folgen müsse.
Trump sei „kein König“, der seinen Unter-
gebenen befehlen könne, das Parlament zu
ignorieren, so die Richterin. Sollte das Ur-
teil in der Berufung bestätigt werden, könn-
ten die Demokraten weitere Mitarbeiter
aus dem Weißen Haus vorladen, deren Aus-
sagen Trump blockiert hat. Kommende
Woche gehen die Untersuchungen zu einer
möglichen Amtsenthebung im Repräsen-
tantenhaus weiter. hubert wetzel

München– Überder Arabischen Halbin-
sel fliegen Maschinen seit zweieinhalb
Jahren Schleifen, Zickzack und Umwege.
Als Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabi-
schen Emirate, Bahrain und Ägypten im Ju-
ni 2017 eine Blockade gegen das Emirat Ka-
tar verhängten, kappten sie alle Land- und
Seewege – sowie die Luftanbindungen. Die
Länder warfen dem reichen Zwergstaat un-
ter anderem zu enge Beziehungen zu Iran
vor. Die teils absurden Folgen zeigen sich
etwa auf der Strecke Doha-Manama: Frü-
her brauchte man von der katarischen in
die bahrainische Hauptstadt zwanzig Mi-
nuten, oft kamen die Stewardessen nicht
dazu, Getränke auszugeben. Seit der
Blockade müssen die Piloten in dem als
Vermittler tätigen Kuwait zwischenlanden


  • die Reise dauert so vier Stunden.
    Auf diese Umwege wollten Saudi-Arabi-
    en und Bahrain nun überraschend verzich-
    ten. Am Montag flogen deren Fußball-Nati-
    onalmannschaften mit einem gecharteten
    Privatflugzeug nach Doha, der erste offizi-
    elle Direktflug seit zweieinhalb Jahren.
    Nur die Emirate vermieden es, Signale der
    Entspannung zu senden – und flogen lie-
    ber einmal komplett über den Persischen
    Golf, an Katar vorbei nach Kuwait und von
    dort zurück nach Doha.
    Die Teilnahme der Blockadenationen
    am Golf-Cup überraschte nicht nur den
    Gastgeber Katar. Erst sagte Saudi-Arabien
    viel zu spät zu, dann folgten Bahrain und
    die Emirate – also wurde das Fußballtur-
    nier zwei Tage nach hinten verschoben, so-
    dass an diesem Dienstag das erste Spiel Ka-
    tar gegen Irak (1:2) stattfand. Experten
    glauben, dass Riad auf Druck der USA re-
    agiert, die immer wieder eine Lockerung
    der Blockade fordern. In Katar befindet
    sich die größte US-Militärbasis im Nahen
    Osten. Am Montag landete auch das Flug-
    zeug eines engen Verbündeten in Doha. Ka-
    tars Emir Tamim bin Hamad Al Thani emp-
    fing den türkischen Präsidenten Recep
    Tayyip Erdoğan, der nach der Blockade
    zum wichtigsten Partner wurde. Ankara
    schickte in jenem Sommer Tausende Ton-
    nen Lebensmittel. Nun hilft Katar der Tür-
    kei in der Lirakrise mit milliardenschwe-
    ren Investitionen. dunja ramadan


Die Botschaft des Oberrabbiners


Kurz vor den Wahlen in Großbritannien kritisiert der Vertreter der mächtigsten jüdischen Organisation
die Labour-Partei scharf. Deren Chef Jeremy Corbyn hat nun ein weiteres Problem

Bislang sind die Proteste in Libanon friedlich verlaufen. Doch mittlerweile werden
auch Autos angezündet, wie hier in der Hauptstadt Beirut. FOTO: HASSAN AMMAR / AP

Schüsse über Beirut


In Libanon kippt nach wochenlangen Demonstrationen die Stimmung. Anhänger schiitischer Milizen versetzen die Menschen landesweit in Schrecken


Klare Fronten


Die Impeachment-Anhörungen haben die öffentliche Meinung in den USA kaum verändert. Zumindest vor Gericht erringen die Demokraten nun aber einen Sieg


Arabische


Direktflug-Diplomatie


48 Prozent der Amerikaner befürworten
eine Amtsenthebung Donald Trumps,
45 Prozent sind jedoch dagegen. FOTO: AP

Ein konfessioneller Konflikt
könnte die libanesische Armee
vor eine Zerreißprobe stellen

Der Oberrabbiner Großbritanniens, Ephraim Mirvis, wirft der Labour-Partei vor, nicht entschlossen gegen Antisemitismus vorzugehen. FOTO: IMAGO/ZUMA PRESS

Paris– Während eines Kampfeinsatzes in
Malisind 13 französische Soldaten ums
Leben gekommen. Der Élysée-Palast teilte
am Dienstag mit, dass die Soldaten bei ei-
nem Zusammenstoß zweier französischer
Kampfhubschrauber starben. Der Unfall
ereignete sich demnach am Montagabend.
Frankreichs militärischer Führungsstab
präzisierte am Dienstag, dass die beiden
Hubschrauber in vollständiger Dunkelheit
flogen und einer Gruppe Terroristen folg-
ten, die auf Pick-ups und Motorrädern die
Flucht ergriffen hatten.
Die verstorbenen Soldaten waren Teil
der Militäroperation Barkhane, die Frank-
reich seit August 2014 in der Sahelzone
durchführt. Ziel dieser Operation, an der
etwa 4500 Soldaten beteiligt sind, ist die
Bekämpfung islamistischer Terrororgani-
sationen in Mauretanien, Mali, Burkina
Faso, Niger und Tschad. Französische
Soldaten sind seit 2013 in Mali stationiert,
38 französische Soldaten sind dort seit-
dem im Kampfeinsatz gefallen. Im
Rahmen eines Einsatzes der Vereinten
Nationen sind auch bis zu 1100 deutsche
Soldaten in Mali stationiert, die nicht an
Kampfeinsätzen beteiligt werden.

Frankreichs Präsident Emmanuel Ma-
cron sprach den Familien und Freunden
der gefallenen Soldaten sein Beileid aus
und sagte: „Diese 13 Helden hatten nur ein
einziges Ziel: uns zu schützen.“ Die Verteidi-
gungsministerin Françoise Parly sagte,
der Kampf gegen den Terrorismus sei „ein
Kampf ohne Atempause und ohne Gnade“.
Die gefallenen Soldaten seien für beson-
ders schwierige Einsätze wie diesen ge-
rüstet gewesen. Sie seien, so Macron, für
Frankreich „im harten Kampf gegen den
Terrorismus“ gestorben. „Ich verbeuge
mich vor dem Schmerz ihrer Lieben und
Kameraden.“
In Paris reagierten die Nationalver-
sammlung und der Senat mit einer Schwei-
geminute. Unter den 13 gefallenen Solda-
ten war auch der Sohn des ehemaligen
Ministers für Tourismus und jetzigen
Senators Jean-Marie Bockel. In der Natio-
nalversammlung gab die linke Partei La
France Insoumise eine Stellungnahme ab,
in der sie den französischen Einsatz in Mali
kritisierte. „Es ist Zeit für eine ernsthafte
und rationale Diskussion darüber, wie wir
einen Weg heraus aus diesem Krieg finden
können, dessen Sinn sich vieler unserer
Mitbürger und auch der Bürger Malis nicht
erschließt.“
Der französische Generalstabschef be-
tont, dass eine Befriedung der Sahelzone
noch Jahre in Anspruch nehmen wird. Isla-
mistische Terrorgruppen hatten in der Re-
gion trotz des internationalen Einsatzes an
Boden gewonnen. Am 1. November hatten
Mitglieder der terroristischen Miliz „Isla-
mischer Staat in der größeren Sahara“ die
Militärbasis Indelimane angegriffen und
49 malische Soldaten getötet. Einen Tag
später, am 2. November, wurde ein franzö-
sischer Soldat von einem Sprengkörper
getötet, die Miliz Islamischer Staat rekla-
mierte die Tat für sich. nadia pantel

Zugleich zogen und ziehen sich


immer mehr prominente jüdische


Abgeordnete und Politiker zurück


DEFGH Nr. 274, Mittwoch, 27. November 2019 (^) POLITIK HMG 7
„Diese 13 Helden hatten nur
ein einzigesZiel: uns zu schützen“,
sagte Präsident Macron
13 Tote bei
Helikopter-Crash
Französische Soldaten
fallen bei Einsatz in Mali

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