Süddeutsche Zeitung - 18.11.2019

(National Geographic (Little) Kids) #1
von ralf tögel

München – Der FC Bayern München
bleibt in der Basketball-Bundesliga (BBL)
das Maß der Dinge und führt nach dem
letztlich sicheren 91:79-Erfolg gegen Medi
Bayreuth vom Sonntagabend die Tabelle
als einziges ungeschlagenes Team weiter
an. Allerdings benötigte der deutsche Meis-
ter eine Halbzeit lang, um in seinen Rhyth-
mus zu finden. Es ist ja immer die große
Frage, wie die Spieler die Doppelbelastung
aus Bundesliga und internationalem Ge-
schäft wegzustecken vermögen, der mise-
rable Euroleague-Auftritt vom Freitag-
abend in Valencia hallte ganz offenbar
noch etwas nach.

Beim 56:82 in der spanischen Hafen-
stadt hatten die Bayern nicht nur den ange-
peilten ersten Auswärtssieg verpasst, son-
dern auf ganzer Linie enttäuscht. Weil
auch Bayreuth auf internationaler Ebene
beschäftigt ist, war der Vorteil der länge-
ren Pause nicht ganz so groß. Die Oberfran-
ken verloren am Mittwoch im Fiba Europe
Cup, der drei Stufen unter der Euroleague
anzusiedeln ist, gegen BK Ventspils. Bei
der 80:84-Niederlage gegen den lettischen
Rekordmeister zerrte sich auch noch An-
dreas Seiferth den Oberschenkel, weshalb
ihn Trainer Raoul Korner erst gar nicht auf-
bot. „Eine reine Vorsichtsmaßnahme“, gab
der Österreicher zu Protokoll, denn in den
kommenden Tagen stünden „extrem wich-
tige Spiele“ an.
Dennoch war Korner enttäuscht, denn
er sah die Bayern in einer Verfassung, in
der man sie vielleicht hätte „erwischen“
können, letztlich habe sich „deren Quali-
tät“ durchgesetzt. So musste ausgerechnet
Seiferth passen, der vor drei Jahren noch
für den FC Bayern aufgelaufen war, sich
dort aber nicht durchsetzen konnte und
nach Bayreuth ging. Gerade erst von einer
hartnäckigen Schulterverletzung genesen,
war der Center maßgeblich am Auf-
schwung nach einem verkorksten Saison-
start beteiligt. Nach vier Niederlagen hatte
Bayreuth die beiden jüngsten Partien ge-
gen Frankfurt und Braunschweig gewon-
nen, diesen Schwung brachten sie mit in
den Audi Dome.
Auch weil sich der gastgebende Favorit
erneut schwer tat, ins Spiel zu finden, leg-
ten die Gäste in der Anfangsphase vor. Was
zum Großteil mit Reid Travis zu tun hatte,
der amerikanische Center war nicht nur
ein starker Seiferth-Vertreter, er avancier-
te mit insgesamt 26 Punkten zum besten
Werfer des Abends. Bayern-Coach Dejan
Radonjic ließ gleich zwei seiner Besten vor-
sichtshalber auf der Bank, Nihad Djedovic
und Maodo Lo. Beide waren leicht ange-
schlagen, beide wurden geschont, beide
agierten zuletzt in verlässlich starker
Form. Doch auch für die Münchner stehen
wichtige Partien an, am Dienstag (20.30
Uhr) gastiert Olympiakos Piräus in der Eu-
roleague, nur drei Tage später kommt der
griechische Serienmeister Panathinaikos
Athen (20.30 Uhr) zum Kräftemessen in
den Dome. Immerhin war gegen Bayreuth

der französische Nationalcenter Mathias
Lessort wieder mit von der Partie, über-
haupt gestand Radonjic der zweiten Garde
viel Spielzeit zu. „Es war wichtig, allen Ak-
teuren viele Minuten zu geben“, erklärte
er, so bekam auch NBA-Center Greg Mon-
roe reichlich Gelegenheit, seine geschunde-
nen Knochen auf der Bank in ein warmes
Handtuch zu hüllen.
Diego Flaccadori und DeMarcus Nelson
lenkten also das Spiel, Lessort und Leon Ra-
dosevic durften zumeist unter den Körben
ackern. Es war also nicht sehr verwunder-

lich, dass das Spiel der Bayern zuweilen or-
dentlich holperte, dennoch behielt Radon-
jic seine Linie eisern bei. Angesichts der for-
dernden Aufgaben ist es von dringlicher
Notwendigkeit, dass sich auch die Spieler
der zweiten Garde im Ernstfall einspielen
können: „Bei unserem Spielplan brauche
ich jeden Spieler.“ Vor immerhin 5500 Zu-
schauern kam die Mannschaft immer bes-
ser ins Rollen, gegen einen Gegner, der
zeigte, dass er weit mehr zu bieten hat, als
es der momentane Tabellenstand aussagt.
Neben Topscorer Travis wussten vor allem

die Bayreuther Evan Bruinsma und Nate
Linhart (je 12 Punkte) zu überzeugen. Der
Titelverteidiger hatte das Geschehen den-
noch unter Kontrolle. Mit kleinen Zwi-
schenspurts zogen die Münchner immer
wieder ein paar Punkte weg, die bis zur
Pause von den tapferen Franken aber ver-
lässlich gekontert wurden. Der FC Bayern
führte auf dem Weg in die Kabine lediglich
42:40, zeigte zu Beginn des dritten Viertels
aber schnell, dass er nicht gewillt war,
mehr Spannung als nötig aufkommen zu
lassen. Rechtzeitig vor dem finalen Durch-

gang war bei 68:58 eine zweistellige Dis-
tanz hergestellt, kurz darauf bei 77:60 der
oberfränkische Widerstand endgültig ge-
brochen. Vor allem Paul Zipser (20) gab
Kostproben seines beeindruckenden Re-
pertoires, er traf aus der Distanz, aus dem
Halbfeld oder zog selbst zum Korb. In dem
einmal mehr sehr effektiven Vladimir Lu-
cic (17) sowie Kapitän Danilo Barthel (13)
punkteten zwei weitere Profis zweistellig.
Kräfte sammeln sei nun angesagt,
schloss Radonjic, und hoffen, dass der ein
oder andere Spieler ins Team zurückkehrt.

Ernstfall für die zweite Garde


40 Stundennach der miserablen Leistung im Euroleague-Spiel bei Valencia gelingt den Bayern-Basketballern in der Bundesliga
gegen Bayreuth der nächste Sieg. Beim 91:79 rotiert Trainer Dejan Radonjic ordentlich durch, nach der Pause dominiert sein Team

Fürstenfeldbruck –Auch das noch, die
Grippe. Der ohnehin durch Verletzungen
gebeutelte Kader der Brucker Handballer
wurde weiter minimiert. Weder Spielma-
cher Falk Kolodziej noch Rechtsaußen
Gianni Huber konnten während der ver-
gangenen Woche auch nur einmal am Trai-
ning teilnehmen. Dass Trainer Martin
Wild am Samstag in Hochdorf würde im-
provisieren müssen, war ihm allerdings
schon vor den beiden Erkrankungen klar,
als sich am vergangenen Spieltag Yannick
Engelmann und Sebastian Meinzer verletz-
ten. Unter anderem aktivierte er das TuS-
Urgestein Christian Haller, der seine Karri-
ere in der ersten Mannschaft eigentlich
schon beendet hat. Die Vorzeichen für die
Auswärtsaufgabe beim Tabellenelften der
dritten Liga waren also alles andere als viel-
versprechend, allerdings nicht wegen Hal-
ler, der nach der Meinung seines Trainers
eine sehr ordentliche Leistung ablieferte.
Anders gestaltete sich die Situation bei
den Gastgebern, die auf zwei wiedergene-
sene Größen bauen konnten. Marvin Ger-
don im Rückraum und Tim Götz auf
Rechtsaußen taten den Panthern beson-
ders weh, „vor allem durch ihre Schnellig-
keit, bei der wir uns in der Verteidigung
schwertaten“ wie Wild einräumte. Beide
waren mit jeweils sechs Treffern die bes-
ten Schützen des Gastgebers.
Dieses kleine Manko blieb allerdings
der einzige negative Punkt in Wilds Fazit,
ansonsten war er ausnahmsweise rundum
zufrieden, wie er nach dem 34:28-Erfolg
angab: „Nicht nur die Art und Weise war
heute beeindruckend, sondern auch die
Souveränität. Das war im Stile einer Spit-

zenmannschaft.“ Taktgeber dieser Spitzen-
mannschaft war einmal mehr Kolodziej,
der genau wie Gianni Huber auf den Punkt
doch noch fit wurde.
Spätsymptome der Grippe waren ihm
nicht anzumerken, Kopfschmerzen berei-
tete er höchstens dem Gegner, wie Wild dia-
gnostizierte: „Wir haben auf alle defensi-
ven Formationen des Gegners die richtige

Antwort gefunden, gerade Falk hat das
überragend gemacht.“
Überragend agierte am Samstagabend
ein weiterer Panther: Linksaußen Felix
Kerst erzielte insgesamt 13 Tore. Nachdem
sich die Brucker durch eine so gut aufgeleg-
te Offensive und eine von Beginn an kom-
pakt arbeitende Abwehr einen Vorsprung
erarbeitet hatten, gaben sie diesen auch

nicht mehr ab, nach der 22. Minute betrug
er stets mindestens drei Tore, meistens so-
gar ein paar mehr. „Mit dem Selbstvertrau-
en läuft’s halt dann“, erklärte der Coach die-
se Leistung, der inzwischen nicht mehr
wirklich überrascht von derartigen Auftrit-
ten scheint. Die sehr begrenzten Wechsel-
möglichkeiten waren dann auch kein so
großes Problem mehr, da Wild keine gro-

ßen Änderungen auf dem Parkett vorneh-
men musste. Allerdings forderte dieser
Umstand seinen Spielern auch einiges an
Energie ab, die ersten 50 Minuten hatten
die Akteure in der Offensive nahezu keine
Verschnaufpause.
Dass dieses System auch seine Risiken
birgt, ist dem 40-Jährigen durchaus be-
wusst, vorerst wird er allerdings darauf zu-
rückgreifen müssen. Auch am kommen-
den Samstag, beim vorgezogenen Spiel in
Pforzheim. Der Tabellenzehnte hatte dem
Tabellenführer die erste von bisher zwei
Saisonniederlagen zugefügt, seitdem kön-
nen sie die hohen Ambitionen an der Enz al-
lerdings nicht mehr erfüllen. „Wir haben
noch eine Rechnung offen und das Momen-
tum ist aktuell klar auf unserer Seite“, äu-
ßerte Wild sich selbstbewusst.
Das Hinspiel war das aus seiner Sicht bis-
her schlechteste Saisonspiel, auch weil
Alexander Leindl und Johannes Stumpf
verletzt fehlten. Solchen Widrigkeiten zu
trotzen, bereitete dem TuS im weiteren Sai-
sonverlauf allerdings keine gravierenden
Schwierigkeiten mehr, ebenso wie der
Spielplan. Am Samstag werden die Fürsten-
feldbrucker zum 14. Spieltag ihre neunte
Auswärtsreise antreten.
„Als wir uns vor der Saison den Spiel-
plan angeschaut haben, war unser Ziel, bis
Weihnachten einfach nur irgendwie an der
Spitzengruppe dranzubleiben. Dass es so
läuft, damit konnte keiner rechnen“, ord-
net Martin Wild den anhaltenden Höhen-
flug ein. Die daraus resultierende Spitzen-
position in der Liga fühlt sich an der Amper
dementsprechend wie eine vorgezogene
Bescherung an. thomas jensen

von ralf tögel

H


aben Sie es schon gehört? Seit
Freitag kann man auf der Zugspit-
ze wieder gen Tal brettern, die Ski-
saison wurde eröffnet. Fast schon ein biss-
chen spät, bei unseren alpenländischen
Nachbarn wird schon seit vier Wochen
herumgecarvt, und damit sind keines-
wegs die Gletscherskigebiete gemeint. In
Duisburg brummt auch schon der Weih-
nachtsmarkt, der in München beginnt
erst in eineinhalb Wochen, sollte man
mal drüber nachdenken. Zum Trost: In
Kitzbühel ist auch noch kein Weihnachts-
markt, dafür haben sie im Tiroler Nobel-
ort schon vor vier Wochen die Lifte ange-
schmissen – bei satten 20 Grad plus. Gut,
alle Abfahrten waren nicht möglich, da-
für gab es diese irre Optik, eine weiße
Schneeader auf dem ansonsten schmut-
zigbraunen Berg, tolles Fotomotiv. Die
Grundlage kam übrigens aus Depots, da
lagern die Ösis Schnee für alle Fälle, der
dann per Hubschrauber auf die Almwie-
sen gekippt wird. War da nicht was in Sa-
chen Klimaschutz und Nachhaltigkeit?
Egal.


Ist schon witzig, dort, wo sie den
Schnee gut brauchen können, gibt es kei-
nen. Dort wo er stört, fällt er ungefragt.
Auf den diversen Fußballplätzen im Frei-
staat zum Beispiel. Im Allgäu waren am
vergangenen Dienstag bereits die Räum-
dienste unterwegs, was bedeutet, dass im
Gegensatz zum Skibetrieb der Spielbe-
trieb demnächst wieder empfindlich ge-
stört wird – die ersten Absagen hat es ja
bereits gegeben. Dabei geht es dem Fuß-
ball ja fast so wie Mutter Erde, man muss
sich fragen, wie lange es ihn überhaupt
noch gibt. Die Berliner Schiedsrichter ha-
ben schon mal gestreikt, 1600 Spiele sind
ausgefallen. Selbst die Nationalmann-
schaft will kaum mehr einer sehen, zum
Länderspielkracher gegen Weißrussland
waren im kleinen Gladbacher Stadion rie-
sengroße Lücken auf der Tribüne.
Und dann noch diese neue Spezies, der
Wutfußballer. Erinnern Sie sich noch an
den Wutbürger? Meist etwas ältere Se-
mester, Typ pensionierter Oberstudien-
rat, die sich mit wutverzerrter Fratze an
einen dieser todgeweihten Stutt-
gart-21-Bäume klammerten, bis sie von
der Polizei mit Wasserwerfern wegge-
spritzt wurden. Die Bäume sind dann
doch in diversen Hackschnitzelwerken
massakriert worden.
Und jetzt die Kicker. Mit wutverzerr-
ten Fratzen wird da auf den Schiedsrich-
ter losgegangen, weil der einen Einwurf
falsch gesehen hat. Oder er wird gleich
umgenietet. Sollen sich die doofen Fuß-
baller doch als Protest an den Pfosten ket-
ten, bis sie von den Ordnern weggeflext
(Torpfosten sind im Gegensatz zu Ländle-
Bäumen aus Aluminium) werden. Gibt es
überhaupt Oberstudienräte, die Fußball
spielen? Egal.
Jedenfalls ist derlei Wahnwitz nur im
Fußball zu beobachten, vielleicht weil im
Handball oder Basketball viel härter sank-
tioniert wird. Wer versucht, Nase an Nase
etwas mit dem Unparteiischen auszudis-
kutieren, findet sich schnell auf der Straf-
bank wieder – oder gleich vor der Halle.
Selbst die Eishockeyspieler suchen sich
für ihre Kloppereien immer einen Geg-
ner aus, der Schiedsrichter ist tabu.
Vielleicht sollte manch einer mal ein
bisschen in sich gehen – bei einem Täss-
chen Glühwein, auf einem Weihnachts-
markt vielleicht.


Schwer zu bremsen: Johannes Stumpf , der in Hochdorf fünf Tore erzielte, und die Fürstenfeldbrucker Drittliga-Handbal-
ler lassen sich derzeit durch nichts aus dem Rhythmus bringen. FOTO: GÜNTHER REGER

Fast wie Weihnachten


Wider alle Rückschläge durch Verletzungen und Krankheiten gewinnen Brucks Handballer in Hochdorf und holen sich die Drittliga-Tabellenführung zurück


Ein Omen? Am Freitag gab Uli
Hoeneß seinen Rücktritt be-
kannt, der Ex-Präsident des
FC Bayern ist bekannter Ma-
ßen der wichtigste Förderer
der Basketballer. Justament als Hoeneß
sein Patronat niederlegte, verloren seine
Basketballer in Valencia nach einer schau-
erlichen Leistung mit 56:82 Punkten. Da-
bei war beim Tabellenletzten der erste Eu-
roleague-Auswärtssieg eingeplant. Und
jetzt das: Bis in die 1400 Kilometer entfern-
te spanische Hafenstadt wirkte der Rück-
tritt, machte den Basketballern die Beine
bleischwer und die Hände zittrig. Wird die
Mannschaft fortan traumatisiert durch die
diversen Wettbewerbe taumeln? Unsinn,
wie der Sonntagssieg gegen Bayreuth be-
wies. Außerdem ist Hoeneß nicht abergläu-
bisch und hat bereits verkündet, dass er
den Basketballern erhalten bleibt. toe


So viel Spielzeit wie gegen Bayreuth bekam Diego Flaccadori (re.) bisher noch nie in dieser Saison, hier setzt sich der Italiener gegen den ehemaligen Münchner Bastian
Doreth durch. Trainer Radonjic bescheinigte Flaccadori eine gute Leistung. FOTO: PHILIPPE RUIZ/IMAGO

Sollen sie sich doch aus Protest


an den Torpfosten ketten


Keine Pause: Am Dienstag
kommt Olympiakos Piräus,
am Freitag Panathinaikos Athen

KURZE ECKE


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Glühwein


für Wutfußballer


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NR. 266,MONTAG, 18. NOVEMBER 2019


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