Bulle & Bär
Wall Street
erklimmt neue
Höhen
U
nd wöchentlich grüßt das Murmel-
tier. So zumindest wirkt die aber-
mals verkündete Ansage, dass eine
Einigung in den Handelsgesprächen zwi-
schen den USA und China bevorsteht.
Schon oft gehört, doch noch fehlt der Ab-
schluss. Am Donnerstag deutete Larry
Kudlow, Wirtschaftsberater des US-Präsi-
denten, eine Einigung an, sprach von
„sehr konstruktiven Diskussionen“ mit
China. Allein dieser Hinweis beflügelte die
Märkte: Die großen amerikanischen Bör-
senindizes von S&P 500 über Dow Jones
bis Nasdaq erklommen neue Allzeithochs.
Meist dauert es dann indes nicht lange,
bis auf die euphorischen Reaktionen mah-
nende Stimmen der Marktbeobachter fol-
gen. Tenor: Eine Aussage macht noch kei-
ne Einigung. Damit haben sie sicher recht.
Doch mit einem Abschwung an den Bör-
sen ist vorerst nicht zu rechnen. In den
kommenden zwölf Monaten sollte die La-
ge mindestens stabil bleiben.
Tatsächlich könnten eine Einigung im
Handelskonflikt mit China und eventuelle
Rücknahmen von Strafzöllen beider Sei-
ten den Wirtschaftsmächten, der Welt-
wirtschaft und den Märkten einen Schub
verleihen. Doch selbst wenn die Gesprä-
che stagnieren, sprechen andere Umstän-
de für stabile bis steigende Märkte.
Allen voran die Zinsseite bleibt für Ak-
tien positiv. In den vergangenen Monaten
hat nicht nur die EZB ihre Geldpolitik wie-
der gelockert, auch die Fed hat die Zinsen
gesenkt. Mit Letzterem soll vorerst zwar
Schluss sein, glaubt man den Andeutun-
gen des Fed-Chefs Jerome Powell. Aber ei-
ne neuerliche Runde der Zinserhöhungen
- und damit tendenzieller Druck auf die
Aktienmärkte – scheint mindestens eben-
so wenig bevorzustehen. Niedrig rentie-
rende Anleihen bleiben demnach relativ
gesehen zu Aktien uninteressant.
Nicht zu unterschätzen bleibt die politi-
sche Lage in den USA. Dort stehen 2020
Präsidentschaftswahlen an. Donald
Trump will wiedergewählt werden. In sei-
ner Legislatur hat er mit Unternehmen -
steuerreformen bereits einige Geschenke
an die Wirtschaft verteilt. Davon wird er
nicht abkehren, erst recht nicht in einem
Wahljahr. Die derzeit bestimmenden Rah-
menbedingungen für die Märkte deuten
daher eher auf einen anhaltenden Auf-
wärtstrend oder zumindest ein Verharren
auf dem Hoch hin.
Der tägliche Kommentar
des Handelsblatts analysiert
die Entwicklung
an den Finanzmärkten.
Von Matthias Streit
deutschen Aktien hat die Porsche-Ak-
tie einen Anteil von 0,8 Prozent.
Vier Aktien von Fidelity
Auf die Dax-Schwergewichte SAP und
Linde hat dagegen verstärkt Christian
von Engelbrechten, Fondsmanager
des „Fidelity Funds – Germany“ ge-
setzt. SAP ist mit einer Marktkapitali-
sierung von 150 Milliarden Euro das
wertvollste Unternehmen Deutsch-
lands. Im Aktienkurs spiegelt sich das
seit Jahren kontinuierlich gesteigerte
Betriebsergebnis. „SAP überzeugt mit
Wachstum durch eigene Innovationen
wie das schnell wachsende Cloud-Ge-
schäft“, sagt von Engelbrechten.
Im Sommer hatte der damalige
SAP-Chef Bill McDermott die Ertrags-
prognosen für das laufende Jahr ange-
hoben, zuletzt bestätigten die neuen
SAP-Chefs Jennifer Morgan und Chris-
tian Klein die Ziele. Vergangene Wo-
che versprachen Morgan und Klein
den Investoren für das kommende
Jahr zusätzliche Ausschüttungen in
Höhe von insgesamt 1,5 Milliarden
Euro. Linde ist in der Dax-Marktkapi-
talisierung die Nummer zwei und
wächst ebenfalls robust. Die Integrati-
on des vor einem Jahr übernomme-
nen US-Konkurrenten Praxair kommt
voran. Linde hat die Gewinnerwar-
tungen in diesem Jahr gleich dreimal
nach oben geschraubt.
Von Engelbrechten ist auch mit
Blick auf die Zukunft zuversichtlich:
„Linde sollte weiterhin zweistellig die
Gewinne steigern können, und das
bei einer starken Bilanz und einer dis-
ziplinierten Ausschüttungspolitik.“
Linde und SAP sind nicht die einzigen
Unternehmen, die der Fidelity-Fonds-
manager im September verstärkt
übergewichtet hat.
Er griff auch bei Aktien vom Dax-
Konzern Adidas und dem MDax-Wert
Airbus zu. Adidas profitiert vom welt-
weit zunehmenden Fitnesstrend und
wächst in den USA, in Europa und
Asien. Im dritten Quartal ist der Ge-
winn von Adidas zwar gesunken. Für
das Gesamtjahr hält Adidas-Chef Kas-
per Rorsted aber an seinen Prognosen
fest. Demnach wird der Gewinn um
zehn bis 14 Prozent steigen, bei einem
Umsatzplus von fünf bis acht Prozent.
Beim Luft- und Raumfahrtkonzern
Airbus rechnet von Engelbrechten
„auf Jahre hinaus mit zweistelligem
Gewinnwachstum“. Die Umsätze mit
den neuen Flugzeugen A320 Neo und
A350 sollten schneller steigen als die
Kosten. In den ersten neun Monaten
hat der Konzern den bereinigten Ge-
winn vor Steuern und Zinsen um
mehr als die Hälfte gesteigert. Alle Un-
ternehmen, die von Engelbrechten im
September für seinen Fonds zugekauft
hat, haben überdurchschnittlich hohe
Kurs-Gewinn-Verhältnisse und werden
mit dem gut 24-Fachen (SAP) bis
knapp 29-Fachen (Linde) des erwarte-
ten Gewinns für das laufende Jahr be-
wertet. Das stört von Engelbrechten
aber nicht. Ihm ist wichtiger, dass die
Unternehmen nachhaltig überdurch-
schnittlich wachsen können.
Deka: Airbus und Siemens
Wolfgang Ewig, Fondsmanager des
„DekaFonds CF-Aktienfonds Deutsch-
land“, sieht ebenfalls bei Airbus Po-
tenzial. Er hat die Aktie nach zwi-
schenzeitlichen Kursrückgängen
nachgekauft. Zwischen Mitte Juli und
Anfang Oktober fiel der Airbus-Aktien-
kurs unter dem Strich um fast 14 Pro-
zent. Seither ging es aber um 19 Pro-
zent nach oben. Seit Anfang Novem-
ber markiert die Airbus-Aktie immer
neue Rekordhochs.
Unter den Dax-Werten hat Ewig im
zweiten Quartal die Siemens-Aktie hö-
her gewichtet. Im Nachhinein etwas
früh: Von Anfang Juli bis Mitte August
brach die Aktie um knapp ein Fünftel
auf 85 Euro ein. Seither ist die Aktie
aber auf Erholungskurs und notiert
mit um die 115 Euro auf dem höchsten
Stand seit August 2018. Im Geschäfts-
jahr 2018/2019 – Siemens hat ein ge-
brochenes Geschäftsjahr, das im Sep-
tember endet – verdiente der Konzern
nach Steuern zwar weniger als im Vor-
jahr, dennoch fielen die Zahlen besser
aus als erwartet. Vor allem im vierten
Quartal liefen die Geschäfte gut.
Ewig sieht Siemens für die Zukunft
gut gerüstet. Der Konzern profitiere
mit seiner „weltmarktführenden Posi-
tionierung“ im Segment „Digital In-
dustries“ von den strukturellen
Wachstumstrends Industrieautomati-
sierung beziehungsweise „Industrie
4.0“. Siemens will in diesem Jahr die
Sparte „Energy“ an die Börse bringen.
Künftig wird es laut Siemens-Chef Joe
Kaeser drei große börsennotierte Sie-
mens-Gesellschaften geben: die Sie-
mens AG mit den „Digitalen Indus-
trien“ und der Bahntechnik, Siemens
Healthineers und Siemens Energy.
Fondsmanager Ewig sieht das positiv:
Durch die „Entflechtung des Firmen-
konglomerats“ werde das Kernge-
schäft der Siemens AG gestärkt. Sie-
mens dürfte demnach einen großen
Anteil im Deka-Fonds behalten.
SAP Adidas Linde
Marktkapitalisierung
Gewicht im Dax
Marktkapitalisierung
Gewicht im Dax
Marktkapitalisierung
Gewicht im Dax
Quelle: Bloomberg
Aktienkurs in Euro
125,3 Mrd. €
9, 8 %
122,60 €
1.1.2019 15.11.
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Aktienkurs in Euro
56,4 Mrd. €
4,9 %
267,45 €
1.1.2019 15.11.
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Aktienkurs in Euro
115,4 Mrd. €
9, 7 %
189,00 €
1.1.2019 15.11.
200
10
160
140
120
Private Geldanlage
MONTAG, 18. NOVEMBER 2019, NR. 222
35
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