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lick, klick, klick. Pause. Klick, klick, klick.
Saskia Diez lässt, während sie spricht, kleine,
nur erbsengroße Silberkugeln durch ihre
Fäuste gleiten. Mal ist die rechte Faust oben,
mal die linke. Das Spiel mit den Kugeln
scheint sie energetisch aufzuladen, was sie ge-
rade dringend braucht. Saskia Diez sitzt in ihrem Atelier
und soll ihre Arbeit erklären. Eine Tätigkeit, die ihr keine
„Energie gibt“ wie das Entwerfen, sondern ihr „Energie
nimmt“, wie sie sagt.
Saskia Diez ist Kreative, keine Verkäuferin. Ihre Hän-
de sind ständig in Bewegung, ihre Augen auch. Während
die kleinen Silberkugeln klickern, wandert ihr Blick über
die gegenüberliegende Wand. Dort hängen die Entwürfe
ihrer letzten und der nächsten Kollektion. Es ist ein bun-
tes Mosaik aus Ketten, Ringen, Reifen, Taschen, in allen
möglichen und unmöglichen Materialien und Formen.
Irgendwann bringt sie an diesem spätsommerlichen
Nachmittag ihre Erfolgsformel dann aber doch noch auf
den Punkt: „Ich mache das, was mir in den Kopf kommt.“
Produkttests, Marktanalysen, Beratungen – alles nicht ihr
Ding. Saskia Diez ist Saskia Diez. Sie designt Schmuck,
den sie selbst gern trägt und den sie sich vom Anfang ih-
rer Karriere an auch selbst leisten können wollte. Kurz-
um: Sie verlässt sich nur auf sich: ihren Kopf, ihr Hand-
werk und ihren Körper, denn sie ist auch Markenbotschaf-
terin und Model in Personalunion.
So trägt sie an diesem Arbeitstag in ihrem Atelier eini-
ges an Schmuck. Eine breite Kette vor der Brust, jedes
Ohr zieren mehrere Klammern, sogenannte Ear Cuffs, ih-
re Handgelenke umschließen Reife, an ihren Fingern di-
verse Ringe. Trotz der Vielfalt wirkt sie nicht „ge-
schmückt“. Die Schmuckstücke sind – bis auf die Kette –
zart und schlicht. Sie führen kein Eigenleben, sie glitzern
leise. „Ich mache Schmuck auch für Menschen, die keinen
Schmuck mögen“, sagt sie.
So hat es die filigran wirkende 43-Jährige mit den gro-
ßen blau-grünen Augen und dem kurzen Bubikopf weit
gebracht. Ihr Erfolg ist im besten Sinne des Wortes: phä-
nomenal. Saskia Diez ist die wohl angesehenste unabhän-
gige Schmuckdesignerin der Republik. Ihren Namen hat
sie sich mit größter Zurückhaltung, fast schon Schüch-
ternheit, und einer eigenwilligen Strategie für Vertrieb
und Marketing gemacht. Weniger ist mehr, diese Formel
trifft auf sie und ihre gleichnamige Marke auf vielerlei
Art und Weise zu. Und sie ist zugleich ihr Erfolgsrezept in
einem eigentlich völlig fremden Land: Japan.
„Die Japaner waren meine ersten Kunden, und sie
sind bis heute meine treuesten. Sie haben ein gutes Ver-
ständnis für meine Ästhetik“, erzählt Diez. Inzwischen
hat sie eine fast schon persönliche Beziehung zu einigen
Schmuckgaleristen aufgebaut. Im vergangenen und auch
in diesem Jahr war sie auf Tour in Japan. Ihre Agentin hat-
te diese „Meet the Designer“-Tour für sie organisiert. In
einer Woche reiste Diez nach Tokio, Osaka und Fukuoka
und traf rund 30 ihrer Partner und unzählige Kunden vor
Ort. Und weil in Japan viele Frauen noch immer zutiefst
traditionellen Rollenbildern gerecht werden sollen, ó
Saskia Diez mit Drop Pearl
Wrap Earring und Grand
Necklace bicolour.
NAHAUFNAHME Saskia Diez