Handelsblatt - 08.11.2019

(Barré) #1

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und weckt Begehrlichkeiten. Ein Galerist aus Tokio mel-
det sich bei ihr. Er möchte das Armband bitte gerne bei
sich verkaufen. Es folgen Anrufe von Galeristen aus New
York und Berlin. „Ich konnte mein Glück kaum fassen“,
erinnert sich Saskia Diez.
„Mein nächstes Ziel war aber auch klar: Ich möchte
kein One-Hit-Wonder bleiben.“ Also entwickelt sie ihre
ersten Kollektionen und eröffnet 2008 einen eigenen La-
den und Onlineshop. Beide sind bis heute ihre wichtigsten
Vertriebskanäle. Derzeit macht Saskia Diez 60 Prozent ih-
res Umsatzes über den direkten Verkauf ihrer Stücke und
nur 40 Prozent über ihre Vertriebspartner, zu denen auch
Onlinegrößen wie Net-A-Porter oder Ssense gehören.
Das verleiht ihr Unabhängigkeit und sichert ihr zu-
gleich einen direkten Kontakt zu den Kunden. Ihre günsti-
gen Preise erreicht sie durch eine Mischung aus Handar-
beit, Formteilen und Zugekauftem sowie einer intelligen-
ten Aufteilung von Produktionsschritten und -stationen.
Mit dieser Strategie findet Saskia Diez ihre Nische in ei-
nem Markt, der dominiert wird von extrovertierten Cha-
rakteren und Massenware wie der Deutschen Jette Joop
oder global operierenden Luxusmarken wie Bulgari,
Cartier, Pomellato und Tiffany’s.
„Saskia Diez ist international unglaublich angesehen“,
sagt Adrian Runhof vom Münchener Modelabel Talbot &
Runhof: „Sie leistet es sich, nicht überall zu sein, besetzt
selbstbewusst ihre Nische.“ Runhof, der wie Diez sein
Atelier im Glockenbachviertel in München unterhält und
sie seit Jahren kennt, weiß: „Sie verschiebt mit ihrem

Schmuck die Grenzen. Sie ist handwerklich sehr gut,
schafft so filigrane Strukturen, zeigt das gerade technisch
noch Machbare. Und das Beste: Sie ist dabei ein warmer,
herzlicher und bodenständiger Mensch.“
Immer wieder setzt Diez, die lange mit dem bekann-
ten Möbeldesigner Stefan Diez liiert war und mit ihm drei
Kinder hat, auch auf Kooperationen mit anderen Desig-
nern. „Das fordert mich heraus, und gibt mir neue Eindrü-
cke und Ideen.“ So hat sie schon ein Parfüm mit Geza
Schön kreiert, Taschen für Net-A-Porter, Sonnenbrillen
und Brillenketten für Viu, Seidenschmuck für Hermès.
„Ich möchte den Schmuckbegriff ausweiten, also von un-
sichtbarem Schmuck wie Parfüm über neue Arten,
Schmuck zu tragen, bis hin zu neuen Materialien, auch
für Taschen, Sonnenbrillen oder Nagellack. Das finde ich
spannend und inspirierend.“
Ihr Erfolg gibt ihr offenbar recht. Eigenen Angaben zu-
folge machte die Münchenerin im vergangenen Jahr eine
Umsatzrendite von über 30 Prozent. Das gibt ihr auch den
notwendigen Spielraum für Experimente. Investoren
brauche sie dabei nicht. „Ich wüsste nicht genau, was mir
ein Investor bringen sollte.“ Geld ist eben nicht alles. n

Atelier und Laden von Saskia Diez liegen versteckt im Glockenbach -
viertel in München. Die Chefin regiert hier ebenso umsichtig wie
unprätentiös: Den Kaffee für unsere Autorin Tanja Kewes hat die
Teetrinkerin Diez selbst zubereitet– mit einem alten Espressokocher
in ihrer kleinen Küchenecke.

Links: Gold Wire Double
Ear Cuff. Oben: Saskia Diez
mit ihren Big Triple Ear Cuffs.

»Meine Kollektionen


präsentiere ich auf


der Fashion Week,


nicht auf der


Schmuckmesse.«


NAHAUFNAHME Saskia Diez

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