Süddeutsche Zeitung - 02.11.2019

(Barré) #1
Die Fußballer des FC Bayern werden
ihr Bundesligaspielan diesem Samstag
bei Eintracht Frankfurt mit einem
Trauerflor bestreiten. Die Münchner
gedenken damit ihres langjährigen Vi-
zepräsidenten und Aufsichtsratsmit-
glieds Rudolf Schels. Wie der deutsche
Rekordmeister mitteilte, starb der ehe-
malige Funktionär „plötzlich und uner-
wartet“ im Alter von 70 Jahren. Der Un-
ternehmer aus Regensburg hat einst
den Markendiscounter Netto gegrün-
det und groß gemacht; zuletzt führte er
in seiner Heimatstadt die Geschäfte ei-
nes Immobilienunternehmens. Seit
2009 war Schels Mitglied im Verwal-
tungsbeirat des FC Bayern München,
von 2012 bis 2016 Vizepräsident des
Vereins; zudem gehörte er von 2014 bis
2016 dem Aufsichtsrat der AG an. In die-
ser Zeit trug Schels maßgeblich zur Ent-
wicklung der Basketball-Abteilung bei,
deren strategische Ausrichtung er ver-
antwortete. „Zudem war er den Neben-
abteilungen sowie der Nachwuchsar-
beit stets sehr nahe“, schrieb der
FC Bayern. Anfang 2018 wurde Schels
in den Aufsichtsrat des Fußball-Zweitli-
gisten SSV Jahn Regensburg gewählt;
in seiner Heimatstadt förderte er auch
zahlreiche soziale Projekte. sz

Der Beruf des Fußballtrainers weist eini-
ge Gemeinsamkeiten zum Schaffen eines
Musikers auf. Oft gilt es zu improvisieren,
und Woche für Woche gilt es zu komponie-
ren – eine Mannschaft für das nächste
Spiel. Daniel Bierofka, Übungsleiter des
Drittligisten TSV 1860, kann davon der-
zeit ein Lied singen. Weil an diesem Sams-
tag (14 Uhr) neben den Langzeitverletzten
Nico Karger, Semi Belkahia und Quirin
Moll auch noch Dennis Erdmann nach der
fünften gelben Karte sowie Regisseur Ti-
mo Gebhart und Torhüter Hendrik Bon-
mann verletzungsbedingt fehlen werden,
ist beim Startelf-Komponieren ein wohl-
bekanntes Stück entstanden: eine Melo-
die, die an einen glücklichen Moment erin-
nert, den Aufstieg in die dritte Liga.
Im Duell gegen Viktoria Köln wird Dani-
el Bierofka auf ein Gerüst aus Spielern set-
zen müssen, das in der Aufstiegssaison
vor zwei Jahren eine tragende Rolle ge-
spielt hat – gezwungenermaßen. „Es gibt
keine anderen Optionen“, sagt Bierofka,
„aber ich weiß, egal wie das Spiel morgen
ausgehen wird, dass eine Mannschaft auf
dem Platz stehen wird, die einen guten
Charakter hat.“ Den an einer Zerrung lei-
denden Bonmann wird der Stammtorhü-
ter der Aufstiegssaison, Marco Hiller, ver-
treten. Und das gelang ihm zuletzt im To-

to-Pokal-Derby gegen den Ligakonkur-
renten SpVgg Unterhaching überzeu-
gend. „Marco hat gezeigt, wie wichtig er
für uns ist“, findet auch Bierofka, der sich
sicher ist, dass „Marco ein richtig gutes

Spiel machen wird“. Gebhart fällt derweil
aufgrund einer schmerzenden Achilles-
sehne aus. Zum fehlenden Spielglück in
den vergangenen drei Partien scheint sich
nun also auch noch das Verletzungspech
dazuzugesellen. Von zusätzlichen dishar-
monischen Tönen – wie etwa der Etatfra-
ge für die kommende Saison oder dem Ab-
schied von Stürmer Sascha Mölders –
mochte sich Bierofka auf der Spieltags-
Pressekonferenz allerdings nicht aus dem
Rhythmus bringen lassen: „Ich schaue
nur auf das morgige Spiel.“
Das ist verständlich, ist die Begegnung
gegen Viktoria Köln doch eine überaus be-
deutsame. Am 14. Spieltag spielen in Kai-
serslautern gegen Würzburg und Müns-
ter gegen Chemnitz einige Tabellennach-
barn der Löwen in direkten Duellen gegen-
einander, bei einer eigenen Niederlage
droht 1860 der Abstiegsplatz. Und danach
geht es zum Tabellenführer nach Halle
und ins Derby gegen den FC Bayern II.
Der Gegner, der Aufsteiger aus Köln,
steckt in einer Ergebniskrise, seit sechs
Spielen wartet er auf einen Sieg. Im Gie-
singer Festspielhaus kommt es zum Duell
der Formkrisen, für das Bierofka einen
Wunsch hat: „Die größte Freude wäre es,
endlich wieder in lachende Gesichter zu
schauen.“ david fuhrmann

Dem Fußball ver-
bunden: Rudolf
Schels, früher Vize-
präsident des FC
Bayern München
und zuletzt Auf-
sichtsrats-Mitglied
beim SSV Jahn
Regensburg.
FOTO: CLAUS SCHUNK

Die SpVgg Greuther Fürth geht ohne Per-
sonalprobleme in das Heimspiel in der
zweiten Fußball-Bundesliga an diesem
Samstag (13 Uhr) gegen den SV Darm-
stadt 98. „Wie in der letzten Woche sieht
es sehr gut aus“, sagte Fürths Trainer Ste-
fan Leitl. Nur Verteidiger Maximilian Sau-
er habe nicht trainieren können. Der Re-
spekt des Tabellensiebten aus Franken
vor dem Elften aus Hessen ist groß. „Sie
wirken sehr stabil und haben gute Ergeb-
nisse erzielt mit Ausnahme des Pokal-
spiels“, sagte Leitl. Darmstadt war unter
der Woche in der zweiten DFB-Pokalrun-
de am Karlsruher SC gescheitert. „Es ist
eine Mannschaft, die wenig zulässt, sehr
diszipliniert spielt“, meinte Leitl über den
SV 98. Seine Mannschaft müsse eine „gu-
te Körpersprache an den Tag legen und
aktiv sein“. Bei den Darmstädtern wirkt
der frühere Fürther Mittelstürmer Ser-
dar Dursun mit, der in dieser Saison be-
reits sechs Mal getroffen hat. dpa, sz

Fußball-Zweitligist 1. FC Nürnberg muss
für mehrere Monate auf Torwart Patric
Klandt verzichten. Nach Klubangaben
zog sich der 36-Jährige beim Aus im DFB-
Pokal bei Drittligist 1. FC Kaiserslautern
(5:6 im Elfmeterschießen) einen Riss der
linken Achillessehne zu. Die Operation
soll am kommenden Montag erfolgen.
Weil neben Klandt auch der etatmäßige
Stammkeeper Christian Mathenia (Knie-
scheibenbruch) längerfristig ausfällt und
Nachwuchskeeper Jonas Wendlinger we-
gen einer Schambeinentzündung pau-
siert, steht dem Club mit Andreas Lukse
derzeit nur ein Keeper aus dem Profika-
der zur Verfügung. In Kaiserslautern hat-
te Klandt das Feld nach 116 Minuten ver-
lassen müssen. Weil Nürnbergs Wechsel-
kontingent schon ausgeschöpft war, rück-
te in der kuriosen Partie Außenverteidi-
ger Enrico Valentini für das Elfmeter-
schießen ins Tor.

Angesichts der Personalnot zieht der
Club nun eine Verpflichtung des vereins-
losen Keepers Oliver Zelenika in Erwä-
gung. Der 26-jährige Kroate stand bis
zum vergangenen Sommer beim nieder-
ländischen Erstligisten NEC Nijmegen
unter Vertrag. „Wir brauchen einen Tor-
hüter, bei dem wir keine Bauchschmer-
zen haben, wenn er spielt, und wollen sei-
nen Leistungsstand überprüfen“, sagte
Sportvorstand Robert Palikuca derNürn-
berger Zeitung. „Er hat in jungen Jahren
sehr viel gespielt und seine Fähigkeiten
gezeigt. Dann kam der Karriereknick.“
Am Montag (20.30 Uhr) beim VfL Bo-
chum wird wohl U19-Keeper Benedikt
Willert auf der Bank sitzen. Nach dem Po-
kalaus steigt der Druck auf die Franken
und ihren Trainer Damir Canadi, dessen
Team in zuletzt sieben Ligaspielen nur ei-
nen Sieg verbuchte. „Dieses Spiel lässt ei-
nen mit keinem guten Gefühl zurück.
Das sah nicht gut aus. Wir müssen das
Spiel analysieren und viel verbessern“,
sagte Stürmer Mikael Ishak in Kaiserslau-
tern. Die Pleite lasse sich „nicht nur mit
Pech erklären“, ergänzte sein Kollege Ro-
bin Hack: „Wir müssen dringend daran
arbeiten, konstanter zu werden.“ sid, sz

Bertram Wagner mischt jetzt schon seit
zwei Jahrzehnten mit, aber so etwas hat
auch er noch nicht erlebt. Ein Feld von
64Spielern, am Tag bis zu 15 Partien und
20 Stunden Tennis auf zwei Spielfeldern:
Das ATP-Turnier in mittelfränkischen
Eckental wird größer, größer und größer,
stößt allmählich aber an seine Grenzen –
und schafft es dann doch immer wieder, ei-
ne nächste und eine nächste Auflage aus-
zurichten. „Wir sind am Anschlag“, sagt


Pressesprecher Wagner, doch er weiß, wo-
für er sich mit den anderen Verantwort-
lichen in Eckental derart ins Zeug legt: um
den Leuten im Landkreis Erlangen-Höch-
stadt etwas zu bieten und den Spielern
eine Bühne zu bereiten.
Das Eckentaler Turnier, es ist ja auch
ein Sprungbrett. Nicht für Groß und
Klein, aber für jene Spieler, die klein sind,
in der überschaubaren Halle nordöstlich
von Nürnberg aufschlagen – und dann
groß werden. „Von der aktuellen Top 100
haben 25 bei uns gespielt“, sagt Wagner
mit Blick auf die Weltrangliste.
Auch darum geht es ja in Eckental: Wer
ist klein und wird mal groß? Und wer war


groß und ist jetzt so klein, dass er doch wie-
der hier aufschlägt?
„Wir haben Spieler aus 22 Nationen bei
uns. Die aus Deutschland sind entweder
ganz jung oder sie gehören schon zu den
Älteren“, sagt Wagner und nennt als Bei-
spiel den Doppelspezialisten Kevin Kra-
wietz: „Er spielt jetzt in London. Er ist ein-
fach zu gut geworden für uns.“ Selbst Ma-
ximilian Marterer, ein gebürtiger Nürn-
berger und Sieger vor zwei Jahren, steht
nicht mehr im Teilnehmerfeld. Mischa
Zverev hingegen, einer derjenigen, die nie
ganz groß und doch nie klein waren,
schlug in diesem Jahr in Eckental auf,
schied aber bereits Anfang der Woche in
der ersten Runde gegen seinen Trainings-
partner Tobias Kamke mit 6:7, 1:6 aus. Ver-
abschiedet hat sich ebenfalls bereits in
der ersten Runde der mittelfränkische Lo-
kalmatador: Der 23-jährige Johannes Ha-
erteis aus Nürnberg unterlag dem Austra-
lier John-Patrick Smith 6:7, 7:6, 6:7. Ob-
wohl Wagner Zverev als „Zugpferd“ beti-
telt hatte, ist er sich sicher: „Es macht dem
Turnier nichts aus, dass er ausgeschieden
ist.“ Das Halbfinale an diesem Samstag ist
auch ohne Zverev gut besetzt – unter ande-
rem mit Steve Darcis (Belgien), dem Ecken-
tal-Gewinner von 2016, der auf den Süd-
afrikaner Lloyd Harris trifft. slei

von thomas gröbner

W

er über das Kopfsteinpflas-
ter von Tittmoning rum-
pelt, hinein beim einen
Stadttor und dann 250 Me-
ter weiter wieder hinaus
durchs andere Stadttor, der geht davon
aus, dass Tittmoning das Zentrum von Gar-
nichts ist, im besten Fall vielleicht noch
von sich selbst.
Und doch hat sich 6000-Seelen-Städt-
chen an der Salzach einen Namen gemacht
in Turn-Deutschland, seit Andreas Greit-
her und seine Frau Marianne den Töch-
tern eine Trainingshalle gebaut haben,
gleich neben der Pharmafabrik, die sie in-
zwischen verkauft haben. Aus der Liebe zu
den Kindern und dem Ehrgeiz der Eltern
ist eine Mannschaft entstanden, die um
die deutsche Meisterschaft der Frauen tur-
nen kann – und die Bayern zurück auf die
Landkarte dieser Sportart gebracht hat.
Wer den Turnverein in Tittmoning be-
sucht, der sitzt bei Marianne Greither im
Gewölbe des Benedikt-Palais. Dicke Wän-
de tragen die alten Bögen, auf dem Step-
per schwitzen Senioren im Fitnessstudio,
das im Gemäuer untergebracht ist. Dass
der Kunstturnverein Tittmoning ausge-
rechnet hier residiert, ist ein feiner Witz,
schließlich haben die unterdurchschnittli-
chen Leistungen im Turnunterricht das
Zeugnis des jungen Joseph Ratzinger ver-
schandelt, der als kleiner Bub hier gelebt
hat. Der Turnunterricht war eine Folter,
hat sich Ratzinger einmal erinnert.
Marianne Greither hat Fotos ausgebrei-
tet von ihren drei Kindern, Constanze, Te-
resa und Cecilia, die sie erst zum Ballett
und dann zum Tennis brachte: „Sie haben
alles getroffen, nur nicht den Ball.“ Erst
beim Turnen seien sie dann „Feuer und


Flamme“ gewesen, sie trainierten im 25 Ki-
lometer entfernten Traunreut. „Gott sei
Dank hab’ ich drei Mädchen bekommen,
ich musste nicht zum Fußball“, sagt Greit-
her, die selbst nie geturnt hatte. Aber in
Traunreut kamen die Mädchen an ihre
Grenzen, sie wurden zu gut, sie wollten
Dinge turnen, die schmerzhaft enden kön-
nen, „Doppelsalto und so Sachen“, sagt
Greither. „Also haben wir die Halle gebaut,
sonst wären wir nicht weitergekommen.“
Mit einer Schnitzelgrube zum Beispiel –
weil man seinen Kindern ja ihre Wünsche
erfüllen will, wenn man sie erfüllen kann.

Und die Greithers, sie konnten. Seit
2007 steht deshalb in Tittmoning eine pri-
vate Trainingshalle, 700 Quadratmeter
lichtgeflutete Trainingsfläche, Deutsch-
lands erste private Kunstturnhalle, so wur-
de sie gepriesen. Ungefähr eine Million Eu-
ro hat die Halle mit den Geräten gekostet.
Gerade wurde ein neuer Boden verlegt, der
den Olympia-Standards entspricht. Das
lockt viele Mannschaften an, die sich hier
den Feinschliff holen.
„Es kommen Vereine, die wussten nicht
einmal, wo Bayern ist“, sagt Greither, die
stolz in der Halle herumführt. An der De-
cke hängen Flaggen der Gäste; Spanien,
Frankreich, Italien, die USA, Venezuela.
Nur einen kleinen Fehler hat die Halle: die
fehlende Tribüne. „Wir haben die Zuschau-
erränge vergessen“, sagt Greither. „Aber
damals konnten wir uns nicht vorstellen,
was daraus werden würde.“
Es begann mit einem Hilferuf, die DJK
Heufeld aus der Nähe von Rosenheim

kämpfte um die Relegation für die neu ge-
schaffene dritte Liga. Tittmoning half aus,
mit Teresa und Cecilia Greither, und ver-
mittelte auch Cintia Rodriguez vom spani-
schen Club Xelska aus Palma de Mallorca.
Im Gegenzug übernahm Tittmoning den
Heufelder Startplatz in Liga drei. Und da
meldete sich der Ehrgeiz von Andreas
Greither: „Ich will in die Bundesliga“, ver-
langte er. „Ja, mein Mann, der ist halt ein
Visionär“, sagt Marianne Greither.
Der Aufstieg kam dann per Mail, schnel-
ler als gedacht. Der TSV Großburgwedel
musste seine Bundesliga-Lizenz abgeben,
und da der TSV im Vorjahr den Aufstieg in
der Relegation verpasst hatte, war Tittmo-
ning der erste Kandidat für den frei gewor-
denen Platz. Innerhalb von zwei Jahren
war diese Mannschaft, die es vorher nicht
gab, in die Bundesliga eingezogen. 2017
stellte Tittmoning in den ersten drei Ligen
drei Mannschaften – eine solche Leis-
tungsdichte findet sich in Deutschland
kaum.
Es wuselt im „GYM Tittmoning“, der
Name hängt in großen Lettern an der
Wand. Und weil der Buchstabe Y aussieht
wie die elegante Streckung einer Turnerin,
ist die Silhouette der Tochter Cecilia einge-
schlossen. Aber Cecilia, 22, ist längst hin-
ausgewachsen aus dem Gym. Mit 1,89 Me-
tern, „da kommt man unter dem Stufen-
barren nicht mehr durch“, sagt die Mutter.
Teresa und Cecilia turnen noch in der Bay-
ernliga, „das Training war also nicht um-
sonst“, sagt Marianne Greither. Ihr Leit-
spruch ist sowieso: „Wir nehmen alle. Egal
wie viel Talent – Hauptsache die Mädchen
bewegen sich.“ Turnen, das sei eine Le-
bensschule, findet Andreas Greither, um
turnende Mädchen müsse man sich nicht
sorgen. Die Turnhalle sei „der beste Kin-
dergarten, den man sich vorstellen kann“.

Und weil die Greithers selbst keine Tur-
ner sind, haben sie die Cheftrainerin Nata-
lie Pitzka damals gleich aus Traunreut mit-
genommen. Sie brachte das Wissen und
das Auge für Talente nach Tittmoning.
1991 war sie Deutsche Meisterin am Boden
und am Schwebebalken, sie gehörte zum
Olympiakader von Atlanta 1996, ehe sie
mit 20 Jahren ihre Karriere beendete. Heu-
te ist sie beim Bayerischen Turnverband
auch für das Geräteturnen zuständig, das
bei den Frauen lange brach lag. „Es wurde
wenig gemacht, es gab keine Strukturen”,
sagt Pitzka. Vor dem Engagement der
Greithers in Tittmoning sei Bayern „ein
blinder Fleck“ im deutschen Frauen-Tur-
nen gewesen.

Mittlerweile ist auch der Unterbau ge-
stärkt – was die Zahl der Aktiven angehe,
sei Bayern hinter dem schwäbischen Turn-
bund inzwischen die Nummer zwei in
Deutschland, sagt Pitzka. Das soll auch
bald die Bundesliga-Mannschaft von Titt-
moning stärken: „Aus tausend Mädchen
kommen vielleicht vier Leistungsturner.
Wir wollen drei bis vier aus hundert schaf-
fen. Aber es braucht Geduld.“
Als sie in Tittmoning vor eineinhalb Jah-
ren die Verpflichtungen von Olympia-Me-
daillengewinnerin Sophie Scheder und
der Weltmeisterin am Schwebebalken,
Pauline Schäfer, verkündeten, hörte sich
das nach einer Kampfansage an. „Unge-
fähr so, als würde Thomas Müller zum
SVWacker Burghausen oder SV Kirchan-
schöring wechseln“, übersetzte die Lokal-
zeitung die Meldung für die Leser im Süd-

osten Bayerns, wo in jedem Dorf ein Fuß-
ballfeld gemäht wird, aber die Reckstan-
gen rosten.
Die schlechte Nachricht kommt gerade
jetzt aufs Handy von Natalie Pitzka, trotz
der dicken Wände im Benedikt-Palais.
Schäfer hat Tittmoning für die Bundesliga
abgesagt, „ihre Terminplanung sieht an-
ders aus“, sagt Pitzka. Schäfer, die wegen
Verletzungen und der WM-Vorbereitung
nie für Tittmoning startete, hat sich nun
für Stuttgart entschieden, sie rechnet sich
dort mehr aus: „Ich war noch nie deutsche
Mannschaftsmeisterin. Die Chancen ste-
hen gut, dass ich mit Stuttgart meine Titel-
sammlung erhöhen kann“, lässt sie vom
MTV Stuttgart verbreiten.
Die Chancen mit dem TSV Tittmoning
wären nicht so gut gewesen. Am Wochen-
ende trifft Schäfer in der Bundesliga im
niedersächsischen Buchholz gleich wieder
auf die Tittmoningerinnen, die auf Rang
drei hinter Karlsruhe und der Übermann-
schaft Stuttgart liegen. Die Meisterschaft
haben sie in Tittmoning schon aufgege-
ben: „Stuttgart kann man nicht schlagen“,
sagt Pitzka.
Dabei haben sie in Tittmoning sonst
viel Fantasie für Turnmärchen. Einmal ha-
ben sie in einer großen Aufführung den
Froschkönig „turnerisch umgesetzt“, er-
zählt Greither. Mit aufwendigen Kostü-
men, einem großen Bühnenbild und allem
Drum und Dran erzählten sie dem Publi-
kum die Geschichte vom Frosch und der
Prinzessin. Und als der Frosch am Ende an
die Wand geknallt wurde, da sprang die
leibhaftige Turn-Nationalmannschaft aus
den Kulissen; Marcel Nguyen und die ande-
ren, die sich auf Olympia in London 2012
vorbereitete, waren zu Gast. Man muss
eben Werbung mit allen Mitteln machen
für den Turnsport.

Weltmeisterin Pauline Schäfer
sagt ab, sie startet lieber
für den MTV Stuttgart

Krisengipfel im Festspielhaus


TSV1860 muss gegen Viktoria Köln auf Bonmann, Erdmann und Gebhart verzichten


Palikuca ist am vereinslosen
Oliver Zelenika interessiert

Gegen Dursun


Greuther Fürth empfängt Darmstadt

Torwartnot


beim Club


Klandt erleidet beim Pokalaus in
Kaiserslautern Achillessehnenriss

FC Bayern trauert


um Rudolf Schels


Immer größer


Das Turnier in Eckental dient Tennisspielern als Sprungbrett


Der reiche Mann und seine Töchter


Der Unternehmer Andreas Greither baute seinem turnbegeisterten Nachwuchs eine Trainingshalle und verhalf dem TSV Tittmoning
zu einem märchenhaften Aufstieg in die Bundesliga. Das Engagement machte Bayern unverhofft zu einem wichtigen Standort im Frauen-Turnen

Mischa Zverev scheidet gegen


seinen Trainingspartner aus


Nur eine Tribüne fehlt: „Damals
konnten wir uns nicht vorstellen,
was daraus werden würde.“

„Als würde Thomas Müller zum SV Wacker Burghausen wechseln“: Olympia-Medaillengewinnerin Sophie Scheder turnt für Tittmoning. FOTO: TILOWIEDENSOHLER / CAMERA4 / IMAGO


DEFGH Nr. 253, Samstag/Sonntag, 2./3. November 2019 HBG SPORT IN BAYERN 41


Einsatzbereit: ErsatztorwartMarco Hil-
ler, hier im Toto-Pokal–Elfmeterschie-
ßen gegen Unterhaching. FOTO: IMAGO
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