Berliner Zeitung - 02.11.2019

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Berliner Zeitung·Nummer 255·2./3. November 2019–Seite 32*
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P@norama


NACHRICHTEN


Mutmaßlich vierTote durch
falsche Ärztin in Nordhessen

WegenmehrererTodesfälleineiner
nordhessischenKliniksitzteine
mutmaßlichfalscheÄrztininUnter-
suchungshaft.DieFrausollohne
entsprechendeAusbildungPatien-
tenbetäubthaben.„Durchfehler-
hafteAnästhesiensollsieinvierFäl-
lendenTodderPatientenverursacht
haben;inachtweiterenFällensollen
Gesundheitsschädeneingetreten
sein“,sagteGötzWied,Sprecherder
StaatsanwaltschaftKassel,amFrei-
tag.DieFrauwarvon2 015 bis 2018
alsAssistenzärztinineinerKlinikim
nordhessischenFritzlartätig.Doch
die48-JährigehattelautGutachten
nichtdieerforderlichenFachkennt-
nisse.Siehabenichteinmaleine
ärztlicheZulassung.DieErmittler
werfenihr FehlerbeiderBehand-
lungvor.SohabesieeineAtemnot
desPatientennichtrechtzeitiger-
kanntunddieVerabreichungfal-
scherMedikamentewährendOpera-
tionenzuverantworten.Zunächst
wargegendie48-Jährigeermittelt
worden,weilsiesichmitgefälschten
UnterlageninderKlinikbeworben
habensoll.DochbeieinerDurchsu-
chungstießendieBehördenaufwei-
tereBeweise .PolizeiundStaatsan-
waltschaftermittelnnunauchwe-
gendes VerdachtsdesTotschlags,ge-
fährlicherKörperverletzung,
Urkundenfälschung,Betrugesund
desMissbrauchsvonTiteln.Es
werdeauchgeprüft,obdiedamalsin
derKliniktätigenÄrzteihreAuf-
sichtspflichtverletzthaben.(dpa)

Aufwendige Ermittlungen zu
Missbrauchsfall

ImFalldessexuellenMissbrauchsei-
generKinderundStiefkinderdurch
mehrer eMännergehtdieStaatsan-
waltschaftKölnvonlangwierigenEr-
mittlungenaus.MitVerweisaufdie
gefundeneDatenmengevonetwa
drei TerabytesprachderOberstaats-
anwaltUlrichBremeramFreitagvon
aufwendigenErmittlungen,diesich
voraussichtlichübereinenlängeren
Zeitraumerstreckenwerden.Ein
vierter Haftbefehlwurdeerlassen.
EinFestgenommenerausLangen-
feld,deramDonnerstagdemHaft-
richtervorgeführtwurde ,sitztnunin
Untersuchungshaft,sodieStaatsan-
waltschaftDüsseldorf.(dpa)

Schüsse bei
Halloween-Party in den USA

DurchSchüssewährendeinerHallo-
ween-PartysindinOrindainder
NähevonSanFranciscomindestens
vierMenschengetötetworden.Meh-
rereMenschenwurdenbeidemVor-
fallverletzt,teiltediePolizeiamFrei-
tagmit.DieSchüssefielenlautNBC
BayAreaine inemHaus,dasüber
Airbnbgemietetwordenwar.Bereits
amDienstagwarensüdlichvonLos
AngelesdreiMenschendurch
SchüssewährendeinerHalloween-
Feiergetötetworden.(AFP)

Polizistenwecken
betrunkenen Einbrecher

BeieinerEinbruchstourhatsichein
40-JährigerimthüringischenEise-
nachsosehrbetrunken,dassernoch
amTatorteingeschlafenist.Ein
HauseigentümerhabediePolizeige-
rufenalsermerkte,dassein Fremder
imGebäudewar,teiltedie Polizeiam
Freitagmit.AlsdieBeamteneintra-
fen,schliefderEindringlingund
hatteEinbruchswerkzeugbeisich.
DieErmittlungenergaben,dasser
nachseinemEinstiegindasHausdie
Zimmerdurchsuchtundsämtlichen
Alkoholgetrunkenhatte,denerdort
findenkonnte.(dpa)

LEUTE


Sylvie Meis(41)hatsicheinhalbes
JahrnachderTrennungvonihrem
FreundBartWillemsenwiederver-
lobt.DerneueMannanihrerSeite
heißtNiclasCostello,ist 41 und
KünstlerausderStreet-undPop-
Art-Szene.AufMeis’Instagram-Ac-
countkannmandenVerlobungs-
klunkerbesichtigen.Eskommen-
tiertSophiaThomalla:„Nur4Karat?
Dahätteich,nein’gesagt.“Böse!


AnnaWintour(69)feiertamSonntag
70.Geburtstag.DieChefinderUS-
Vogueisteinedereinflussreichsten
FrauenimModebusinessundhat
mitihremakkuratenBobundder
großen Sonnenbrilleselbsteinen
unverkennbarenStyle.„Schonihre
FrisuristausdemWeltallsichtbar“,
witzeltejüngstderGuardian. Wer
nunaberglaubt,Wintourhabeihren
Lookplanvollausgetüftelt,derirrt.
IhrAussehenseikeinestrategische
Entscheidunggewesen,sodieBritin:
„Ichhabemicheinfachgutdamitge-
fühlt,daswaralles.IchbineinGe-
wohnheitstier.“Soeinfachkann’s
seininderWeltder HauteCouture.


Heidi Klum(46)sahauchschonmal
besseraus.ZerfurchtesGesicht,her-
aushängendeOrgane,Metallschläu-
cheamganzenKörper.BeimModel-
Castingwürdeesheißen:„Heidi,wir
habenheuteleiderkeinFotofür
dich.“AberesistjaHalloween,und
natürlichhatsichKlumfürihreall-
jährlicheGruselpartyauch
diesmalnichtlumpenlas-
senundkräftiginden
Maskenbildnertopfgegrif-
fen.Beiderstun-
denlangenVer-
wandlungvomMo-
delzum Zombie-
Cyborgließsie
sichnatürlichpu-
blikumswirksamin
einemNewYorker
Schaufensterinszenie-
ren–undwernichtvor
derScheibestand,der
konnteperSocialMedia
dabeisein.Horroraufal-
lenKanälen!(avo.)


Beim großen Umstylingwar
Heidi Klumwenig zimperlich.
INVISION/AP

TIERE


Angefüttert:DasistOle,Schleswig-
HolsteinsersterKegelrobben-Heuler
derSaison.Olewareine Frühgeburt
undbrachteanfangsnur10,1Kilo-
grammaufdieWaage.Deshalbheißt
esnun: ButterbeidieFischeundor-
dentlichreinhauen.DieSeehund-
stationFriedrichskoogleistetganze
Arbeit,fastvierKilosindseitderGe-
burtvordrei Wochenschondazuge-
kommen.DieMutter,dievermutlich
ausGroßbritannienstammt,hatte
sichnichtumihrJungesgekümmert.
DeshalbwirdOleinder Seehundsta-
tionaufgepäppeltundkonnteinzwi-
schenschondieQuarantänestation
verlassenundindenAufzuchtbe-
reichumziehen.BiszumerstenAus-
flugindieNordseemussaberdie
isolierendeSpeckschichtnochdeut-
lichdickerwerden.Wirwünschen
allzeitgutenAppetit!(avo.)


Heute Lachs, morgen Dorsch: Ole
mag es eiweißreich. DPA/FRANK MOLTER

M


it„SierraSam“fingal-
lesan.ImHerbst 1949
präsentiertederPhy-
sikerSamuelW.Alder-
son diese Testpuppe,den ersten
Crashtest-Dummy derGeschichte.
Automobilesichererzumachenund
dadurchMenschenlebenzuretten–
daswardasZiel.DerUS-Amerikaner
Alderson hatte schonErfahrung in
diesem Geschäft. In seinen For-
schungslaboren unternahm er im
Auftrag der US-Luftwaffe und der
NasaVersuche mit Schleudersitzen,
Flughelmen und Rückhaltegurten
für Piloten.Doch zunächststießen
seine Crashtest-Dummys auf wenig
InteressederAutoindustrie.
DasGebietderBiomechanikwar
zuBeginnder50er-Jahrenochvöllig
neu, ohne zuverlässigeDaten über
dieWirkungvonplötzlichauftreten-
denKräftenaufKörperundSkelett–
undesgabauchkeineInstrumente,
mit denen man solche Einflüsse
hätte messen können.Noch bis in
die 40er-Jahrehinein hatte sich
kaumjemandumdieAuswirkungen
der gefährlichen Personenkollisio-
nenmitAutosund Motorrädernge-
kümmert.Damals unternahmPro-
fessor Lawrence Patrick vonder
Wayne State University inDetroit
ersteSelbsttestsodermitfreiwilligen
ProbandenausderStudentenschaft.

SchmerzhafteBlessuren
In mehr als 400Versuchen ertrugen
sie schmerzhafte Blessuren, ihre
Oberkörper wurden mit schweren
Metallpendeln malträtiert, ihre
Köpfevonpneumatischgesteuerten
Bohrhämmernbearbeitet und sie
ließen sichzersplittertesGlas in die
Gesichterblasen.Einewahr eTortur.
Aber so widerstandsfähig sich die
Versuchspersonen auch gegeben
hatten, gelangten sie schnell an
diephysischenGrenzenderBe-
lastbarkeit.
Um die Lebenden nicht
länger zu gefährden, begann
Patrick mit Leichen aus der
medizinischenFakultät derUni-
versitätzuexperimentieren.Dabei
handelte es sich meist um ältere
weiße Männer,die eines natürli-
chen Todes gestorben waren.Sie
stellten jedoch keinen demografi-
schenQuerschnittderUnfallopfer
dar,dieinderRegeljüngerwaren.
VorallemaberwarfendieVersuche
mit den Leichen moralische und
ethischeFragenauf.
Auch Tests mit lebenden und
toten Tieren blieben fragwürdig.
ZwarschienenSchweinefürdieAuf-
gabe geeignet („Project Barbecue“),
auchRhesusaffen,Schimpansenund
Hunde wurden–teils betäubt oder
beivollemBewusstsein–fürTestsbe-
nutzt.Nachjahr zehntelangenProtes-
ten vonTierschützernstellten die
letzten Autobauer ihreTierversuche
erst1993ein.

Nochindenspäten50erngabes
Aussagen vonFahrzeugherstellern,
dass Autounfälle „einfach nicht
überlebbar“ seien. Zu dieser Zeit
stellte Alderson einen Nachfolge-
Dummy namens „VIP-50“vor. Der
„50-Proze nt-Mann“ entsprach der
durchschnittlichenGröße und dem
Gewicht eines erwachsenen Ameri-
kaners–während„SierraSam“noch
deutlichschwererundgrößergewe-
sen war .Auch andereMitbewerber
arbeiteten inzwischen mit men-
schenähnlichenAttrappen.Unddie
großen amerikanischen Autoher-
steller bekundeten seit 1967 ein
wachsendesInteresseandenVersu-
chen.AlsResultatausverschiedenen
Forschergruppen entstand imJahr
daraufderHybridI. Ergiltals Vorbild
alleraktuellenCrashtest-Dummys.
1972 kam eine neueGeneration
Puppen auf denMarkt, mit verbes-
serten Schulter-,Wirbelsäulen- und
Kniepartien.Mitihnenkonntenerst-
malsDatenwährendeinerKollision
gespeichertwerden. Beiden ersten
Versuchen wurden die Fahrzeuge
noch frontal gegen eineWand ge-
lenkt, heute wirdbei simulierten
„Frontal-Impact-Unfällen“ dieTref-
ferfläche auf 40Proz ent reduziert,
waseinenUnfallwesentlichrealersi-
muliert.DiefünfJahrespätervorge-
stellten Modelle derHybrid-III-Ge-
nerationgeltenbisheutealsIndust-
riestandard–mit verbesserterNa-
ckenflexibilität und drehbaren
Köpfen.AußerdemwurdediePalette
der Puppen erweitert, neben der
männlichenStandardfigurgibtesin-
zwischeneinekomplette„Familie“.

LohnendeInvestition
Alle Puppen verfügen an wichtigen
KörperstellenüberSensoren,diebei
einer Kollision die einwirkenden
Kräfte aufKopf, Nacken, Brust,Wir-
belsäule,BeckenundBeinemessen.
In den 80ernerreichtenComputer
immer bessereRechenleistungen,
stattinChassiswurdendieDummys
nun in handelsübliche Fahrzeuge
gesetzt. Mittlerweile ist jedes Teil
sämtlicherHybrideaustauschbar.So
kanneinDummymehrmalsgeprüft
werden. Obwohl durchComputer-
technikdieKostenfür Crashtestsge-
senktwurden,kosteteinvollausge-
statteterDummy immer nochrund
100000 Euro.Dennoch eine loh-
nende Investition. Fachautor Albert
Kingstellte1995fest,dassinfolgeder
Forschungsergebnisse aus Crash-
tests jährlich mindestens8500 Le-
ben gerettet wurden.Aber immer
nochsterbenproJahrweltweitmehr
als eineMillion Menschen beiVer-
kehrsunfällen.
DieZukunft derDummys wird
sich vermutlich größtenteils auf
Computerbildschirmen abspielen.
Übrigens: Pionier Alderson ist 2005
im Altervon90J ahren friedlich zu
HauseinLosAngelesgestorben.

VonMichaelOssenkopp

Einermussden


Kopfhinhalten


Seit70JahrenwirdderCrashtest-Dummy


zertrümmert,zerschlagenundaufgespießt


Noch sindTests mit Puppen für die Zulassung neuer Autos vorgeschrieben. GETTY IMAGES

HinweiseaufeinenStromschlag


NachdemTodeinesSechsjährigenineinerFrankfurterKitakonzentrierensichdieErmittlungenaufeineSteckdose


N


ach demTodeines sechsJahre
altenJungenineinerKinderta-
gesstätte inFrankfurtamM ain hat
die rechtsmedizinische Untersu-
chung Hinweise auf einenStrom-
schlag ergeben. „Es deutet alles auf
einenStromtodhin“,sagtedieSpre-
cherinderFrankfurterStaatsanwalt-
schaft, Nadja Niesen, amFreitag. Es
handelesichaberumeinvorläufiges
Ergebnis,denn es seien keine sicht-
baren Spuren einesStromschlages
am Körper des Jungen gefunden
worden. WeitereUntersuchungen
müsstendeshalbfolgen.Wanndiese
abgeschlossensind,seinochunklar.
SachverständigedesLandeskrimi-
nalamts seienvorOrt gewesen und
hätten festgestellt, dass eineSteck-
dose aus derWand herausragte und
ein Kabel lose gewesensei. Ob dies
durch eineBerührung desJungen

zustande gekommen sei, sei aber
unklar.Esw erde weiter wegen fahr-
lässigerTötungermittelt.„Wirprüfen,
objemandseineSorgfaltspflichtver-
letzt hat“, sagteNiesen. Bisher liefen
dieErmittlungengegenUnbekannt.
DerSechsjährige war amDiens-
tagnachmittag in derKita im Stadt-
teil Seckbach tödlichverletzt wor-

den.DerJungehabesichzusammen
mit seinerMutter im Vorraum der
Kita aufgehalten.Nach bisherigem
Erkenntnisstandhabeerplötzlichzu
schreien angefangen, sei blau ange-
laufen und habe gekrampft. Ret-
tungsversuchevorOrtseiengeschei-
tert,das KindseikurzeZe itspäterim
Krankenhausverstorben.

Trauer inFrankfurtamMain: Am Eingang zur Kindertagesstätte im Stadtteil Seckbach
haben Menschen Blumen undKerzen niedergelegt. DPA

DieStadt hat unterdessenVor-
würfe mangelnder Sicherheit zu-
rückgewiesen.„NachderzeitigenEr-
kenntnissen gibt es aktuell keine
Hinweisedarauf,dassesandenelek-
trischen Anlagenvordem Unglück
einenDefektgab“,erklärtederSpre-
cherdeszuständigenDezernats,Jan
Pasternack, amFreitag. Nach Über-
prüfungen hätten die Steckdosen
und elektrischen Anlagen „dem
höchstenStandardderKindersiche-
rung“ entsprochen und seien fest
montiertgewesen.
DieUnfallkasseHessen erklärte,
die betreffendeKita sei überprüft
und als sicher freigegeben worden.
Derzeit könne niemandem die
Schuld an demUnglück zugespro-
chen werden. „S oeinen tödlichen
Unfall in einerKita hatten wir noch
nie“,sagteeineSprecherin.(dpa)
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