Stella Sezon
Voracht Jahren reisteStella Sezonaus der
Ukraine nach München, um hier ihre Mu-
sik weiterzuentwickeln. Sie lässt sich von
musikalischen Größen der Genres R’n’B,
Pop und Hip-Hop inspirieren. Und
schreckt dabei nicht vor Namen wie Er-
ykah Badu, Beyoncé oder Alicia Keys zu-
rück, in deren Fußstapfen sie selbstbe-
wusst treten will. In ihren eigenen Songs,
wie sie auf der EP „Now or Never“ zu fin-
den sind, kommen diese Vorbilder in ihrer
präsenten Stimme und souligen Harmo-
nien zum Vorschein. Für ihre Live-Auftrit-
te holt sie sich eine Band auf die Bühne und
reichert ihre Songs etwa mit E-Gitarre und
Synthesizer an. Das führte sie schon bis ins
Finale des Münchner Sprungbrett-Band-
wettbewerbs. Die Reise geht also weiter.
The Lone Dining Society
Ian Chapman nannte seine neue BandThe
Lone Dining Society. Inspiriert wurde er bei
der Namenssuche durch die schier endlos
langen familiären Abendessen, die er als
Kind überstehen musste. Er wuchs in West
Bromwich auf, einer ehemaligen engli-
schen Kohlestadt. Seit 2010 lebt er in Mün-
chen – und ist viel unterwegs. Er spielte in
derSchicksalscombo, derLischkapelle, bei
Jodelfischund beiGurdan Thomas, seiner
Hauptband, die gerade aufgelöst wurde.
Jetzt spielt der Musiker alle Instrumente
selbst. „Zirkusähnlich“ nennt er selbst sei-
ne Musik, die schwungvoll und bedacht zu-
gleich zwischen Pop und Folk, akustischen
und elektronischen Elementen wechselt.
Das erinnert mal anThey Might Be Giants,
mal anBeirut.
Stephanie Forryan
Eine Gitarre, ein Mikrofon, eine Rassel und
ihre Stimme. Mehr braucht Stephanie For-
ryan nicht, um ihre von Folk beeinflussten,
beschwingten Songs in Eigenregie zu pro-
duzieren. Die US-amerikanische Singer-
Songwriterin stammt aus Boston, Massa-
chusetts. Über Berlin kam sie nach Mün-
chen, um eine Karriere als Musikerin zu be-
ginnen. Die Kosten sind niedriger als in der
Heimat, die Lebensqualität hoch. Sie wur-
de Teil derChris Norman Band. Für ihr eige-
nes Projekt schreibt sie gerne zugängliche
Songs. Dieses Ziel nimmt sie wörtlich: Be-
vor ihr neues Album erscheint, können
Fans Vorabversionen aller Songs auf You-
Tube hören, und so den Entstehungspro-
zess der Stücke verfolgen. Auf der Platt-
form Bandcamp können diese ersten Ver-
suche bis das Album erscheint frei herun-
tergeladen werden.
Deer Park Avenue
Die Schwestern Sarah und Stephanie Sny-
der haben ordentlich Energie von San Fran-
cisco nach München gebracht. In ihrer ge-
meinsamen BandDeer Park Avenuespie-
len sie in US-amerikanischer Tradition
Surf-Punk mit treibenden Refrains und
aufsteigenden Harmonien. Melodiöser
Krach also, dabei begann alles in einer Kir-
che. Ihre Jugend verbrachten die Schwes-
tern in unterschiedlichen Ländern, ihr Va-
ter ist Pastor und predigte vor englisch-
sprachigen Gemeinden.
Vor ein paar Jahren kamen die beiden
Bloggerinnen, die schon mal als Jury-Mit-
glieder bei den Grammy-Awards dabei wa-
ren, aus Kalifornien nach Gauting, um in
der internationalen Kirchengemeinde
Starnberg Fellowship Musik zu machen.
Ein halbes Jahr wollten sie eigentlich erst
hierbleiben, es wurde bis auf weiteres eine
Entscheidung fürs Leben. Mittlerweile
sind sie häufig auf den Bühnen Münchens
zu sehen. Und sie haben in ihrer Kirche das
„Youth Band Project“ gestartet.
eva klotz
Einlass für das „Sound Of Munich Now Internatio-
nal“ am Samstag, 9. November, in der Kranhalle ist
um 18Uhr. Die erste Band spielt von 18.45 Uhr an.
- Gibt es Tickets? Was kostet das Festival?
Es gibtkeine Tickets, der Eintritt ist frei.
An der Abendkasse bekommt man für
fünf Euro Pfand ein Einlassbändchen. - Wann muss ich kommen?
Je früher man kommt, umso höher ist die
Chance, eingelassen zu werden. Der An-
drang ist jedes Jahr sehr groß, gerade am
Samstag. Einlass am Samstag ist von
18 Uhr an. Am Freitag startet das Festival
um 19.30 Uhr mit einer Gesprächsrunde
über elektronische Musik in München und
die Sorgen der Veranstalter, auch weiter-
hin Locations für Partys zu finden. - Wann beginnen die Konzerte?
Am Freitag beginnt das erste DJ-Set um
22 Uhr. Das erste Konzert am Samstag ist
um 19 Uhr. - Welche Band spielt wann?
Die Auftritte erfolgen in der Reihenfolge
der Texte hier auf der Doppelseite. Aber:
Erst zur Lieblingsband zu kommen, könn-
te schiefgehen – mit Einlassstopp ist Jahr
für Jahr zu rechnen. - Kann ich zum Festival, wenn ich noch
nicht 18 bin?
Am Samstag darf man unbegleitet ab
14 Jahren rein. Am Freitag für die Techno-
Party muss man volljährig sein. - Spielen wirklich 21 Bands am Samstag-
abend in der H 39? Wie geht das?
Für das Festival wird extra eine zweite Büh-
ne in der H 39 aufgebaut. Während auf der
einen Bühne eine Band spielt, wird die an-
dere Bühne für den nächsten Auftritt vor-
bereitet. So kommt es zu keinen Unterbre-
chungen. - Kann ich mit meiner Band beim Festival
spielen?
Das Festival ist kuratiert. Man kann sich
nicht bewerben, man wird eingeladen. Je-
de Band darf übrigens nur einmal beim
„Sound Of Munich Now“ spielen. Mittler-
weile sind 174 unterschiedliche Münchner
Bands aufgetreten, in diesem Jahr kom-
men weitere 21 dazu. Zählt man die vier
Münchner Bands beim Sound Of Munich
Now International hinzu, kommt man auf
199 Bands. - Was bleibt vom Festival?
Auch in diesem Jahr wird ein Sound-Of-Mu-
nich-Now-Sampler veröffentlicht. Die CD
kostet fünf Euro und ist am Festivalabend
zu kaufen. SZ
Fotos, von links oben nach rechts unten,
Reihefür Reihe: Rupert Gruber, Johannes
Brugger, Christian Illing, ArOza Crew, Luca
Lehner, Flor and the Sea, Lena Isert, The
Stringers, Jakob Stumpf, Proximal, Chris-
tin Büttner, Jonas Haes, Christiane Kap-
pes, Jamie Sun, Francois Weinert, Annika
Hölscheidt, Steve Drögemüller, Niels Jä-
ger, Sophie Wanninger, tps nostromo, Ne-
vyan Lenkov, Linda Sollacher, Hannes
Rohrer, Sebastian Dürst, Luis Aechter, Eli-
sabeth Greil, Ekaterina Filippova, Nora
Schüssler, Thomas Weishäupl, MadPoly,
Mille Timothee, Masha Mollenhauer, Den-
nis Wiese, Nadine Meier, Ferhat Deliktas,
Axel Kowollik, Michele Di Dio, Philipp
Schmidbauer, Franz Schmitt.
Proximal
Vor rund 14 Jahren sah Marlene Neumann
die Künstlerin Mo im Harry Klein, wie die-
se mit Videokunst die Tanzfläche des Elec-
troclubs bespielte. Sie erzählte danach so
häufig Freunden von diesem einschneiden-
den Erlebnis, dass diese sie schließlich da-
zu brachten, sich selbst einmal als VJ auszu-
probieren. Sie schloss sich ein Wochenen-
de zu Hause ein, lud sich eine passende
Software herunter – und ist seitdem nicht
mehr von der Videokunst losgekommen.
Nicht nur Clubs, sondern auch Museen, Kir-
chen und Klassikkonzerte brachte sie
schon zum Leuchten. Ihre Videowelten
sind auffallend und schräg. „Mit dem Kopf
durch die Leinwand“ nennt sie das.
MadPoly
Das Dreschwerk-Kollektiv ist einer der prä-
sentesten Akteure im Münchner Nachtle-
ben. Ein Teil davon ist Patricia Sprenger ali-
as MadPoly. Chaos und Ordnung, Licht
und Dunkelheit, minimalistisch und kom-
plex, technisch und ästhetisch – zwischen
diesen Gegensätzen erschafft die Münch-
ner Künstlerin nun schon seit etwas mehr
als fünf Jahren mit ihren Motion Graphics,
Mappings und Led-Installationen eine be-
sondere Atmosphäre an Techno-Abenden.
tps nostromo
„Eigensinnig, kreativ und asozial“ – tps
nostromo vereine „wichtige Eigenschaften
der Zukunft“. So schrieb es – mehr oder we-
niger – eine Münchner Tageszeitung. Das
VJ-Kollektiv hat sich aus dem Umfeld des
Department of Volxvergnuegen zu einem
eigenständigen Projekt entwickelt. Seit
mittlerweile mehr als neun Jahren probie-
ren sich in dieser Gruppe unter dem krypti-
schen Namen tps nostromo, der an die Dys-
topie „Nostromo“ des Engländers Chris-
toph Conrad erinnert, verschiedene Video-
künstler aus.
Berta Yamini
Lena Isert, die sich als Künstlerin Berta Ya-
mini nennt, kam über einen ungewöhnli-
chen Weg zur Videokunst. Vor rund drei
Jahren besuchte sie ein Seminar in der Uni-
versität – weg von theoretischen Model-
len, hin zur faszinierenden, ganzheitlichen
Kunst. Am Verschmelzen von Musik und
Bild arbeitet sie seitdem unter anderem im
Harry Klein. Ihr Künstlername stammt
von ihrem dritten Vornamen Berta ab. Er
schien ihr passend durch seine Bedeutung
zu sein: „die Strahlende“. Denn was, wenn
nicht die Lichtkunst, strahlt in die Nacht
hinein. eva klotz
Der Auftritt der DJs wird von Videokünstlern op-
tisch unterstützt – sowohl beim Sound Of Munich
Now Electronica als auch bei der Aftershowparty.
Am Samstag werden die Visuals von Berta Yamini
zu sehen sein, am Freitag die Lichtershows der drei
anderen VJs.
Von Kiew bis San Francisco
NeueHeimat: Beim Sound Of Munich Now International spielen Musiker verschiedener Nationalitäten
Dirty Mike
Vielewürden Dirty Mike wahrscheinlich
nicht auf der Straße erkennen. Dirty Mike,
das klingt nach Dreitagebart, einem an-
sehnlichen Bierbauch oder einem großen
Tattoo auf dem Oberarm. Doch Dirty Mike
heißt eigentlich Alina Agha Ebrahim. Und
ist häufig an den Reglern der Münchner
Nachtszene anzutreffen. Regelmäßig legt
sie etwa in der Boazn Zur Gruam in Send-
ling auf. Oder bei Marry Klein, einer Veran-
staltungsreihe im Harry-Klein-Club, bei
der ausschließlich Frauen an den Decks ste-
hen.
Nicolai
Nicolai Diehl ist leidenschaftlicher DJ –
und Burner. Burner? So nennen sich die
Veranstalter und Besucher der Munich
Burnnight. Diese soll zwei- bis dreimal jähr-
lich an wechselnden Locations die Atmo-
sphäre des legendären Burning-Man-Festi-
vals in der Wüste Nevadas nach München
bringen. Und Partys gestalten, die bunter
und verrückter sind, als es das schicke
München gewohnt ist. Kurz: außergewöhn-
lich. Nicolai Diehl ist Mitbegründer der Ver-
anstaltungsreihe, bei der er selbst schon
neben Größen wie Oliver Koletzki aufge-
legt hat.
Etzo
Bene Getz alias Etzo stammt aus der Nähe
von München – und ist im Umfeld des
Bahnwärter Thiels auf dem Viehhofgelän-
de aktiv. In bunt besprayten Containern ge-
stalten Resident DJs und Veranstalter dort
mit am aktivsten die elektronische Szene
Münchens. Musikalisch heißt die Devise
bei Etzo: Zwischen Downtempo und Tech-
no ist alles zu finden, was genug Bass hat.
Zu Hause im eigenen Wohnzimmerstudio
versucht er sich zudem an eigenen Produk-
tionen, die er nach und nach auch live prä-
sentieren wird.
Laetizia
Um als DJ erfolgreich zu werden und sich
über die Grenzen der eigenen Stadt hinweg
zeigen zu können, braucht es nicht nur Ta-
lent, sondern auch eine gute Portion
Glück. Laetitia Mergesa, 23, hat beides. Im
Sommer spielte sie auf dem Wannda-Festi-
val in Freimann, wo ein Produzent eines
Berliner Labels sie bemerkte. Denn sie
spielte einen Track, den er verlegt hatte.
Schon im Monat darauf hatte sie einen Auf-
tritt im Kater Blau, einem der berühmtes-
ten Clubs Berlins. So schnell kann es ge-
hen, bis man über die Grenzen der eigenen
Stadt hinweg Gehör findet.
Lily Lillemor
Seit knapp zwei Jahren mixt sich Lily Felix-
berger quer durch die Republik. Ihre musi-
kalische Mischung nennt sie „Dark Disco“.
Als Teil des WUT-Kollektivs setzt sie sich
für die Präsenz von Frauen in der immer
noch eher von Männern dominierten Welt
der elektronischen Musik ein und ist regel-
mäßig im Harry Klein zu hören.
Moritz Butschek
Moritz Butschek weiß, was die Szene hört.
Seit 2010 schreibt er auf dem von ihm ge-
gründeten Blog „Two In A Row“ über Clubs
und elektronische Musik in seiner Heimat-
stadt München. Bei der Launchparty zum
Blog stand er spontan am Pult – und ist
mittlerweile Resident DJ im Bahnwärter
Thiel. Für den Sound Of Munich Now Elec-
tronica ist er nicht nur Kurator, er steht
auch selbst auf der Bühne. eva klotz
Der Sound Of Munich Now Electronica mit Dirty
Mike, Nicolai, Etzo und Laetizia findet am Freitag,
- November, in der Kranhalle statt. Beginn: 22 Uhr.
Von 19.30 Uhr an gibt es eine Diskussionsrunde. Mo-
ritz Butschek und Lily Lillemor legen bei der After-
showparty am Samstag, 9. November auf. Sie be-
ginnt gegen Mitternacht.
von eva klotz
Die Prokrastination
Hauptberuflichsind die vier Mitglieder
derProkrastinationunter anderem als Leh-
rer und Filmproduzenten tätig. In ihrer
Freizeit singen sie über Themen wie die So-
cial-Media-orientierte Gesellschaft. Etwa
in Textzeilen wie „Selbst dein Handy lässt
du links liegen / deshalb finde ich es nicht
übertrieben /zu glauben / dass du mich
sehr gerne magst“. Der Name der Band ist
nicht ganz ernstzunehmen, die Texte zu ih-
rem poppigen Punk-Rock ebenso wenig.
Rotzig, mitsingtauglich und mit feiner Iro-
nie.
Endlich Rudern
Auf dem Stadtbeton wächst eine zarte
Pflanze. Sie heißtEndlich Rudern. Dieses
Trio ist leichtfüßiger als Kollegen der Ham-
burger oder Berliner Schule, ihr Post-Punk
ist tanzbarer und gefühlsnäher. Sie nen-
nen es: die Münchner Schule. Die durch-
dachten Texte sind mal lakonisch, mal zy-
nisch und beleuchten das junge Großstadt-
leben. Einen Anteil am wachsenden Erfolg
hat auch ihr Stuttgarter Produzent Ralph
Milberg, in dessen Studio bereits Künstler
wieDie Nervenstanden.
Things That Need To Be Fixed
Es gibt Bands, die viel auftreten. Und dann
gibt es Bands, die so spielfreudig sind, dass
sie für Konzerte leben.TTNTBF, wie sie
sich selbst nennen, gehören zu Letzteren.
Sie selbst nennen ihre Songs „Musik für un-
ter der Dusche“, Songs zwischen Punk, Pop
und Rock. Mitsingen können in Anbe-
tracht der Metalcore-Passagen aber nur
Geübte. Denn sie distanzieren sich be-
wusst vom sogenannten „Feelgood-Punk“
und integrieren härtere Elemente in ihre
Songs.
Elena Rud
Veränderungen und emotionale Erfahrun-
gen werden oft erzählt. Und doch berühren
die Geschichten, die Elena Rud mit präsen-
tem Gesang und zurückhaltenden Gitar-
renklängen in Musik übersetzt. Musik als
Tagebuch also. Sie nennt das selbstiro-
nisch: Melancholic Love Shit. Am liebsten
singt sie live auf einer Bühne, denn „das ist
wie Sex, nur persönlicher“. Zur Melancho-
lie kommt also auch eine gesunde Selbst-
ironie.
Eyeclimber
Introvertierte Singer-Songwriter-Musik,
die im eigenen Zimmer produziert wird,
gibt es zuhauf. Dominik Feike alias Eye-
climber aber will den Durchbruch schaf-
fen. Dafür steckt er seine gesamte Energie
in schwebende, atmosphärische Folk- und
Ambient-Kompositionen. Er ist auf einem
guten Weg: Sein Song „The Open Road“
wurde auf Youtube mehr als 160 000 Mal
aufgerufen. Für einen jungen Künstler,
den in seiner Stadt noch fast niemand
kennt, ist das beachtlich.
Paar
Zwischen Ammersee und Weimar ist über
die Distanz aus Songschnipseln dunkler,
treibender Post-Punk entstanden. Mittler-
weile leben alle drei Musiker in München,
ihrem Klang mit eindrucksvollen Bassläu-
fen und drängenden Gitarrenriffs sind sie
trotzdem treu geblieben. Der Gesang ist
soundästhetisch gleichberechtigt zu den
anderen Instrumenten. Er schleicht sich
ins Ohr und bleibt lange dort. Bald soll das
erste Album vonPaarerscheinen.
Klimt
Für Verena Lederer alias Klimt ist das Visu-
elle mindestens genauso wichtig wie die
Musik. Trotzdem gab sie ihre Festanstel-
lung als Beauty-Redakteurin auf, um ihren
Traum von der Musik zu verwirklichen.
Nicht zufällig hat sie sich dafür nach dem
Jugendstil-Künstler Gustav Klimt be-
nannt – sie tritt auch als an die Bilder ange-
lehnte Kunstfigur auf, trägt Gold auf den
Augen und weite, weiche Kleider. Dazu prä-
sentiert sie opulente Kompositionen aus
Soul, Pop und Jazz.
Cosma Joy
Cosma Joy wuchs in einer musikalischen
Familie auf. Sie ist Tochter eines Jazzsän-
gers und einer Jazzsängerin. Neben schlich-
ten Gitarrenakkorden steht in der Musik ih-
re selbstbewusste und zugleich zurückhal-
tende Stimme im Vordergrund, mit der sie
selbst ausschweifende Melodielinien mü-
helos intoniert. Dass sie in ihrem jungen Al-
ter von 18 Jahren ein Publikum in den
Bann ziehen kann, hat sie schon auf eini-
gen Konzerten bewiesen, etwa beim Puls-
Festival.
Seda
Soul- und R ’n’ B-Musik, wie sie etwa Jessie
Glynne macht, braucht eine einnehmende
Stimme. Seda Yagci, Münchnerin mit türki-
schen Wurzeln, hat sie. Dazu kommt eine
unaufgeregte Selfmade-Attitüde. Sie veröf-
fentlichte zunächst Coversongs auf You-
tube und brachte es damit bis zu einem Stu-
dienangebot des Berklee College of Music.
Dieses lehnte sie aber ab, um stattdessen
Tontechnik zu studieren. Jetzt kann sie ih-
re groovigen, lebensbejahenden und per-
sönlichen Songs selbst perfektionieren.
Fleur en Fleur
Die Schwestern Amelie und Isabelle Geiss
haben zwölf Jahre eine Münchner Musik-
schule besucht. Dort lernten sie klassi-
schen Gesang, Violine und Klavier. Heute
singen sie zu Soul, Hip-Hop und R ’n’ B, als
hätten sie niemals etwas Anderes getan.
Aus der Feder des Duos Fleur en Fleur kom-
men Songs, die durch ihren Sound in die
Neunzigerjahre zurückversetzen. Beide
sind Anfang zwanzig und orientieren sich
musikalisch selbstbewusst an Größen wie
BeyoncéoderAlicia Keys.
Victoryaz
Victoria Zapf, 23, hat wie viele Musiker mit
der Akustikgitarre begonnen. Dann lernte
sie allerdings den Münchner Produzenten
Philipp Braun alias Tough Brown kennen,
daraufhin veröffentlichten die beiden ih-
ren ersten gemeinsamen Song. In „I Wish I
Was a Little Bit Colder“ trifft Victoriyaz‘
soulige Stimme auf Passagen des Rappers
Awon. Ihre Gitarre hört man hier kaum
noch, dafür gibt es Old-School-Hip-Hop-
Beats. Statt Hip-Hop ist aber mittlerweile
R’n’ B in den Vordergrund gerückt, dafür
hatVictoryaz, „Münchner Band der Jahres
2019“, einfach zu viel Soul in der Stimme.
Flor and the Sea
Die vielschichtige, effektbeladene Instru-
mentierung der Songs vonFlor and the Sea
klingt eher nach einer Band als nach einem
Duo, wie es Marc Aretz und Martina Haider
sind. Tatsächlich waren sie ursprünglich
zu fünft, die kleine Besetzung ist neu. Das
geht nur mit Multitasking. Das sie das kön-
nen, beweisen sie mit ihren Stücken, die
mit elektronischen Elementen träumeri-
sche, melancholische Atmosphäre in Pop-
musik einflechten.
Loriia
Lotte Friederich hörte von klein auf immer
sehr wenig Musik. Denn das, was sie gerne
hören wollte, fand sie nicht. Mit 17 fasste
sie den Entschluss, Musikerin zu werden.
Jetzt studiert sie Jazzgesang – und macht
nun die Art von Musik, die sie früher nicht
finden konnte. Mit klassischen Jazzkompo-
sitionen hat ihre synth-poppige, kammer-
musikalisch inspirierte Musik wenig zu
tun. Trotzdem sind darin feine Harmonien
und ein dramaturgisches Gespür zu hören.
Samt
Dieses Trio kennt sich durch die frühere
BandSwallow Tailed. Nach dem Ausstieg
des Drummers wurde es zwei Jahre lang
still um die drei Musiker, bis sie mit ihrem
neuen Elektro-Pop-Projekt Samtin die
Münchner Musikszene zurückkehrten.
Pulsierende Synthesizer, getragene Re-
frains und Melodien, die im Kopf bleiben,
das alles hätte das Zeug zum Mainstream-
Pop. Wären da nicht auch die vielen Mo-
mente, in denen unerwartete Spielereien
in der Musik hörbar werden – und ein Saxo-
fon.
Jules Werner
Die Abenteuerromane von Jules Verne, des
Begründers der Science-Fiction-Literatur,
waren oft Alltagsfluchten. Ähnlich geht es
auch Julian Chudoba, der sich als Musiker
Jules Werner nennt. Nachdem es um sein
vorheriges ProjektHadern im Sternenha-
gelruhig geworden ist, dröhnt jetzt der
Bass in seiner Musik. Die Melodien fließen
in dieser Version von deutschsprachigem
Trap. Science Fiction findet sich hier in Au-
totune-Gesang und Gedankenspielen.
Das Ding ausm Sumpf
Das Ding wollte mal Opernsänger werden.
Das Ding ist promovierter Volkswirt. Das
Ding heißt Stefan Mühlbauer. Er wollte
schon früh Rapper werden, fand aber, dass
sein musikalisches Talent dafür nicht ganz
auszureichen schien. Jetzt produziert er zu-
rückgelehnten Hip-Hop mit deutschen
Texten. Verschwurbelt und gesellschafts-
kritisch nimmt er die Konsum- und Leis-
tungsgesellschaft gekonnt aufs Korn. Das
erinnert anKäptn Peng.
Poly Poly
Die Musiker Jona Raischl und Hans Heus-
terberg haben sich am Flughafen kennen-
gelernt. Aus einem Gespräch über Flug-
angst auf dem Weg zu einem Musikwork-
shop zwischen Fremden wurde später ein
gemeinsames Projekt. Dort basteln sie lie-
bevolle Kompositionen in Retro-Ästhetik,
die ganz ohne Vocals den Kopfnick-Reflex
aktivieren. Trip-Hop, Funk und Synth-Wa-
ve – es stecken viele musikalische Einflüs-
se darin.Poly Polyeben.
Aroza Crew
Ursprünglich wollten die Mitglieder der
Aroza CrewBasketballer werden. Beim Kör-
bewerfen fingen sie an, nebenbei immer
häufiger zu rappen. Aus dem gemeinsa-
men Freestylen von Josh Hagedorn, Tim-
my Lechner und Mike Nwabuisi Ezeala ist
eine Crew geworden. Und ein ernsthaftes
Projekt. Dieses klingt nicht nach München
und auch nicht nach drei jungen Musikern,
die neu in der Szene sind, sondern nach
Brooklyn und großen Plänen. Old-School-
Hip-Hop trifft auf Trap und Reggae.
C-Ras
Christopher Israel Smith ist musikalischer
Weltenbummler. Nicht nur als Teil des Kol-
lektivsGreenery Force, sondern auch in sei-
nem Soloprojekt wandelt er stilistisch
durch alle Genres. Um Inspiration zu fin-
den, ist er regelmäßig in Plattenläden un-
terwegs. Dort kauft er dann einen Stapel
Schallplatten aus den Sechziger- und Sieb-
zigerjahren und sucht nach geeigneten
Samples. Hip-Hop, Soul und Beatmusik –
er mixt alles, was wackelt und groovt.
Black Voodoo Train
Diese fünf Musiker lassen den Geist der
Hippie-Bewegung in den Sechziger- und
Siebzigerjahren wiederauferstehen. Auf
der Suche nach dem ultimativen Groove
spielt die Band Stoner- und Psychedelic-
Rock. Viele ihrer Songs sind in Jam-Sessi-
ons entstanden, bei denen immer das Auf-
nahmegerät läuft. In Kombination mit oft
abstrakten Texten willBlack Voodoo Train
die Energien einfangen, die beim gemein-
samen Musizieren entstehen.
The Whiskey Foundation
Der Legende nach hat sich das Quintett
nach dem Hauptgetränk ihrer ersten Jam-
session benannt.The Whiskey Foundation
haben sich aber nicht nur nach Altem, Ge-
reiftem benannt, die Musiker spielen es
auch. Ihre Vorbilder des Blues und
Rock’n’ Roll der Sechziger- und Siebziger-
jahren entstauben sie aber gehörig. Mit
ausladenden Riffs, die in psychedelische
Instrumentals ausufern – und auf Bühnen
ihre Wirkung besonders gut entfalten. Das
gefällt auch den Alten:AC/DCbuchte sie
als Vorband.
Die Auftritte der Münchner Bands beim „Sound Of
Munich Now“ finden am Samstag, 9. November, in
der H39 statt. Beginn: 19 Uhr, Einlass: 18 Uhr.
Fotografen
Seda
Flokati
LilyLillemor Samt
The Stringers
Ein Feinripp-Schlüpfer. Er ist nicht nur auf
dem Logo der Stringers aus Niederbayern,
sondern auch bei ihren Konzerten auf der
Bühne zu sehen – er hängt am Mikrofon.
Wofür steht er? Die Band löst dieses Rätsel
nicht auf. Sie spielen einfach ihre wilde Mi-
schung zwischen Indie, Postrock und Pop.
Ihre Songs handeln von Feierei, Liebesleid
und Liebesfreud und sind zum Mitsingen
gebaut. Sie selbst nennen sich eher eine
Live- und keine Album-Band.The Strin-
gerskann also am besten verstehen, wer
sie mit ihrer Spielfreude live erlebt und
selbst in den Gesang miteingestimmt hat.
Ghetto Royal
„Zombies kriechen aus dem Boden und
nordic-walken Hand in Hand“ – wer solche
Textzeilen in wütende Rockmusik verpa-
cken kann, gehört auf eine Konzertbühne.
Das trifft auf Michael Ammon zu. Er stand
mit seinen früheren musikalischen Projek-
ten als Support von Künstlern wie Max Her-
re und denSportfreunden Stillerauf gro-
ßen Bühnen. Jetzt entsteht sein neuestes
Projekt. Kopf hinter der Band ist zwar Am-
mon, fürGhetto Royalhat er sich aber drei
weitere Bandmitglieder dazu geholt. Ihr
Debütalbum und die erste eigene Tour
sind bereits in Planung.
Flokati
Stimme, Bass, Gitarre und Schlagzeug
sind die Grundinstrumente des Grunge,
ein Musikstil rau und ungeschliffen wie
bei der BandNirvana. Ganz gewöhnlicher
Grunge ist es aber nicht, denFlokatimit ih-
rer Frontfrau Marlies Marlen auf die Büh-
ne bringen. Dafür ist ihr Stil zu punkig. PJ
Harvey,The Kills,Bikini Kill–Flokatizei-
gen sich inspiriert vom Grunge der Neunzi-
gerjahre und Punk der Achtzigerjahre und
stehen mit langen Haaren, Paillettenshirts
und Falschpelz-Jacken auf der Bühne. Flo-
kati gilt allgemein als außergewöhnlich
flauschig. Das ist ein Irrtum.Flokatikann
auch kantig und rau sein.
Cone
Ganz langsam baut sich der Song „Here He
Comes“ auf, eine feine Gitarrenmelodie, ru-
hig, eine halbe Minute lang. Erst dann bret-
tert der Sound los.Conespielt melodiöse
Rockmusik, immer mal wieder angerei-
chert mit Elementen aus Stoner- und
Bluesrock. Instrumental sehr sauber ist
die Musik – und doch so dreckig im Klang.
Der Reiz entsteht aber aus dem Wechsel-
spiel zwischen laut und leise – aus den drü-
ckenden Sound-Wänden, aus der aufgela-
denen Energie, die mit einem Break über-
geht in melodiöses Geflüster. eva klotz
Der „Sound Of Passau Now“ findet am Samstag,
- November, von 19 Uhr an (Einlass 18 Uhr) im
Orangehouse im Feierwerk statt.
Ästhetisch und auffallend
Mit kreativen Animationen erweitern diese Videokünstler die Sets der DJs um visuelle Eindrücke
Münchner Schule
München ist Heimat lebendiger Musikszenen, die sich nicht in nur eine
Kategorie einordnen lassen. Diese 21 Künstler machen diese Vielfalt hörbar.
Sie bespielen die Hauptbühne des Festivals Sound of Munich Now
Häufige Fragen
Ein Festival wie eine musikalische Fundgrube: 39 Bands,
Singer-Songwriter, DJs und Visual-Künstler demonstrieren
am Freitag, 8. November, und Samstag, 9. November,
auf den Bühnen des Feierwerks beim„Sound of Munich Now“
ihr Können. Der musikalische Fundus dieser Stadt scheint
unerschöpflich zu sein. Jedes Jahr tauchen neue Talente auf.
Dabei lässt sich der Klang der Stadt nicht in nur eine Kategorie
einordnen, eine „typisch münchnerische“ Band ist schwer
zu finden. Denn die Musik dieser Stadt ist vielfältig. Hier finden
Fans von Folk bis Funk Gleichgesinnte. Die Musikszene
in München lebt, die Vielfalt ist gewaltig, das Niveau hoch –
„Sound Of Munich Now“ bietet die Chance, einen Einblick
zu bekommen, was sich musikalisch so alles tut in der Stadt
Proximal Die Prokrastination
Vom Kater Blau bis zum Harry Klein
Sound OfMunich Now Electronica: Die Elektro-Szene wächst, viele junge DJs spielen tolle Sets
Loriia
The Lone Dining Society
Dirty Mike Das Ding ausm Sumpf Ghetto Royal Madpoly Stella Sezon
Elena Rud
Cosma Joy Things that need to be fixed
Endlich Rudern
Stephanie Forryan Paar
Cone Etzo
Rau und kantig
Rocken wie die Niederbayern: Diese vier Bands spielen beim Sound Of Passau Now
The Whiskey Foundation Jules Werner Black Voodoo Train Aroza Crew Nicolai Flor and the Sea
C-Ras
Deer ParkAvenue
Laetizia Moritz Butschek
The Stringers
Victoryaz
Berta Yamini
Eyeclimber Klimt TPS Nostromo Fleur en fleur Poly Poly
R4/R5 – (^) MÜNCHEN Mittwoch, 6. November 2019, Nr. 256 DEFGH