Viktor Vekselberg: Der russische Investor
will auch den S+B-Präsidenten auswechseln.
ddp/Kommersant
Viktor Vekselberg
Milliardär will S+B
umkrempeln
ZÜRICH Beim Schwei-
zer Stahlproduzenten
Schmolz+Bickenbach
(S+B) zeichnet sich ein
Machtkampf zwischen
den beiden Hauptak-
tionären ab. Der mit
einem Anteil von 26,9
Prozent größte Eigen-
tümer Liwet will vier
Verwaltungsratsmit-
glieder auswechseln,
darunter Präsident
Jens Alder. Die Hol-
ding, über die der rus-
sische Milliardär Vik-
tor Vekselberg, 62, an
S+B beteiligt ist, habe
eine außerordentliche
Generalversammlung
beantragt, teilte der
Konzern aus Luzern
am Dienstag mit. „Ein-
ziges beantragtes
Traktandum ist die
Neubesetzung des Ver-
waltungsrats“, hieß es.
Der S+B-Verwaltungs-
rat will „zu gegebener
Zeit über das weitere
Vorgehen informie-
ren“. Die Firma, der
die Krise in der Auto-
mobilbranche zu
schaffen macht, gab
vergangene Woche ei-
ne Gewinnwarnung ab
und will sich mit einer
Kapitalerhöhung für
die Zukunft wappnen.
Im Rahmen der Trans-
aktion will der zweit-
größte Aktionär, Mar-
tin Haefner, seine
Beteiligung auf min -
des tens 37,5 Prozent
aufstocken – und Vek-
selberg als größten An-
teilseigner ablösen.
Ein Vertreter des In-
vestors, der laut „For-
bes“ zu den reichsten
Menschen der Welt ge-
hört, war für eine Stel-
lungnahme nicht zu
erreichen. rtr
K. Kort, T. Jahn New York, Düsseldorf
R
uth Porat hat schon viel kämp-
fen müssen – beruflich wie pri-
vat. Die 61-jährige Finanzchefin
der Google-Mutter Alphabet
besiegte zweimal den Brust-
krebs. Im Job setzte sie sich in Männerdomä-
nen wie Investmentbanking und Technologie
durch. Insofern sind die schwachen Zahlen,
die sie jüngst verkünden musste, nichts Be-
sonderes. Schön sind sie trotzdem nicht.
Das klassische Werbegeschäft mit der Such-
maschine Google, dem Videoportal Youtube
und der App-Store Google Play bringen zwar
weiter Milliarden ein. Aber innovative Berei-
che wie die autonomen Autos von Waymo
oder die Lieferdrohnen von Wing verzeichnen
Rekordverluste. Der Ausbau des Cloud-Com-
puting-Geschäfts und höhere Personalkosten
schmälerten im abgelaufenen dritten Quartal
die Bruttomargen. Auch die Einigung im Steu-
erstreit mit Frankreich schlug mit einer Milli-
arde Dollar zu Buche. Der Nettogewinn betrug
nur noch 7,06 Milliarden Dollar – im Vorjahr
waren es 9,19 Milliarden Dollar. Das sind die
Alphabet-Anleger nicht gewohnt, die Aktie
reagierte mit einem Kursknick. „Wir investie-
ren weiter mit Augenmaß in die Expansion
unserer Wachstumsfelder und in neue Mitar-
beiter“, sagte die Finanzchefin nach den ent-
täuschenden Quartalszahlen.
Die gebürtige Britin, die als Tochter eines
Harvard-Professors als Kind nach Boston kam
und später in Stanford, an der London School
of Economics und an der Wharton School of
Business studierte, hat fast ihr ganzes Leben
im Investmentbanking verbracht. Schon früh
befasste sie sich mit Internetfirmen, half Ama-
zon, als die Internetblase Anfang des Jahrtau-
sends platzte, mit neuen Finanzvehikeln über
die Runden. Bei Morgan Stanley brachte sie
es bis zum Finanzvorstand.
Auch mit der Politik ist sie vertraut: Wäh-
rend der Finanzkrise beriet sie die US-Regie-
rung, wie sie mit den Hypothekenfinanzie-
rern Fannie Mae und Freddie Mac und mit
dem damals taumelnden Versicherungs -
riesen AIG umgehen sollte. Als Barack Obama
US-Präsident wurde, galt die Mutter von drei
Kindern als mögliche Finanzministerin, bat
aber selbst darum, ihren Namen von der Lis-
te streichen zu lassen.
Der Wahlsieg von Donald Trump 2016 da-
gegen hat sie schwer getroffen. Die rechte
Plattform Breitbart teilte ein Video, das Porat
auf einer Versammlung von Google-Mitarbei-
tern unmittelbar nach dem Wahlsieg Trumps
zeigt. Die Finanzchefin ist dort den Tränen
nahe: „Wir alle brauchen eine Umarmung“,
sagte sie und forderte die Anwesenden auf,
die neben ihnen stehende Person in den Arm
zu nehmen. Unter dem Applaus der Mitarbei-
ter sagte sie, Google werde seine „große Stär-
ke, Ressourcen und Reichweite“, nutzen,
„um wirklich wichtige Werte zu fördern“.
Porat hatte im Wahlkampf die Demokratin
und Trump-Widersacherin Hillary Clinton
unterstützt. Um Spenden für Clinton zu sam-
meln, öffnete sie auch ihre eigene Wohnung
im legendären New Yorker Dakota-Gebäude
am Central Park. Porat spricht sich für höhe-
re Steuern für Reiche und mehr Staatsausga-
ben aus. „Mit Einsparungen finden wir nicht
zur Großartigkeit“, sagte sie.
Diesen Ansatz fährt sie auch bei Alphabet:
großzügige Investitionen in neue Technolo-
gien, um die Zukunft zu sichern. Schließlich
steht das Werbegeschäft derzeit unter Druck
von Behörden und Politikern in der Welt.
Laut Nachrichtenagentur Reuters will Google
nun Fitbit kaufen, einen Pionier für Smart-
watches und Datenauswertung in Sport und
Gesundheit. Die Firma setzt 1,5 Milliarden
Dollar im Jahr um, steht aber aufgrund von
Billigkonkurrenz aus Asien und den Ambitio-
nen von Apple mächtig unter Druck.
Die Übernahmepläne wollte Porat nicht
kommentieren. Aber erst vor wenigen Tagen
schrieb sie ausführlich in einem Blog, wie
wichtig medizinische Innovationen für Goo-
gle seien. Mit Algorithmen und Künstlicher
Intelligenz will das Unternehmen beispiels-
weise Krebs früher erkennen. 2001 und 2004
besiegte Porat Brustkrebs. „Damals waren
meine Kinder fünf, sieben und neun Jahre
alt“, schrieb Porat „Alles, was ich wollte, war,
sie aufwachsen zu sehen.“
Ruth Porat
Alphafrau in
Erklärungsnot
Die Finanzchefin von Alphabet muss schwache Gewinne erklären –
und einen möglichen Kauf des Smartwatch-Konzerns Fitbit.
Ruth Porat:
Die Britin hat
nahezu ihre
gesamte
Karriere im
Investment-
banking
verbracht.
Getty Images Entertainment/Getty Images
Wir
investieren
weiter mit
Augenmaß in
die Expansion
unserer
Wachstums-
felder und in
neue
Mitarbeiter.
Ruth Porat
Alphabet-Finanzchefin
Namen
des Tages
MITTWOCH, 30. OKTOBER 2019, NR. 209
46
Caren Lay
Auf dem
Weg an die
Spitze
BERLIN Die Linken-
Bundestagsabgeordne-
te Caren Lay will laut
„Süddeutscher Zei-
tung“ Fraktionsvorsit-
zende ihrer Partei
werden. Dies kündigte
die 46-Jährige in ei-
nem Rundschreiben
an ihre Parteikollegen
an. Lay bewirbt sich
demnach um den
weiblichen Platz in der
Doppelspitze der Lin-
ken-Fraktion als Nach-
folgerin von Sahra Wa-
genknecht, die nicht
mehr antreten will.
Dietmar Bartsch, Wa-
genknechts bisheriger
Partner in der Doppel-
spitze, will sich am 12.
November wieder zur
Wahl stellen. dpa
Joshua Wong
Ausschluss
für den
Aktivisten
PEKING Der Demokra-
tie-Aktivist Joshua
Wong darf bei den
Kommunalwahlen in
Hongkong am 24. No-
vember nicht kandi-
dieren. Wie er am
Dienstag selbst mitteil-
te, hat die zuständige
Wahlleiterin seine
Kandidatur für ungül-
tig erklärt. Er sei der
Einzige, der nicht zu-
gelassen sei. Wong, 23,
ist einer der bekann-
testen Aktivisten bei
den Protesten gegen
die Hongkonger Regie-
rung, die sich gegen
den wachsenden Ein-
fluss Pekings in der
chinesischen Sonder-
verwaltungszone rich-
ten. D. Heide