DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über http://www.sz-content.de
Köln – Die Allianz macht nach SZ-Informa-
tionen Joachim Müller, 48, zum Chef ihres
Industrieversicherers Allianz Global Corpo-
rate & Specialty (AGCS). Der Konzern woll-
te das nicht bestätigen. Müller ist aktuell
Mitglied des Vorstands der Allianz
Deutschland und steht an der Spitze ihrer
Vertriebsgesellschaft und des Sachversi-
cherers. Bei der AGCS folgt Müller auf
Chris Fischer Hirs, von dem sich der Kon-
zern trennt. Die Führung unter Oliver Bäte
ist unzufrieden mit den Ergebnissen der
AGCS. Jetzt soll Müller das Unternehmen
grundlegend reformieren. Bei der Allianz-
Versicherung in München ist ihm das ge-
lungen – sie gewinnt nach jahrelangen Ver-
lusten jetzt wieder Marktanteile. hfr
Frankfurt – In dem verfahrenen Tarifkon-
flikt bei der Lufthansa will noch eine dritte
Gewerkschaft mitmischen. Man werde
sich zeitnah mit der Bitte um Sondierungs-
gespräche an das Unternehmen wenden,
kündigte ein Sprecher der „Industriege-
werkschaft Luftverkehr“ (IGL) in Frank-
furt an. Am Montag sei in einer konstituie-
renden Sitzung der IGL-Fachbereich „Ca-
bin Union“ gegründet worden. Die einstige
UFO-Abspaltung IGL will neben den Flug-
begleitern auch das Bodenpersonal, Logis-
tiker und Techniker organisieren. dpa
Der insolvente Reiseveranstalter Thomas
Cook Deutschland hat alle Reisen für das
Jahr 2020 abgesagt. Der Schritt sei aus in-
solvenzrechtlichen Gründen nötig, teilte
das Unternehmen am Dienstag mit. „Es tut
uns unendlich leid, dass wir nun auch unse-
ren Kunden mit Abreise im neuen Jahr end-
gültig diese Nachricht überbringen müs-
sen“, so Geschäftsführerin Stefanie Berk.
Die deutsche Tochtergesellschaft muss-
te nach dem Kollaps des britischen Touris-
tikkonzerns Insolvenz anmelden. Zuletzt
waren Übernahmegespräche für das
Deutschlandgeschäft als Ganzes geschei-
tert, für einzelne Bereiche werden aber
noch Verhandlungen geführt, die angeb-
lich vielversprechend sind. Dann könnten
etwa die Hälfte der gut 2000 Arbeitsplätze
gesichert werden.
Betroffen von der Streichung sind die
Veranstaltermarken Thomas Cook Signatu-
re, Thomas Cook Signature Finest Selecti-
on, Neckermann Reisen, Öger Tours, Bu-
cher Reisen, Air Marin sowie Thomas Cook
International.
Das Unternehmen machte keine Anga-
ben dazu, wie viele Kunden von der Ent-
scheidung betroffen sind, dem Vernehmen
nach sind es aber mehrere hunderttau-
send. Veranstalterkunden sind zwar prinzi-
piell über die gesetzlich vorgeschriebene
Insolvenzversicherung abgesichert. Da die-
se aber gedeckelt ist, gilt es mittlerweile als
sicher, dass viele nur einen Teil ihres Gel-
des zurückbekommen. Verbraucherschüt-
zer prüfen daher, ob sich Kunden mithilfe
einer Klage wehren können. jfl
Frankfurt – Michele Faissola gilt als einer
der mächtigsten und geheimnisvollsten
Banker Europas. Bei der Deutschen Bank
zählte er zur sogenannten „Armee“ von
Anshu Jain, dem langjährigen Starhändler
des Konzerns und späteren Vorstandschef,
dann rückte er selbst in den Vorstand auf.
2015 musste Faissola die Deutsche Bank
zwar auf Druck der deutschen Finanzauf-
sicht verlassen. Seither aber berät er – aus-
gerechnet – die ehemaligen Herrscher des
Emirats Katar, die sich mit ihren Ölmilliar-
den seit Jahren an europäische Unterneh-
men beteiligen, darunter auch an Faissolas
Ex-Arbeitgeber Deutsche Bank. Zum Är-
ger vieler in den Frankfurter Doppeltür-
men ist der Italiener, geboren 1968 in San-
remo, damit immer noch verstrickt in den
Kampf um Macht und Einfluss bei
Deutschlands größter Bank.
Die vielleicht ominöseste Episode sei-
nes bisherigen Berufslebens aber spielte
bei dem toskanischen Geldhaus Monte dei
Paschi di Siena: Die Bank wurde 1472 ge-
gründet, kurz nach Erfindung des moder-
nen Buchdrucks; sie ist das älteste Kredit-
institut der Welt. In der Finanzkrise hatte
sich das ehemalige Vorzeigeinstitut, seiner-
zeit die drittgrößte Bank Italiens, verspeku-
liert und hätte staatlich gerettet werden
müssen. Auf wundersame Weise aber ge-
sundete die Bank damals wieder, nur um
viele Jahre später wieder Probleme zu be-
kommen. Bei dieser Rettung spielte Faisso-
la, der damals noch in den Diensten der
Deutschen Bank stand, eine zentrale Rolle
- für die er nun, zehn Jahre nach der Ret-
tung, womöglich ins Gefängnis muss. Am
Freitag vergangener Woche jedenfalls ver-
urteilte ein Gericht in Mailand ihn und
zwölf andere Banker wegen Bilanzfäl-
schung zu mehreren Jahren Gefängnis.
Vier Jahre und acht Monate lautete das Ur-
teil für Faissola, das allerdings noch längst
nicht rechtskräftig ist.
Der Fall geht zurück auf die Jahre 2002
bis 2008, kam aber erst 2013 nach Recher-
chen der italienischen und deutschen Ban-
kenaufsicht heraus und landete dann vor
Gericht. Nach Meinung der italienischen
Strafverfolger gab es 2008 einen illegalen
Plan von Bankern von Deutscher Bank,
Monte dei Paschi sowie der japanischen
Bank Nomura, Verluste in Höhe von rund
370 Millionen Euro zu verschleiern. Die
NachrichtenagenturBloomberghat akri-
bisch nachgezeichnet, wie die Deutsche
Bank damals die Verluste des Kunden Mon-
te dei Paschi verschwinden ließ. Der Clou
war ein Derivategeschäft zwischen den bei-
den Banken, bei dem die Italiener ihre Ver-
luste mit einem Schlag der Deutschen
Bank übertragen konnten – natürlich
nicht umsonst, sondern gegen Gebühren
von insgesamt 60 Millionen Euro, Sicher-
heiten und das Versprechen, das Geld die
Jahre darauf „zurückzuzahlen“. Ein Ge-
schäft ohne jeden ökonomischen Nutzen,
allein bilanzieller Natur. Illegale Bilanzfäl-
schung war das, sagt nun das Gericht in
Mailand. Alles ganz legal, sagen die Vertei-
diger der Angeklagten. Auch die Deutsche
Bank nahm das Geschäft damals übrigens
nicht in der Bilanz auf, weswegen der Vor-
gang nicht nur ein italienischer Banken-
skandal ist, sondern auch einmal mehr
zeigt, warum das Vertrauen der Finanz-
märkte in die Deutsche Bank bis heute
nicht wieder vollständig hergestellt ist.
Offenbar hatte bei den Frankfurtern da-
mals nur ein Mitarbeiter wirklich Beden-
ken wegen des Geschäfts: William Broek-
smit, seinerzeit hochrangiger Mitarbeiter
der Risikoabteilung, ein Kenner kompli-
zierter Finanzinstrumente. Die Transakti-
on berge Reputations-Risiken, ließ er Fais-
sola wissen. „Wir sollten das Geschäft Ans-
hu vorlegen“, schrieb er lautBloombergin
einer E-Mail an Faissola. Ob das gesche-
hen ist, konnte aber weder das Gericht,
noch die Finanzaufsicht erhellen. Anshu
Jain sagte damals, er sei in das Geschäft
nie eingebunden gewesen. Als Jain 2012
Vorstandschef wurde, wollte er Broeksmit
dennoch zum Risikovorstand befördern,
was die Finanzaufsicht Bafin jedoch mit
Verweis auf die fehlende Führungserfah-
rung ablehnte. Broeksmit, der 2013 in Ren-
te ging, konnte später nicht mehr von der
Aufsicht zu den Geschäften befragt wer-
den. Er wurde im Januar 2014 erhängt in
seiner Wohnung in London gefunden, ne-
ben sich ein Abschiedsbrief an Anshu Jain.
Heute hat Faissola immer noch Einfluss
darauf, welche strategischen Volten das
Geldhaus nimmt. Als Vermögensberater
der katarischen Herrscherfamilie Al-Tha-
ni soll es zum Beispiel auf ihn zurückge-
hen, dass die Bank so lange am überdimen-
sionalen Investmentbanking festhielt.
Auch in der derzeitigen Bankführung ist er
vernetzt: Der neue designierte Rechtsvor-
stand der Bank, Stefan Simon, der den Ka-
taris ebenfalls nahestand, war Faissolas
Rechtsbeistand im Libor-Fall, der Manipu-
lation von Zinsen. Noch heute also hat Fais-
sola womöglich mehr zu sagen bei der
Deutschen Bank als jeder andere Ex-Mana-
ger des Geldhauses. meike schreiber
Die Insel bleibt
einsam
Auch bei der Rettung der italienischen Monte dei Paschi mischte die Deutsche
Bank mit – ein fragwürdiges Geschäft. FOTO: ARNE DEDERT/DPA
Allianz findet neuen
Chef für die AGCS
Neubiberg – Der Trend zu Elektroautos
und Fahrassistenzsystemen beschert dem
Chiphersteller Infineon ungebrochenes
Wachstum. Das Geschäft mit Sensoren
und Mikrokontrollern für Autohersteller
trieb den Umsatz im abgelaufenen Ge-
schäftsjahr um sechs Prozent auf gut acht
Milliarden Euro. Trotz Schwäche der Auto-
branche stellte Infineon-Chef Reinhard
Ploss am Dienstag für 2020 ein Umsatz-
plus von drei bis sieben Prozent in Aus-
sicht. Ploss rechnet damit, dass der Ge-
schäftsbereich Automotive leicht über Kon-
zerndurchschnitt wachse. reuters
von p. fahrenholz und m. hägler
München – Bei dem Autobauer Audi steht
offenbar ein größerer Wechsel an der Un-
ternehmensspitze an. Mehreren mit der
Entscheidung betrauten Personen zufolge
soll bei der Sitzung des VW-Aufsichtsrats
am Freitag nicht nur die Ablösung von Au-
di-Chef Bram Schot, sondern auch ein Aus-
tausch weiterer Audi-Vorstandsmitglieder
beschlossen werden.
Als neuer Audi-Chef ist seit längerem
der ehemalige BMW-Manager Markus
Duesmann im Gespräch, der nun zum
1.April 2020 nach Ingolstadt wechseln soll.
Herbert Diess, Chef des VW-Konzerns und
Aufsichtsratschef beim Tochterunterneh-
men Audi, hatte nie einen Hehl daraus ge-
macht, dass Duesmann auf diesen Posten
gehen soll, sobald er von seinem vormali-
gen Arbeitgeber BMW eine Freigabe er-
hält; diese ist offenbar erfolgt.
Der Niederländer Schot ist erst seit
Anfang des Jahres Vorstandschef bei Audi.
Er war nach der Verhaftung des ehemali-
gen Audi-Chefs Rupert Stadler zunächst
interimistisch eingesprungen, galt jedoch
von Anfang an lediglich als Mann des Über-
gangs und bezeichnete sich selbst als
„Transformations-CEO“. Schot sei es je-
doch gelungen, in der kurzen Zeit Verkrus-
tungen aufzubrechen und auf eine neue
Strategie und einen Sparkurs einzustim-
men, heißt es aus dem Ingolstädter Unter-
nehmen.
Die einstige Vorzeige-Tochter des VW-
Konzerns steht seit längerem unter Druck.
Audi ist tief in den Dieselskandal verstrickt
und gilt zudem in verschiedenen Feldern
nicht mehr als Technologieführer. In die-
ser Situation brauche Audi einen Vor-
standschef mit technischer Expertise wie
eben Duesmann, heißt es im Konzern.
Schot hingegen gilt als ausgewiesener Ver-
triebsfachmann. Was aus ihm wird, ist of-
fenbar noch nicht entschieden. Denkbar
ist, dass er innerhalb des Konzernvorstan-
des künftig das China-Geschäft verantwor-
ten könnte. Eine solche Funktion hat es be-
reits einmal gegeben, derzeit nimmt Her-
bert Diess das in Personalunion wahr.
Auch andere Audi-Vorstandsmitglieder
müssen nach SZ-Informationen gehen
oder innerhalb des Konzern auf andere Po-
sitionen wechseln. So gilt als weitgehend si-
cher, dass Finanzvorstand Alexander
Seitz, ein Vertrauter der Eigentümerfami-
lien Porsche und Piëch, nach Wolfsburg
wechselt und die gleiche Funktion bei der
Marke VW übernimmt. Im Gegenzug soll
der bisherige VW-Finanzchef Arno Antlitz
zu Audi nach Ingolstadt wechseln. Treiben-
de Kraft hinter diesem Personaltausch soll
der mächtige Chef des Konzernbetriebsra-
tes, Bernd Osterloh, sein, der mit Antlitz in
Sachen Stellenabbau und Produktions-
umstellung immer wieder aneinanderge-
raten sein soll.
Der für Beschaffung zuständige Vor-
stand Bernd Martens wird seinen Posten
dem Vernehmen nach ebenfalls verlieren.
Er soll durch den bisherigen VW-Beschaf-
fungsvorstand Dirk Große-Lohheide er-
setzt werden. Unklar ist, ob auch über ein
Ausscheiden des Personalvorstandes Wen-
delin Göbel entschieden wird, der schon
länger in der Kritik steht. Göbel war unter
Ex-Konzernchef Martin Winterkorn aufge-
stiegen und hatte lange das Generalsekre-
tariat Winterkorns geleitet.
Hauptthema der VW-Aufsichtsratssit-
zung ist eigentlich die Gestaltung der Mo-
dellpalette: Bei der sogenannten „Pla-
nungsrunde“ des Konzerns dürfte dem Ver-
nehmen nach eine weitere Beschleuni-
gung des Wechsels zur Elektromobilität
verkündet werden. Dabei geht es zwar
nicht um weitere Investitionen, aber um
das Vorziehen geplanter E-Auto-Modelle.
Berlin – Wieder Ärger für Volkswagen: Die
Staatsanwaltschaft Braunschweig klagt
mehrere ehemalige und aktive VW-Mana-
ger an. Diesmal geht es allerdings nicht um
die Dieselaffäre, sondern um den Vorwurf,
die Personaler hätten mehreren Mitglie-
dern des Betriebsrats überhöhte Bezüge ge-
nehmigt. Für die Ermittler begründet das
den Vorwurf der Untreue, einmal sogar in
einem „besonders schweren Fall“.
Konkret geht es um Zuwendungen, die
VW-Betriebsräte zwischen Mai 2011 und
Mai 2016 erhalten haben sollen. Die Staats-
anwaltschaft schildert die Vorgänge so:
Die Angeklagten seien jeweils mitverant-
wortlich gewesen, Boni und Gehälter der
Betriebsratsmitglieder festzulegen. Dabei
wären sie den Empfehlungen einer „Kom-
mission Betriebsratsvergütung“ gefolgt,
in der sie selbst, aber auch der Vorsitzende
des Konzernbetriebsrats und dessen Stell-
vertreter Mitglied gewesen seien. Die hät-
ten damit über ihr eigenes Gehalt entschie-
den. Dem Konzern sei so ein Schaden in
Millionenhöhe entstanden.
Zu den aus Sicht der Ermittler unzuläs-
sig Begünstigten gehört auch der Vorsitzen-
de des Konzernbetriebsrats, Bernd Oster-
loh. Die Anklage richtet sich jedoch nicht
gegen ihn, sondern gegen vier Personalma-
nager. Gegen Osterloh gibt es ein Ermitt-
lungsverfahren, das getrennt geführt wird.
Sein Sprecher sagte, Osterloh sei jederzeit
bereit, gegenüber den Behörden Stellung
zu nehmen, bislang hätten die aber kein Ge-
spräch gesucht. Die Vergütung des Be-
triebsrats lege zudem nicht Osterloh fest,
er trage also keine Verantwortung.
Bei Volkswagen selbst will man im Zu-
sammenhang mit den Betriebsratsgehäl-
tern „kein strafrechtlich relevantes Fehl-
verhalten“ feststellen können. Aus Sicht
der Staatsanwaltschaft habe VW aller-
dings im genannten Zeitraum insgesamt
mehr als fünf Millionen Euro zu viel an die
Betriebsräte ausbezahlt, davon mehr als
3,1 Millionen Euro allein an den Betriebs-
ratsvorsitzenden Osterloh.
In Hinblick auf die Vergütung von Be-
triebsräten hat VW eine Vorgeschichte:
2005 musste der damalige Betriebsrats-
chef Klaus Volkert zurücktreten, nachdem
eine Affäre um zu hohe Gehälter, geheime
Boni und vom Konzern bezahlte „Lustrei-
sen“ zu Prostituierten aufgeflogen war.
In Braunschweig laufen aktuell mehre-
re Verfahren gegen VW, die meisten davon
im Zusammenhang mit der Affäre um ma-
nipulierte Dieselmotoren. Wegen der Vor-
würfe um die Betriebsratsvergütung hat
VW die Betriebsratsgehälter Ende 2017 vor-
erst gedeckelt, diese Zurückstufung aber
nach rechtlicher Prüfung im Frühjahr wie-
der aufgehoben. angelika slavik
Frankfurt – Im Kampf gegen Geldwäsche
möchte die Bundesregierung Notare stren-
ger in die Pflicht nehmen als bisher ge-
plant. Das geht aus dem Gesetzentwurf zur
Umsetzung der Fünften EU-Geldwäsche-
richtlinie hervor, der am Mittwoch im Fi-
nanzausschuss und einen Tag später im
Bundestag beschlossen werden soll.
„Bevor ein Unternehmen in Deutsch-
land eine Immobilie kaufen kann, müssen
Notare die Angaben zu den Eigentümer-
strukturen und zur Herkunft der Mittel
künftig besonders sorgfältig prüfen. Ge-
lingt ihnen das nicht, darf der Kaufvertrag
nicht zustande kommen“, sagt Lisa Paus,
Bundestagsabgeordnete von Bündnis
90/Die Grünen, die diese Maßnahme gefor-
dert hatten. „Es muss klar sein, wer unsere
Städte aufkauft und woher das Geld
stammt“, so Paus. So könnten Mieterinnen
und Mieter vor Organisierter Kriminalität
und steigenden Mieten geschützt werden.
Das Gesetz sieht auch vor, dass alle Un-
ternehmen, die in Deutschland eine Immo-
bilie kaufen möchten, ihre Hintermänner
offenlegen und in das deutsche Transpa-
renzregister gegen Geldwäsche eintragen
müssen. Der Immobiliensektor gilt als be-
sonders anfällig für Geldwäsche. Die Anti-
korruptionsorganisation Transparency In-
ternational schätzt, dass 15 bis 30 Prozent
aller kriminellen Vermögen in Immobilien
investiert werden; der deutsche Markt sei
ein Schwerpunkt mit mehreren Milliarden
Euro jährlich. Insgesamt möchte die Bun-
desregierung den Nicht-Finanzsektor nun
stärker in die Verantwortung nehmen. Bis-
lang machen Juweliere, Immobilienmak-
ler, Notare, Spiel-Casinos und Kunsthänd-
ler nur sehr selten Meldung, wenn ihnen
ein Kunde und dessen Zahlungsart ver-
dächtig vorkommen. Besonders kurios:
Bis heute ist es in Deutschland erlaubt, ei-
ne Immobilie in bar zu bezahlen – in Italien
und Frankreich ist das beispielsweise
schon lange verboten.
Die Geldwäschebekämpfung in
Deutschland hat viele Hindernisse. Bei der
Meldestelle für Verdachtsanzeigen, der Fi-
nancial Intelligence Unit (FIU), stapeln
sich inzwischen knapp 50000 unbearbeite-
te Verdachtsmeldungen. Es fehlen Mitar-
beiter und Informationszugänge. So hat
die FIU keinen Zugang zu Polizeidaten. Sie
kann also nicht unmittelbar prüfen, ob ge-
gen Personen, die eine verdächtige Zah-
lung vorgenommen haben, bereits ein Er-
mittlungsverfahren läuft. Dieser Datenzu-
griff soll zwar mit dem neuen Gesetz etwas
erleichtert werden, doch der Informations-
austausch bleibt auch künftig verfahrens-
technisch kompliziert.
Die Kontrolle des Nicht-Finanzsektors,
für den die Bundesländer zuständig sind,
genießt mit Blick auf das Personal keine po-
litische Priorität. Insgesamt waren in den
16 Bundesländern 2018 nur 238 Vollzeit-
stellen für die Aufsicht der Immobilien-
makler, Notare und anderer Verpflichteter
abgestellt. Diese seit über einem Jahrzehnt
zu beobachtende mangelhafte Geldwä-
scheaufsicht des Nicht-Finanzsektors war
schon Gegenstand zweier Vertragsverlet-
zungsverfahren, die dazu führten, dass die
Bundesregierung 2009 die Länder auffor-
derte, die Defizite zu beheben. Doch pas-
siert ist seither nach Meinung von Exper-
ten viel zu wenig. Die Gesetze seien zudem
immer noch zu lasch angesichts kriminel-
ler Vermögen in Höhe von 100 Milliarden
Euro, die Schätzungen zufolge jährlich in
Deutschland gewaschen werden.
„Unsere zentrale Forderung ist, dass Im-
mobilien, bei denen die Hintermänner und
wirtschaftlich Berechtigten eines Grund-
stücks nicht bekannt sind, in Bürgerhand
überführt werden können“, sagt Gerhard
Schick, Vorstand der Bürgerbewegung Fi-
nanzwende. „Sind die wirtschaftlich Be-
rechtigten einer Immobilie nicht feststell-
bar oder werden nicht offengelegt, sollte
die Immobilie mit administrativen Mitteln
beschlagnahmt und dann den Kommunen
übertragen werden“, so Schick. Das senke
den Druck auf die Immobilienpreise und
stoppe Kriminelle.
In der EU gibt es nun Bestrebungen, ei-
ne zentrale EU-Geldwäscheaufsicht zu
gründen, die vor allem den Bankensektor
ins Visier nehmen soll. Die jüngsten Geld-
wäscheskandale um Danske, ING, Deut-
sche Bank und Swedbank legen den
Schluss nahe, dass die nationalen Behör-
den kaum eine Chance haben gegen global
operierende Verbrechersyndikate. Doch ei-
ne solche zentrale Aufsichtsbehörde dürf-
te kaum reichen, um dem Problem Herr zu
werden. Denn die Vorschriften und Geset-
ze in den einzelnen EU-Staaten sind im-
mer noch sehr unterschiedlich. Der Grund:
Bislang regelt eine EU-Richtlinie die Geld-
wäschebekämpfung, eine Gesetzesform,
die den Einzelstaaten viel Spielraum bei
der Umsetzung lässt.
Experten fordern daher schon lange, ei-
ne EU-Verordnung einzuführen. Damit gä-
be es deutlich mehr Verbindlichkeit bei der
Umsetzung der Regeln. markus zydra
DEFGH Nr. 262, Mittwoch, 13. November 2019 (^) WIRTSCHAFT 21
Die Vorschriften und Gesetze
in den einzelnen Ländern sind
immer noch sehr unterschiedlich
„Es muss klar sein,
wer unsere Städte
aufkauft.“
Michele Faissola hat bis heute
großen Einfluss in dem
Geldhaus
Weitere Gewerkschaft
für das Kabinenpersonal
Infineon profitiert
von E-Mobilität
Die Macht im Hintergrund
Dem früheren Deutsch-Banker Michele Faissola droht in Italien eine Gefängnisstrafe
Wechsel an der Audi-Spitze
Vorstandschef Bram Schot soll im kommenden Frühjahr von Ex-BMW-Manager Markus Duesmann ersetzt werden.
Auch andere Vorstandsmitglieder müssen wohl gehen
Bram Schot bezeichnet sich
selbst stets als
„Transformations-CEO“
Woher das Geld kommt
Immobilienkäufe sollen in Deutschland strenger geprüft werden
FOTO: IMAGO/PANTHERMEDIA
Anklage gegen
VW-Manager
Personaler sollen Betriebsrat zu
hohe Bezüge zugeschanzt haben
Amtsgericht München, den
107 UR II 119/19 06.11.2019
Ausschließungsbeschluss
Der Grundschuldbrief über die im Grund-
buch des Amtsgerichts München, Gemar-
kung Pasing, Blatt 19291, in Abteilung III
Nr. 2 eingetragene Grundschuld zu
21.800,00 DM wird für kraftlos erklärt.
Babysitter für Mädchen 1, 3 J., 4-8 Std./Wo.
abends, Griechischkenntnisse, musikalisch,
flexibel. EMail: [email protected]
Stellenangebote Bekanntmachungen
Ihre Anzeige in der Süddeutschen Zeitung.
Wie Sie sehen: Anzeigen werden gelesen.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München