POLITIK VERKEHR
Fotos: dpa (3), imago images
FOCUS 45/2019
D
ie Bundestagsdrucksa-
che 19/14290 umfasst
zwar nur sechs Seiten.
Doch sie könnten dazu
beitragen, die Karriere
von Bundesverkehrs-
minister Andreas Scheuer (CSU),
45, zu beenden. Das Schreiben
ist der Antrag für den Untersu-
chungsausschuss zur geschei-
terten Pkw-Maut, mit dem die
Verkehrspolitiker Oliver Luksic
(FDP), Jörg Cezanne (Linke) und
Stephan Kühn (Grüne) Scheuer
zum Rücktritt zwingen wollen.
Der U-Ausschuss soll die „per-
sönlichen und politischen Ver-
antwortlichkeiten“ bei Vergabe
und Kündigung der Mautverträge
beleuchten, heißt es im Antrag.
Noch liegt das Schreiben im
Sekretariat des Geschäftsord-
nungsausschusses im Bundes-
tag. Bis Ende des Monats dürfte
die Entscheidung fallen, ob ein
Ausschuss einberufen wird. Die
Union warnt bereits vor einer Vor-
verurteilung, „wenn die Opposi-
tion den Rücktritt des Ministers
fordert, obwohl der U-Ausschuss
noch gar nicht getagt hat“, sagt
der CSU-Verkehrspolitiker Alois
Rainer.
Seit der Europäische Gerichts-
hof (EuGH) im Juni die Maut
gekippt hat, wird spekuliert, wie
hoch der Schadensersatz an die
Betreiber ausfällt. Scheuers Minis-
terium meint allerdings, es sei gar
kein Schaden entstanden. Begrün-
dung: Die Mautbetreiber haben
schlechte Arbeit abgeliefert. Doch
es gibt interne Aussagen Scheuers,
wonach er die Mautverträ-
ge ohne EuGH-Urteil
nie gekündigt hätte.
Die Mautobahnpoli-
zei von FDP, Grünen
und Linke wird es
aufklären. n
JAN GARVERT
Mit einem Untersuchungsausschuss wollen FDP, Grüne und Linke das Maut-Debakel
aufarbeiten. Wer sind die drei Politiker, die Verkehrsminister Scheuer stürzen könnten?
Die Mautobahnpolizei
Oliver Luksic, 40
Verkehrspolitischer Sprecher der
FDP-Bundestagsfraktion
Andreas Scheuer, 45, sieht keine eigene Schuld im Maut-Debakel
Jörg Cezanne, 61
Verkehrspolitischer Sprecher der
Linksfraktion
Stephan Kühn, 40
Verkehrspolitischer Sprecher der
Grünen-Bundestagsfraktion
Luksic will den Ausgang des U-Aus-
schusses abwarten, legt Scheuer
aber schon jetzt einen Rücktritt
nahe. „Wo ist Ihre Schmerzgrenze?“,
hat er ihn neulich im Bundestag
gefragt. Scheuer schwieg.
Allein die Tatsache, dass Scheuer
die politische Verantwortung für die
gescheiterte Maut trage, reiche für
einen Rücktritt, meint Cezanne.
Dann brauche es auch den U-Aus-
schuss nicht mehr. Die Kanzlerin
müsse Scheuer klar sagen: „Sie sind
als Minister nicht geeignet.“
Auch Kühn verlangt Scheuers Rück-
tritt. Derzeit werde noch die Cho-
reografie der Auftritte im U-Aus-
schuss diskutiert. Er will auch die
Mautbetreiber vorladen. Fest stehe
auch schon, dass Scheuer einer
der Letzten sein werde, der im
Ausschuss vernommen wird.
Der Politologe wurde 2009 zum
ersten Mal in den Bundestag ge-
wählt und Mitglied im Verkehrs-
ausschuss. Ab 2012 war der
Saarländer verkehrspolitischer
Sprecher, bis die FDP 2013 aus dem
Bundestag flog. Hat sich für den
U-Ausschuss sehr stark gemacht.
Der Groß- und Außenhandelskauf-
mann sitzt seit 2017 im Bundestag
und war zuvor Geschäftsführer der
Linkspartei im Hessischen Land-
tag. Von 1977 bis 1989 gehörte er
der Deutschen Kommunistischen
Partei (DKP) an. Erst seit Kurzem
für den U-Ausschuss.
Kühn sitzt wie Luksic seit 2009 im
Bundestag. Seit 2011 ist der Dres-
dener verkehrspolitischer Sprecher
seiner Fraktion. Zuvor hatte er
als Pressereferent der Grünen im
Sächsischen Landtag Mediener-
fahrung gesammelt. Befürwortete
früh einen U-Ausschuss.
Das sind die Mautobahnpolizisten
Luksic wirft Scheuer Lüge vor.
Er habe Hinweise, dass die Maut-
betreiber dem Minister bei „Ge-
heimtreffen“ angeboten hätten, mit
der Vertragsunterzeichnung bis
nach einem Urteil des EuGH zu
warten, sagt Luksic. Doch der Mi-
nister habe schnelle Erfolge gewollt
und die Verträge daher vor dem
EuGH-Urteil unterschrieben. Der
FDP-Politiker wirft Scheuer außer-
dem vor, er habe in den Mautverträ-
gen sehr großzügige Schadens-
ersatzregelungen zugelassen.
Dadurch könnten den Steuerzahlern
jetzt Kosten bis zu einer halben
Milliarde Euro entstehen.
Die Linke verlangt Aufklärung da-
rüber, ob Scheuer Warnungen aus
dem eigenen Haus missachtet
hat, wonach die Pkw-Maut vor
Gericht scheitern könnte. Cezanne
wirft Scheuer außerdem Verschlei-
erung vor: Der Minister habe den
Bundestag erst dann über „Ge-
heimgespräche“ mit den Mautbe-
treibern informiert, als diese längst
öffentlich waren – dabei hatte
Scheuer „maximale Transparenz“
versprochen. Außerdem soll
Scheuer die Kosten für den Maut-
betrieb bewusst zu niedrig ange-
setzt haben – ein Verstoß gegen
das Haushaltsrecht.
Kühn hält die bisherigen Auskünfte
Scheuers für unglaubwürdig und
unvollständig. Der Grünen-Politiker
will unter anderem wissen, warum
die Mautbetreiber dem Minister
plötzlich eine Milliarde Euro Ra-
batt anboten: Statt drei Milliarden
Euro (Oktober 2018) wollten die
Betreiberfirmen wenige Wochen
später nur noch zwei Milliarden
Euro vom Bund für ihre Dienste
haben. Das entsprach genau dem
Betrag, den der Bundestag Scheuer
für die Maut genehmigt hatte.
Außerdem zweifelt Kühn Scheuers
offiziellen Kündigungsgrund
(„Schlechtleistung“) an.
Was werfen die Politiker Scheuer vor?
Welche Konsequenzen drohen dem Minister?
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