Die Welt Kompakt - 31.10.2019

(Brent) #1

30 PANORAMA DIE WELIE WELIE WELTKOMPAKTTKOMPAKT DONNERSTAG,31.OKTOBER2019


B

rutale Angriffe gegen
Schiedsrichter und
Spielabbrüche häufen
sich in letzter Zeit. Ver-
eine beklagen mangelnden Res-
pekt, eine sinkende Hemmschwel-
le gegenüber dem Einsatz von Ge-
walt und einen Verfall der Sitten
insgesamt – Fair Play scheint eine
Tugend von gestern zu sein. Auf
dem Fußballplatz gilt mancher-
orts offensichtlich das Faustrecht.

VON MARTIN LUTZ

Im hessischen Münster sorgte
Hayri G. (28) bundesweit für
Schlagzeilen, weil er einen
Schiedsrichter bei einem Fußball-
spiel der C-Liga am vergangenen
Sonntag mit einem heftigen Faust-
schlag ins Gesicht niederstreckte.
Der Tatverdächtige, Mitglied einer
kurdischenGroßfamilie aus dem
Kreis Darmstadt-Dieburg, war der
hessischen Polizei nach WELT-In-
ffformationen bereits als Gewalttä-ormationen bereits als Gewalttä-
ter bekannt – vor einigen Jahren
fffiel er unter anderem mit dem De-iel er unter anderem mit dem De-
likt „Körperverletzung“ auf. Das
VVVerfahren gegen ihn führt jetzt dieerfahren gegen ihn führt jetzt die
Staatsanwaltschaft in Darmstadt.
Das Opfer, Schiedsrichter Nils
C., hatte einige Minuten bewusst-
los am Boden gelegen. Der 22-jäh-
rige Unparteiische erlitt eine Ge-
hirnerschütterung und musste mit
einem Rettungshubschrauber in
ein Krankenhaus geflogen werden.
AAAuslöser des Angriffs war nachuslöser des Angriffs war nach
ersten Ermittlungen der Polizei
eine Gelb-Rote Karte des Schieds-
richters, mit welcher der Kicker
üüüberhaupt nicht einverstandenberhaupt nicht einverstanden
war. Bis heute hat sich der Übeltä-
ter nicht für seine Prügelattacke
entschuldigt.
Für den Vorsitzenden der Ge-
werkschaft der Polizei (GdP), Oli-
ver Malchow, zeigt der Vorfall in
Hessen, dass die Konfliktlösungs-
kultur in der gesamten Gesell-
schaft nicht mehr ausgeprägt sei.
Dies spiegele sich auch beim Ama-
teurfußball wider. „Der Respekt in
der Gesellschaft nimmt weiter ab


  • auch auf dem Fußballplatz. Die
    AAAggressionen zwischen Spielernggressionen zwischen Spielern
    und gegen den Schiedsrichter
    wachsen an“, sagte Malchow im
    Gespräch mit WELT.
    Das erklärt er damit, dass der
    Respekt insbesondere gegenüber
    Funktionsträgern in den vergan-
    genen Jahren deutlich abgenom-
    men habe. Seine These lautet:
    „Nach Polizisten, Rettungskräften
    und Feuerwehrleuten sind jetzt
    Schiedsrichter in Amateurklassen
    davon zunehmend betroffen.“
    WWWer angegriffen werde, müsseer angegriffen werde, müsse
    Schutz erhalten. „Da sind die Ver-
    eine und ihre Ordner ebenso ge-
    fffragt wie Trainer und Mitspieler,ragt wie Trainer und Mitspieler,
    aaaber auch die Zuschauer. Die Ver-ber auch die Zuschauer. Die Ver-
    eine müssen sich deutlich von Ge-
    walttätern distanzieren. Sie müs-
    sen klarstellen: Wir wollen gewalt-
    fffreie Spiele und keine Tätlichkei-reie Spiele und keine Tätlichkei-
    ten, weder vor dem Anpfiff, noch
    im Spiel oder nach dem Abpfiff“,
    so Malchow. Hessens Innenminis-
    ter Peter Beuth (CDU) sah sich die
    Bilder von der Prügelattacke
    selbst an und zeigte sich ange-
    sichts der Brutalität schockiert.
    „Der Schiedsrichter hat sich eh-
    renamtlich dafür eingesetzt, dass


ein fairer und regelkonformer
Spielablauf in der Amateurliga
stattfinden kann. Für diesen Ein-
satz wurde er bewusstlos geprü-
gelt“, sagte Beuth am Dienstag. Ei-
ne solche Tat müsse von allen Ver-
antwortlichen im Fußball klar ge-
ächtet werden. Nach Ansicht des
Ressortchefs könne dabei nur eine
lebenslange Sperre für den organi-
sierten Fußball herauskommen.
Beuth will seine Forderung nach
einer lebenslangen Sperre für prü-
gelnde Spieler und die besondere
Achtung der Schiedsrichter kom-
mende Woche auf der Sportminis-
terkonferenz einbringen. „Davon
erhoffe ich mir, dass deutschland-
weit ein Signal an die Sportfamilie
ausgesendet wird: Solche Prüge-
lattacken gehören vom organisier-
ten Sport geächtet. Eine besonde-
re Vorbildfunktion kommt dabei
dem Profifußball zu. Was dort vor-
gelebt wird, spiegelt sich in den
unteren Ligen wider“, sagte der
Minister. Respekt gegenüber
Schiedsrichtern müsse auch in der
Bundesliga vorgelebt und vom
Deutschen Fußball-Bund (DFB)
eingefordert werden.
Der DFB hatte im September
2 018 mitgeteilt, dass 99,51 Pro-
zent aller Spiele im Amateurfuß-
ball komplett störungsfrei verlie-
fffen. Das ergab demnach eine Aus-en. Das ergab demnach eine Aus-
wertung der Onlinespielberichte
der Schiedsrichter. Nur fünf von
1 0.000 Spielen wurden demzufol-
ge wegen Gewalt oder Diskrimi-
nierung abgebrochen.
Doch bei den geschätzten
8 0.000 Spielen pro Wochenende
wären dies umgerechnet immer-
hin 40 Spiele an jedem einzelnen
WWWochenende der Saison. Eineochenende der Saison. Eine
Zahl, die nicht gering ist. In ei-
nem Offenen Brief kündigte die

DFB-Führung nun ihre volle Un-
terstützung für die Unpar-
teiischen an. „Die zahlreichen Ge-
walttaten, Respektlosigkeiten und
Übergriffe gegen Schiedsrichter
auf den Amateurplätzen schockie-
ren auch uns, wir sind bestürzt,
fffassungslos und betroffen. Jederassungslos und betroffen. Jeder
VVVorfall ist einer zu viel, jede Formorfall ist einer zu viel, jede Form
von Gewalt ist nicht akzeptabel“,
hieß es in dem Brief, der von DFB-
Präsident Fritz Keller, den Vize-
Präsidenten Rainer Koch und Ron-
nnny Zimmermann sowie-General-y Zimmermann sowie-General-
sekretär Friedrich Curtius unter-
schrieben war.
VVVereine registrieren: Wennereine registrieren: Wenn
Mannschaften mit verschiedenen
Nationalitäten gegeneinander an-
treten müssen, tragen sie ihre
Feindseligkeiten mitunter auf dem
Fußballplatz aus. Auch wenn Spie-
ler mit unterschiedlichem Migrati-
onshintergrund aufeinandertref-
fffen, würden sie manchmal über-en, würden sie manchmal über-
griffig, sagen die Vereine. Genaue
Zahlen dazu gibt es bundesweit je-
doch nicht.
AAAls erste Reaktion auf die Tatls erste Reaktion auf die Tat
von Hayri G. hat der Verein FSV
Münster seine Mannschaft aus
dem laufenden Spielbetrieb abge-
meldet. Stefan Reuß, der Präsi-
dent des Hessischen Fußball-Ver-
bandes, verurteilte den Angriff auf
den Schiedsrichter scharf: „Leider
reißen die Meldungen von verba-
ler und körperlicher Gewalt gegen
Schiedsrichter in jüngster Zeit
nicht ab.“ Der Verband sei scho-
ckiert über diesen neuerlichen
VVVorfall körperlicher Gewalt. Dieorfall körperlicher Gewalt. Die
Obleute der Landesverbände wol-
len sich am 16. und 17. November
in der DFB-Zentrale treffen, um
die Gewalt auf Fußballplätzen
stärker zu bekämpfen – nicht nur
die gegen Schiedsrichter.

USA


Heftige Winde heizen


Waldbrände an


Starke Winde könnten die Feu-
er in Kalifornien weiter an-
heizen. Der US-Wetterdienst
warnte vor Windböen mit Ge-
schwindigkeiten von rund 130
Stundenkilometern in manchen
Gebieten. Die bislang stärksten
Winde der Saison werden in
den nächsten Tagen erwartet.
Tausende Feuerwehrleute wa-
ren im Einsatz, um die Wald-
und Buschfeuer in einem Wett-
lauf gegen die Zeit so weit wie
möglich einzudämmen. Be-
sonders zerstörerisch sind das
Kincade Fire im Norden des
Bundesstaates und das Getty
Fire westlich von Los Angeles.
Das Getty Fire war in der Nähe
des berühmten gleichnamigen
Museums ausgebrochen. Aus-
löser war ein vom Wind abge-
rissener Eukalyptuszweig, der
auf eine Stromleitung fiel.


GROSSBRITANNIEN


„Geschmacklose“


Storys über Meghan


Herzogin Meghan (38) hat in
ihrem Kampf gegen britische
Boulevardmedien Unterstüt-
zung aus der Politik bekommen.
Trotz des andauernden Streits
um den Brexit solidarisierten
sich 72 weibliche Abgeordnete
aller Parteien in einem offenen
Brief mit der Ehefrau von Prinz
Harry (35). In dem am Dienstag
von der Labour-Politikerin
Holly Lynch veröffentlichten
Schreiben kritisieren die Frauen
vor allem „veraltete“ und „kolo-
niale Untertöne“ in der Bericht-
erstattung über die ehemalige
US-Schauspielerin mit afroame-
rikanischen Wurzeln. Dies kön-
ne nicht hingenommen werden.


In einem Interview hatte Meg-
han jüngst über ihre Probleme
bei der Bewältigung der teils
sehr kritischen Berichterstat-
tung britischer Boulevardme-
dien gesprochen und die Frage,
ob die vergangenen zwei Jahre
ein Kampf waren, bejaht.

BERLIN

Mann bei Streit vor
U-Bahn gestoßen

Bei einem Streit zwischen zwei
Gruppen an einem Berliner
U-Bahnhof ist ein Mann vor
einen einfahrenden Zug ge-
stoßen und tödlich verletzt
worden. Nach einem Bericht
der „Berliner Zeitung“ handelt
es sich bei dem Opfer um einen
jungen Iraner. Dieser soll da-
zwischengegangen sein, als
zwei Männer einen Rollstuhl-
fahrer berauben wollten. „Da-
raufhin griffen die beiden Täter
den Mann heftig an und stießen
ihn vor den U-Bahn-Zug.“

KÖLN

Tina Turner
gewinnt vor Gericht

Tina Turner hat vor dem Land-
gericht Köln einen Erfolg er-
zielt. Die Sängerin hatte dort
gegen das Plakat für eine Tina-
Turner-Show geklagt, an der sie
selbst nicht beteiligt ist. Nach
Auffassung der 79-Jährigen
könnte man denken, dass sie in
der Show selber auftritt. Das
Landgericht gab ihr darin recht.

KOMPAKT


LOTTO
Die Zahlen
Lotto: 111 1 - 22 - 23 - 28 - 44 - 481 - 22 - 23 - 28 - 44 - 48
Superzahl: 9
Spiel 77: 3321988
Super 6: 910332
(Alle Angaben ohne Gewähr)

fan Frommann Wissen: Dr. Pia Heinemann Kultur:
Andreas Rosenfelder Bücher:Dr. Mara DeliusPano-
rama: Claudia Kade, Dagmar Rosenfeld Alle: c/o
Axel Springer SE, 10888 Berlin, Axel Springer Straße
65.
Hamburg: Axel-Springer-Platz 1, 20355 Hamburg An-
zeigen: Kai-G. Ehrenschneider-Brinkmann, Axel
Springer SE, 10888 Berlin
Axel Springer SEvvvertreten durch den Vorstand Dr.ertreten durch den Vorstand Dr.
Mathias Döpfner (Vorsitzender), Jan Bayer, Dr. Stepha-
nie Caspar, Dr. Julian Deutz, Dr. Andreas WieleGe-
schäftsführer Print:Christian Nienhaus Verlagslei-
ter Print:Petra Kalb, Stv. Heiko RudatAnzeigen:
Kai-G. Ehrenschneider-Brinkmann Redaktion Son-
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