Neue Zürcher Zeitung - 09.11.2019

(Ann) #1

Samstag, 9. November 2019 ZÜRICH UND REGION21


ZÜRCHER BEZIRKSGERICHT


Millionen-Coup an der Rämistrasse


31-jähriger Serbe kommt wegen Überfall auf Schmuckgeschäf t hinter Gitter – vonder Beute fehlt jede Sp ur


ALOIS FEUSI


Es war fast wie im Kino. Ein heute 31-
jähriger Serbe lässt sich amVormittag
des 12.Februar 2016 bei Harry Hof-
manns Schmuckgrosshandel an der
Rämistrasse eine halbe Stunde lang Pre-
ziosen zeigen.Er sucheVerlobungsringe
im Wert von 4000 bis 5000 Franken so-
wie Ohrringe zumValentinstag, sagt er
der Verkäuferin. Diesereserviert zwei
Stücke für ihn.
Am Mittag des 20.Februarkehrt
er zurück. Der Geschäftsführer öffnet
ihm und geht danach ins obere Stock-
werk,um den Schmuck zu holen. Der-
weil klingelt einKomplize des Serben
an derTür. Er wird hereingelassen und
lässt sich von einerVerkäuferin danach
Schmuck in derAuslage zeigen. Plötz-
lich zieht der vorgebliche Käufer eine
Pistole und überwältigt den Geschäfts-
führer. Der Komplize drückt dieVer-
käuferin zu Boden und entriegelt die
Eingangsschleuse.


Akribisch vorbereitet


Ein Vermummter stürmt ins Geschäft,
hetzt dieTreppe hoch zum Büro mit dem
Tresorund packt dessen Inhalt in eine
Sporttasche. Der Scheinkäufer hält das
Personal mit derWaffe in Schach, wäh-
rend der zweiteRäuber das Schaufens-
ter abräumt.Der Coupwar zwei Monate
lang akribisch vorbereitet worden.
Nach zwei Minuten ist der Spuk vor-
bei.DieMännerspringenineinenBMW
und rasen auf denTramschienen an der
Autokolonne vorbei dieRämistrasse
hoch. Nach kurzerFahrt stellen sie das
Fluchtauto im Hof eines Hauses an der
Steinwiesstrasse ab und vernichten mit
dem Schaum einesFeuerlöschers alle


Spuren.DerWagen war vier Monate zu-
vor in Mailand gestohlen worden.
Darauf setzt dasTrio die Flucht mit
einem Miet-Renault fort.Ihre Beute be-
steht aus 521 Schmuckstücken und -be-
standteilen sowie 12 Luxusuhren im Ge-
samtverkaufswert von knapp 3,5 Millio-
nen Franken.Dazu kommen gut 20 000
FrankenBargeld.
Zwei Monate später wird derKom-
plize, der das Schaufenster leerräumte,
am Grenzübergang nach Österreich
verhaftet. Es stellt sich heraus, dass
der 38-jährige Serbe an mindestens 10
Raubüberfällen beteiligt war und zum
Umfeld der «Pink Panther» gehört,
eines auf Schmuck- und Uhrenraub spe-
zialisierten serbischen Gangster-Netz-
werks.Am 30.August 2018 verurteilt

ihn das Bezirksgericht Zürich zu14 Jah-
ren Freiheitsstrafe.Vom dritten Mann,
der als Einziger vollständig vermummt
war, und von der Beute fehlt bis heute
jede Spur.

Von Hintermännernverheizt


Der Scheinkäufer aber wird im Septem-
ber 2017 bei der Einreise nach Bosnien
verhaftet. AmFreitag steht der 31-jäh-
rige Serbe wegen des ZürcherRaubs so-
wie wegen eines nach demselben Muster
verübten Überfalls im November 20 16
in Wuppertal vor dem Zürcher Bezirks-
gericht. Er ist des mehrfachenRaubes,
der Entwendung einesFahrzeugs sowie
de r mehrfachenWiderhandlung gegen
dasWaffengesetz angeklagt.Der Staats-

anwalt fordert eineFreiheitsstrafe von
siebenJahren.
Der Beschuldigte gesteht die beiden
Raubüberfälle, betont aber, dass er nicht
gewalttätiggewesen sei.Er bestreitet,an
der Entwendung des BMW, am Ausspä-
hen desTatorts und an der Planung des
Fluchtwegs beteiligt gewesen zu sein.Er
sei erst kurz vor dem Überfall angereist
und habe seine Mittäter zuvor nicht ge-
kannt,beteuert der Mann. Sein Einkom-
men in Belgrad alsTrainer imFitness-
centerseines Patenonkels und alsWirt
einer Bierkneipe habe nicht gereicht,
um die Mutter, die Schwester und deren
Kind zu unterstützen.
Schliesslich habe er seine Probleme
mit Glücksspiel zu lösen versucht und
sich bei einem Kreditwucherer mit
30 000 Euro verschuldet. Dieser habe
angeboten,ihmdieSchuldenzuerlassen,
wenn er dafür bei demRaub in Zürich
mitmache. Er habe nur Befehle ausge-
führt.DieAuftraggeberwillerausAngst
um seineFamilie aber nicht nennen.
SolcheGeschichtenhörendie Richter
in fast allen«PinkPanther»-Fällen. Die
lächerlichen Summen, die denRäubern
jeweilsfür die Beteiligung an Überfäl-
len mit sechs- und siebenstelligen Beu-
tebeträgenbezahltwerden,sprechenda-
für,dass sie verheiztwerden. Die Hin-
termänner kassieren ab und bleiben
anonym.Das schützt die Handlanger
nicht vorderStrafe :Der Richter ver-
urteiltden Serben zu achtJahrenFrei-
heitsstrafe,gehtalsoüberdasvomStaats-
anwalt geforderte Strafmass hinaus. Um
einenLandesverweiskommt er herum,
weil die entsprechenden Bestimmungen
zum Tatzeitpunkt noch nichtgal ten.

Urteil DG190089 vom 8. 11.2019; noch nicht
rechts kräftig.

Ein Forensiker sichertnach dem Überfall am 20.Februar 2016 denTatort. KEYSTONE

ZÜRCHER INVENTAR


Hochhaus im


Taschenformat


Adi Kälin· Wenn ZürichTourismus für
einenLaden wirbt und dessen Besuch
wärmstens empfiehlt, hat die entspre-
chendeFirma wohl alles richtig gemacht.
Bei derFirma handelt es sich um dieTa-
schenherstellerinFreitag, beimLaden
um denFreitag-Tower, eine Mischung
aus Flagship-Store und Aussichtsturm
direkt neben der Hardbrücke im Zür-
cher Kreis 5. DieTaschen werden mitt-
lerweile weltweit vertrieben, und auch
den Freitag-Tower kennt man heute auf
der halbenWelt – als eine ArtWahrzei-
chen des jungen, kreativen Zürich.
Nicht weit entfernt vom Ort, wo
heute derFreitag-Tower steht, began-
nen dieFreitag-Brüder in den neunzi-
ger Jahren, aus altenLastwagenplanen
robusteTaschen herzustellen, die sich
seitherimmer grösserer Beliebtheit er-
freuen – obwohl die Zürcher Stilpolizis-
ten und -polizistinnenschon lange und
immer heftiger ihr Näschenrümpfen.
2006 gelang derFirma mit ihrem
Flagship-Store der zweite grosseWurf:
Wie dieTasche ist auch derTurm ein
Recyclingprodukt, hergestellt aus 19
aufeinandergestapelten Frachtcontai-
nern, die man in Hamburg ausgesucht
und perBahn nach Zürich transportiert
hat. In den unteren vier Stockwerken
werden die Produkte derFirma an den
Mann und dieFrau gebracht, dasDach
des Minihochhauses ist eineAussichts-
plattform, auf der passenderweise auch
ein Fernrohr steht.Von hier aus ge-
niesst man denPanoramablick auf das
alte Industriequartier, das in den letz-
ten Jahren als Zürich-West Karriere ge-
macht hat und vollgestellt worden ist mit
neuenWohn- und Geschäftsbauten.
Nicht das ganze Industriequartier hat
sich in dieser Art gewandelt, wie man
ergänzen muss. Das Gerold-Areal, auf
dem derFreitag-Tower steht,ist ein letz-
ter Überrest des früheren Produktions-
standorts. Hier gedeihen weiterhin die
Pionierpflänzchen, die sich als Erste in
die verlassenen Industriehallen getraut
und diese mit neuem, kreativem Leben
gefüllt haben. Der Zustand ist dem starr-
köpfigenVerhalten des Grundeigentü-
mers zu verdanken,der sichkonsequent
den Plänen für ein neues, grossesKon-
gresszentrum widersetzt.
Entworfen wurde derFreitag-Tower
vom Büro Spillmann Echsle Architek-
ten, das sich auf jede Art von Zwischen-
nutzungen spezialisiert und damit Be-
kanntheit erlangt hat.Vonihm stammt
das HouseofSwitzerland, das anlässlich
der Leichtathletik-EM ein Gastspiel auf
dem Zürcher Sechseläutenplatz hatte.
Auch für die Um- und Einbauten auf
dem Maag-Areal zeichnen Spillmann
Echsle verantwortlich, für dieTheater-
räume ebenso wie für den hochgelobten
temporärenKonzertsaal derTonhalle.
Und ja, derTower ist mit 26 Metern
Höhe tatsächlich ein Hochhaus. Nach
kantonalem Planungs- undBaugesetz
fällt in diese Kategorie alles, was über
25 Meter hoch ist. Er muss sich aber be-
haupten gegen weit höhereKonkurrenz
in seiner unmittelbaren Nachbarschaft.
Auf der andern Seite der Hardbrücke
steht ja der Prime-Tower, der auch
schon als eine Art neues ZürcherWahr-
zeichen gehandelt worden ist und exakt
100 Meter höher in den Himmelragt.
Wenn man sich die beidenTürme
vom Viadukt her anschaut, wirkt der
Zwerg allerdings plötzlich nicht mehr
so zwergig und der Riese nicht mehr
so riesig.Vor allem wenn sie beleuchtet
sind, ergibt sich ein sehr schönes Bild
der beiden so unterschiedlichen Zür-
cher Türme,die auchfür ganz verschie-
dene Etappen der Stadtentwicklung ste-
hen: Der Prime-Tower verkörpert den
Aufbruch des modernen,teuren Zürich-
West, derFreitag-Tower steht für die
letzten verbliebenen Pioniere, die diese
Entwicklung angeschoben haben und
schliesslich von ihr überrollt wurden.

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