Die Welt Kompakt - 12.11.2019

(Joyce) #1

Unter welchen Umständen
könnte die Union mit der AfD
koalieren?

Unter keinen Umständen. Es gibt
auch niemanden in der Union,
der das sagt.


In Thüringen scheint es doch
welche zu geben.

Einige wenige vielleicht, auf-
grund der besonderen regionalen


Umstände, und das sind keine
maßgeblichen Stimmen. Das ist
nicht repräsentativ, und in der
CSU gibt es ganz bestimmt nie-
manden, der so etwas vertritt.
Man kann nicht mit jemandem
wie Björn Höcke koalieren. Es
gibt in dieser Partei klar neona-
zistische Ansichten. Das ist keine
bürgerliche Partei. Wir können
als Union auf keinen Fall mit sol-

chen Kräften zusammenarbeiten
und sie dadurch legitimieren.

Vielleicht mit der Linken?
Nein.

Die Grünen? Ihr Parteifreund
Manfred Weber hat gesagt, die
Zukunft sei schwarz-grün. Par-
teichef Markus Söder bezeich-
net die Grünen als Gegner.

Da hat Markus Söder recht. Grün
wird, wenn möglich, auch immer
Rot vorziehen, wie man ja in Bre-
men sehen konnte. Das liegt tief
in ihrer DNA.

Und wie verhält sich die CSU?
Positioniert sie sich unter Söder
neu, gibt sie ihr bislang markant
konservatives Profil auf?
Nein. Die Natur zu erhalten ist
ein urkonservatives Anliegen, ge-
nauso wie etwa die Innere Si-
cherheit oder die Förderung der
Familie. Und für die CSU als
christlich-soziale Partei ist es
wichtig, auch geringer Verdie-
nende am wachsenden Wohl-
stand teilhaben zu lassen.

Geben Sie damit nicht Raum
frei am rechten Rand, den dann
die AfDbesetzt? Schon jetzt hat
die Union viele Wähler verlo-
ren, woran liegt das?
Von der Globalisierung haben
viele profitiert, andere weniger.
Manche empfinden die Globali-
sierung als eine Bedrohung ihrer
kulturellen Identität. Die Men-
schen haben zwei Identitäten, ei-
ne nationale und eine europäi-
sche, das ergänzt einander. Aber
diese nationale Identität empfin-
den manche als gefährdet.

Bedeutet das also, dass wir in
Zukunft das Wort „Nation“ öf-

ter hören werden aus dem
Munde von Unionspolitikern?
Die Union muss auch denjenigen
Menschen eine politische Heimat
bieten, die eine positive Einstel-
lung zur Nation haben und mit
Europa emotional nicht so viel an-
fffangen können. Diese Wähler dür-angen können. Diese Wähler dür-
fffen wir nicht aufgeben, sonst trei-en wir nicht aufgeben, sonst trei-
ben wir sie in die Arme der AfD.

Die FDP-Abgeordnete Renata
Alt hat einen Antrag im Bun-
destag eingebracht, in dem eine
strategische Partnerschaft mit
der Visegrád-Gruppegefordert
wird. Was meinen Sie, wäre es
eine gute Idee, die deutsch-
französische Partnerschaft um
eine Partnerschaft mit den V
zu ergänzen?
Die Visegrád-Länder haben eine
historisch gewachsene eigene
Identität und sind als Wirt-
schaftspartner sogar wesentlich
wichtiger für uns als Frankreich,
USA oder China. Ich halte des-
halb eine noch engere politische
Zusammenarbeit Deutschlands
mit den vier Visegrád-Staaten für
absolut notwendig, zumal
Deutschland der wichtigste Un-
terstützer dieser Länder auf ih-
rem Weg in die EU war. Man
muss sorgfältig überlegen, ob
solche Gruppenbildungen gut
sind für die EU, aber inhaltlich ist
es eine sinnvolle Sache.

DIE WELIE WELIE WELT KOMPAKTT KOMPAKT DIENSTAG, 12. NOVEMBER 2019 PORTRÄT 19


Edmund Stoiber
(M) zeigt seine
Auszeichnung. Links
steht Präsident
Janos Ader, rechts
Ministerpräsident
Viktor Orban

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/ TIBOR ILLYES

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