Frankfurter Allgemeine Zeitung - 07.11.2019

(Greg DeLong) #1

Herr Jones, Sie haben als Mitarbeiter
des amerikanischen Senats einen fast
7000 Seiten langen Untersuchungs-
bericht über Verhör- und Foltermetho-
den der CIA verfasst. Was hielten Sie
von der Idee, aus Ihrer Arbeit einen
Film zu machen?

Als der Bericht im Dezember 2014 end-
lich veröffentlicht wurde, gehörte es zu
meinen Aufgaben, mit Investigativjourna-
listen und anderen Interessierten darüber
zu sprechen, also die Ergebnisse zu prä-
sentieren und verständlich zu machen. Zu-
mindest, soweit das im Rahmen der Ge-
heimhaltung möglich war. Eine der Perso-
nen, mit der mich das Büro der Senatorin
Dianne Feinstein damals in Verbindung
brachte, war der Regisseur Scott Z. Burns.
Ich weiß bis heute nicht, ob er damals
schon den Plan für ein Drehbuch hatte.
Aber unser Gespräch war von Anfang an
anders als alle anderen. Er fragte mich
nicht bloß nach Allgemeinplätzen, son-
dern nach Details in den Fußnoten. Da
hatten sich die richtigen zwei Nerds gefun-
den, beide besessen von der Wahrheit.
Dass dann tatsächlich ein Film aus der Sa-
che wurde, fand ich erstaunlich, aber
auch faszinierend.


Haben Sie an dem Film, der an diesem
Donnerstag in die deutschen Kinos
kommt, mitgearbeitet?

Nicht aktiv, zumindest nicht jenseits von
Beratung und eben langen Gesprächen
mit Scott. Ich war während der Dreharbei-
ten aber fast immer am Set. Meistens saß
ich nur mit meinem Laptop irgendwo in
einer Ecke, nutzte das W-Lan und ging
meiner normalen Arbeit nach. Aber es
war hilfreich, dass ich da war und jeder-
zeit Fragen beantworten konnte. Allen
Beteiligten war es wichtig, dass selbst bei
kleinsten Änderungen der Dialoge alles
akkurat bleibt.


Welchen Zweck erfüllt Ihrer Meinung
nach ein Spielfilm wie „The Report“ im
Vergleich zum realen Bericht?

Der Film ist für mich eine Art Fortset-
zung meiner eigenen Arbeit. Die begann
zunächst mit einer Untersuchung des Ge-
heimdienstausschusses zu Verhörvideos,
die von der CIA zerstört worden waren.
Daran schloss sich eine weitere, größere
Untersuchung an, als deren Ergebnis mei-
ne Mitarbeiter und ich unseren Bericht
von 6700 Seiten präsentierten, mit 30 000
Fußnoten. Daraus wurde ein 525 Seiten
langes Dokument, das schließlich der
Öffentlichkeit zugänglich gemacht wer-
den konnte. Und aus dem Material hat
Scott dann einen Film von zwei Stunden
gemacht. Für mich ist „The Report“, weil
alle Fakten darin stimmen, der ideale
Weg, ein viel größeres Publikum zu er-
reichen, als es unser doch recht trockener
Bericht allein je geschafft hätte. Und es
ist wichtig, dass die Menschen diese Ge-
schichte kennen. Auch über die Grenzen
der Vereinigten Staaten hinaus.


Haben Sie keine Angst, dass etliche
Zuschauer gelangweilt abwinken, nach
dem Motto: Das habe ich doch damals
schon in der Zeitung gelesen?

Ich hoffe, dass die wenigsten von uns so
abgestumpft sind. Ich zumindest bin bis
heute schockiert, wenn ich mir klar-
mache, was damals geschehen ist. Wie
die CIA mit den Gefangenen umgegan-
gen ist, war ebenso entsetzlich wie die


Vertuschung dieser Taten. Diese jahrelan-
gen Lügen selbst dem Präsidenten gegen-
über sollten jeden schockieren, selbst
wenn er zum wiederholten Mal davon
hört. Immer wenn etwas bekannt wurde,
stellte sich später heraus, dass die Wahr-
heit noch viel schlimmer aussah. Das
darf niemals als normal angesehen wer-
den.

Sehen Sie heute, zehn Jahre nachdem
diese Verhör- und Foltermethoden der
CIA offiziell eingestellt worden sind,
und fünf Jahre nach Veröffentlichung
Ihres Berichts, eine besondere Dringlich-
keit, die Fakten noch mal auf den Tisch
zu bringen?

Ja, meiner Ansicht nach geht es um mehr
als bloß die Fakten, was damals passiert
ist. Und für den Film gilt das noch viel
mehr. Die Botschaft dahinter ist doch,
wie unermesslich wichtig Transparenz
und Wahrheit sind. Und dass man immer
weiter danach graben und suchen muss,
selbst wenn die Menschen zunächst nicht
zuhören wollen oder nicht genug auf-
passen. Von der Leidenschaft, die Adam
Driver in der Hauptrolle für die Wahrheit
an den Tag legt, sollte sich jeder eine
Scheibe abschneiden. Ganz zu schweigen
davon, dass in dieser Geschichte auch ein
Plädoyer für die Gewaltenteilung und das
Prinzip der gegenseitigen Kontrolle in der
Politik steckt. Eine Erinnerung daran,
dass es die Pflicht der Legislative ist, die
Exekutive zu überwachen, ist heute wich-
tiger denn je.

Verzweifeln Sie nicht in den Zeiten von
„Fake News“?
Man kann sich Sorgen machen. Aber ich
glaube fest daran, dass sich der lange Bo-
gen der Geschichte letztlich zur Gerechtig-
keit neigt. Wir müssen nur unermüdlich
und so geschlossen wie möglich auf dem
richtigen Weg bleiben, als Individuen ge-
nauso wie als Gruppe. Insgesamt habe ich
keinen Zweifel daran, dass wir auch Kri-
sen überstehen werden. Die Welt hat
schon verrücktere Zeiten überlebt.

Waren Sie so optimistisch auch in den
Jahren, als Sie an Ihrem Bericht ge-
arbeitet haben? Im Film ist zu sehen,
dass nicht viel gefehlt hätte, und er wäre
nie veröffentlicht worden. Auch nach
der Wahl Barack Obamas wurde nicht

alles einfacher für Sie. Hatten Sie nie
Angst, Sie könnten am Ende Ihre Zeit
verschwendet haben?
Ich war immer von der Wichtigkeit dieses
Berichts überzeugt, das hielt die Frustra-
tion in Grenzen. Und ich habe stets ge-
merkt, dass es genug Senatoren gab, die
meine Leidenschaft für die Wahrheit teil-
ten. Der damalige Senator von Colorado
wollte den Bericht sogar im Senat vor-
lesen, wenn die Regierung seine Veröffent-
lichung verboten hätte. Als Anhänger un-
seres demokratischen Systems muss ich
bis zu einem gewissen Grad einfach denen
vertrauen, die gewählt wurden. Und als
Mitarbeiter meinen Vorgesetzten. In die-
sem Fall wurde ich nicht enttäuscht.

Bisweilen war der Gegenwind gegen
Ihre Untersuchung enorm. Fürchteten
Sie um Ihre Sicherheit?
Womöglich wäre das angebracht gewesen.
Senator John McCain, den ich regelmäßig
auf dem Laufenden hielt, riet mir immer:
„Passen Sie auf sich auf!“ Aber eigentlich
habe ich daran kaum Gedanken ver-
schwendet. Ich hatte einen Job zu erledi-
gen, dabei wollte ich mich nicht beirren
lassen. Selbst als die CIA mit erfundenen
Vorwürfen auf strafrechtlichem Weg ver-
suchte, unsere Arbeit zu beenden, störte
das unseren Fokus nur sehr kurzfristig.
Als ich nun „The Report“ sah, führte mir
das vor Augen, wie brenzlig die Situation
teilweise war. Damals habe ich das eher
ausgeblendet. Sieben Tage meiner Woche
gehörten dem Bericht, von früh bis spät.
An ein Privatleben war nicht zu denken.

Als nach sieben Jahren Arbeit der
Bericht Ende 2014 tatsächlich erschie-

nen ist, hatten Sie von einem Tag auf
den anderen Ihren Lebensmittelpunkt
verloren?
Irgendwie ja. Ich kokettiere nicht, wenn
ich sage, dass ich mich mit nichts ande-
rem beschäftigt habe. Selbst Senatorin
Feinstein sagte damals in ihrer Rede vor
dem Senat: „Jedes Mal wenn ich Dan
traf, sah er fürchterlicher aus.“ Ich hatte
kaum Sonnenlicht gesehen und viel
Gewicht verloren. Es war eine große Er-
leichterung, die Arbeit erfolgreich hinter
mich gebracht zu haben. Aber ich war
auch vollkommen erschöpft und fiel erst
mal in ein Loch.

Und dann schlugen Sie das nächste Kapi-
tel in Ihrem Leben auf?
Verloren fühlte ich mich zunächst eher
privat. Meine Freunde hatten in der
Zwischenzeit geheiratet, sich getrennt,
Kinder bekommen – und ich hatte all das
mehr oder weniger verpasst. Beruflich
war der nächste Schritt klar: Als Konse-
quenz des Berichts mussten wir den
McCain-Feinstein-Act auf dem Weg brin-
gen. Der bestimmt, dass die CIA Gefange-
ne nur nach bestimmten Regeln befragen
darf. Als dieses Gesetz mit großer, über-
parteilicher Mehrheit verabschiedet war,
wurde es für mich Zeit, dem Senat den
Rücken zu kehren. Ich gründete die Orga-
nisation „Advance Democracy“, mit der
ich gemeinnützige Untersuchungen auf
der ganzen Welt ausführe und mich für
Transparenz und gerechte Politik ein-
setze. Die Wahrheit der Öffentlichkeit zu-
gänglich zu machen, dafür arbeite ich
auch heute noch.

Die Fragen stellte Patrick Heidmann.


Boris Becker muss noch weitere zwölf
Jahre unter britischen Insolvenzauflagen
leben. Dem hat der ehemalige Tennisstar
zugestimmt, wie die Behörde Insolvency
Service auf der Internetseite der briti-
schen Regierung schreibt. Die Restriktio-
nen für zahlungsunfähige Personen wer-
den für den Einundfünfzigjährigen bis
zum 16. Oktober 2031 verlängert. Zu den
Einschränkungen zählt beispielsweise
die Pflicht, seine Gläubiger über seine
Vermögenssituation umfassend zu infor-
mieren und ihnen jedes Darlehen von
mehr als 500 Pfund vorab zu melden.
Auch darf der dreimalige Wimbledon-Sie-
ger in Großbritannien kein Unterneh-
men führen. Er kann aber trotz dieser
Restriktionen über sein verbliebenes Ver-
mögen frei entscheiden, betonte sein
deutscher Anwalt.
Der Londoner High Court hatte Be-
cker, der im Londoner Stadtteil Wimble-
don lebt, auf Antrag von Gläubigern Mit-
te 2017 für zahlungsunfähig erklärt. Nor-
malerweise enden die Auflagen für Perso-
nen, die in eine Pleite rutschen, in Groß-
britannien nach einem Jahr, schrieb der
Insolvency Service, „aber wegen der Art
von Herrn Beckers Handlungen“ seien sie
in diesem Fall nun gleich um zwölf Jahre
verlängert worden. Begründet wird dies
damit, Becker habe vor und nach der Er-
öffnung des Insolvenzverfahrens finan-
zielle „Transaktionen“ über 4,5 Millionen
Pfund (mehr als fünf Millionen Euro)
nicht ordnungsgemäß offengelegt. Diese
Transaktionen würden weiter untersucht.
Beckers Anwalt Christian-Oliver Mo-
ser sagte: „Unser Mandant hat gegenüber

dem Insolvenzverwalter keine Vermö-
genswerte (auch nicht die erwähnten
4,5 Millionen Pfund) unterschlagen oder
verheimlicht.“ Becker habe Vermögens-
werte, „die ihm allerdings nach seiner
Auffassung gar nicht zustehen, zu spät an-
gegeben“. Daraus resultierte der nun for-
mulierte Vorwurf.
Der gefallene Star meldete sich auf
Twitter selbst zu Wort. Zunächst dankte
er für die „mediale Anteilnahme“, dann
räumte er einen Fehler ein: „Fakt ist, dass
ich zwölf Jahre kein Geschäftsführer ei-
ner englischen Firma sein darf – auf-
grund einer verpassten Deadline von In-
fos meinerseits.“ Becker bekräftigte, dass
er den Hauptgläubiger – gemeint ist die
Bank Arbuthnot, Latham & Co, der er
fast vier Millionen Pfund schuldete –,

komplett zufriedengestellt habe. Er sei gu-
ter Dinge, die Schulden bei den restlichen
Gläubigern, die er als sechsstellige Sum-
me bezeichnete, bis Weihnachten zu be-
gleichen. Das wäre dann das Ende des In-
solvenzverfahrens, schrieb Becker.
Wie Becker in so hohe Schulden rut-
schen konnte, ist bis heute nicht ganz ge-
klärt. Die einen verweisen auf einen teu-
ren Lebensstil mit luxuriösen Immobilien
in London und auf Mallorca, die anderen
auf fehlgeschlagene geschäftliche Invest-
ments und Beteiligungen. Die Scheidung
von seiner ersten Frau Barbara vor acht
Jahren soll ihn einen höheren Millionen-
betrag gekostet haben.
In diesem Sommer erbrachte die
Zwangsversteigerung von 80 persönli-
chen Gegenständen und Pokalen, gegen
die sich Becker zuvor heftig gewehrt hat-
te, insgesamt 687 000 Pfund (umgerech-
net fast 800 000 Euro). Zu den versteiger-
ten Objekten zählten Uhren, Medaillen,
sogar Kleidungsstücke und einige seiner
Sport-Trophäen.
Den höchsten Zuschlag gab es für eine
Replik des US-Open-Pokals (150 250
Pfund). Insolvenzverwalter Mark Ford
zeigte sich danach zwar zufrieden, mo-
nierte aber, dass einige der wichtigsten
Becker-Trophäen noch fehlten, vor allem
sechs von Beckers Erfolgen in Wimble-
don. Die hoffe er noch zu finden.
Nachdem Becker sich zu seinem Insol-
venzverfahren geäußert hatte, twitterte
er am Mittwoch hauptsächlich über ein
Schachturnier, das er in Bukarest eröffnet
hat. Nach 13 Zügen war er dort schach-
matt. Becker kommentierte trocken: „Ich
habe es versucht.“

Adam Driver spielt in „The Report“ den Ermittler Daniel J. Jones: „Von seiner Leidenschaft für die Wahrheit sollte sich jeder eine Scheibe abschneiden.“ Foto DCM


Ermittler finden Mutter
Etwa einen Monat nach dem Fund ei-
nestoten Neugeborenen an einem
Berliner See haben Ermittler die mut-
maßliche Mutter identifiziert. Der
Verdacht gegen eine Sechzehnjährige
sei durch einen DNA-Vergleich erhär-
tet worden, teilte die Staatsanwalt-
schaft in Berlin am Mittwoch mit. Wei-
tere Einzelheiten nannte die Behörde
nicht. Die Ermittlungen in dem Fall
dauerten an, hieß es lediglich. Ein
Spaziergänger hatte den leblosen
weiblichen Säugling am 7. Oktober
im Stadtteil Lichtenrade entdeckt. Er
verständigte die Polizei, eine Mord-
kommission ermittelte. Deren Arbeit
führte zu der mutmaßlichen Mutter.
Der Verdacht wurde durch einen Ab-
gleich von DNA-Spuren an dem Leich-
nam und einer Decke bestätigt. AFP

Nicht schöner gemacht
Ein Schönheitschirurg aus München
hat bei seinen Operationen mög-
licherweise gravierende Fehler ge-
macht. Gegen den Vierzigjährigen
werde wegen gefährlicher Körperver-
letzung ermittelt, auch Rauschgift-
missbrauch stehe im Raum, bestätigte
die Staatsanwaltschaft München I am
Mittwoch. Nach Auskunft der Ermitt-
ler geht es um rund 30 betroffene Per-
sonen. Sie werfen dem Mediziner vor,
durch seine Eingriffe teilweise erheb-
lich geschädigt oder gar entstellt wor-
den zu sein. dpa

Christkindpostfiliale öffnet
In Engelskirchen im Bergischen Land
öffnet zur Advents- und Weihnachts-
zeit wieder die Christkindpostfiliale.
Der erste Arbeitstag für Christkind,
Postengel und weitere Helfer sei der


  1. November, kündigte die Deutsche
    Post am Mittwoch an. Nach der offi-
    ziellen Eröffnung um elf Uhr könnten
    Kinder im LVR-Industriemuseum En-
    gelskirchen ihre Wunschzettel und
    Briefe an Christkind, Nikolaus und
    Weihnachtsmann abgeben oder an
    den Engels-Platz 2 in 51766 Engels-
    kirchen schicken. epd


rso. STUTTGART. Die Klimaerwärmung
wird die Anbaubedingungen für Reis auf
allen Anbauflächen der Welt wesentlich
verschlechtern. Die Reisproduktion könn-
te bis zum Ende des Jahrhunderts um 40
Prozent zurückgehen. Außerdem führen
die höheren Temperaturen dazu, dass die
Reispflanzen das chemische Element Ar-
sen noch stärker aufnehmen als bislang.
Zu diesem Ergebnis sind Forscher der Uni-
versitäten Bayreuth, Tübingen und Stan-
ford gekommen.
Nach Erkenntnissen der Geowissen-
schaftler, Bodenkundler und Umweltwis-
senschaftler werden der erhöhte Kohlen-
dioxidgehalt der Luft, die Wasserknapp-
heit sowie der Temperaturanstieg den
Ernteertrag um 15 Prozent mindern. Bei
der kalifornischen Reissorte M206 führt
allein die Klimaerwärmung zu einem Er-
tragsverlust von 16 Prozent. Haben die
Reispflanzen verstärkt Arsen aufgenom-
men, dann liegt der Ertragsverlust nach
den Berechnungen bei 42 Prozent.
Für die Welternährungssituation hätte
das dramatische Folgen: Kein anderes Ge-
treide versorgt mehr Menschen täglich
besser mit Kalorien, für etwa die Hälfte
der Weltbevölkerung ist Reis das wichtigs-
te Grundnahrungsmittel. „Wir haben un-
seren Studien eine Verdopplung des Koh-
lendioxidgehalts und einen Temperatur-
anstieg um fünf Grad zugrunde gelegt.
Das ist heute ein realistisches Szenario
für die Klimaerwärmung“, sagte Eva Ma-
rie Muehe vom Zentrum für Angewandte
Geowissenschaften an der Universität Tü-
bingen. Arsen müsse, um von Pflanzen
aufgenommen zu werden, nicht an Mine-
ralien gebunden sein. „Es fließt passiv


mit den Nährstoffen in die Pflanzen, das
macht es so bedrohlich“, sagte die For-
scherin dieser Zeitung.
97 Prozent des Reisanbaus findet in
Asien statt. Dort ist die Arsenbelastung
hoch, weil das zur Wässerung verwendete
Grundwasser zumeist arsenhaltig ist und
weil dort früher oft arsenhaltige Pflanzen-
schutzmittel eingesetzt wurden. Auch bio-
logisch produzierter Reis enthält Arsen.
Die geringste Arsen-Belastung weist japa-
nischer Basmati-Reis auf. „Wir konnten
in unseren Versuchen bei einer kaliforni-
schen Reissorte gerade beim anorgani-
schen Arsen einen deutlichen Anstieg der
Belastung feststellen“, sagte Muehe.
In weiteren Untersuchungen wollen
die Wissenschaftler nun klären, ob und
wie der Teufelskreis zwischen Klimawan-
del und Arsenbelastung unterbrochen
werden kann. Es gibt zwar Reissorten, die
Arsen schlechter resorbieren, aber der
Umstieg auf andere Reissorten allein dürf-
te zur Lösung des Problems nicht ausrei-
chen. „Reis wird in gefluteten Feldern an-
gebaut. Möglich ist es wahrscheinlich, die
Anbaumethoden zu verändern und vor
allem in die Reisfelder so viel Sauerstoff
wie möglich zu bringen, damit die Arsen-
Aufnahme begrenzt werden kann“, sagte
die Wissenschaftlerin. Die weiteren Studi-
en könnten eine große Bedeutung haben,
um neue Strategien zur Sicherung der
Ernährungssicherheit zu entwickeln.
Die Arsenbelastung im Reis muss in je-
dem Fall in den nächsten Jahren reduziert
werden, denn Arsen kann bei Menschen,
wenn es dauerhaft mit der Nahrung auf-
genommen wird, zu Hautkrankheiten,
schweren Lungenerkrankungen und so-
gar zu Krebs führen.

„McCain riet mir: ,Passen Sie auf sich auf!‘“

Daniel J. Jones über Lehren aus seinem Bericht zu CIA-Foltermethoden, brenzlige Ermittlungen und den Film „The Report“


Kurze Meldungen


Ein Geschäft darf er nicht führen


Boris Beckers Insolvenzauflagen werden verlängert / Von Philip Plickert, London


Fehler gemacht: Becker im Juli Foto dpa


reb. DÜSSELDORF. Im Missbrauchs-
fall von Bergisch Gladbach machen
Polizei und Staatsanwaltschaft im-
mer weitere mutmaßliche Pädokrimi-
nelle ausfindig. Schritt für Schritt
decken die Beamten einen offenbar
weit verästelten und digital vernetz-
ten Ring von Männern auf, die ihre ei-
genen Kinder oder Stiefkinder miss-
braucht und Aufnahmen der schwe-
ren Straftaten per Mitteilungsdienst
untereinander geteilt haben.
Am Dienstagabend wurde in Kre-
feld ein 38 Jahre alter Mann festge-
nommen, der in seiner Wohnung sein
eigenes Kind schwer sexuell miss-
braucht haben soll. Durch die Aus-
sage des Mannes konnte wenig später
ein weiterer Verdächtiger am Nieder-
rhein identifiziert werden. Damit
gibt es in dem gemeinsam von der Po-
lizei Köln und der „Zentral- und An-
sprechstelle Cybercrime“ (ZAC) bei
der Staatsanwaltschaft Köln geführ-
ten Ermittlungsverfahren schon
sechs Beschuldigte. „Hinzu kommen
weitere Beschuldigte, die wir aber
noch nicht identifizieren konnten“,
sagte der Kölner Polizeipräsident
Uwe Jacob. Bisher konnten die Er-
mittler acht Opfer im Alter zwischen
wenigen Monaten und elf Jahren
identifizieren und in Sicherheit brin-
gen. Sie rechnen aber damit, dass es
noch weitere Opfer gibt.
Die Auswertung der sichergestell-
ten enormen Datenmengen finde im
Schichtdienst statt, um so rasch wie
möglich weiteren Kindern helfen zu
können, sagte Jacob. In einer Beson-
deren Aufbauorganisation namens
„BAO Berg“ seien mittlerweile 130
Polizeibeamte mit dem Fall befasst.
Der Ermittlungsaufwand ist enorm.
Eine der aufgedeckten Pornographie-
Chatgruppen habe 1800 Teilnehmer
gehabt, sagte Jacob. „Das heißt nicht,
dass jeder Teilnehmer ein Straftäter
ist, aber wir müssen alle überprüfen.“
Die Ermittler waren Ende Okto-
ber zunächst einem Mann in Ber-
gisch Gladbach auf die Spur gekom-
men, bei dem umfangreiches Beweis-
material sichergestellt werden konn-
te. Bei weiteren Durchsuchungen
seines Anwesens setzten die Ermitt-
ler auch Datenträgerspürhunde ein.
Inzwischen hat die Polizei allein bei
dem Mann rund sieben Terabyte
Daten sichergestellt. Oberstaats-
anwalt Ulrich Bremer sagte, die Iden-
tifizierung weiterer Täter sei schon
deshalb eine Mammutaufgabe, weil
viele Teilnehmer anonym in den
Chatgruppen aktiv gewesen seien.
Hinzu kommt die schiere Datenmen-
ge. Allein auf dem schon im Oktober
sichergestellten Handy des Mannes
aus Bergisch Gladbach befinden sich
nach Angaben von Jacob mehr als
130 000 Bilder und 1300 Videos.
„Ein Auswerter braucht allein für
dieses Handy 100 Tage.“

Immer weniger Reis


Folgen des Klimawandels für den Reisanbau erforscht


Aufklärer: Daniel J. Jones Foto ddp


Festnahmen


nach


Missbrauch


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DONNERSTAG, 7. NOVEMBER 2019 Deutschland und die Welt FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG
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