Focus - 12.10.2019

(Ron) #1
POLITIK

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dpa (6), Getty Images, Markus C. Hurek/FM, imago images

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E


inmal im Jahr tagen die 34 Ab-
geordneten der CDU-Fraktion
aus Rheinland-Pfalz in Berlin.
Zum Programm gehört tradi-
tionell der Besuch der Bundes-
kanzlerin – auch dieses Mal.
Als die Abgeordneten Mitte
September von Angela Merkel, 65, wissen
wollten, ob sie nach einem SPD-Rückzug
aus der großen Koalition mit einer Min-
derheitsregierung weiterregieren werde,
stellte die Regierungschefin unmissver-
ständlich klar: Nein, das werde sie nicht.
Die Ansage der Kanzlerin befeuert
eine Debatte in der CDU, die für viele
zur Unzeit kommt – aber möglicherweise
schon in wenigen Monaten entschieden
werden muss: Wer soll Kanzlerkandidat
der Union werden, wenn Merkel abtritt?
CDU-Chefin Annegret Kramp-Karren-
bauer, 57, reklamiert bisher für sich anzu-
treten. Doch in der Partei gibt es großen
Unmut über sie und ihre Fehler. „Die Stim-
mung ist schlecht“, sagt ein führender
CDU-Landespolitiker. „Die K-Frage ist bei

Am Wochenende startet in der Union das inoffizielle Rennen


um die Kanzlerkandidatur. Wer hat die besten Chancen?


Die (AK)K-Frage ist auf dem Tisch


Gesprächen auch mit der Parteibasis über-
all präsent. Doch es herrscht Ratlosigkeit,
wer es machen soll.“
Wie unübersichtlich die Lage ist, zeigt
die Tatsache, dass gleich fünf Kandida-
ten gehandelt werden. Neben AKK sind
es ihre früheren Mitbewerber um den
Parteivorsitz, Gesundheitsminister Jens
Spahn und Friedrich Merz. Dazu kommen
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident
Armin Laschet und Bayerns Regierungs-
chef Markus Söder (CSU).
Das inoffizielle Schaulaufen für die
Kanzlerkandidatur beginnt an diesem
Wochenende in Kramp-Karrenbauers
Heimat. Auf dem Deutschlandtag der
Jungen Union (JU) in Saarbrücken wer-
den alle fünf Kandidaten auftreten. Die
längste Redezeit (60 Minuten) wurde
Merz und Söder zugeteilt. Kramp-Karren-
bauer darf 45 Minuten sprechen, Laschet
und Spahn je eine halbe Stunde.
Am Wochenende drauf haben Söder
und Kramp-Karrenbauer auf dem CSU-
Parteitag in München die Chance, sich in

Szene zu setzen. Außer ihnen wird dort
kein anderer Kandidat sprechen. Und gut
einen Monat später auf dem CDU-Partei-
tag in Leipzig (22./23. November) wer-
den erneut nur AKK und Söder in län-
geren Reden für sich und ihre Positionen
werben können. Den anderen Kandida-
ten bleibt die Hoffnung auf Kurzbeiträge.

Parteitage als Stimmungsbarometer
Die Parteitage werden „ein Stimmungs-
barometer sein“, sagt JU-Chef Tilman
Kuban. Sein Verband will auch darüber
abstimmen, ob die K-Frage künftig von
den CDU-Mitgliedern per Urwahl ent-
schieden werden soll. AKK und viele
andere sind dagegen.
Merz, Laschet und Spahn versuchen,
mit vielen Terminen abseits der Partei-
tage zu punkten. Merz tourt als Vize
des CDU-Wirtschaftsrats durchs Land.
Laschet warb jüngst bei der eher Merz
zugeneigten CDU im baden-württem-
bergischen Crailsheim für sich.
Wie groß die Rivalität unter den Kandi-
daten ist, erfuhr vor wenigen Tagen Jens
Spahn. Als er während einer Afrikareise
am 3. Oktober vor Bundeswehrsoldaten
in Mali sprechen wollte, funkte AKK als
Verteidigungsministerin dazwischen und
verlangte, auf den Auftritt zu verzichten. n

J. GARVERT / J. W. SCHÄFER / S. SIEVERT

Wer kommt nach mir?
Kanzlerin Angela
Merkel, 65, mit den
Rivalen Annegret
Kramp-Karrenbauer, 57,
und Armin Laschet, 58
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