„Wir lassen uns nicht mehr
trennen von unseren
jüdischen Brüdern und
Schwestern.“
Reinhard Marx, Vorsitzender der katholischen
Deutschen Bischofskonferenz, reagiert auf den
Terroranschlag von Halle.
„Wir können niemals eine
Waffenruhe erklären.“
Recep Tayyip Erdogan, türkischer
Staatschef, lehnt Forderungen der
USA nach einer sofortigen Waffenruhe
nach dem Einmarsch seiner Truppen in den
Norden Syriens kategorisch ab.
Stimmen weltweit
Die spanische Zeitung „El País“ beschäftigt sich
mit der vergangenen Wahl in Polen und dem
Sieg der Regierungspartei PiS.
D
er Sieg der ultrakonservativen Partei
Recht und Gerechtigkeit (PiS) bei der Par-
lamentswahl am Sonntag in Polen ver-
pflichtet die Europäische Union, besonders
wachsam zu sein. Sie muss auf ihrer Politik beste-
hen und verhindern, dass die Regierung in War-
schau neue Initiativen ergreift, die gegen die Re-
geln verstoßen, die von allen Mitgliedstaaten be-
folgt werden müssen und die nicht nur den de-
mokratischen Charakter all dieser Staaten, son-
dern das gesamte europäische Projekt schützen.
Brüssel darf gegenüber Warschau bei der Ver-
teidigung der Werte, die von allen Mitgliedstaa-
ten gefordert werden, nicht nachgeben, darunter
Gewaltenteilung, Nichtdiskriminierung der Bür-
ger und freie Meinungsäußerung. (...) Polen ver-
liert als verlässlicher Partner der EU an Gewicht,
und die Verantwortung dafür liegt allein bei der
Regierung, die wissen muss, dass ihr europa-
feindlicher Diskurs Konsequenzen hat.
Die belgische Zeitung „De Tijd“ kommentiert die
Verhängung von Sanktionen gegen die Türkei
durch US-Präsident Donald Trump.
T
rumps Beschluss hat mehr mit Innenpoli-
tik zu tun als mit der Situation vor Ort.
Der Präsident wird scharf dafür kritisiert,
dass er die Kurden im Norden Syriens fallen ge-
lassen hat. Und Gespräche zwischen Republika-
nern und Demokraten über viel härtere Wirt-
schaftssanktionen zwingen ihn, die Initiative zu
behalten. (...) Dass die erste Salve von Maßnah-
men gegen die Türkei noch sehr vorsichtig war,
passt zu einer Tradition. Erwartet wird, dass
Trump vor einer Verschärfung der Sanktionen
vor allem auf seine eigene politische Position so-
wie darauf achten wird, was ihm das bei der Prä-
sidentenwahl 2020 bringen kann. (...)
Man kann mit mehr Sanktionen rechnen. Nicht
weil der Krieg vor Ort die eine oder andere dra-
matische Wendung nimmt, sondern dann, wenn
der Präsident weiter in die Enge getrieben wird.
dpa, imago images/epd, imago images/Xinhua
Die konservative polnische Zeitung
„Rzeczpospolita“ kommentiert die Folgen des
Abzug von US-Soldaten aus dem Norden
Syriens.
D
ie USA werden einen unvergleichlich ho-
hen Preis dafür zahlen müssen, dass sie
die Kurden der Türkei als Beute überlas-
sen haben. Die ersten Raten werden im Nahen
Osten fällig, aber das ist erst der Anfang. In der
Erinnerung aller US-Verbündeten wird sich die
geschäftsmäßige Einstellung Trumps zu ihrem
Schicksal eingraben. Ihr Los kann jederzeit
durch ein Telefonat besiegelt sein, sogar wenn
ihre Vorfahren tatsächlich in der Normandie ge-
kämpft haben. Und die Welt ist nicht mehr durch
den Eisernen Vorhang geteilt. Der größte Rivale
der USA in Sachen globaler Führung schüchtert
seine Partner nicht mehr mit Pistolenläufen ein,
sondern umwirbt sie mit Versprechungen.
In diesem Spiel könnten sich Gefühle und Loya-
lität als eine sehr viel stärkere Währung erweisen,
als dies noch vor einigen Jahren der Fall war. Und
ein Verrat wie der an den Kurden, ist nicht nur
ein Verbrechen, sondern auch ein Fehler.
B
rennende Barrikaden, verletzte Polizisten: Die
gewalttätigen Ausschreitungen treffen Spanien
mitten im Vorwahlkampf. Der geschäftsführen-
de Premier Pedro Sánchez liegt mit seiner sozialisti-
schen Partei in den Umfragen für die Neuwahlen am 10.
November zwar klar vorne. Doch die neuen Turbulen-
zen in Katalonien sind für ihn eine heikle Bewährungs-
probe als Regierungschef.
Die Menschen in Katalonien protestieren gegen lange
Haftstrafen, die das oberste spanische Gericht am Mon-
tag gegen führende Unabhängigkeitsbefürworter ver-
hängt hat. Die bisherige Bilanz der zuvor stets friedli-
chen Proteste der Separatisten: 84 verletzte Polizisten,
157 brennende Straßenbarrikaden allein in Barcelona
und 51 Festnahmen.
Die Spanier werden nun genau darauf achten, wie
Sánchez reagiert. Greift er nicht entschlossen durch,
wird ihn das Stimmen kosten. Denn die meisten Spa-
nier haben keinerlei Verständnis für die Absetzbewe-
gungen in der Region, die zu den reichsten des Landes
gehört. Die Opposition fordert bereits, dass Sánchez die
nötigen Vorbereitungen trifft, um die Region unter
Zwangsverwaltung zu stellen. Sánchez’ Vorgänger Ma-
riano Rajoy hatte das vor zwei Jahren getan, nachdem
die damalige separatistische Regierung ein illegales Un-
abhängigkeitsreferendum organisiert und anschließend
die katalanische Republik ausgerufen hatte. Rajoy wur-
de hart dafür kritisiert, damit gewartet zu haben, bis
die Lage eskaliert war.
Nun muss Sánchez das richtige politische Gespür be-
weisen. Schaut er noch lange zu, wie der katalanische
Regierungschef die Separatisten zu zivilem Ungehorsam
auffordert, sich selbst unter die Demonstranten mischt
und darauf verzichtet, die Gewalt explizit zu verurtei-
len, wird er viele Wähler verlieren. Als er im vergange-
nen Jahr das Misstrauensvotum gegen Rajoy gewann,
trat der Sozialist Sánchez mit dem Versprechen an, die
Lage in Katalonien mit einem ehrlichen Dialog zu lösen.
Das ist ihm bisher nicht gelungen. Er will eine Alternati-
ve zur kompromisslosen Gangart bieten, den die rechte
Opposition fordert. Eine riskante Strategie.
Die Schuld an der Eskalation tragen indes nicht die
Politiker in Madrid und nicht die Richter, sondern die
politisch Verantwortlichen in Katalonien. Sie haben der
Bevölkerung vor zwei Jahren die Illusion verkauft, die
Unabhängigkeit der Region sei zum Greifen nah. Dass
der Wille der Straße mehr wiegt als die spanische Ver-
fassung, die eine Abspaltung verbietet, und dass die in-
ternationale Gemeinschaft sich auf ihre Seite schlagen
würde. Nichts von dem ist eingetreten. Das Arsenal an
Versprechungen ist erschöpft. Das führt zu einer hohen
Frustration, die einige zu Gewaltausbrüchen verleitet.
Spanien
Chaos zum Wahlkampf
Für Premierminister Pedro
Sánchez sind die Ausschreitungen
in Katalonien eine zentrale
Bewährungsprobe vor den
Neuwahlen, sagt Sandra Louven.
Die Autorin ist Korrespondentin in Madrid.
Sie erreichen sie unter:
[email protected]
Wirtschaft & Politik
DONNERSTAG, 17. OKTOBER 2019, NR. 200
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