Dienstag, 15. Oktober 2019 ZÜRICH UND REGION 17
Winterthur stimmt an diesem Wochenende darüber ab,
ob Schwimmer mehr Platz erhalten sollen SEITE 18
Wer gewählt werden will, muss auch im Netz präsent sein
- nur wenige überzeug en mit ihrem Onli ne-AuftrittSEITE 19
Mehr Cafés statt ein Alkoholverbot
Umder Gewalt zu begegnen, fordern Bar- und Klubbetreiber zusätzliche Angebote ander Seepromenade
AmWochenende ist es an
der Zürcher Seepromenade
wieder zu einer schweren
Gewalttat gekommen.
DiePolitik undVertreter des
Nachtlebens bringen nun neue
Ideen ein, wie dieLage
verbessert werdenkönnte.
ANDRÉ MÜLLER /FABIANBAUMGARTNER
Kurz vor Mitternacht schlägt am Zür-
cher Seebecken die Stunde der Chaoten.
Auffallend häufig kippt an denWochen-
enden zwischen 23 Uhr und1Uhr die
Stimmung an derPartymeile fürTeen-
ager. Dannkommt esregelmässig zu
Pöbeleien und Schlägereien. Container
brennen, Flaschen und Steine fliegen
gegen die Einsatzkräfte derPolizei.
Auch am vergangenenWochenende:
In der Nacht auf Samstag stach ein
16-Jähriger auf einen 21-jährigen Mann
und eine18-jährigeFrau ein. Die bei-
den Opfer mussten mit schwerenVer-
letzungen ins Spital gebracht werden.
Den mutmasslichen Täterkonnten die
Einsatzkräfte der Polizei am Sams-
tag an seinemWohnort verhaften, eine
möglicheTatwaffe fanden die Ermittler
unweit desTatorts. Für den16-Jährigen
hat dieJugendanwaltschaft inzwischen
Untersuchungshaft angeordnet, wie die
Kantonspolizei mitteilt. Es gilt die Un-
schuldsvermutung.
DiePolizei hatte am Samstag bereits
einen anderen jungen Mann unterTat-
verdacht verhaftet.Weil sich dieserVer-
dacht nach weiteren Ermittlungen nicht
bestätigte,hat diePolizei den 21-Jähri-
gen wieder aus der Haft entlassen.
Mehr Polizeipräsenz
Die Stadtpolizei Zürich hat bereits An-
fangJahr auf die Probleme am Utoquai
reagiert. Sie zeigt mehr Präsenz, zu-
dem wurden die Büsche stärker zurück-
geschnitten, dunkle Orte besser ausge-
leuchtet. DieLage hat sich laut Stadt-
polizei in den letzten Monaten stark be-
ruhigt. Sie wird daher dieVideokameras
vor Ort, die diesenFrühling montiert
und bereits imAugust wieder abgestellt
wurden, nicht wieder in Betrieb neh-
men, wie sie auf Anfrage mitteilt. Beim
Vorfall vomWochenende habe es sich
um ein isoliertes Delikt gehandelt, das
mit dem Gewaltphänomen am Utoquai
nicht inVerbindung stehe.
Dennoch machen weitereIdeen die
Runde, wie die Sicherheitslage am See
verbessert werdenkönnte. Der Stadt-
polizei-Kommandant Daniel Blumer
stellte letzteWoche in der Sendung
«Basler Zeitung Standpunkte» Alko-
holverbots-Zonen zur Diskussion. Er
verwies dabei auf positive Erfahrun-
gen, die man mit dieser Massnahme im
Ausland gemacht habe.
Blumers Impuls stösst in derPolitik
laut «NZZ am Sonntag» von links bis
rechts aber auf Ablehnung.Auf Nach-
frage teilt derKommandant mit, dass
seineAussage lediglich ein Diskussions-
beitrag gewesen sei und er nicht die
Einführung solcher Zonen gefordert
habe. Es handle sich um eine politische
Diskussion, die unter anderem von der
Meinung seinerVorgesetzten abhänge.
«Wie ich heute weiss, lehnt meine poli-
tischeVorgesetzte KarinRykart solche
Zonen ab, womit dasThema für mich
vomTisch ist.»
Auch derVerein «Pro Nachtleben
Zürich», zu welchem sich die Jung-
parteien zusammengeschlossen haben,
hält nichts von einemVerbot. Es würde
das Problem nur verschieben, schreibt
der Verein in einer Stellungnahme.
Man müsse stattdessen bereits getrof-
fene Massnahmen verstärken: noch
mehrPolizeipräsenz, nochbessereBe-
leuchtung.Vor allemaberkönne die
Zürcher SIP(Sicherheit, Intervention,
Prävention) eine «entscheidendeRolle
spielen», um zu verstehen, was hinter
der Zunahme der Gewalt stecke.Die
SIP ist eine Mischung aus aufsuchen-
der Sozialarbeit und Ordnungsdienst,
die mit ihrer Präsenz Probleme an
sozialen Brennpunkten zu entschärfen
versucht, bevor sie einenPolizeieinsatz
nach sich ziehen.
Nun bringt die «Bar & ClubKom-
mission» einen neuenVorschlag ein:
mehrTerrassencafés entlang des See-
beckens.Alexander Bücheli, Spre-
cher der Nachtleben-Vereinigung,sagt
dazu: «Bediente Flächen sorgen für bes-
sere sozialeKontrolle.» Zudem würden
diese Seebars auch am Abend für eine
bessereDurchmischung bei den Men-
schen, die sich entlang des Sees aufhal-
ten, sorgen.Alkoholfreie Zonen hält Bü-
cheli dagegen fürkeine Lösung. Diese
würden dasProblem nur anderswohin
verlagern. Alkohol trinken solle auf
der Strasse weiterhin erlaubt sein, fin-
det er. «Es wäre eineKollektivstrafe für
dieTausende jungen Menschen, die sich
normalverhalten.DerSee soll weiterhin
einTr effpunkt für sie sein.»
Pilotprojekt mitgleichemZiel
DerVorschlag orientiert sich am Pilot-
versuch für «mediterrane Nächte» in
Zürich.Das Stadtparlament entschied
im April nämlich, dassRestaurants und
Bars auf dem ganzen Stadtgebiet zwei
Stunden länger offen haben dürfen. In
ruhigen Quartierenkönnesich der Be-
triebsschluss zum Beispiel von 21 auf 23
Uhr verschieben, an der lautenLang-
strasse von 24 auf 2 Uhr. Jedoch gibt es
zahlreiche Einschränkungen: Die neue
Regelung gilt bloss an denWochen-
enden, nur in den SommermonatenJuni
bisAugust, und das Ganze ist als befris-
teter Pilotversuch deklariert.Von dem
Projekt erhofft man sich ebenfalls weni-
gerLärm. Die Hoffnung lautet: Men-
schen, die draussen in einemRestaurant
sitzen, verhalten sich leiser, als wennsie
sich mit einer Bierdose irgendwo auf der
Strasse herumtreiben.
Entlang des Seebeckens gibt es be-
reits gastronomische Angebote. Etwa
die «Pumpstation», die zurRestaurant-
Gruppe von MichelPéclard gehört. Flo-
rianWeber, der Geschäftspartner von
Péclard, ist deshalb skeptisch, ob noch
mehr Cafés undBars helfen würden.
«Auch die ‹Pumpstation› interessiert die
Jugendlichen nicht, und andere Gäste
kommen wegen der Situation gar nicht
mehr.» Er bezweifle deshalb, dass mehr
Gastronomie die Gäste zurückbringe,
weil dieJugendlichen blieben.
Alkoholverbots-Zonen hältWeber
zwar für einen interessanten Diskus-
sionspunkt. «Doch es würden viele pau-
schal bestraft, die bloss auf einerWiese
am See ein Bier trinken möchten.»Ver-
bote müssten zudem durchgesetzt wer-
den, was wohl eine andere Gesetzes-
grundlage für diePolizei erfordere.
Situation hatsich beruhigt
So seien ja bereits jetzt Gewalt und Dro-
gen verboten, «das hält dieJungen aber
nicht davon ab, sich Substanzenrein-
zufräsen». Gerade an diesemWochen-
ende habesicheinJugendlicher auf der
Parkbank gleich vor der «Pumpstation»
eine LinieKokain genehmigt. Mit den
fehlenden Kameras habe das nichts zu
tun, sagtWeber: «Auch dieVideoüber-
wachung interessiert dieJungen nicht.»
Insgesamt habe sich dieSituation
am Utoquai in denletztenMonaten
definitiv etwas beruhigt, sagtWeber.
Das kühlereWetter habe eineRolle
dabei gespielt,aber auch, dass die
«Pumpstation» zwei der Unruhestif-
ter bis September temporär einge-
stellt habe. Doch derVorfall vom
Wochenende zeige,dass das Problem
im Grundsatz weiterbestehe.
ZusätzlicheTerrassencafés entlang des SeebeckenskönntenamAbend für eine bessere sozialeKontrolle sorgen. C. RUCKSTUHL /NZZ
Autodieb
verletzt
Polizistin schwer
Ein 20-Jähriger liefert sich mit
der Polizei eineVerfolgungsjagd
ANDRÉ MÜLLER
InWinterthur Seen ist am Montagmittag
einePolizistin bei einerPolizeisperre von
einem flüchtigen Autodieb angefahren
und dabei erheblich verletzt worden. Der
Täter, ein 20-jähriger Schweizer, habe
sich in derFolge eineVerfolgungsjagd
mit derPolizei geliefert.Laut Mitteilung
der Kantonspolizeikonnte der Mann
später in Hofstetten bei Elgg vonPoli-
zisten gestoppt und festgenommenwer-
den.Am frühen Morgen sei nach einem
Einbruch in einerAutogarage in Nef-
tenbach ein schwarzer BMW als gestoh-
len gemeldet worden.Die Kantonspoli-
zei leitete eineFahndungnach demFahr-
zeug ein und wurde inWinterthur fündig.
Si e richtete daraufhin im Quartier Seen
bei derTösstalstrasse 306, auf Höhe der
Tamoil-Tankstelle, eine Sperre ein.
Flucht in gestohlenemWagen
Der junge SchweizerAutodieb sollbei
der Sperre zunächst angehalten, dann
aber erneut beschleunigt haben. Beim
Versuch, an derPolizeikontrolle vorbei-
zukommen, hat der Mann eine 39-jäh-
rigePolizistin angefahren. Anschlies-
send ist er in seinem gestohlenenWagen
geflohen. Eine zweitePolizistinkonnte
sich gerade noch mit einem Sprung in
Sicherheit bringen und gab einen Schuss
auf dasFahrzeug ab, den mehrerePer-
sonen vor Ort hörten. MehrerePolizei-
patrouillen nahmen dieVerfolgung auf
und schafften es, den flüchtigen Täter
mit seinem gestohlenen BMW in Hof-
stetten von der Strasse zu drängen.Da-
bei wurden mehrere Einsatzfahrzeuge
beschädigt.Kurz darauf konnte der
20-Jährige verhaftet werden. Die ver-
letztePolizistin wurde am Ort desVor-
falls notversorgt und per Ambulanz ins
Spital gefahren.
Grosseinsatz der Polizei
Mehrere Stunden lang war der Öffent-
lichkeit nicht bekannt, was sich am Mit-
tag inWinterthur Seen wirklich abge-
spielt hatte. Augenzeugen hatten in meh-
reren Online-Medien kurz nach dem
Vorfall zunächst nur von einem Schuss
berichtet, den sie gehört hatten, undvon
einem Grosseinsatz der Blaulichtorga-
nisationen. Eine verletztePerson habe
auf der Strassegelegen und sei später
von einem Ambulanzfahrzeug abtrans-
portiert worden, hiess es weiter.
DieTösstalstrasse,die dasWinterthu-
rer Zentrum mit dem südlichenAussen-
quartier Seen undmitweiteren Gemein-
den imTösstal verbindet, war für den
Verkehr für längereZeit gesperrt. Der
ZVV meldete deshalb am frühen Nach-
mittag, dass dieWinterthurer Stadtbus-
linie 9 zwischenWinterthur, Seen und
Eidberg wegen einesPolizeieinsatzes
in derTösstalstrasse unterbrochen sei.
Die Kantonspolizei sucht Zeugen, wel-
che dieFahrt des schwarzen BMW ge-
sehen und darüber weitereAuskünfte
gebenkönnen.
In den Ständerat
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neu
Liste 2
DanielaSchneeberger BL
neu
Liste 1
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