Süddeutsche Zeitung - 15.10.2019

(Chris Devlin) #1
von jonas beck enkamp

Tallinn– Auf diese Idee hätten sie beim
DFB auch früher kommen können: Der
Pressesprecher als Manndecker – das hät-
te viele Abwehrprobleme gelöst. Es wäre
dann gar nicht nötig gewesen, den Mittel-
feldspieler Emre Can als Verteidiger zu be-
setzen,eshätteeinzigundalleinJensGritt-
ner gereicht, der DFB-Zuständige fürs Me-
diale,derinderTallinnerArenaimGedrän-
gel vor dem Teambus nicht von Ilkay Gün-
dogans Seite wich. Grittner war nah am
Mann und passte auf, dass Gündogan
nicht frei vor den Mikrofonen stand.
Der Medienmann schleuste den soge-
nannten Mann des Abends durch ein Spa-
lier aus Fragen, Kameras und kreischen-
deneinheimischenFans.UndamEnde blie-
ben von Ilkay Gündogan tatsächlich keine
problematischen Sätze hängen, nur solide
Erklärungen für das, was sich außerhalb
des Platzes abgespielt hatte. Im Internet,
drübenbeiInstagram.DieserAbendin Tal-
linn,andessenEndediedeutscheNational-
elf ein mühsames 3:0 ergattert hatte, hatte
in Gündogan und Can zwei Protagonisten
hervorgebracht, deren Außendarstellung
den Verband ins Schwitzen brachte.
Sichtbar wurde das an Grittners ernster
Miene,diesicherstentspannte,alserGün-
dogan in den Bus gelotst hatte. Hängenge-
blieben war unter anderem der erste Satz,
denGündogansprach:„Krass,washeutzu-
tage fürGeschichten geschriebenwerden“,
sagte der zweifache Torschütze, der zuvor
sein wohl bestes Länderspiel abgeliefert
hatte. Wobei man sagen muss, dass er sel-
ber schon auch mitgeschrieben hat an der
„Geschichte“ – mit seinem sogenannten
Like für den Militärjubel türkischer Natio-
nalspieler bei deren Partiegegen Albanien.
SchonvordemSpielhatte sichdieNach-
richt verbreitet, dass Gündogan und Can
zueinem FotodestürkischenNationalspie-

lers Cenk Tosun den digitalen Daumen ge-
hoben hatten. Darauf zu sehen: Die Natio-
nalspieler der Türkei, die erst auf dem
Spielfeld und später in der Kabine per
Salut-Geste ihre Truppen grüßten, die ge-
rade Krieg gegen Kurden in Nordsyrien
führen. Die Uefa leitete ein Verfahren ein.
Ihre Likes haben die beiden DFB-Spieler
bald annulliert, die Aufregung blieb aber
bestehen – auch wegen der Vorgeschichte
vom Mai 2018, als Gündogan und Mesut
Özil auf einem inzwischen fast ikonischen
FotomitdemtürkischenPräsidentenErdo-
ğan abgebildet worden waren.
Tagesaktuell stellte sich in Tallinn die
Frage: Dürfen deutsche Nationalspieler ei-
nem alten Freund – beide kennen den in
Wetzlar geborenen Tosun aus diversen
deutschenJunioren-Teams–beimSalutie-
ren für türkische Militärs applaudieren?
Der DFB steckte erneut in einer Debatte
umZugehörigkeitund politischesBewusst-

seinseinerAkteure.SogabensichdieBetei-
ligten erst mal Mühe, die Sache kleinzure-
den. Der DFB-Direktor Oliver Bierhoff
fand, „dass es schon schwer ist für die Jun-
gen, es war ein Like, der einem ehemaligen
Kollegen galt“, und vielen anderen Spie-
lern habe das Posting schließlich auch ge-
fallen. Dennoch sagte Bierhoff auch etwas
nebulös:„NatürlichmachtmansichGedan-
ken.“ Gündogan und Can hatten sich sol-
che Gedanken offenbar weniger gemacht,
sie drückten halt mal aufs Knöpfchen.
„EshatteabsolutkeinepolitischeBedeu-
tung, ich wollte nur meinen Freund zu sei-
nemTorbeglückwünschen“,erklärteGün-
dogan, in dessen Blick tatsächlich so etwas
wie aufrichtiges Unverständnis zu erken-
nenwar.ImRahmenakuterKrisen-PRwa-
ren beide Spieler direkt nach dem Spiel vor
diePressegetreten,Canwirktedabeiweni-
ger entspannt. Zwar sagte er, sein Like sei
rein sportlich gemeint gewesen, erhob

abergleichzeitigeinenVorwurf:„DieMedi-
en interpretieren immer alles.“ Auf Nach-
fragen zog er irritiert die Augenbrauen zu-
sammen und verschwand.
Kurioserweise waren Gündogan und
Can auch sportlich prägend gewesen bei
diesem Ausflug an die Ostsee. Can hatte
wie gegen Argentinien als Aushilfs-Vertei-
diger angefangen, „gut angefangen“, wie
er sich selbst lobte. Doch als er verzweifelt
einemschlampigenQuerpassvonSülehin-
terhergrätschte und dabei den Esten Lii-
vak niederstreckte, wertete der Schieds-
richter das als Notbremse und schickte
Can mit einer roten Karte vom Platz(14.).
Dass LöwszerrupfteElfsicherholte und
in der zweiten Hälfte zu zehnt dominierte,
lag vor allem an Gündogan. Der Mann, den
Pep Guardiola bei Manchester City schätzt
und fördert, kam endlich auch beim DFB
zur Geltung. „Er war Taktgeber und heute
Gold wert“, lobte Manuel Neuer; Gündo-
gan habe „das richtige Balltempo“ gehabt.
Tatsächlich kann kaum ein Deutscher au-
ßer dem diesmal verletzten Toni Kroos Ba-
lance und Rhythmus so dosieren wie Gün-
dogan. In Tallinn wirkte sein strategisches
GespürberuhigendfürdiehektischenKol-
legen, seine Tore (51., 57.) und seine Vorla-
gefür TimoWerners3:0(71.)kamen hinzu.
FürGündoganwaresalsoeinzwiespälti-
ger Abend. Gerade erst hatte er sich ge-
traut zu sagen, dass er sich unterschätzt
fühlt in Deutschland, dass er in der Natio-
nalelf gerne häufiger von Beginn an spie-
len wolle. Dann gelang es ihm, die Ansprü-
che mit einer exzellenten Leistung zu flan-
kieren – perfektes Timing im Grunde.
DochdannlenkterdieDebatteaufgrundei-
nes falschen Knopfdrucks im Internet in
eine für ihn ungünstige Richtung.
„Ilkay hat das beste Statement auf dem
Platz gegeben, man darf die Spieler nicht
an den Pranger stellen“, sagte der Bundes-
trainer Jogi Löw später, gerade so, als habe

jemand Gündogans Qualitäten als Fußbal-
ler bezweifelt. Aber um diese Qualitäten
ging es an diesem Abend eben nicht nur.
Dann kam der Montagmorgen, der Tag
danach – und siehe da: Der DFB machte
diesmal in Sachen Krisen-PR vieles rich-
tig,waserimSommer2018rundumdieEr-
doğan-Foto-Affäre falsch gemacht hatte.
In den Sozialen Netzwerken – dort, wo sich
die Debatten immer besonders schnell
hochschaukeln – teilte das DFB-Team ein
gemeinsamesFoto aller in Tallinnversam-
melten Spieler mit Trainern und Betreu-
ern, in der Bildmitte legt Kapitän Manuel
NeuerdieArmeumdieSchulternvonGün-
dogan und Can. Die dazugehörige Bot-
schaft ließ keinen Raum für weitere Zwei-
fel: „Gemeinsam für Offenheit, Vielfalt
undToleranz.Gegenjede Form vonGewalt
und Diskriminierung. #Die Mannschaft.“
Wie es zu dem Bild kam, ließ sich Bier-
hof kurz darauf auf der Verbandshome-
page fragen: „Das kam spontan. Das ge-
samte Team wollte ein Zeichen setzen. Zu-
erst einmal, wofür wir stehen. Wir wollen
keinen Raum für Interpretationen zulas-
sen. (...) Und wir wollten klar zum Aus-
druck bringen, dass dieses Statement für
uns alle gilt, für jeden Einzelnen. Inklusive
Emre und Ilkay, die der Mannschaft ange-
hören.BeidesaßennachdemSpieltotalge-
knickt in der Kabine“ – trotz des 3:0.
Beide wüssten „dass es ein Fehler war“,
versicherte Bierhoff, „daher hatten sie
noch vor dem Spiel ihre Likes zurückge-
nommenundsichöffentlicherklärt“.Natio-
nalspieler müssten sich „der Wirkung be-
wusstsein,diejedeihrerAussagenundAk-
tionen,vorallemauchinSozialenNetzwer-
ken, nach sich ziehen können“. Man werde
weiter „daran arbeiten, die Sinne unserer
SpielergeradefürdenUmgangindensozi-
alenNetzwerkenzuschärfen“.BisMontag-
nachmittag hatte das Foto bei Instagram
schon mehr als 50000 Likes.

Tallinn– So ein Spiel gegen elf Fußballer


ausEstland kann große Überraschungen


bereithalten. Zum Beispiel jene, die sich in


der Halbzeit in Tallinn zutrug. Da spielte


im Stadion eine estnische Sambatruppe


(ja, eine estnische!) in der Fankurve des


Gastgebers auf. Es trommelte und wum-


merte, der Rhythmus passte zum beherz-


ten Spiel der Esten, die den großen Gast


aus Deutschland so sehr geärgert hatten,


wie es keiner für möglich gehalten hatte.


0:0 stand es zur Pause, die Männer vom

Deutschen Fußball-Bund (DFB) waren nur


noch zu zehnt, und Torwart Manuel Neuer


hatte ein paarmal all sein Können zeigen


müssen, um Schüsse der Esten abzuweh-


ren. Und vielleicht war es für den Bundes-


trainer ganz gut, dass die Samba-Balten so


munter trommelten, andernfalls hätte


man die „Löw-raus“-Rufe aus dem deut-


schen Zuschauerlager deutlicher gehört.


Löw selbst hatte sie nicht vernommen, wie


er erklärte, er sagte dazu aber demonstra-


tiv gleichgültig: „Das ist ihr gutes Recht.“


Wenn ein Bundestrainer in Estland

Schmährufe erhält – und seien es noch so


wenige – ist das allerdings schon als Zei-


chen zu deuten: als Zeichen akuter Unzu-


friedenheit. Hatte es das überhaupt schon


einmal gegeben in der Amtszeit von Jogi


Löw? Jedenfalls wusste auch Löw, dass der


VortragseinerMannschafttrotzderSteige-


rung nach der Pause gegen eine erschlaf-


fende estnische Elf wieder nicht das er-


bracht hatte, was er sich erhofft hatte.
Noch immer weiß beim DFB und in der so-
genannten Öffentlichkeit keiner, was die-
ses überaus begabte Nationalteam eigent-
lichsowillundmitwemundwohindieRei-
se überhaupt gehen soll.
Zwar kannmanfürdieses3:0undvoral-
lem das deutsche Verzagen bis zur 45. Mi-
nute durchaus mildernde Umstände gel-
tend machen – wegen der akuten Verlet-

zungsprobleme, wegen der frühen roten
KartegegenEmreCanundwegenderallge-
meinen Umbruchsstimmung. Aber es war
schonzuspüren,dassdieBeteiligtengerne
mal wieder ein ganzes Spiel lang ihrer Be-
stimmungfolgen unddominieren würden,
zumalgegenden102.derFifa-Weltranglis-
te. „Es haben hier viele von unserem
Stammpersonal abgesagt, so etwas ist na-
türlich nicht schön“, sagte Marco Reus und

sprachanschließendjenenSatz, derdie La-
ge des deutschen Teams am treffendsten
zusammenfasste:„Wirmüssenuns derzeit
alles erarbeiten.“
Leicht geht der deutschen Mannschaft
derzeit nichts von der Hand – und auch
nicht aus den Beinen. Halbzeit eins in Tal-
linn könnten Fachtrainer für ein Videostu-
dium auf Lehrgängen anbieten – wenn
man zum Beispiel zeigen möchte, wie man
sich in der Offensive gegenseitig auf den
Füßen steht. Da suchten sich Marco Reus,
Kai Havertz, Luca Waldschmidt und Julian
Brandt stets die falschen Wege aus, um
durchs estnische Dickicht zu stoßen. „Wir
hatten nicht so die Ideen, es ging zu viel
durchs Zentrum“, fand der Dortmunder
Brandt, der selbst ein wenig zu viel herum
rochierte und so das deutsche Positions-
spiel hemmte.

Der Platzverweis in der 14.Minute führ-
tezudemzueinigentaktischenExperimen-
ten, die es so wohl nie wieder geben wird
beim DFB: Niklas Süle schmiss den Laden
hinten mitunter ganz allein, manchmal
wurde er vom neuen Innenverteidiger Jo-
shua Kimmich unterstützt, während der
Stürmer Reus – absolut nicht artgerecht –
zur Absicherung ins defensive Mittelfeld
umzog. „Wir haben in der Pause gesagt,

dasswir Ruhebewahrenundweiterspielen
müssen“, sagte Löw, der seinen Ärger aber
nurschwerverbergenkonnte.Mehrmalsti-
gertederBundestrainerseineCoachingZo-
ne entlang und schrie empört durch die
kleine Arena im Tallinner Süden.
Seine Mannschaft sucht noch an vielen
Stellen ihre Ausrichtung, es geht dabei
nicht mal nur ums sogenannte Feintuning,
sondern eher um Grundsätzliches. Im Test
gegen Argentinien (2:2) hatte die Methode
Überfall zumindest eine Hälfte lang ge-
klappt, gegen Estland scheiterte Deutsch-
land45 MinutenmitderDeviseDurchkom-
binieren – so schwankt Löws Lerngruppe
zwischen den Extremen. Sie wirkt, als seh-
ne sie sich nach mehr Klarheit, nach mehr
Struktur, nach etwas, das viele Beteiligte
spätermit„bessererRaumaufteilung“um-
schrieben. Was im Umkehrschluss natür-
lich hieß, dass all dies im Augenblick nur
marginal vorhanden ist.
Dieses deutsche Nationalteam ist im
Herbst 2019 ein Ausbildungsbetrieb– aber
bald ist eben auch schon EM, und da lässt
sichschwermiteinemTeamaufIdentitäts-
sucheantreten „IndieserKonstellationha-
ben wir noch nie zusammen gespielt“, lau-
tete Manuel Neuers Erklärung für die zeit-
weiligeKonfusion.AmEndebleibtdeshalb
wohl diese Erkenntnis hängen: So einge-
spielt wie die estnischen Sambatypen in
der Kurve ist die DFB-Elf derzeit noch lan-
ge nicht. jonas beck enkamp

von martin schneid er

V


ermutlich war es wirklich Gedan-
kenlosigkeit. Wer Emre Can und
IlkayGündogannachdemSpielge-

gen Estland so zuhörte, der konnte ihnen


schonglauben,dassessichsozugetragen


hatte, wie sie es darstellten. Ihr Kumpel,


Cenk Tosun, schießt ein entscheidendes


Tor für die Türkei, sie sehen seinen Post


beim Durchwischen auf Instagram, zwei


Mal mit dem Daumen drauftippen, Herz


verteilen, nix weiter dabei!


Nur hat Cenk Tosun auf dem Foto halt

nicht nur gejubelt, sondern er hat mit an-


deren Mitspielern salutiert. Sie grüßten


damit explizit das türkische Militär, das


gerade in Nordsyrien Krieg führt. Men-


schen sterben dort. Auch dieser Bot-


schaft haben Gündogan und Can also ein


Herz gegeben – das war im Grunde nicht


soschwerzuerkennen.AuchbeimDurch-


wischen, auch auf den ersten Blick.


Beide DFB-Nationalspieler haben den

Like später zurückgenommen und ver-


sucht, die Sache wieder einzufangen, so


schnelles nurging.EmreCan sagte,er sei


Pazifist und gegen jede Art von Krieg. Il-


kay Gündogan meinte, das Letzte, was er


wollte nach seinen Erfahrungen des ver-


gangenenJahres,seieinpolitischesState-


ment.Im vergangenenJahr,daszurErin-


nerung, ließ sich Gündogan mit dem


türkischenPräsidentenErdoganfotogra-


fieren, zu einem Zeitpunkt, als der schon


lange dabei war, essenzielle demokrati-


sche Rechte in der Türkei einzureißen.


Gündogan war Nebendarsteller in der


Fotoaffäre um seinen früheren National-


mannschaftskollegen Mesut Özil.


Ein Like auf Instagram ist kein Foto

mit Erdogan. Aber der aktuelle Vorgang


zeigt, wenn man so will, zwei Dinge. Ers-


tens sollten sich Gündogan und Can be-


wusst sein, dass sie bei 2,6 Millionen Fol-


lowern(Gündogan)undsogar2,7(Can)ih-


ren Account ein bisschen achtsamer be-


dienen sollten als ein Teenager. Zweitens


zeigtdieAufregungdarumerneut,wieex-


trem sensibel das Thema Erdogan und


Deutschlandweiterhinist.65Prozentder


stimmberechtigten Türken, die 2018 in


Deutschland zur Wahl gegangen sind,


stimmtenfürErdogansParteiAKP.Einer-


seits ist das ihr gutes Recht, andererseits


stimmten sie in einem Land mit freiheit-


lich-demokratischer Grundordnung für


jemanden,derdiefreiheitlich-demokrati-


sche Grundordnung in seinem Land ab-


schafft, ohne mit direkten Konsequen-


zen leben zu müssen. Wenn sich diese


ProblematikineinerSymbolfigur,alsoei-


nem deutschen Nationalspieler mit dem


Adler auf der Brust, manifestiert, ist die


Wucht der Debatte kaum aufzuhalten.


Özil und/oder sein Umfeld haben be-

wusst den Bruch mit Deutschland ge-


sucht, er trat aus der Nationalelf zurück


und bat Erdogan, auf seiner Hochzeit den


Trauzeugen zu geben. Gündogan hat den


anderen Weg eingeschlagen, suchte den


Dialog, bat um Verständnis bei den Fans


und – wenn man die Reaktion des Publi-


kums so deuten mag – bekam dies auch.


Die Entscheidung, ob jemand, der Er-

dogan oder dessen Kriege unterstützt,


noch für die deutsche Nationalelf spielen


sollte, muss nach den Klarstellungen der


Spieler niemand treffen. Zum Glück,


kann man sagen, weil die Debatte kom-


plex geführt werden müsste – es würde


um Identität, Herkunft, Heimat, Werte


und um den Fakt gehen, dass auch deut-


sche Panzer gerade auf türkischer Seite


agieren. Diese Debatte, so viel ist sicher,


würde in Rekordzeit vergiftet geführt.


Da dies nicht nötig ist, bleibt als wich-

tigste Lehre: erst denken, dann liken!


Der Fußball-Zweitligist FC St. Pauli hat
denMittelfeldspielerCenkSahin„mitso-
fortiger Wirkung vom Trainings- und
Spielbetrieb freigestellt“; Grund ist Sa-
hins Äußerung zur türkischen Militärof-
fensive in Syrien. Zur Entscheidung hät-
ten vor allem die „wiederholte Missach-
tung der Werte des Vereins sowie der
Schutz des Spielers“ beigetragen, teilte
der Klub mit. Sahins Vertrag wurde noch
nicht aufgelöst, dem 25-Jährigen wurde
abereineTrainings-undGastspielerlaub-
nis erteilt. Laut türkischer Medien sollen
der Zweitligist Boluspor und der Viertli-
gist Nevsehir Belediyespor an einer Ver-
pflichtung interessiert sein; ein Transfer
ist jedoch erst im Winter möglich.
Sahin hatte am vorigen Freitag in ei-

nemInstagram-PostdentürkischenMili-
täreinsatz unterstützt: „Wir sind an der
Seite unseres heldenhaften Militärs und
der Armeen. Unsere Gebete sind mit
euch!“ Viele Fans des FC St. Pauli hatten
daraufhindenRauswurfdesProfisgefor-
dert, der sich aktuell in seiner Heimat
Türkei aufhält. Der Verein teilte dazu
mit: „Nach zahlreichen Gesprächen mit
Fans, Mitgliedern und Freundinnen, de-
ren Wurzeln in der Türkei liegen, ist uns
bewusstgeworden,dasswirdifferenzier-
te Wahrnehmungen und Haltungen aus
anderen Kulturkreisen nicht bis ins De-
tail beurteilen können und sollten. Ohne
jegliche Diskussion und ohne jeglichen
Zweifel lehnen wir dagegen kriegerische
Handlungen ab.“ sid, dpa

Der FC St. Pauli stellt Cenk Sahin frei


DEFGH Nr. 238, Dienstag, 15. Oktober 2019 HF3 23


Bei 2,7 Millionen Followern sollte


ein Fußballer seinen Account


ein bisschen achtsamer bedienen


Daumen hoch


Beim 3:0 in Tallinn unterstreicht Ilkay Gündogan nicht nur wegen seiner zwei Tore, wie wichtig er für die DFB-Elf ist – und bringt den Verband


mit einem unglücklichen Instagram-Like arg ins Schwitzen. Die Nationalmannschaft setzt daraufhin ein starkes Zeichen


Ausbildungs-Nationalmannschaft


Wohin geht die Reise und mit wem? In Tallinn wird erkennbar, wie sehr die deutsche Auswahl noch ihr Personal und ihren Spielstil sucht


Niederlande siegen erneut
EM-Qualifikation –Gruppe C

GÜNDOGAN / CAN


Erst denken,


dann liken!


Löws Lerngruppe wirkt, als sehne


sie sich nach mehr Struktur


Ein analoges „Like“ für den Bundesadler auf der Brust: Ilkay Gündogan feiert seine zwei Tore gegen Estland mit einer klaren Botschaft. FOTO: RAUL MEE / AP

SPORT


Estland – Deutschland 0:3 (0:0)
Estland: Lepmets(Levadia Tallinn) – Baranov (Alash-
kert Martuni), Tamm (Lilleström SK), Mets (AIK Solna),
Pikk (Miedz Legnica) – Kams (Flora Tallinn), Ainsalu (Flo-
ra Tallinn), Antonov (Ararat-Armenia), Liivak (Flora Tal-
linn), 77. Ojamaa (Miedz Legnica) – Vassiljev (Flora Tal-
linn), 61. Käit (NK Domzale) – Sappinen (NK Domzale),


  1. Zenjov (Sch. Karaganda). – Trainer: Voolaid.
    Deutschland: Neuer (FC Bayern/33 Jahre/91 Länder-
    spiele) – Klostermann (RB Leipzig/23/6), Can (Juventus
    Turin/25/24), Süle (FC Bayern/24/24), Halstenberg
    (RB Leipzig/28/6) – Gündogan (Manchester City/28/
    35), Kimmich (FC Bayern/24/46) – Havertz (Bayer Lever-
    kusen/20/7), Reus (Borussia Dortmund/30/44), 77. Ser-
    dar (FC Schalke/22/2), Brandt (Borussia Dort-
    mund/23/29), 86. Amiri (Bayer Leverkusen/22/2) –
    Waldschmidt (SC Freiburg/23/2), 66. Werner (RB Leip-
    zig/23/28). – Trainer: Löw.
    Tore: 0:1 Gündogan (51.), 0:2 Gündogan (57.), 0:3 Wer-
    ner (71.). – Schiedsrichter: Kabakov (Bulgarien). – Rote
    Karte: Can (14./Deutschland, Notbremse). – Gelbe Kar-
    ten: Lepmets (2), Baranov. – Zuschauer (in Tallinn):
    12 062.


Weißrussland – Niederlande 1:2 (0:2)
0:1 Wijnaldum (32.), 0:2 Wijnaldum (41.), 1:2 Dra-
gun (54.).


  1. Niederlande 6 5 0 1 19:7 *15

  2. Deutschland 6 5 0 1 20:6 *15

  3. Nordirland 6 4 0 2 8:7 12

  4. Weißrussland 7 1 1 5 4:12 4

  5. Estland 7 0 1 6 2:21 1


* bei Punktgleichheit entscheidet der direkte Vergleich
(Niederlande – Deutschland 2:3/4:2).

Letzte Spieltage, 16.11.: Deutschland – Weißrussland,
Nordirland – Niederlande. – 19.11.: Deutschland – Nord-
Kommt ein Este geflogen: DFB-Verteidiger Emre Can (rechts) senst Gegenspieler Lii- irland, Niederlande – Estland.
vak um – und muss dafür früh mit roter Karte vom Feld. FOTO: M. GUENGOER / GES
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