Neue Zürcher Zeitung - 22.10.2019

(John Hannent) #1

36 REFLEXE Dienstag, 22. Oktober 2019


Manipulierter Libor-Zins


Die Ermittlungen enden,

aber Fragen bleiben

BenjaminTriebe·Leise klingt einer der grössten
Skandale derFinanzbranche ab. Die Manipula-
tion der London Interbank OfferedRate (Libor)
hat einen erheblichen Beitrag zur Erosion desVer-
trauens ins globaleFinanzsystem geleistet:Banken
täuschten jahrelang vor, dass sie sich günstiger Ka-
pital am Markt beschaffenkonnten,als dies derFall
war. Damit fiel der amFinanzmarkt wichtigeRefe-
renzzins Libor,der alsDurchschnitt aus diesen An-
gaben berechnet wird,niedriger aus, als er hätte sein
sollen.Das erlaubte es denBanken,aus speziellen
Geschäften, die auf dem Libor basierten, grösseren
Gewinn zu ziehen.Ab 2012 und damit siebenJahre
lang hat das britische SeriousFraud Office (SFO),
die Behörde zur Bekämpfung schwererWirtschafts-
verbrechen,die Manipulation untersucht.Nun stellt
sie die Ermittlungen ein, weil die Erfolgsaussich-
ten laufender und neuerVerfahren zu gering seien.
Banken undBanker sind nicht ungeschoren da-
vongekommen. Elf grosse Kreditinstitute wurden
mit Strafen in Höhe von rund 10 Mrd. $ belegt;aus-
ser in Grossbritannien wurde auch in Europa und

den USA ermittelt.Ferner hat das SFO 13Banker
angeklagt.DerbekanntesteFall ist Tom Hayes, ehe-
maliger Händler von UBS and Citigroup, der elf
Jahre absitzen muss.Doch nur in fünf der vom SFO
untersuchtenFälle gegen Einzelpersonenkam es zu
Verurteilungen. Die Einstellung der Ermittlungen
bedeutet nun, dass es definitiv nicht mehr werden.
Dabei sind in Grossbritannien längst nicht alle
Fragen geklärt. Der Libor wird durch eine Umfrage
unterBanken ermittelt.Tonaufnahmen legen nahe,
dass dieBank of England (BoE) während derFinanz-
kriseBanker ermunterte,möglichst tiefeRefinan-
zierungszinsen zu melden. Dies sollte die Märkte
beruhigen.Zwar mag es sein,dass über eine Dekade
nach den damaligenTumulten eine Beweisführung
wenig erfolgversprechend ist. Umgekehrt bedeutet
dies jedoch, dass in den vergangenenJahren mehr
hätte getan werdenkönnen, um dieses dunkle Ka-
pitel aufzuarbeiten.DieTage des Libor sind gezählt;
ab 2022 soll er ersetzt werden. Doch wie gut rüstet
man sich für die Zukunft, wenn nicht alle Lehren
aus derVergangenheitgezogenworden sind?

Daniel Imwinkelried· Während dieTelekomfirma
Sunrise seit Monaten mit gewissen Aktionären
wegen einer geplanten Übernahme im Streit liegt,
hat Implenia einenKonflikt mit Investoren ziemlich
rasch beigelegt.Vor wenigenWochenhatte die Be-
teiligungsgesellschaftVeraison ein kleines Aktien-
paket (1,9%) an der grössten SchweizerBaufirma
erworben und sich mit dem langjährigen Implenia-
Aktionär MaxRössler (16,5 %) zusammengetan.
Die beiden Aktionäre drängten Implenia dazu, die
grossen Entwicklungsareale des Unternehmens in
eine eige ne Gesellschaft auszulagern und diese an
der Börse zukotieren.Implenia will das Immobi-
lienportefeuille zwar anders als bisher bewirtschaf-
ten, das Management hatte aber nicht vor, so weit
zu gehen wie die oppositionellen Aktionäre.
Was hat schliesslich zum schnellen Ende desKon-
flikts geführt? Es war wohl eine spezielleKonstella-
tion, die es allenParteien ermöglichte, das Gesicht
zu wahren.Der BeteiligungsfirmaVeraison ist es ge-
lungen, mit einem kleinen Einsatz einen verhältnis-
mässiggrossenGewinn zu erzielen. Der Aktienkurs

von Implenia ist in den vergangenen zwei Monaten
stark gestiegen. Der Einstieg vonVeraison ist ein
Grund dafür;zudem sehen Investoren Implenia wie-
der in einemrosigeren Licht als imFrühsommer.
Die Offensive scheint aber auch einen Schwach-
punkt gehabt zu haben: MaxRössler. Der diskrete
Investorist von seinem Naturell her nicht auf Streit
aus, und es dürfte ihm nicht behagt haben,alsVerai-
son den Druck auf ImpleniasVerwaltungsratspräsi-
dent Hans Ulrich Meister erhöhte. Implenia is t es
denn auch gelungen,Rössler wieder auf die eigene
Seite zu ziehen.Man habe sich,so schreibt dieFirma,
«auf ein gemeinsamesVorgehen bei der strategi-
schenWeiterentwicklung der Gesellschaft geeinigt».
Wahrscheinlich hätte sich Implenia den ganzen Är-
ger ersparenkönnen, wenn sie aufRösslers Befind-
lichkeitRücksicht genommen hätte. Die hohenAb-
schreibungen, die Implenia vor elf Monaten tätigte,
warfen jedenfallsFragen auf. EinekotierteFirma
kann sich ihreAktionäre nicht auswählen; deshalb
sollte sie ihnenkeine Angriffsflächen bieten – das
weiss inzwischen auch der Sunrise-Verwaltungsrat.

Konflikt beigelegt


Offensive gege n Implenia

hatte einen Schwachpunkt

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11.30bis14.00Uhr
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