Die Welt - 19.10.2019

(Nora) #1

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REVUE


„Wir tanzen und dichten nur unsere Träume“, hat der Schriftsteller


Robert Walser gesagt. Und wer weiß, vielleicht hat der Schweizer


Landsmann ja auch an Klees Handpuppen gedacht. Dass der Maler


mit jedem Steckdosen-Schädel und jedem Angelus NovusAngelus NovusAngelus Novus zur popu zur popu-


lären Verklärung seiner spirituellen, jedenfalls inwendigen Kunstauflären Verklärung seiner spirituellen, jedenfalls inwendigen Kunstauflären Verklärung seiner spirituellen, jedenfalls inwendigen Kunstauf - -


fassung beigetragen hat, macht die bis heute anhaltende Volksnähe des


Werks verständlich.


Wobei es nie an Anstrengungen gefehlt hat, den Künstler aus


dem Heiligenhimmel zurück auf die Erde zu holen, indem man


nicht zuletzt sein Engagement am Bauhaus hervornicht zuletzt sein Engagement am Bauhaus hervornicht zuletzt sein Engagement am Bauhaus hervorhob, wo er als hob, wo er als


engagierter Lehrer viel aufgeschlossener, an den kulturellen und


gesellschaftlichen Prozessen interessierter gewesen sei als im


Atelier– allein mit Papier und Leinwand, allein mit Stift und Schere,


allein mit dem Flimmern des kaum Bewussten. Und wenn


man will, könnte man ja auch die Handpuppen als einen Beleg für


familienfreundliche Diesseitigkeit anführen. Aber wirklich über-


zeugend wäre es nicht. Man muss ihnen ja nur in ihre Brillenaugen


schauen, um gleich zu ahnen, aus welcher Seelentiefe sie aufblicken.


K


lee ist notorische Kammermusik, malerische Leisetreterei,


wie sie sich zeitgenössische Kunst kaum mehr zu sein


getraut. Verglichen mit den üblichen Spektakelformaten an


der Wand hat man es hier mit Briefmarken zu tun. Und so nah


darf man gar nicht herantreten, dass man dem Verlauf der spinnen -


fadenfeinen Linien wirklich folgen könnte. Ein Werk wie ein


Zauberreich. Entstanden in den ersten vierzig Jahren des 20. JahrZauberreich. Entstanden in den ersten vierzig Jahren des 20. JahrZauberreich. Entstanden in den ersten vierzig Jahren des 20. Jahr - -


hunderts, als vielleicht nur noch Zauber gegen das Dunkel ringsum


geholfen hat. Und es schon trotziger Kunstgläubigkeit bedurfte,


um im Berner Reduit, während in Deutschland die Synagogen


brannten, Wald-HexenWald-HexenWald-Hexen unter ein Bild zu schreiben. Mehr als private unter ein Bild zu schreiben. Mehr als private


Magie wollten die Bilder des Schweizer Malers nicht sein. Intim,


verschlossen, zur Botschaft so wenig bereit wie zur Selbstauskunft.


Nie anders als in sich gekehrt, mit sich beschäftigt, ohne erkenn-


baren Ausblick oder Aufblick auf Welt und Zeit. Versponnen wie


ein kostbarer Faden, den man aus einem Webteppich zieht – und


zieht und zieht, und er nimmt kein Ende. Der perfekte Augentrost


für alle, die sich ans letzte Kunstjahrhundert nur mit sehr


O.T. (STIEFGROSSMUTTER)


1921, Gips und Baumwolle, 43cm


O.T. (GEKRÖNTER DICHTER)


1919, Gips, Draht und Leinen, 35cm


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