Berliner Zeitung - 19.10.2019

(Tina Sui) #1

AusbildungamHerd


ImoftstressigenJob-AlltagderKöchesindstarkeNerven,körperlicheFitnessundTeamplaygefragt


VonAmelie Breitenhuber

B


isschen schnippeln, biss-
chen rühren und mit viel
Butter schmeckt sowieso
alles:Kochenkanndochei-
gentlichjeder,oder?Zueinerprofes-
sionellenAusbildungalsKochgehört
jedoch weit mehr als das.„Als Koch
kannmanunheimlichkreativmitun-
zähligen Lebensmitteln,Techniken
undTexturenarbeiten“,sagtThomas
Wolffgang,selbstKochundLandes-
verbandsvorsitzenderMitteldeutsch-
landbeimVerbandderKöche(VKD).
„Das kann durchaus ein kleiner
künstlerischerBerufsein.“
Wiesich der Arbeitsalltagfür an-
gehende Köche gestaltet, unter-
scheidetsich, je nachdem,wo Aus-
zubildendeihreLehremachen. „Es
gibtsehr,sehrunterschiedlichegas-
tronomische Betriebe“, erklärt
SandraWarden, Geschäftsführerin
im DeutschenHotel- und Gaststät-
tenverband(Dehoga).


AusbildungsplatzistTypfrage

„Die Bandbreite reicht vomklassi-
schenLandgasthof,einbisschenwie
in Omas Küche,über radikal regio-
nale Restaurants,vegetarische und
veganeLokalebishinzumSternebe-
trieb,womitPinzetteundPipettege-
kocht wird.“ Undnatürlichwerden
auch in der Gemeinschaftsverpfle-
gungKöchegebraucht-alsoinKan-
tinen, Krankenhäusernoder Pflege-
heimen.


Wernichtweiß,woersichbewer-
benmöchte,solltesichmitFreunden
und Elternzusammensetzen.„Dann
muss man erstmal überlegen:Was
binichfüreinTyp?“,empfiehltWolff-
gang, Autor des Ausbildungsratge-
bers„DerjungeKoch“.
Wereherintr overtiert,schüchtern
odernochsehrjungist,fürdeneigne
sich einFamilienbetrieb besser als
eine Großküche.„Da können dann
auchmalamFrühstückstischinver-
trauter AtmosphäregemeinsamPro-

bleme beratenwerden.“ Beikurzen
Praktika in verschiedenen Küchen
bekommenSchülereinengutenEin-
blick,wasihnenamehestenliegt.
Insgesamt dauertdie Ausbildung
zumKochdrei Jahre. AmAnfangbe-
kommen die Lehrlinge vieleBasics
vermittelt: Wieschneidet manrich-
tig? Wiefiletiertman einenFisch?
Auch Gartechniken wie Braten,
SchmorenoderBackensindwichtig.
DieAzubislernen,welcheNahrungs-
mittelesgibt,welcheInhaltsstoffesie

enthaltenundmitwelchenVerfahren
siedieseambestenerhalten.
Köchekümmernsichdarum,dass
zwischen Töpfen undTellernalles
rundläuft.In der Ausbildung spielt
daher Arbeitsplanung eine wichtige
Rolle.„DagehtesetwaumdieFrage,
wieimÀ-la-carte-RestaurantallePer-
sonenaneinemTischgleichzeitigihr
Essen serviertbekommen“, erklärt
Warden. Zurhohen Schule gehöre
dann die KreationvonMenüfolgen
für Veranstaltungen. Nicht zuletzt

spielen betriebswirtschaftliche In-
halteeineRolle.
Während der Schulabschluss für
einen Ausbildungsplatz nicht ent-
scheidend ist, sollten Interessierte
handwerkliches Geschick mitbrin-
gen. Auszubildende müssen etwa in
derLagesein,filigraneDekorationen
zuschaffenodermitdemSchneebe-
sen zu arbeiten.Und: DieArbeit in
derKücheistTeamplay.„DieMaschi-
nerieKüchemussauchmitdemSer-
vicefunktionieren“,sagtWarden.

Kochenisteinkörperlichanstren-
gender Beruf. „Und derStresspegel
kannsehrhochsein“,sodieDehoga-
Expertin. VonVorteilist,wennAzubis
eine gewisse Fitness mitbringen.
Über die Arbeitszeiten sollten sich
angehendeKöcheschonvorderAus-
bildung im Klaren sein.Siearbeiten
dann,wennandereessenmöchten.
„DassdaseinharterBerufist,steht
völligaußerFrage“,sagtWolffgang.

Köchemüssensichausprobieren
DieAusbildungsvergütungangehen-
derKöcheunterscheidetsichjenach
BetriebundBundesland.GebeesTa-
rifverträge,dannseiendieseregional
durchaus unterschiedlich, erklärt
Warden. „Der untersteTariflohn im
erstenJahrliegtaktuellbei620Euroin
Mecklenburg-Vorpommern, der
höchsteimdrittenJahrliegtbei1035
Euro brutto imMonat in Hessen.“
EineÜbersichtüberdietarifvertragli-
chenVereinbarungen gibt es bei der
BundesagenturfürArbeit.
DerKarriereweg alsKoch endet
nicht nach der Ausbildung: „Man
kannsichvielfältigweiterentwickeln:
alsDiätassistent,Betriebswirt,Hotel-
manageroderBerater“,erklärtWolff-
gang. „Auslandsaufenthalte gehören
zu einer anspruchsvollen Karriere
fast dazu“, ergänztWarden. „F rank-
reich, England oder auf dem Kreuz-
fahrtschiff-dag ibtesvieleMöglich-
keiten.“ DieAussichten für ausgebil-
dete Köche sind ihrerEinschätzung
nach„wirklichgroßartig“.(a¬?)

Angehende Köche sollten gut mit Stresssituationen umgehen können. DPA

Karriere


B6 Berliner Zeitung·Nummer 243·19./20. Oktober 2019 ·························································································································································································································································································


Golfistnichtgenug


NichtjedersehntdieRenteherbei


VonAmelie Breitenhuber

E


ndlich Zeit für Reisen, Familie -
oderGolfspielen:Füreinigekann
derWegind ieRentenichtschnellge-
nuggehen.Dochesgibtauchdenan-
deren Fall:Menschen,dienochüber-
hauptkeineLusthaben,dasArbeits-
lebenhintersichzulassen.
Werheute das Rentenalter er-
reicht, habe oft noch viele fitteJahre
vorsich, erläutertdie Psychologin
und Karriereberaterin Madeleine
Leitner.Vielekönntensichnichtvor-
stellen,dassessinnvollseinsoll,mit
Mitte60indenRuhestandzugehen.
Ihre Erfahrungen lassen sich mit
Zahlenuntermauern:InDeutschland
istweitmehralseinViertelderRent-
ner in den ersten dreiJahren nach
ÜbergangindieAltersrenteerwerbs-
tätig,hateineAnalysedesInstitutsfür
Arbeitsmarkt- undBerufsforschung
(IAB)2018gezeigt.SpaßanderArbeit,
Kontakt zu anderenMenschen oder
derWunsch, weiterhin eineAufgabe
zuhaben:Vorallemaussozialenoder
persönlichenGründen wollenMen-
schenimRentenalterweiterer werbs-
tätigsein.
„VielekönnensicheinLebenohne
ihreArbeit gar nichtvorstellen“, er-
klärtIrisSeidenstricker,die ange-
hendeRuheständlercoacht.Wennfi-
nanzielle Nöte keineRolle spielen,
eignet sich dieWeiterarbeit im Alter
ihrerAnsichtnachfüralle,denenihr
BerufSpaß gemacht hat und die ihn
gernenochlängerausübenmöchten.
Dashat oft positiveEffekte.Ein
unfreiwilligerAbschied vomArbeits-
lebenkönnezuLeereundDepression
führen, so Leitner.Viele haben dem-
nach damit zu kämpfen, dass mit
demArbeitslebengewohnteStruktu-
ren, Kontakte und vielleicht sogar fi-
nanzielleSpielräumewegfallen.
Gleichzeitigbleibtmanfitunder-
lebtdas Gefühl,gebrauchtzuwerden
und dazuzugehören.Werweiterhin
einerTätigkeit nachgeht, tue das zu-
demoftgelasseneralsindenfrüheren
Jahren,ist SeidenstrickersEindruck.
Leitner gibt denRat, die Alters-
grenz efür die Rente nicht alsAuto-
matismus für denZwangsruhestand
zu sehen.In Gesprächen mit ihren
Klientenzeigesichoft,dassdas,was

sie der zeit beruflich machen, schon
ganzgutpasst,führtsieaus.
„EsgehtalsodabeiumJob-Sculp-
ting.“ Dasheißt: denJobsozufor-
men,dasserdenVorliebenundNei-
gungen desEinzelnen noch besser
entspricht.Daskanngelingen,indem
mansichstärkeraufbestimmteAuf-
gaben fokussiert, die einem beson-
dersgutliegenodereinneuesThema
dazunimmt.
VielleichthatdieeigeneFirmaIn-
teressedaran,einenzuhalten.„Viele
FirmenbietenbereitsflexibleArbeits-
modellefürÄltereano derholenMit-
arbeiter alsSenior-Experts fürPro-
jekte zurück“, erklärtSeidenstricker.
WerbesondereInteressen hat, kann
sich damit vielleicht selbstständig
machen. Einfach ist das natürlich
nicht.
JoachimHarmshattesichinZuge
vonUmstrukturierungenvonseinem
ehemaligen Arbeitgeber mit einem
„goldenenHandschlag“verabschie-
det, erzählt er.Der heute 61-Jährige
machtesichdannselbstständig.
„Am Anfang fehlte dieIdentifika-
tionunddieAnsprache,dieichzuvor
inder Firmahatte“,sagter.„MeinEx-
pertenstatus warvoneinem auf den
anderenTagweg.“ DerProze ss habe
ihn einerseits gebeutelt, gleichzeitig
abergestärkt.SeineSelbstständigkeit
hateraufzweiStandbeinegebaut:Als
Experte für dieZulassung vonMedi-
zinproduktenkonnteersichfinanzi-
ellabsichern.„DasandereProjektwar
mein Herzenswunsch, nämlichGe-
dichtezuschreiben.“
Werähnlichwieereinbesonderes
Interesse hat, dem würdeHarmsra-
ten, schon frühzeitigvordem Ende
des Arbeitslebens dieWeichen zu
stellen, etwas aufzubauen und sich
innerlichdaraufeinzustellen.„Wich-
tig ist, dass man das nicht im stillen
Kämmerleintut.“
Mansollte sich auf Tätigkeiten
konzentrieren, bei denen man sich
selbst wertschätzt und mit denen
man gleichzeitig anderen etwasGu-
tes tue ,rät Harms. „Golf spielen ist
toll,aberwasgibtesdarüberhinaus?“
Wemdas Reisen amHerzen liege,
könne Kurzgeschichten schreiben.
ManmüssedarauseineArtBerufung
machen.(a¬?)

allesp assen muss.


Weil immo


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