P.M. History - 11.2019

(Nandana) #1

Versunkene Reiche


Wie kam es dazu? Hat womöglich
die Supernova des Jahres 1054 wirklich
die Entstehung Cahokias beeinflusst?
Das vermuten Experten wie der Anthro­
pologie-Professor Timothy R. Pauketat,
ein Experte für die Mississippi-Kultur.
Womöglich, so seine Theorie, machten
geschickte Anführer sich die Ve runsi­
cherung durch die Himmelserschei­
nung zunutze; erklärten den Stadtbau

r


zum göttlichen Auftrag. Beweisen lässt
sich das kaum, denn die Cahokia-Kultur
hat kaum schriftliche Zeugnisse hinter­
lassen.
Bis heute geben die Relikte Rätsel
auf. Grabungen belegen, dass die Stadt
Mitte des 11. Jahrhunderts empor­
wuchs. Drei Jahrhunderte später endete
Cahokias Geschichte abrupt. Doch wie
erschufen einfache Getreidepflanzer

\ � .. Leben im Flusstal
) �:_? Um das Jahr^800 entstanden
Vereinigte ��aaten"'f J überall am Mississippi und in
•J vo.!l �merika anderen fruchtbaren Fluss­

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GOLFVON , �·
MEXIKO <ll

tälern Siedlungen. Cahokia
wuchs bald zur größten an,
viele Siedlungen waren jedoch
ähnlich aufgebaut: mit Stufen­
pyramiden, große-n Plätzen und
geschützt durch eine Palisade.

und Pelzjäger wie aus dem Nichts eine
komplexe Kultur? Was zog Menschen
aus Hunderten Kilometern Entfernung
zu Ta usenden hierher? Und warum ge­
riet die Metropole nach kurzer Blüte so
rasch und vollständig in Ve rgessenheit?
Forscher wie Timothy Pauketat
haben einen grausigen Ve rdacht: Die
ehemaligen Bewohner wollten das, was
in Cahokia geschah, für immer hinter
sich lassen. Denn als Archäologen die
verfallenden Erdhügel untersuchten,
fanden sie nicht nur Schmuck und ver­
rottete Pelze - sondern auch die Kno­
chen Hunderter, offenbar systematisch
ermordeter Menschen.
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U

ber Jahrhunderte hatte die Be-
wohner dieser Gegend wenig
von anderen Gruppen Nord­
amerikas unterschieden. Sie erzählten
einander Mythen von Männern und
Frauen mit übernatürlichen Fähigkei­
ten, die in der Wildnis schwere Prüfun­
gen bestehen; sie glaubten, dass ihre
Ahnen ihnen auch nach deren Tod nahe
seien. Und sie bauten Mais an, jagten in
den Wäldern und fischten im Mississip­
pi und im nahen Horseshoe Lake. Doch
etwas Entscheidendes veränderte sich
ums Jahr 1000: Auf der Nordhalbkugel
der Erde erwärmte sich das Klima. Zwi­
sehen dem Mississippi und den Großen
Seen sorgte die mittelalterliche Klima­
anomalie für höhere Temperaturen und
weniger Hochwasser. Die Ernten fielen
reicher aus. Was die Bewohner nicht
selbst verzehrten, konnten sie nun auf
Märkten verkaufen. So wandelte sich
das unscheinbare Dorf wohl rasch zum
Umschlagplatz für die ganze Region.
Bald entwickelten die Bewohner
der Boomtown eigene Rituale. An Fei­
ertagen versammelten sich, aufgeteilt
in zwei Teams, bis zu 1000 junger Män­
ner auf dem Festplatz. Auf der großen
Erdpyramide hob ein Priester die Hand,
und zur Antwort ließen die Männer ei­
nen Schrei ertönen. Dann rollte jemand
eine runde, mit einer Vertiefung verse­
hene Steinscheibe über den Boden. Die­
se mobile Zielscheibe, ähnlich einem
Eishockeypuck, bewarfen die Krieger
mit Speeren. Das Te am, das die Scheibe
zuerst traf, gewann. Das symbolische
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