Handelsblatt - 25.10.2019

(Ron) #1
Studie

Telekom und Vodafone hängen Telefónica ab


Eine neue Studie zeigt: Das
4G-Netz von Deutscher
Telekom und Vodafone wird
besser, das von Telefónica (O2)
hingegen schlechter.

Stephan Scheuer Düsseldorf

D


ie Unterscheide im Mobil-
funknetz in Deutschland
werden größer. Während
die Deutsche Telekom und Vodafo-
ne dank hoher Investitionen ihre
Downloadgeschwindigkeiten in den
größten Städten Deutschlands deut-
lich steigern können, fällt der dritte
Netzbetreiber Telefónica deutlich
zurück. Zu diesem Schluss kommt
eine neue Studie des Aachener Mo-
bilfunkspezialisten Umlaut (ehe-
mals P3).
In der Analyse des deutschen
4G-Mobilfunknetzes, auch LTE ge-
nannt, die dem Handelsblatt exklusiv
vorliegt, konnte der Netzbetreiber
Telekom seine Position als bester
Netzbetreiber deutlich ausbauen. Lag
die durchschnittliche Downloadge-
schwindigkeit im Netz des Dax-Kon-
zerns in den Städten im Jahr 2018

noch bei 73 Megabit pro Sekunde
(Mbps), stieg der Wert im Jahr 2019
auf 91 Mbps an. Vodafone verbesserte
sich im Jahresvergleich von 47 Mbps
auf 68 Mbps.
Das reicht aus, um einen Film in
der höchsten Qualitätsstufe 4K ru-
ckelfrei unterwegs anzuschauen. Al-
lerdings ist die Erhebung auf die
deutschen Städte beschränkt. Hakan
Ekmen, der den Telekommunikati-
onsbereich beim Mobilfunkdienstleis-
ter Umlaut leitet, führte die Verbesse-
rung auf mehr Mobilfunkstandorte
von Telekom und Vodafone sowie auf
verbesserte Technologien zurück.
Für die Daten hatte Umlaut Ge-
schwindigkeiten auf Mobiltelefonen
sowie mit speziellen Messfahrzeugen
ermittelt.
Verlierer des Tests war Telefónica.
Die durchschnittliche Downloadge-
schwindigkeit ging von 30 Mbps im
Vorjahr auf nur noch 25 Mbps in die-
sem Jahr zurück. Dabei hatte Telefó-
nica-Deutschlandchef Markus Haas
gesagt, die Integration des Netzbe-
treibers E-Plus sei nach vier Jahren
Ende 2018 abgeschlossen worden
und nun investiere das Unternehmen
massiv in den Netzausbau.

Ein Telefónica-Sprecher zweifelte
auf Anfrage das schlechte Abschnei-
den seines Unternehmens an. Bei ei-
genen Berechnungen habe die durch-
schnittliche Downloadrate im Mobil-
funk bei 40 Mbps gelegen – die Werte
in den größten deutschen Städten
müssten noch deutlich besser sein,
argumentierte er.
Ein Blick auf die Zahl der 4G-Mobil-
funkstandorte offenbart ein genaue-
res Bild: Telefónica betreibt derzeit
nach eigenen Angaben 15 000 Stand-
orte mit 4G-Mobilfunk in Deutsch-
land. Seit Jahresanfang ist diese Zahl
um 2 800 Standorte gestiegen, wie
das Unternehmen angibt. Dabei zählt
die Firma jedoch auch das Aufrüsten
bestehender Standorte mit, bei de-
nen bislang nur 2G oder 3G verfüg-
bar war.
Die Deutsche Telekom kommt
nach eigenen Angaben auf rund dop-
pelt so viele 4G-Standorte in Deutsch-
land. Der Dax-Konzern habe derzeit
29 300 Standorte mit 4G im Einsatz,
sagte ein Firmensprecher. In diesem
Jahr seien bereits 2 300 neue Stand-
orte dazugekommen.
Vodafone betreibt in Deutschland
nach eigenen Angaben derzeit 19 000

Stationen mit 4G. In diesem Jahr sei-
en 1 700 neue Stationen in Betrieb ge-
nommen worden, sagte ein Firmen-
sprecher. „Dabei haben wir rund 250
Mobilfunkstationen komplett neu ge-
baut und an 1 450 vorhandenen Mo-
bilfunkstationen erstmals LTE-Anten-
nen installiert“, sagte der Vodafone-
Sprecher.

Deutliche Unterschiede
Geschwindigkeit im 4G-Mobilfunk-
netz in Megabyte pro Sekunde

Telekom 91
Vodafone
Telefónica (O2) 68

25

Mittelwerte
HANDELSBLATT

2015 2019
Quelle: Umlaut
Telecommunications

100

75

50

5

0

Der Telefónica-
Deutschlandchef
hatte hohe
Investitionen ins
Netz angekündigt.

Telefonica

Zollkontrolle im
Hamburger Hafen:
Fälschungen werden
für immer mehr
Markenhersteller zu
einem Problem.

Hartmut Schwarzbach / argus

Georg Weishaupt Düsseldorf

A


mazon ist um sein
Image besorgt. Immer
wieder werden ge-
fälschte Premium- und
Luxusprodukte in den
Webshops des US-Konzerns angebo-
ten. Dagegen will Amazon in
Deutschland und anderen europäi-
schen Ländern nun schärfer vorge-
hen. So hat er hier sein Anti-Plagiats-
programm „Project Zero“ gestartet.
Der US-Konzern muss sein Image
als Verkaufsplattform, aber vor allem
die Produkte seiner Partner, der Mar-
kenkonzerne, schützen. „Für Luxus-
marken ist der zunehmende Verkauf
über Onlineplattformen ein Pro-
blem“, sagt Sascha Hoffmann von
der Hochschule Fresenius in Ham-
burg. Denn damit steige die Zahl der
Fälschungen. „Etwa 20 Prozent der
Kunden würden deshalb nie ein Lu-
xusprodukt online kaufen“, nennt
Hoffmann das Ergebnis einer Studie
der Marktforschung Statista, die dem
Handelsblatt vorab vorliegt.
Die Fälschungen von Markenpro-
dukten werden für die Onlineplatt-
formen, aber auch für die Luxusmar-
ken immer mehr zu einem Problem.
Sie zerstören das Vertrauen der Kun-
den und schädigen das Image der
hochpreisigen Marken. So hat sich
der Gesamtwert aller Plagiate von
Markenkleidung, -uhren, -schmuck,
-taschen und -schuhen, die allein
vom deutschen Zoll beschlagnahmt
wurden, von 2014 bis 2018 auf rund
138 Millionen Euro fast verdoppelt.
Groß ist das Misstrauen vor allem
gegenüber den großen Onlinehan-

delsplattformen. In der Statista-Stu-
die sehen 73 Prozent der Befragten
bei Ali Express, 70 Prozent bei Ebay
und 69 Prozent bei Alibaba ein hohes
Risiko, Markenfälschungen zu kau-
fen. Aber auch bei Amazon befürch-
ten immerhin 46 Prozent, statt einer
teuren Markentasche oder eines
-kleides ein Plagiat zu erwerben.
Amazon versucht, das Problem mit
seinem „Project Zero“, das im Januar
bereits in den USA startete, nun auch
in Deutschland zu bekämpfen. So
sucht der Konzern mit speziell pro-
grammierten Algorithmen und mit
Künstlicher Intelligenz seine Platt-
form nach Fälschungen ab. Außer-
dem können die Markenhersteller

beim „Project Zero“ selbst gefälschte
Angebote von der Seite löschen und
ihre Produkte mit speziellen Schutz-
codes versehen. „Damit unterstützen
wir noch mehr Marken dabei, Fäl-
schungen ihrer Produkte weltweit an
vielen Orten auf null zu reduzieren“,
begründet der zuständige Amazon-
Manager Dharmesh Mehta das Pro-
gramm.
Auch internationale Luxusmarken
wie Louis Vuitton treiben einen gro-
ßen Aufwand, um das Thema Plagia-
te in den Griff zu bekommen. So ha-
ben die Franzosen eine Abteilung ge-
schaffen, die sich nur mit dem Schutz
von Rechten an geistigem Eigentum
befasst. Allein 2017 veranlasste Louis

Vuitton nach eigenen Angaben welt-
weit 38 000 Verfahren, um Fälschun-
gen zu bekämpfen. Dadurch seien
„Tausende von gefälschten Produk-
ten sichergestellt und kriminelle Net-
ze zerschlagen und 6 000 strittige
Websites stillgelegt“ worden, berich-
tet die Marke auf ihrer Webseite.
Die meisten Kunden versuchen,
sich bewusst vor Fälschungen zu
schützen. Sie achten vor ihrem Ein-
kauf, so die Statista-Studie, vor allem
auf das Rückgaberecht (46 Prozent),
den Preis der Ware (43 Prozent) und
das Herkunftsland des Verkäufers (43
Prozent). Für viele Kunden sind Be-
wertungen auf den Onlineplattfor-
men ein wichtiges Kaufkriterium.
„Umso gefährlicher ist es, dass nach
einer neueren Untersuchung zum
Teil bis zu 80 Prozent der Bewertun-
gen nicht echt sind“, warnt Hoff-
mann. Die größte Gefahr, Markenfäl-
schungen online zu kaufen, sehen
die Befragten bei Schmuck/Acces-
soires/Brillen (56 Prozent) sowie Klei-
dung oder Uhren ( jeweils 54 Pro-
zent).
Zwar versuchen die meisten Men-
schen, sich vor den Fälschungen von
Luxusprodukten zu schützen, weil
sie das Original besitzen möchten.
Doch es gibt genug Kunden, die be-
wusst eine Fälschung kaufen. Deren
Zahl hat sich seit 2008 bis heute ver-
doppelt, lautet ein Ergebnis der Stu-
die. Vor allem hat das Unrechtsbe-
wusstsein offensichtlich nachgelas-
sen. „Bedenklich ist, dass nur noch
47 Prozent der Befragten heute Pla-
giate für eine Straftat halten“, merkt
Hoffmann an. „Vor elf Jahren waren
es noch 62 Prozent.“

Luxusmarken


Die Angst vor Plagiaten


Viele Kunden sind beim Kauf von Luxusprodukten auf Plattformen wie Alibaba, Ebay oder


Amazon misstrauisch. Die Konzerne unternehmen viel, um sich gegen Fälschungen zu wehren.


Unternehmen & Märkte
WOCHENENDE 25./26./27. OKTOBER 2019, NR. 206
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