Schuhe von Hanwag:
Der Hersteller
wendet sich wie
einige Händler von
Intersport ab.
Decathlon
Der Aldi des Sports
Die Franzosen überziehen die
gesamte Republik mit ihren
Discount-Märkten. Die
Fachhändler reagieren auf
den Angriff.
Joachim Hofer München
N
iemand verkauft in Deutsch-
land so viele Sportartikel wie
die Intersport-Genossen. Zur
Gruppe gehören bekannte Namen
wie Sport Scheck, Sport Schuster
oder Engelhorn Sports. Der größte
einzelne stationäre Sporthändler ist
indes ein Billiganbieter: Decathlon.
Der Discounter expandiert rasant.
Allein in diesem Monat haben die
Franzosen bislang drei Märkte in der
Bundesrepublik eröffnet. Insgesamt
kommt die Kette jetzt auf 75 Geschäf-
te. Zum allergrößten Teil sind es riesi-
ge Flächen von mehreren Tausend
Quadratmetern. In Berlin weihte die
Gruppe Anfang Oktober bereits ihre
siebte Filiale ein.
Das Geschäft der Sportfachhändler
dagegen bricht zusehends weg. Im-
mer öfter kaufen die Kunden bei On-
linekonzernen wie Amazon und Za-
lando oder eben beim Billigheimer
Decathlon. In Deutschland zahlten
die Kunden im vergangenen Jahr für
Sportartikel rund acht Milliarden
Euro.
So ging der Umsatz bei Intersport
von Flensburg bis Berchtesgaden
2018 um drei Prozent auf 2,85 Milli -
arden Euro zurück. Mit 1 480 Ge-
schäften ist die Genossenschaft der
Marktführer in Deutschland. Die
Konkurrenten von der Fachhandels-
gruppe Sport 2000 schlugen sich mit
einem Plus von 0,3 Prozent zwar ein
wenig besser. Das größte Problem
der Fachhändler aber ist überall das-
selbe: Die Konsumenten machen zu-
nehmend einen Bogen um die Ge-
schäfte.
„Das ist ein alarmierendes Zeichen
für uns Sportfachhändler“, sagte Ste-
fan Herzog, Generalsekretär des Ver-
bands deutscher Sportfachhandel, zu
Jahresbeginn auf der Sportmesse
Ispo. Vier Prozent weniger Kunden
zählten die Sport-2000-Händler ver-
gangenes Jahr.
Die Händlerorganisationen wollen
die Kunden nun mit attraktiveren Lä-
den wieder stärker anlocken. Sport
2000 setzt insbesondere darauf, spe-
zialisierte Geschäfte aufzubauen, also
eigene Shops etwa für Läufer oder
Outdoor-Begeisterte.
Auch die Intersport-Händler wer-
den sich künftig stärker auf einzelne,
ausgewählte Sportarten konzentrie-
ren. Die Verbundzentrale hat sich da-
rüber hinaus vorgenommen, die
Händler besser zu unterstützten, et-
wa bei der Auswahl der Sortimente.
„Wir müssen aber auch die beste Di-
gitalerfahrung bieten“, unterstrich
Intersport-Vorstand Mathias Boenke
auf der Ispo. Ziel sei es, der An-
sprechpartner Nummer eins für alle
Dinge im Sport zu werden.
Der Händlerverbund schwenkt
deshalb seit diesem Sommer im In-
ternet radikal um. Erstmals unter-
stützt Intersport die Ladenbesitzer
aktiv, um ihre Turnschuhe, Shirts
und Shorts über die großen Plattfor-
men im Netz anzubieten. „Der Druck
im Handel ist weltweit spürbar. Des-
halb müssen wir Lösungen präsentie-
ren“, erläuterte Markus Gunnesch,
Leiter Unternehmensstrategie von In-
tersport, jüngst dem Handelsblatt.
Zwei Initiativen startete die Ver-
bundgruppe deshalb im vergangenen
Sommer. Mit „Budget Sport“ führte
das Hauptquartier eine neue Marke
ein. Unter diesem Label können die
Händler jetzt Restposten beim Inter-
netkaufhaus Amazon verkaufen. „Es
geht darum, ganz gezielt Altware ab-
zusetzen“, erklärt Gunnesch. Dazu
gibt Intersport den Geschäftsinha-
bern technische und werbliche Un-
terstützung.
Darüber hinaus kooperiert die Ge-
nossenschaft mit Sportmarken24.
Das Start-up aus Wiesbaden ermög-
licht Händlern, mit minimalem Auf-
wand ihre gesamten Bestände auf
den führenden Internetmarktplätzen
zu präsentieren.
Ob das reicht?
Decathlon jedenfalls will weiter
kräftig wachsen. Das Unternehmen sei
„noch lange nicht am Ende seiner Ex-
pansionsvision“, heißt es in einer Mit-
teilung, die sich wie eine Kampfansa-
ge liest. Allein in Bayern würden 2020
drei neue Filialen entstehen, darunter
eine am Münchener Hauptbahnhof.
Decathlon scheut auch nicht die
unmittelbare Konfrontation mit dem
Konkurrenten Intersport. Ausgerech-
net an dessen Hauptsitz in Heilbronn
soll noch dieses Jahr ein weiterer
Markt eröffnen.
rechnet. Dadurch hatte Geschäftsfüh-
rer Gröger die Garantie, dass seine
Rechnungen beglichen werden. Das
ist nun nicht mehr der Fall.
Gröger nimmt das in Kauf. Er
glaubt, dass sich der Schritt lohnt.
Denn er will das Personal der verblie-
benen Händler künftig wesentlich
besser schulen. Gemeinsam mit dem
internationalen Schuh-Kompetenz-
zentrum in Pirmasens hat er dafür
ein mehrtägiges Fortbildungspro-
gramm erarbeitet.
„Dieses Konzept zu erstellen hat
uns wahnsinnig viel Geld gekostet.
Aber wenn die Verkäufer unsere Pro-
dukte erklären können, dann holen
wir die Kunden ab“, hofft Gröger.
Hanwag legt Wert darauf, dass alle
Schuhe aufwendig gezwickt herge-
stellt werden – und sich damit grund-
sätzlich wiederbesohlen lassen.
Händler kritisieren Hanwag
„Wir respektieren die Entscheidung
der Geschäftsleitung von Hanwag
und bleiben jederzeit für Gespräche
offen“, sagte Tim Bielohoubeck, Lei-
ter Strategischer Einkauf von Inter-
sport. Die gemeinsame Zentralregu-
lierung sei für alle Seiten ein Erfolgs-
modell, „das sich über viele Jahre für
unsere Industriepartner und unsere
Händler sehr bewährt hat“.
In Händlerkreisen ist Hanwag um-
stritten. Manche halten den Abschied
von Intersport für heuchlerisch.
Denn das Label ist Teil der Fenix-
Gruppe. Der Firma gehört unter an-
derem Globetrotter, einer der be-
kanntesten Outdoor-Händler. Damit
besitze Hanwag quasi seine eigenen
Läden, ärgert sich so mancher Kauf-
mann. Gröger beteuert, beide Mar-
ken würden unabhängig geführt und
Globetrotter nicht anders behandelt
als jeder andere Händler.
Im Intersport-Hauptquartier in
Heilbronn jedenfalls haben sie er-
kannt, dass sich etwas ändern muss.
Für den 18. und 19. November hat In-
tersport-Chef Alexander von Preen
die Genossen zusammengerufen. Er
will ihnen seine Ideen präsentieren,
wie es weitergehen soll.
Der Druck im
Handel ist
weltweit
spürbar.
Deshalb
müssen wir
Lösungen
präsentieren.
Markus Gunnesch
Leiter Unternehmens-
strategie Intersport
Decathlon-Filiale: Ausgerechnet in
der Nachbarschaft des Erzrivalen.
LightRocket/Getty Images
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Der deutsche Mittelstand
MONTAG, 21. OKTOBER 2019, NR. 202
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