Ercole schon. Es war dort wie in einem Film, durch den
ich mich bewegte.
Selbst Jackie Onassis war früher mal da. Haben Sie beson-ders eindrucksvolle Gäste erlebt?
Es gab immer viele interessante Menschen um uns herum.Ich erinnere mich zum Beispiel sehr gut an den Fotogra-
fen Slim Aarons, der bei mir ein anhaltendes Interesse ander Fotografie geweckt hat. Oder eine Lady, Georgiana
Abreu, die auch von Slim Aarons fotografiert worden ist,die hat mich unheimlich beeindruckt. Die kam ins Hotel,
bis sie 98 Jahre alt war, und sie war einfach immer unfass-bar schick, wirklich fabelhaft, die hob sich selbst noch von
den Pellicano-Gästen ab. Und wenn ich an die besonde-ren Menschen im Pellicano denke, muss ich auch meine
Mutter erwähnen. Die hatte so einen un glaub lichen Stil.Und Kreativität und Heiterkeit! Wissen Sie, wenn es zum
Beispiel eine Sonnenfinsternis gab, die man nur in Mexikosehen konnte, dann gab sie aus diesem Anlass eine Party
im Pellicano. Und wenn die Leute sie fragten, was das soll,dann sagte sie: »Weil es in Mexiko eine Finsternis gibt, ist
das nicht fantastisch?« Und die Leute feierten mit.Vermissen Sie diese Zeit?
Sie ist ja nicht vorbei! Das Schöne am Leben in einemFerienhotel wie dem Pellicano ist, dass man dauernd in-
teressante Menschen trifft, denen man normalerweisenie begegnen würde. Da kommt die vielfältigste Gruppe
von Menschen sozusagen in dein Wohnzimmer. Die Weltverdichtet sich. Das ist für mich bis heute ein absoluter
Genuss, ein Geschenk. Da gibt es dann einen 98-jähri-gen ehemaligen Zeitungsredakteur, mit dem nehme ich
abends einen Drink und höre ihm einfach nur zu, und dererzählt dann zum Beispiel von seinen Begegnungen mit
dem Schriftsteller Italo Calvino. Und als Nächstes kommtso ein Typ, dem alle Malls Gott weiß wo in Amerika ge-
hören. Und dann kommt ein Maler, dem sein Galerist einePause befohlen hat, aber dann trifft der Maler im Hotel
leider mich, und dann gibt es doch wieder Drinks undlange Mittagessen und späte Dinner ... Dieser Ort inspi-
riert mich immer wieder neu.Ich hoffe, so ein Ort verdirbt einen nicht auch ein bisschen.
Es gab ja nicht nur das Pellicano, wir besaßen auch die-ses große Landhaus bei Rom, das heute das Hotel Posta
Vecchia ist und ursprünglich ein Renaissance-Palazzo derFamilie Orsini war. Und in Rom lebten wir in einem Ge-
bäude des Barock-Architekten Bernini. Außerdem sindmeine Eltern beide sehr ästhetisch gesinnte Menschen.
Ich bin durch meine Kindheit und Jugend notgedrungenein Augenmensch geworden, zumal es in Italien allgemein
ja ein ungeheures Gespür für Proportionen, Farben und
Maßstäbe gibt.
Sie haben Architektur studiert, bevor Sie vor gut zehn Jah-ren die Leitung des Pellicano von Ihrem Vater übernommen
haben, und für eine Weile wollten Sie Malerin oder Foto-grafin werden. Haben Sie den Eintritt ins Hotelbusiness
auch mal bereut?Die Pellicano-Gruppe ist so eine Art Gefäß geworden für
all die Dinge, die mir gefallen. Ich habe das ja alles vonAnfang an nach Gefühl und nach meinen Neigungen ge-
macht. Es war für mich zum Beispiel selbstverständlich,ein Kochbuch mit dem Fotografen Juergen Teller heraus-
zubringen, einfach weil ich fand, dass das ein schönesProjekt war – auch wenn das sicher nicht das Erste ist, was
eine normale Hotelgruppe machen würde. All die Dinge,die ich mag und an denen ich interessiert bin, habe ich
ins Hotel gebracht.Im Pellicano gibt es zum Beispiel eine bestechende Film-
sammlung, in einer Vitrine gleich neben der Rezeption.Das sind alles Filme, die ich toll finde, oder es sind Fil-
me, die von Gästen mitgebracht worden sind, denen ichvertraue. Der italienische Regisseur Bernardo Bertolucci
oder die spanische Regisseurin Isabel Coixet zum Beispielhaben da ein paar Filme hingestellt. Solche Details sind
entscheidend, daran glaube ich fest. Angenommen, dubist im Urlaub und interessierst dich für Film, und du
wolltest immer schon Once Upon a Time in America an-schauen, und dann steht da der Film, jetzt kannst du den
mal sehen. Vielleicht sind es fünf Menschen pro Jahr, dieso einen Moment in dem Hotel erleben. Aber diese fünf
genießen einen besonderen Moment, und das ist Luxus.Das wollen wir: Liebe und Aufmerksamkeit in jedem
Detail. Von den Tellern über die Auswahl der Oliven imRestaurant bis hin zu den Filmen und den Sachen in der
Boutique. Das alles zusammen macht einen immensenUnterschied. Die Gäste spüren, wenn man sich ernsthaft
damit beschäftigt.Es gibt auch Hotels, in denen stehen Bücher, die meterweise
gekauft worden sind.Ja! Das ist oft deprimierend. Man geht in ein Hotel, alles ist
perfekt, und dann gibt es diese Reihe von miesen Büchern,die niemanden interessieren, weil sie nicht aus einem le-
bendigen Interesse heraus da hingelangt sind. Es ist mitHotels wie mit Menschen: Sie können supersexy aussehen,
aber oft fehlt leider der Tiefgang. Der Geist eines Ortes istentscheidend dafür, wie man sich dort fühlt.
Abgesehen von den Gästen und Ihrer Liebe zum Detail:Was ist noch besonders am Pellicano? Foto John Swope
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