Focus - 05.10.2019

(Ron) #1
Foto: dpa

62 FOCUS 41/2019


Quellen: Stat. Bundesamt, Wirtschaftsinstitute

Christine
Lagarde, 63,
designierte
EZB-Chefin

„Die Wirtschaft in
der Euro-Zone ist
auf kurze Sicht mit
einigen Risiken
konfrontiert. Eine
hochgradig kon-
junkturstützende
Geldpolitik ist für
eine längere Zeit
gerechtfertigt.“

Am 4. September
2019 vor dem Euro-
päischen Parlament

Auf Konten und


Sparbüchern bun-


kern die Deutschen


2,45 Billionen Euro –


fast 40 Prozent des


privaten Finanz-


vermögens. Schneller


als erwartet könnte


aus diesem Gut-


Haben ein Schlecht-


Haben werden, in


das sich der Strafzins


frisst


pa oder der ganzen Welt. Viele
dieser Fonds eigenen sich auch
für einen monatlichen Sparplan –
ab 25 oder 50 Euro.
Besonders Indexfonds sind
attraktiv. Sie kosten viel weni-
ger Kaufgebühren als klassische
Aktienfonds, die aufwendig nach
möglichst lukrativen Einzelaktien
fahnden. Stattdessen bilden Index-
fonds einen Aktienindex nach wie
beispielsweise den deutschen
Leitindex Dax mit den 30 größ-
ten börsennotierten Unternehmen
oder den US-amerikanischen Dow
Jones (ebenfalls 30 Konzerne).
Diese an der Börse gehandelten
Fonds (Exchange Traded Funds,
ETFs) sind transparent, leicht zu
verstehen und kostengünstig. Die
Fondsgesellschaften verlangen
im Schnitt nur circa 0,37 Prozent
Gebühren pro Jahr (laufende Kos-
ten für einen Aktien-Indexfonds).

Die Strafzinsphase könnte bis
ins Jahr 2025 andauern
Daten der Deutschen Wertpa-
pierservice Bank (DWP Bank)
zeigen, dass sich die Zahl der
ETF-Sparpläne 2018 verdoppel-
te. Nicht ohne Grund: Wer Anfang
2015 in Aktien und Immobilien
anlegte, erzielte bis Mitte dieses
Jahres 15 Prozent Rendite. Das
zeigt der Vermögenspreisindex
von Flossbach von Storch. Wer
dagegen sein Geld auf dem nor-
malen Girokonto parkte, verlor
real sechs Prozent.
Für Sparer und andere Einstei-
ger eignen sich vor allem jene
Aktienindizes, die erfolgreiche
Unternehmen europaweit oder
sogar weltweit einsammeln. Im
MSCI-World-Index beispielswei-
se stecken mehr als 1600 Konzer-
ne weltweit, im Stoxx Europe 600
europäische Firmen aus 17 Län-
dern und im Stoxx Global Select
Dividend 100 Firmen aus Amerika,
Asien, Europa und Australien, die
traditionell eine hohe Dividende
ausschütten.
Aktien statt Sparkonto – das
ist die Formel für die Strafzins-

Epoche. Und wie lange die dau-
ern wird, ist völlig unklar. „Wir
rechnen nicht mit einer Wende
beim Leitzins in den kommenden
fünf Jahren“, sagt Marija Kolak,
Präsidentin des Bundesverbands
der Deutschen Volks- und Raiff-
eisenbanken (BVR). Damit werde
es für Banken „immer schwerer,
die angemessene Profitabilität im
Kundengeschäft sicherzustellen“.
Und der baden-württembergi-
sche Sparkassenpräsident Peter
Schneider ist sicher: „Wenn dieses
Zinsniveau auf einer langen Achse
fortgeschrieben wird, dann wird
der betriebswirtschaftliche Druck
so groß, dass sich niemand mehr
Negativzinsen entziehen kann.“
Niemand. Also auch nicht die
57 Millionen deutschen Sparer.
Sie legen im Schnitt traditionell
jeden zehnten Euro zur Seite, um
für schlechte Zeiten vorzusorgen.

Meist auf Konten und Sparbü-
chern. Dort bunkern sie satte 2,45
Billionen Euro – fast 40 Prozent
des privaten Finanzvermögens,
wie aus Zahlen der Deutschen
Bundesbank hervorgeht.
Theoretisch könnten auf jeden
gesparten Euro Strafzinsen ent-
fallen. Nicht nur 0,5 Prozent, son-
dern auch deutlich mehr. Davon
ist der Wirtschaftswissenschaftler
Thorsten Polleit überzeugt. „Die
EZB wird den Leitzins in den
kommenden sechs Monaten auf
etwa minus ein Prozent absenken.
Die Banken in der Euro-Zone wer-
den vermutlich auf breiter Front
Negativzinsen für Sicht-, Termin-
und Sparguthaben erheben.“
Schneller als erwartet wür-
de so aus einem Gut-Haben ein
Schlecht-Haben. „Der Negativzins
frisst sich in unsere Gesellschaft“,
warnt Reinhold Rickes, Chefvolks-
wirt des Deutschen Sparkassen-
und Giroverbands (DSGV).

Reihenweise erhöhen die Banken
jetzt ihre Gebühren
Das alarmiert auch die Politik.
CSU-Chef Markus Söder will Ban-
ken untersagen, von Millionen
Anlegern mit weniger als 100 000
Euro Strafzinsen zu kassieren. „Wir
brauchen ein gesetzliches Verbot
in Deutschland, das verhindert,
dass Negativzinsen umgelegt wer-
den auf Kleinsparer“, fordert der
bayerische Ministerpräsident.
Bundesfinanzminister Olaf
Scholz (SPD) lässt prüfen, ob ein
solches Verbot verfassungsrecht-
lich möglich ist, und warnt die
Geldhäuser vor Minuszinsen für
Kleinsparer: „Ich habe den Bank-
vorständen sehr klar gesagt, dass
ich glaube, dass es ein ziemlich
schlechter Einfall wäre, jetzt für
Millionen Sparerinnen und Sparer
mit Negativzinsen zu arbeiten.“
Dabei sind Strafzinsen nicht
die einzige Möglichkeit der Ban-
ken, ihre Kunden abzukassieren.
Es geht auch über höhere Preise
für Konten, Überweisungen und
andere Bankgeschäfte. Schon

Ausgaben gehen rauf 2019 geben die
Deutschen 1,4 Prozent mehr Geld aus

2018 2019* 2020*

So wächst der private Konsum
Veränderung gegenüber Vorjahr (*Prognose)

1,3% 1,4% 1,4%
Free download pdf