WIRTSCHAFT
70 FOCUS 41/2019
ieder eine
ungemütliche
Woche für
den VW-Kon-
zern. Am Mon-
tag eröffneten
Richter des
Oberlandesgerichts Braun-
schweig ein Musterverfah-
ren im Diesel-Skandal. Rund
470 000 Kläger fühlen sich von
VW getäuscht und verlangen
eine Entschädigung. Der Pro-
zess und die Folgeverfahren
könnten Jahre dauern und Mil-
liarden kosten (siehe S. 18).
Bram Schot, 58, dürfte genau
verfolgen, was in Braunschweig
passiert. Der Audi-Chef ist von
der Musterfeststellungsklage
gegen den Mutterkonzern VW
zwar nicht direkt betroffen.
Aber möglicherweise drohen
auch Audi weitere teure Pro-
zesse.
Die Ingolstädter sind tief in
den Diesel-Skandal verstrickt,
Schots Vorgänger Rupert Stad-
ler und drei weitere Mitarbei-
ter wegen Betrugsverdachts
angeklagt. Audi selbst musste
bereits 800 Millionen Euro Buß-
geld bezahlen. Und viele fragen
sich: Kommt da noch mehr?
Schot will über den Diesel-
Skandal und die Folgen mit
FOCUS nicht sprechen. Die
juristischen Angelegenheiten
wegen Dieselgate seien derzeit
allein Sache von VW. So habe
man das festgelegt. Zu seinem
Vorgänger Stadler gibt es seit
dessen Verhaftung mit Verweis
auf die laufenden Ermittlungen
ebenfalls keinen Kommentar
von Schot.
Aber auch abseits der Be-
trugsfälle kämpft der Audi-
Chef mit vielen Problemen. Der
Gewinn vor Steuern brach im
ersten Halbjahr um 20 Prozent
ein. Es droht Stellenabbau, die
Kosten sollen um 15 Milliarden
Euro sinken.
Schots Zukunft bei dem
Unternehmen scheint eben-
falls ungewiss. Immer wieder
heißt es, er werde im Früh-
jahr 2020 durch den ehema-
ligen BMW-Vorstand Markus
Duesmann ersetzt. Auf der IAA
Anfang September erklärte
VW-Chef Herbert Diess, Schot
sei ein kompetenter Mann.
Nach einer Kunstpause fügte
er mit maliziösem Lächeln hin-
zu: „Und im Moment an der
richtigen Stelle.“
Herr Schot, seit dieser Woche
läuft der Musterprozess für rund
470 000 Diesel-Kunden von
VW. Wie viel Energie wenden
Sie bei Audi für die Aufarbei-
tung von Dieselgate auf?
So etwas wie den Diesel-
Skandal darf es in unserem
Unternehmen nie mehr geben.
Dafür haben wir in den vergan-
genen Jahren viele Prozesse
neu aufgesetzt und sogenann-
te Golden Rules für den Bereich
der Fahrzeugentwicklung eta-
bliert. Zusammen mit neuen
Verhaltensgrundsätzen, die im
Code of Conduct gebündelt
sind, gibt es nun ein konzern-
weit einheitliches Regelwerk.
Es dient unter anderem dazu,
mit einem Mehraugenprinzip
sowie klaren und verteilten
Zuständigkeiten die vielen
Schritte auf dem Weg zur Typ-
prüfung im Detail zu beschrei-
ben, präzise zu dokumentieren
und deren Einhaltung sicher-
zustellen.
Audi ist stark unter Druck, der Ab-
satz bricht ein. Wie wollen Sie den
Rivalen BMW wieder einholen?
Wer sagt, dass es mein Ziel ist,
BMW einzuholen? Geben Sie
mir einen Grund, warum das so
wichtig ist.
Zum Beispiel, um Ihre
Werke auszulasten.
Für uns steht nicht das
Absatzvolumen im Vorder-
grund, sondern dass wir unse-
re Autos profitabel produzieren.
Da sind wir auf einem guten
Weg: Unsere operative Umsatz-
rendite von acht Prozent kann
sich im Vergleich zu Wettbe-
werbern sehen lassen.
Im ersten Halbjahr brach Audis
Vorsteuergewinn um 20 Pro-
zent ein. Geht es so weiter?
Herr der vier Ringe
Bram Schot, 58, ist seit
Januar Audi-Chef. Der
Niederländer war zuvor
unter anderem für Daimler
tätig. Seine Familie lebt
in Amsterdam
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