Mittwoch, 9. Oktober 2019 SCHWEIZ 13
Zum zweiten Mal innert zwei J ahren gewinnen
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im Kanton Zürich ohne Parlament SEITE 17
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«Wir müssen Vertrauen aufbauen»
Swiss-Sign-Chef Mark us Naef erklärt, wie er mi t dem digitalen Pass Geld machen will
Herr Naef, am Dienstag hat einReferen-
dumskomitee die Unterschriftensamm-
lung lanciert, um das Gesetz über die
E-ID zur Abstimmung zu bringen.Be-
reitet Ihnen das Sorgen?
WenndasGesetztatsächlichzurAbstim-
mungkommensollte,ist das auch eine
Chance. Wirkönnten im Abstimmungs-
kampf dieVorteile der gewähltenAuf-
gabenteilung zwischen Staat und Priva-
ten klar aufzeigen.Es ist allerdings auch
eine Herausforderung, ein sokomplexes
Themazuerklären.Da hatesdieGegen-
seite einfacher und kann mit polemi-
schenÄusserungen Stimmung machen.
Welche Äusserungen meinen Sie?
Dass die E-ID von privatenFirmen her-
ausgegeben wird.Oder di eAussage,dass
die Nutzer ihre E-ID bei der UBS be-
ziehen müssen. SolcheAussagen sind
falsch.Wer eineE-ID will, muss diese
beim Bund beantragen.Das Bundesamt
für Polizei (Fedpol) gibt dann das Okay
und übermittelt unsdie Daten derPer-
son. Diese Identitätsdaten müssen zu-
dem beim Bundregelmässig aktuali-
siert werden. Der Staat alleine entschei-
det,ob jemand eine E-ID beziehen kann
oder nicht. Herausgabe und Daten-
hoheit liegen also beim Staat.
Aber private Firmen wieSwiss Sign be-
treiben die E-ID mit demgesamten Log-
in-System.
Richtig, wir sorgen für dieVerbreitung
der E-ID.Wir bauen den zweiseitigen
Markt auf. Zum einen wollen wir mög-
lichst viele Nutzer von der E-ID über-
zeugen, zum anderen braucht es ge-
nügend Anwendungen, bei denen ein
Einsatz überhaupt möglich ist.
Solche Anwendungen gibt es heute noch
kaum.Ganz grundsätzlich gefragt:Wozu
brauche ich überhaupt eine E-ID?
Die E-ID vereinfacht die digitalen Pro-
zesse .Sie bietet die Möglichkeit,sich
im Internetauszuweisen. Heute gibt
es Transaktionen im Internet, die noch
nicht durchgehend digital abgewickelt
werdenkönnen und zum Beispiel noch
das Einscannen einesAusweises not-
wendig machen.Dazu gehören dieAuf-
nahme eines Kleinkredits, die Eröffnung
einesBankkontos, der Abschluss eines
Handyabos oder der Besuch eines On-
line-Spielkasinos. Im Bereich E-Govern-
ment wird es künftig bei Bund, Kanto-
nen oder Gemeinden ebenfalls mehr
Einsatzmöglichkeiten geben.
Sie haben dieAufgabenteilung zwischen
Staat und Privaten angesprochen. Hat
die Bevölkerung genügendVertrauen in
Firmenwie dieSwiss Sign Group,dass
sie sich eine E-ID ausstellen lässt?
Wir müssen uns diesesVertrauen auf-
bauen.Vertrauen ist selbstverständlich
die Grundvoraussetzung für unser Ge-
schäftsmodell. Ein wichtiges Element
dabei ist die staatliche Anerkennung
der Identitätsprovider wie derSwiss
Sign Group durch den Staat.
Swiss Sign ist einKonsortium, in dem
nicht nur bundesnaheBetriebe wiePost,
SB B undSwisscom vertreten sind, son-
dern auchBanken oder Krankenver-
sicherungen.Das schafft nicht bei allen
zusätzliches Vertrauen.
Dieser Umstand wird von den Gegnern
zu Unrecht ausgeschlachtet. Gross-
firmen hätten Zugang zu den Nutzungs-
daten, heisst es fälschlicherweise. Da-
bei ist im Gesetz festgehalten, dass wir
dieseDaten nicht weitergeben dürfen.
Wir würden nicht nur die staatliche An-
erkennung verlieren,sondern unser gan-
zes Geschäftsmodell zerstören.Schliess-
lich istSwiss Sign schon lange imVer-
trauensgeschäft tätig, zum Beispiel bei
der Herausgabe von elektronischen
Sicherheitszertifikaten oder Signaturen.
Swiss Sign will die E-ID für Nutzer kos-
tenlos anbieten.Das weckt denVerdacht,
dass dieBenutzer bezahlen, indem ihre
Nutzungsdaten verkauftwerden.
Wir dürfen dieDaten nichtkommer-
ziell nutzen. Das steht ganz klarim Ge-
setz. Wir halten zudem nur in begrenz-
tem MassDaten. Bei uns liegeneiner-
seits die Identitätsdaten, die wir vom
Bund erhalten.Das entspricht unge-
fähr den Angaben auf einem amtlichen
Ausweis.Andererseits fallen bei uns die
Randdaten der Log-ins an.Wir wissen
also, wer sich wann bei welchem On-
line-Dienst anmeldet.Was diePerson
dort getan hat, ob sie etwas gekauft oder
was sie bestellt hat, wissen wir hingegen
nicht. DieseDaten überdie Log-ins
müssen wir zudem nach sechs Monaten
löschen, so schreibt es das Gesetz vor.
Aber irgendwie wird dieSwiss Sign
Group Geld verdienenwollen.Wie?
Die Online-Dienste, die unser Log-in mit
der E-ID anbieten, bezahlen uns für die
Identifikation.DasistfürdieFirmengüns-
tige r,als wenn sie diesen technischenVor-
gang selbst anbieten müssen.Denn eine
Identitätzubestätigen,istkomplex.Neben
derTechnik braucht es zum Beispiel auch
einenKundendienst, der bei Problemen
beim Log-in-Prozess weiterh ilft .Wenn
wir diese Dienstleistung für vieleFirmen
übernehmen,kommtdasbilliger,alswenn
es jede einzelne selbst macht.
Das Parlament hat im Gesetz dieVor-
schrift eingefügt, dass Online-Anbieter
bei einem einfachen Log-in einen alter-
nativen Zugang ohne E-ID anbieten
müssen. Stellt das Ihr Geschäftsmodell
infrage, das ja eine möglichst grosse
Marktdurchdringung möchte?
Nein,überhaupt nicht.Wir schreiben bei
der Swiss ID denAnbietern von Online-
Dien sten sowieso vor, dass sie nur dann
verifizierteDaten anfordern dürfen,
wenn diese für den Geschäftsabschluss
nötig sind. Der Kauf einesFernsehers
in einem Online-Shop wird weiterhin
mit selbstdeklarierten Angaben, sprich
anonym, möglich sein. Erst wenn es für
den Kauf eines Handyabos eine bestä-
tigte Identität braucht, muss der Nutzer
seine E-ID-Daten angeben.
Sie bieten bereits heute geprüfte Identi-
täten für IhreSwiss ID an, bei denen der
Nutzer mit einemVideo von sich und
einerKopie desAusweises seinePerso-
nalien bestätigen lassen kann. Brauchen
Sie die staatlicheAnerkennung gar nicht?
Doch,dieistsehrwichtig.DasneueE-ID-
Gesetz bringt eine Harmonisierung der
Vorschriften.HeutegelteninjederBran-
che andereRegeln für die Identifikation,
zum Beispiel bei Online-Kasinos, Mobil-
funkabonnementen,beimelektronischen
PatientendossieroderbeiFinanzgeschäf-
ten. Zwar ist unser Geschäftsmodell, wie
wir es heute betreiben, theoretisch auch
ohne E-ID-Gesetz machbar.Aber es
wärevielkomplexer,vorallemfürunsere
Kunden. Zudem bringt das neue Gesetz
klareRahmenbedingungen und strenge
Datenschutzbestimmungen.
Was bedeutet es, wenn dasVolk Nein
sagt zur E-ID?
Dann würde die Schweiz umJahre zu-
rückgeworfen. Der Bund müsste ein
neues Gesetz mit einer anderenAufga-
benteilungausarbeiten.Inklusive Ver-
nehmlassung undParlamentsberatung
würde das eineVerzögerung von drei
bis vierJahren bedeuten. Und wir hät-
ten vermutlichkeine bessereLösung als
heute. Die Schweiz stünde im Bereich
Digitalisierung alsVerliererin da.
Interview: Lukas Mäder,Bern
«Wir dürfen dieDaten nicht kommerziell nutzen»,sagt Markus Naef,CEO derSwiss SignGroup. PD
Gegner sammeln Unters chriften gegenden digitalen Pass
mdr.·Auf diesesReferendum hat nie-
mandgewartet,soscheintes.DieSPsam-
meltUnterschriftengegendieErhöhung
derSteuerabzügefürElternmitKindern.
DieGrünenwerdensichfürdasReferen-
dum gegen dasJagdgesetz engagieren.
Im Vergleich dazu ist der elektronische
Identifizierungsdienst (E-ID) ein tro-
ckenes undkomplexesThema, bei dem
wenig zu holen ist. Zwar unterstützen
die beiden linkenParteien dasReferen-
dum, sie sind aber bei der Unterschrif-
tensammlung kaum aktiv.
So präsentierte sich zum Start der
Unterschriftensammlung denn auch nur
ein kleines Grüppchen, bestehend vor
allem aus der Digitalen Gesellschaft, der
OnlineplattformWecollect vonDaniel
Graf sowie der Kampagnenorganisation
Campax. Sie wollen bis in drei Mona-
ten die nötigen50 000 Unterschriften
zusammenbekommen, um den digi-
talenPass an die Urne zu bringen. Ihr
Kritikpunkt: dass nicht der Staat allein
die E-ID ausstellen soll, sondern aner-
kannte private Unternehmen in einer
Art Public-private-Partnership.
Für die Gegner steht der Staat bei der
E-ID in derVerantwortung. «Der digi-
tale Pass ist zentral für E-Government
und damit auch für die Zukunft», sagte
Erik Schoenenberger von der Digitalen
Gesellschaft an einer Online-Medien-
konferenz. Deshalb dürfe der Staat die
Aufgabe, die E-ID herauszugeben,nicht
an private Unternehmen delegieren.
Besonders schmerzlich dürfte für die
Gegner das Abseitsstehen der Stiftung
fürKonsumentenschutzsein.Diesehatte
sich während der parlamentarischen Be-
ratung noch für einerein staatliche E-ID
engagiert. Nun unterstützt sie die Unter-
schriftensammlung aber nicht, wie es auf
Anfrage heisst. Zwar sei derKonsumen-
tenschutz nichtglücklich über dieAus-
lagerung des E-ID-Systems an private
Firmen.«DochdasParlamenthatdasGe-
setz nicht zuletzt dank unserer entschie-
denen Intervention in zentralen Punkten
verbessert», begründet derKonsumen-
tenschutz seinenRückzug.Dazu gehört
etwa die Pflicht eines alternativen Zu-
gangs ohne E-ID bei einfachen Log-ins.
Angesichts der Mobilisierung im
Internet, wo bereits gut 11000 Personen
ih re Hilfe für die Unterschriftensamm-
lungzugesicherthaben,erscheintdasZu-
standekommen desReferendumsrealis-
tisch.Die Gegner geben sich auch für die
allfälligeAbstimmunghoffnungsvollund
verweisen auf eine neue Umfrage des
Digital DemocracyLab der Universität
Zürichvom Montag. Nach dieser wollen
82 Prozent der Befragten, dass der Staat
dieE-IDherausgibt.DieseklareHaltung
giltfür die Anhängeraller Parteien, von
SVP(73,1Prozent) bis Grüne(89,9 Pro-
zent).DieStudiebasiertaufeinerzufälli-
gen Stichprobe von 1004Personen.
Neuer Vorschlag
zur Heiratsstrafe
vor dem Aus
Nationalratskommiss ion
für Rückweisung der Vorlage
(sda)·Der neueVorschlag des Bundes-
rates zurAbschaffung der Heiratsstrafe
droht zu scheitern. Nach dem Ständerat
hat sich auch dieWirtschaftskommission
des Nationalrates (WAK) dafür ausge-
sp rochen, dieVorlage an den Bundes-
rat zurückzuweisen. Der Entscheid fiel
allerdings knapp aus: DieWAK stimmte
mit 13 zu 12 Stimmen für dieRückwei-
sung , wie dieParlamentsdienste am
Dienstag mitteilten. Fo lgt der National-
rat seinerKommission, muss der Bun-
desrat über die Bücher. Andernfalls ist
erneut der Ständerat am Zug.Dieser
hatte sich mit 25 zu18 Stimmen für die
Rückweisung ausgesprochen.
Die Mehrheit der Nationalrats-
kommission ist derAuffassung, die Vor-
lage des Bundesrates trage den gesell-
schaftlichen Entwicklungen nichtRech-
nung.Vielmehr zementiere sie das gel-
tendeSystem.Jeder Zivilstand sollte
gleich behandelt werden, fordert die
Mehrheit. Die Minderheit ist der An-
sicht, das Problem der Heiratsstrafe
müsse jetzt endlich gelöst werden.
Oppositionslos zugestimmt hat die
WAKeinerInitiativederständerätlichen
Schwesterkommission, die das Risiko
beim Einsatz vonPestizidenreduzieren
will. Dazu soll ein Absenkpfad mit Ziel-
werten gesetzlich verankert werden.Die
WAK ist derAnsicht,damitkönne mehr
Verbindlichkeit geschaffen werden. Die
Ständeratskommission kann nun eine
Gesetzesvorlage ausarbeiten. Diese soll
in Abstimmung mit der Agrarpolitik
2022+ behandelt werden. Die Stände-
ratskommission hatte betont, es handle
sich nicht um einen indirekten Gegen-
vorschlag zurTrinkwasser- und zurPes-
tizidinitiative. Sie wolle sich vielmehr
den Weg offenhalten, die agrarpoliti-
schen Massnahmen des Bundes gezielt
zu ergänzen.
Ferner hat sich dieWAK gegen eine
Motion von Ständerat Beat Rieder
(Wallis, cvp.) ausgesprochen,die Schwei-
zer Unternehmen besser vor problema-
tischen Übernahmendurchausländi-
sche Unternehmen schützen will. Mit 15
zu 9 Stimmen beantragt sie ihremRat,
den Vorstoss abzulehnen. Der Stände-
rat hatte diesen angenommen. Die Dis-
kussionen ausgelöst hatten Übernah-
men durch chinesische Firmen. Die
Mehrheit der Nationalratskommission
ist der Ansicht, es bestehekein Bedarf
für eine Genehmigungsbehörde. Eine
solche würde vielmehr ein negatives
Signal gegenüber ausländischen Inves-
toren senden und denWirtschaftsstand-
ort Schweiz unnötig schwächen.
IhrHausarzt im Bundeshaus
JosefWidler
in den
Nationalrat
2xaufdieListe
NicoleBarandunindenStänderat
http://www.josef-widler.ch