Frankfurter Allgemeine Zeitung - 07.10.2019

(Dana P.) #1

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG Sport MONTAG, 7. OKTOBER 2019·NR. 232·SEITE 27


Marquez vorzeitig Weltmeister

Marc Marquez ist der alte und neue
Motorrad-Weltmeister in der Klasse
Moto-GP. Mit einem Sieg beim Thai-
land-Grand-Prix hat der Spanier am
Sonntag vorzeitig seinen achten WM-
Titel gewonnen. „Das ist meine beste
Saison“, sagte Marquez. Beim Rennen
in Buriram führte der Franzose Fabio
Quartararo bis zur letzten Runde,
musste sich am Ende aber Marquez ge-
schlagen geben. Maverick Vinales
(Spanien) kam als Dritter ins Ziel.
(dpa)

Kündigung für Wegner

Trainer Ulli Wegner hat nach 23-jähri-
ger Zugehörigkeit zum Sauerland-Stall
die Kündigung von dem Box-Unterneh-
men erhalten. „Zum 31. Dezember ist
Schluss, hat man mir mitgeteilt. Wenn
man mich nicht mehr will, bitte schön.
Es ist so traurig“, sagte der 77 Jahre
alte Wegner. Er hatte in seiner Ära un-
ter anderen Sven Ottke, Markus Beyer,
Arthur Abraham und Marco Huck zu
Weltmeistern gemacht. (dpa)

Frankreich und England weiter

Frankreich und England haben als ers-
te Teams bei der Rugby-WM in Japan
das Viertelfinale erreicht. Frankreich
errang am Sonntag mit dem 23:21 über
Tonga den dritten Sieg im dritten Spiel.
Am Tag zuvor hatte England 39:10 ge-
gen Argentinien gewonnen. (dpa)

LBasketball
Bundesliga, Herren, 2. Spieltag:Hamburg
Towers – Synt. MBC Weißenfels 83:104, Löwen
Braunschweig – ratiopharm Ulm 94:88, s.Oli-
ver Würzburg – BG Göttingen 90:75, MHP Rie-
sen Ludwigsburg – Telekom Baskets Bonn
94:80, Rasta Vechta – EWE Baskets Oldenburg
68:73, Fraport Frankfurt – FC Bayern München
77:81, Hakro Merlins Crailsheim – medi Bay-
reuth 83:76.
LEishockey
DEL, Hauptrunde, 9. Spieltag:Eisbären Berlin –
Straubing Tigers 5:2, ERC Ingolstadt – Kölner
Haie 3:1, Grizzlys Wolfsburg – Düsseldorfer EG
2:3.
LFußball
Spanien, 8. Spieltag:Betis Sevilla – SD Eibar 1:1,
CD Leganes – UD Levante 1:2, Real Madrid – FC
Granada 4:2, FC Valencia – CD Alaves 2:1, CA
Osasuna – FC Villarreal 2:1, RCD Mallorca – Espa-
nyol Barcelona 2:0, Celta Vigo – Athletic Bilbao
1:0.
Italien, 7. Spieltag:AC Spal Ferrara – AC Parma
1:0, Hellas Verona – Sampdoria Genua 2:0, CFC
Genua – AC Mailand 1:2, AC Florenz – Udinese
Calcio 1:0, Atalanta Bergamo – US Lecce 3:1, FC
Bologna – Lazio Rom 2:2, AS Rom – Cagliari Cal-
cio 1:1.
England, 8. Spieltag:Brighton & Hove Albion –
Tottenham Hotspur 3:0, FC Burnley – FC Everton
1:0, FC Liverpool – Leicester City 2:1, Norwich
City – Aston Villa 1:5, FC Watford – Sheffield Uni-
ted 0:0, West Ham United – Crystal Palace 1:2,
FC Arsenal – AFC Bournemouth 1:0, Manchester
City – Wolverhampton Wanderers 0:2, FC South-
ampton – FC Chelsea 1:4.


  1. Liga, 11. Spieltag:KFC Uerdingen – 1. FC


Magdeburg 0:0, 1. FC Kaiserslautern – FC CZ
Jena 3:1, SG Sonnenhof Großaspach – FC Ingol-
stadt 04 1:5, SpVgg Unterhaching – Preußen
Münster 2:2, Hallescher FC – FSV Zwickau 1:1,
Viktoria Köln – SV Waldhof Mannheim 2:2, Han-
sa Rostock – SV Meppen 2:1, Bayern München II


  • Eintracht Braunschweig 2:0, Chemnitzer FC –
    MSV Duisburg 3:1.
    Tabelle:1. Unterhaching 22 Pkt., 2. Halle 21, 3.
    Braunschweig 20, 4. Duisburg 19, 5. Mann-
    heim 18, 6. Ingolstadt 04 18, 7. Köln 18, 8. Bay-
    ern München II 17, 9. Magdeburg 16, 10. Ros-
    tock 16, 11. Zwickau 15, 12. Meppen 14, 13.
    1860 München 14, 14. Kaiserslautern 13, 15.
    Uerdingen 13, 16. Würzburg 12, 17. Großas-
    pach 11, 18. Münster 10, 19. Chemnitz 9, 20.
    Jena 1.
    Frauen, EM-Qualifikation, Gruppe I, 3. Spiel-
    tag:Deutschland – Ukraine 8:0.
    LHandball
    Bundesliga, Männer, 8. Spieltag:SC Magde-
    burg – Frisch Auf Göppingen 30:21, HSG Nord-
    horn-Lingen – DHfK Leipzig 33:30, Die Eulen
    Ludwigshafen – TVB Stuttgart 23:27, SG Flens-
    burg-Handewitt – Füchse Berlin 27:23.
    LLeichtathletik
    Weltmeisterschaften in Doha/Qatar, Männer,
    1500 m:1. Cheruiyot (Kenia) 3:29,26 Min., 2.
    Makhloufi (Algerien) 3:31,38, 3. Lewandowski
    (Polen) 3:31,46, 4. Jakob Ingebrigtsen (Norwe-
    gen) 3:31,70.
    10 000 m: 1. Kiprui Cheptegei (Uganda)
    26:48,36 Min., 2. Kejelcha (Äthiopien) 26:49,34, 3.
    Kipruto (Kenia) 26:50,32.
    Marathon:1. Desisa (Äthiopien) 2:10:40 Std., 2.
    Geremew (Äthiopien) 2:10:44, 3. Kipruto (Kenia)
    2:10:51.


4 x 100 m:1. USA 37,10 Sek., 2. Großbritannien
37,36, 3. Japan 37,43.
Kugelstoßen:1. Kovacs (USA) 22,91 m, 2. Crou-
ser (USA) 22,90, 3. Walsh (Neuseeland) 22,90.
Speerwurf:1. Peters (Grenada) 86,89 m, 2. Kirt
(Estland) 86,21, 3. Vetter (Offenburg) 85,37, ... 6.
Weber (Mainz) 81,26.
Frauen, 5000 m:1. Obiri (Kenia) 14:26,72 Min., 2.
Chelimo Kipkemboi (Kenia) 14:27,49, 3. Kloster-
halfen (Leverkusen) 14:28,43.
4 x 100 m:1. Jamaika 41,44 Sek., 2. Großbritan-
nien 41,85, 3. USA 42,10,... Deutschland
(Kwayie/Berlin, Kwadwo/Leverkusen, Wessol-
ly/Mannheim, Lückenkemper/Leverkusen)
42,48.
100 m Hürden:1. Ali (USA) 12,34 Sek., 2. Harri-
son (USA) 12,46, 3. Williams (Jamaika) 12,47.
Weitsprung:1. Mihambo (Schwetzingen) 7,30
m, 2. Bech-Romantschuk (Ukraine) 6,92, 3. Bru-
me (Nigeria) 6,91.
Dreisprung:1. Rojas (Venezuela) 15,37 m, 2. Ri-
cketts (Jamaika) 14,92, 3. Ibargüen (Kolum-
bien) 14,73.
LMotor
Motorrad, MotoGP-Weltmeisterschaft in Buri-
ram/Thailand (26 Runden à 4,554 km/118,404
km):1. Marc Marquez (Spanien) – Honda
39:36,223 Min., 2. Quartararo (Frankreich) – Ya-
maha +0,171 Sek., 3. Vinales (Spanien) – Yama-
ha +1,380.
Moto2 (4 Runden à 4,554 km/109,296 km):1.
Marini (Italien) – Kalex 38:40,882 Min., 2. Bin-
der (Südafrika) - KTM +2,296 Sek., 3. Lecuona
(Spanien) – KTM +2,544,... 14. Schrötter
(Pflugdorf) – Kalex +16,603,... 22. Öttl (Ain-
ring) – KTM +35,014.

LRugby
WM in Japan, Gruppe A: Japan – Samoa 38:19.
Gruppe B:Neuseeland – Namibia 71:9.
Gruppe C:England – Argentinien 39:10, Frank-
reich – Tonga 23:21.
Gruppe D:Australien – Uruguay 45:10.
LTennis
ATP-Tour in Tokio/Japan, Herren, Einzel
(1,895 Mio. Dollar), Finale:Djokovic (Serbien)


  • Millman (Australien) 6:3, 6:2.
    ATP-Tour in Peking/China, Herren, Einzel
    (3,515 Mio. Dollar), Halbfinale:Tsitsipas (Grie-
    chenland) – Alexander Zverev (Hamburg) 7:6
    (8:6), 6:4, Thiem (Österreich) – Chatschanow
    (Russland) 2:6, 7:6 (7:5), 7:5. –Finale:Thiem –
    Tsitsipas 3:6, 6:4, 6:1.
    WTA-Tour in Peking, Damen, Einzel (8,285
    Mio. Dollar), Finale:Osaka (Japan) – Barty
    (Australien) 3:6, 6:3, 6:2.
    LVolleyball
    Bundesliga, Frauen, 1. Spieltag:Dresdner SC –
    SC Potsdam 1:3, Rote Raben Vilsbiburg – VfB
    Suhl 3:1, USC Münster – MTV Stuttgart 1:3, FTSV
    Straubing – VC Wiesbaden 3:0.
    LGewinnzahlen
    Lotto:8, 17, 27, 36, 47, 49. – Superzahl: 5.
    Spiel 77:1, 5, 6, 1, 2, 6, 6.
    Super 6:5, 9, 0, 3, 0, 9.
    Eurojackpot:15, 19, 20, 45, 49.
    Eurozahlen:7, 8.
    Glücksspirale, Wochenziehung:1 gewinnt 10,00
    Euro, 07 gewinnt 25,00, 207 gewinnt 100,00, 1 856
    gewinnt 1000,00, 05 013 gewinnt 10 000,00, 813
    577 gewinnt 100 000,00, 343 472 gewinnt 100
    000,00. –Prämienziehung:7 832 430 gewinnt 10
    000,00 Euro monatlich 20 Jahre lang.


N


ach vier Geräten und dem folgen-
den Interview-Marathon konnte
Oksana Chusovitina kaum mehr auf ih-
ren Beinen stehen. „Ich bin müde“, sag-
te sie, aber das bezog sich nur auf die-
sen einen Abend bei der WM in Stutt-
gart, als sie einen kompletten Turn-
Mehrkampf in den 44 Jahre alten Kno-
chen hatte. Diese Frau, so scheint es, ist
aus Edelstahl rostfrei gebaut. Andere
Hochleistungsturner greifen sich in ih-
rem Alter längst stöhnend an den Rü-
cken, doch Chusovitina schlägt immer
noch Salti wie eine Junge. Von hinten
sieht sie auch so aus: ein Püppchenkör-
per, 1,53 Meter groß, 44 Kilogramm
schwer. Nur der hohe Haarknoten fehlt,
den die jungen Turnerinnen lieben. Sie
trägt eine praktische Kurzhaarfrisur.
Und ein Blick in ihr ungeschminktes
Gesicht bringt es an den Tag: Der zarte


Schmelz der unverbrauchten Jugend,
welcher der eisernen Welt des Leis-
tungsturnens den Weichzeichner ver-
leiht, ist nicht mehr da.
Der sportliche Weg, der hinter ihr
liegt, war lang und gewunden. Schon
1992 wurde sie in Barcelona Mann-
schafts-Olympiasiegerin für die GUS,
die Nachfolgestaaten der Sowjetunion.
1996, 2000 und 2004 turnte sie für Us-
bekistan, 2008 in Peking holte sie für
Deutschland die Silbermedaille im
Sprung – das war ihr Geschenk an die-
ses Land, das Beste, was sie zu verge-
ben hatte als Turnerin mit Leib und See-
le. Hier wurde ihr geholfen, als ihr
Sohn Alisher mit zwei Jahren an Leuk-
ämie erkrankte. Sie zog nach Deutsch-
land, damit der Junge in Köln behan-
delt werden konnte. Mit Hilfe von Preis-
geldern und Spenden konnte sie die
Therapie finanzieren. Der Junge ist
längst geheilt und macht in Bergisch-
Gladbach demnächst Abitur.
Tschüs, sagte Oksana Chusovitina
nach ihrem fünften Platz bei ihren
sechsten Spielen in London, was be-
reits Rekord war im Turnen. Doch das
war verfrüht. Sie kehrte zurück: Zu den
Spielen Nummer sieben in Rio für Usbe-
kistan. Und sie konnte noch immer
nicht loslassen. Bei der WM in Stutt-
gart wollte sie sich für ihre achten
Olympischen Spiele qualifizieren –
aber diesmal musste selbst die unzer-
brechliche Usbekin sich dem Rat-
schluss der Jahre beugen. Sie wurde in
der Qualifikation an ihrem Spezialge-
rät, dem Sprung, nur Zwölfte und ver-
passte damit die Chance auf einen
Olympia-Startplatz. Sie hatte das
Schicksal zu sehr herausgefordert, in-
dem sie den Silber-Sprung von Peking
versuchte: Den Kasamatsu mit Doppel-
schraube. Bei der Landung musste sie
zum Boden greifen. Das wars. Höchs-
tens als Nachrückerin im Mehrkampf
könnte sie es noch nach Tokio schaffen.
Ihre Freundin und Managerin stand
ihr bei: Svetlana Boginskaja, nur zwei
Jahre älter als Chusovitina. Auch die
Weißrussin gehörte einst zur Gold-
Mannschaft von Barcelona, hat aber
vor 23 Jahren ihre Karriere beendet.
Vor dreißig Jahren, als die Turn-WM
zum ersten Mal in der Schleyer-Halle
stattfand, war sie mit sechzehn die Kö-
nigin von Stuttgart. Sie gewann drei Ti-
tel. Heute ist sie Unternehmerin in
Houston, Texas, Chusovitina ist regel-
mäßig in ihren Trainingscamps aktiv.
„Ich habe gelitten, als sie den Fehler ge-
macht hat“, sagte Boginskaja. „Mehr,
als wenn ich selbst gesprungen wäre.“
EVI SIMEONI


InKürze


D


as Zwischenfazit für das deut-
sche Turnen bei der Weltmeis-
terschaft in Stuttgart fällt posi-
tiv aus, aber nicht über-
schwänglich. Zu gerne hätten
die Turnerinnen neben der Qualifikation
für die Olympischen Spiele auch das Team-
finale der besten acht erreicht, das sie als
Neunte mit nur 0,034 Punkten denkbar
knapp verpasst hatten. Doch das Haupt-
ziel haben Elisabeth Seitz, Sarah Voss,
Kim Bui, Emelie Petz und Pauline Schäfer
geschafft. Vor allem „Erleichterung“ ver-
spüre sie nun, sagte Cheftrainerin Ulla
Koch, die „kleine Träne im Auge“ wiege
da vergleichsweise gering. Auf Olympia
angestoßen habe man „mit zwei lachen-
den Augen“. Zudem habe sie angesichts
der eigenen Fehler, insgesamt drei Stürze
und eine Reihe kleinerer Patzer am Bo-
den, gar nicht erwartet, dass es „so knapp“
würde: „Die anderen haben auch Fehler
gemacht, fast keiner ist ungeschoren da-
vongekommen.“
Der Verlauf der beiden langen Wett-
kampftage zeigte, wie schnell auch sicher
geglaubte Positionen im internationalen
Vergleich verlorengehen. So landeten die
zuletzt immer stärkeren Japanerinnen nur
auf dem elften Rang, dafür gelang Spa-
nien überraschend die Olympiaqualifikati-
on. Besonders hart traf es Brasilien, das in
Rio noch im Teamfinale gestanden hatte
und sich nun auf dem 14. Rang wieder-
fand und nach momentanem Stand mit
nur einer Turnerin in Tokio antreten wird.
Besonders pikant ist dies, weil der brasilia-
nische Verband vor knapp zwei Jahren
den ehemaligen amerikanischen Cheftrai-
ner Valeri Liukin verpflichtet hatte und al-
lein deshalb mit Vorschusslorbeer aus al-
ler Welt bedacht worden war.
Es ist das vierte Mal in Serie, dass unter
der Führung von Ulla Koch die Olympia-
qualifikation gelingt. Dass dies keines-
wegs selbstverständlich ist, zeigt ein Blick
zurück: Nachdem die Qualifikation für
Barcelona 1992 mit einem Team gelungen
war, das auch auf die besten Turnerinnen
der ehemaligen DDR setzen konnte, hat-
ten die Olympischen Spiele 1996, 2000
und 2004 ohne deutsche Frauenmann-
schaft stattgefunden. Seitdem weisen die
Ergebnisse in eine klare Richtung: Qualifi-
kation und ein zwölfter Platz in 2008, ein
neunter 2012 und zuletzt in Rio gar ein
sechster Platz im Teamfinale. Mit den Leis-
tungen steigen auch die Erwartungen, zu-
mindest die von außen. Auf die Frage, ob
es im Laufe der Jahre einfacher oder
schwieriger geworden sei, sagt die Rhein-
länderin Koch erst mal lächelnd: „Man
wird ja auch nicht jünger.“ Um hinzuzufü-
gen, dass sie nun einfach viel mehr Erfah-
rung habe: „In die ersten Olympischen
Spiele bin ich noch so reingestolpert, jetzt
sehe ich das insgesamt gelassener.“ Allein
die hohe Aufregung direkt vor dem Wett-
kampf und die schlechte Nacht davor
macht sie als Konstanten aus.
Die Vorbereitung auf den Wettkampf ih-
rer Turnerinnen am vergangenen Freitag
hatte für sie im Grunde in der Woche nach
den Olympischen Spielen von Rio begon-
nen. Welche Turnerinnen wollen weiter-
machen? Welche Juniorinnen rücken auf?
Wie sieht es in der Schule aus, oder wie ko-
ordinieren die jungen Frauen Ausbildung
und Training am besten? Welche Trainer
haben Verträge an welchen Stützpunk-
ten? Nicht zuletzt natürlich: Wie sehen die
neuen Wertungsvorschriften aus, und wel-
che Schlüsse muss man daraus für das Trai-
ning ziehen? Das Team von Rio wollte ge-
schlossen weitermachen, und sieht man
von der weiterhin verletzten Tabea Alt ab,
dann ist es das in lediglich zwei Positionen
ergänzte erfolgreiche Rio-Team, dem die
abermalige Olympiaqualifikation gelun-
gen ist. Über die sagte DTB-Präsident Al-
fons Hölzl: „Ich bin überaus erfreut, das ist
für uns unheimlich wichtig, und das war
auch das Hauptziel.“ Auch er klang erleich-
tert und wirkte erfreut. Es hat eine lange
Tradition, dass der Deutsche Turnerbund
dem Mannschaftswettbewerb Priorität ein-
räumt, und das ist weder eine eigensinnige
noch eine ungewöhnliche Haltung. Ange-
sichts des momentan etwas übertriebenen

Hypes um die Amerikanerin Simone Bi-
les, die während der Qualifikation ihre bei-
den neuen Elemente souverän präsentier-
te, könnte fast in Vergessenheit geraten,
dass es der Teamwettbewerb ist, dem in
der Welt des Turnens sehr übereinstim-
mend die höchste Bedeutung beigemes-
sen wird.
Obschon jede Turnerin letztlich auf
dem Podium mit ihrem Gerät ganz allein
ist, bedeutet die Mannschaft mehr als die
Addition der Einzelergebnisse. Ulla Koch,
die vor ihrer Zeit als Cheftrainerin lange
genug erlebt hatte, wie Trainer und Stütz-
punkte und in der Folge auch Turnerinnen

zerstritten nebeneinander existierten, ist
das Team seit jeher besonders wichtig. In
Stuttgart war sie hocherfreut und „sehr
glücklich“ darüber, wie sich ihre sechs Tur-
nerinnen selbst als Team definieren. In
den Kriterien für diese Weltmeisterschaft
stand die Mannschaftsdienlichkeit an ers-
ter Stelle. Im Hinblick auf Tokio wird sich
hier einiges ändern: Das Team besteht nur
noch aus vier Turnerinnen. Und die be-
reits vom Deutschen Olympischen Sport-
bund (DOSB) bestätigten Kriterien lau-
ten, so Ulla Koch: „Erstens Medaillenchan-
cen, zweitens Finalchancen, drittens
Mannschaft.“ Eventuell könnte dann ein

schwächeres Team mit größeren Chancen
auf einzelne Geräteplazierungen den Vor-
rang erhalten. Aber noch ist die Weltmeis-
terschaft in Stuttgart nicht für alle been-
det. Elisabeth Seitz und Sarah Voss stehen
im Mehrkampf- und in je einem Gerätefi-
nale. Die 30-jährige Teamkapitänin Kim
Bui brachte es auf den Punkt: Anstatt lan-
ge darüber zu sprechen, wie gern sie selbst
noch einmal im Teamfinale auf das Podi-
um gewollt hätte, gab sie fröhlich die Di-
rektive für die kommenden Tage aus: „An-
feuern, mitfiebern, unterstützen, wo es
nur geht! Alles, was sie brauchen, wir sind
für sie da!“

PARIS. Im wichtigsten Galopprennen
Europas hat es eine Überraschung aus
deutscher Sicht gegeben. Im mit fünf
Millionen Euro dotierten Prix de l’Arc
de Triomphe hat am Sonntag der fünf-
jährige Hengst Waldgeist gewonnen –
vor der gleichaltrigen Stute Enable
und dem dreijährigen Sottsass. Der
großen Favoritin Enable blieb damit
der dritte Sieg in Folge in dem Rennen
versagt. „Er hat ein großes Kämpfer-
herz gezeigt“, sagte Siegreiter Pierre-
Charles Bodout, der vor ein paar Jah-
ren als erster Jockey in Europa 300 Sie-
ge in einer Saison schaffte, das Herz-
stück – den Arc auf der Pariser Nobel-
bahn Longchamp – aber noch nicht ge-
wonnen hatte. Ganz anders der Trai-
ner von Waldgeist, der 73-jährige Re-
kordtrainer André Fabre. Es war be-
reits sein achter Erfolg in dem Gruppe
1-Rennen über 2400 Meter, angefan-
gen 1987 mit Trempolino. 2005 siegte
er mit Hurricane Run aus der Zucht
des Gestüt Ammerlands, der aber we-
nige Monate vor dem Rennen an das
irische Gestüt Coolmore verkauft wur-
de. „Ich bin sehr stolz, dass Waldgeist
eine solch tolle Stute wie Enable schla-
gen konnte“, sagte Fabre.
Nun ist das in der Nähe des Starn-
berger Sees in Bayern liegende Gestüt
Ammerland des Rechtsanwalts Die-
trich von Boetticher nicht nur als
Züchter, sondern als Besitzer verant-
wortlich – allerdings als internationa-
les Gemeinschaftsprodukt. Denn ge-
züchtet wurde Waldgeist von The
Waldlerche Partnership. Dahinter ver-
birgt sich neben Ammerland noch das
englische Gestüt Newsells Park, das
dem deutschen Unternehmer und Ba-
den- Racing-Rennvereins-Präsidenten
Andreas Jacobs gehört, und Coolmo-
re. Benannt wurde die Partnerschaft
nach dem Namen der Mutter Waldler-
che, die als Rennpferd immerhin Grup-
pe-3-Siegerin war und vom besten
deutschen Deckhengst der vergange-
nen Jahrzehnte, Monsun, abstammt.
Vater von Waldgeist ist der Coolmore-
Deckhengst Galileo, der erfolgreichs-
te Vererber in Europa seit vielen Jah-
ren. Coolmore verkaufte später seine
Waldgeist-Anteile an Ammerland und
Newsells Park.
Im 21. Rennen war es der neunte
Sieg für Waldgeist, der als Zweijähri-
ger bereits ein Gruppe-1-Rennen ge-
wann, als Dreijähriger Zweiter im
Französischen Derby war, im Vorjahr
vier Gruppe-Rennen holte und in die-
sem April im Prix Ganay in Long-
champ triumphierte. Doch nun errang
er seinen wichtigsten Erfolg, der seine
Gesamtgewinnsumme auf 4,6 Millio-
nen Euro schraubte. Mit seiner Ab-
stammung hat Waldgeist beste Chan-
cen, selbst ein erfolgreicher Deck-
hengst zu werden.
Die fünfjährige Stute Enable mit
Frankie Dettori im Sattel bot wieder
eine starke Leistung, doch nach zwölf
Siegen in Folge – davon zehn auf
höchstem Niveau – sollte es nicht zum
Triple in dem 1920 gegründeten Ren-
nen reichen. 2015 scheiterte Treve
nach zwei Siegen in Folge, nun Enab-
le. „Auf der einen Seite bin ich fast
traurig, dass wir Enable den Weg in
die Geschichtsbücher verbaut haben“,
sagte der Gestütsleiter von Newsells
Park, Julian Dollar. „Schließlich ist ihr
Vater Nathaniel Deckhengst bei uns.
Aber einen Arc-Sieger mitzuzüchten
und mitzubesitzen, ist etwas ganz Be-
sonderes.“ PETER MÜHLFEIT

Freundinnen:Svetlana
Boginskaja(rechts) und
Oksana Chusovitina Foto Imago

PERSÖNLICH


Der Star ist

die Mannschaft

Ergebnisse


Edelstahl


rostfrei


Turnerin Chusovitina springt
an Tokio vorbei

ImFokus:Simone Biles Foto dpa

HOCKENHEIM(dpa/sid). Nico Mül-
ler hat das letzte Rennen der diesjähri-
gen Saison im Deutschen Tourenwa-
gen-Masters (DTM) gewonnen. Der
Audi-Pilot aus der Schweiz verwies am
Sonntag auf dem Hockenheimring bei
Regen seine Markenkollegen Mike Ro-
ckenfeller und René Rast auf die Plät-
ze. „Das war der Abschluss, den wir
uns erhofft haben. Ich bin einfach nur
happy“, sagte Müller. Rast hatte seinen
zweiten Titel nach 2017 bereits vor
den beiden Finalrennen gewonnen
und beendete die Saison mit insgesamt
322 Punkten vor Müller (250) und
BMW-Pilot Marco Wittmann (202).
Wegen der widrigen Wetterbedingun-
gen musste das Safety Car bereits in
der ersten Runde ausrücken. Eine Run-
de später wurde das Rennen unterbro-
chen, da der Aston Martin des Spa-
niers Daniel Juncadella brannte und
eine lange Ölspur auf dem Hochge-
schwindigkeitskurs hinterlassen hatte.


Großes


Kämpferherz


Waldgeist gewinnt


Prix de l’Arc de Triomphe


Tokio im Blick:Elisabeth Seitz erreichte am Stufenbarren in der WM-Qualifikation das viertbeste Ergebnis. Foto Imago

Müller siegt


beim DTM-Finale


Erleichterung bei den deutschen Turnerinnen: Die


Olympiaqualifikation ist geschafft. Elisabeth Seitz


und Sarah Voss können bei der WM nun ihre Einzel-


interessen verfolgen.Von Sandra Schmidt, Stuttgart

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