Endlich vorbei
Wenig Freude für die deutschen
Leichtathleten bei der WM S. 60
Endlich gesund
Turnerin Elisabeth Seitz bei der
Heim-WM in Stuttgart S. 61
José Mourinho steht in einem Park
und gibt ein Interview. „Als ich zum
Profifußball kam, hat es Klick ge-
macht“, erzählt er. Seither sei es non-
stop zur Sache gegangen. „Und jetzt,
statt es zu genießen ...“, er spricht
schneller, lacht fatalistisch: „Ich kann
es nicht genießen.“ Er beginnt zu wei-
nen und wischt sich eine Träne aus
dem Auge. „Ich vermisse es.“ Armer
José. Seit seiner Entlassung bei Man-
chester United im Dezember ist er nun ohne Job. So
eine lange Auszeit gab es nie, seit er Anfang des Jahr-
tausends beim FC Porto zur ersten Trainersensation
der globalisierten Fußballzeiten aufstieg.
VON FLORIAN HAUPT
Stratege und Kommunikator, unerschrockener
Feldherr, Entertainer ohne Grenzen – „The Special
One“, der Besondere, wie er sich 2004 zum Amts-
antritt bei Chelsea taufte, hat das Spiel geprägt und
vielleicht noch mehr die ganze Branche. Zeitweise
schien allein er sie in zwei Lager zu spalten, bedin-
gungslose „Mou“-Anhänger und erbitterte Gegner.
Doch nun, wo er im Alter von 56 allmählich in die
Spätphase kommt, wo seine großen Schlachten histo-
risiert sind und der Blick dadurch automatisch milder
wird – da fehlt ihm also die große Bühne.
Fast jeder Trainer kennt diese Zeit der Ungewiss-
heit, die ein paar Tage oder Jahre dauern kann. Den ei-
genen Namen im Spiel zu halten ist dabei wichtig.
Normalerweise ohne verzweifelt rüberzukommen,
aber so viel Ehrlichkeit kann sich einer wie Mourinho
dann eben leisten. Wie seine berüchtigte Arroganz.
„Für so viele Leute, denen ich eine Referenz bin, für so
viele Junge, denen ich ein Licht war, habe ich eine gro-
ße Verantwortung“, erklärte er in einem anderen sei-
ner häufiger gewordenen Interviews: „Die Verantwor-
tung, José Mourinho zu sein bis zum letzten Tag.“
Berühmte Trainer haben zwischendrin mal einen
Knick gehabt, viele fingen erst kleiner an, bevor sie
neuerlich reüssierten. Louis van Gaal etwa in Alkmaar
oder Jupp Heynckes in Leverkusen. Offerten aus der
zweiten Reihe, auch von deutschen
Vereinen, soll er aber abgelehnt ha-
ben. José Mourinho zu sein, das be-
deutet: „Ich muss dahin zurück, wo
ich hingehöre und immer war – auf
höchstes Niveau.“
Wohin also? Bei Chelsea war er
schon zweimal. Inter Mailand, seine
italienische Liebe, entschied sich im
Sommer für Antonio Conte und fährt
damit bislang gut. Beim Lokalrivalen
AC könnte nach miesem Saisonstart bald ein Platz frei
werden, aber der spielt nicht mal in der Champions
League. Heißer ist die Spur zu Real Madrid, dem spa-
nischen Ex, den er einst fast auf Augenhöhe mit dem
Wunder-Barcelona seines Antipoden Pep Guardiola
hievte, aber letztlich unter Spannungen verließ.
WIEDER ZU REAL?„Ich habe Fehler gemacht und bin
seither als Trainer und Mensch besser geworden“, an-
tichambrierte er gekonnt, als sich in einer Real-Krise
vergangenen März der nächste Umbruch abzeichnete.
Doch obwohl Präsident Florentino Pérez auf keinen
seiner Trainer größere Stücke hält, fiel die Wahl erst
einmal auf einen anderen Rückkehrer, den unisono
respektierten Zinédine Zidane. Der scheint es seither
allerdings auch nicht so richtig hinzubekommen.
„Mourinho wartet vor der Tür“, sprach Ex-Klubpräsi-
dent Ramón Calderón dieser Tage aus, was für die ei-
nen wie ein Versprechen klingt, für die anderen – nicht
zuletzt manche Spieler – wie eine Drohung.
Nach Reals peinlichem 0:3 kürzlich bei Paris Saint-
Germain wurde Mourinho von spanischen Reportern
auf der Straße in seinem Londoner Wohnviertel abge-
passt. „Real Madrid hat schon einen Trainer“, erklärte
er solidarisch mit Zidane. Bei strahlend blauem Him-
mel überraschte er dafür mit der Aussage, gerade auf
dem Weg zu seinem Deutsch-Unterricht zu sein. Diese
Sprache fehle ihm noch, und außerdem: „Ich weiß
nicht, ob ich eines Tages in Deutschland arbeiten wer-
de.“ Vielleicht, so Mourinho, wolle er aber auch nur
ein paar Worte im Landesidiom beitragen können,
wenn er zum nächsten Mal bei einem Champions-
League-Spiel in Deutschland vorbeikomme.
Übernehme
jede Arbeit
Madrid? Mailand? München? Oder gar Borussia Dortmund?
José Mourinho möchte unbedingt zurück auf die große Bühne.
Und erzählt freimütig, dass er gerade intensiv Deutsch lernt
FUSSBALL