Der Spiegel - 28.09.2019

(Ann) #1

Der selbst ernannte große »Dealmaker«, US-Präsident Donald
Trump, wäre in dieser Woche beim Uno-Gipfel in New York gefor-
dert gewesen. Er hätte mit Irans Präsident Hassan Rohani über die
Chancen eines neuen Atomabkommens sprechen müssen. Viel-
leicht hätte das die Eskalation am Persischen Golf bremsen können.
Doch es kam nicht dazu. Iran zeigt keinerlei Verhandlungsbereit-
schaft und demonstriert einen trotzigen Willen durchzuhalten. Wie
groß Irans Beitrag zum Schlag auf das Herz der saudi-arabischen
Ölproduktion in Abkaik und Khurais vor zwei Wochen tatsächlich
war, lässt sich womöglich niemals ganz aufklären. Dass Iran mit-
wirkte, etwa mit Waffentechnologie und Satellitenaufklärung, darf
aber als gesichert gelten. Eine solche Präzisionsattacke gegen mehr
als 20 Ziele können wohl nur moderne Armeen leisten.
Der Angriff barg ein hohes Risiko. Er hätte die ganze Region
in Brand stecken, sogar einen amerikanischen Gegenangriff pro-


vozieren können. Aber Teherans Kalkül ging auf: Iran versetzte
seinem größten Feind in der Region, dem Rivalen Saudi-Arabien,
der zugleich Amerikas wichtigster Verbündeter am Golf ist,
einen schweren Schlag. Das Regime in Teheran hat gezeigt, dass
es sich nicht in die Knie zwingen lässt, weder durch Sanktionen
noch durch diplomatischen Druck. Es scheint seine Strategie fort-
setzen zu wollen, mit militärischen Nadelstichen sein politisches
Gewicht in der Region zu demonstrieren.
Der Angriff auf das Königreich legte offen: Der Ölstaat Saudi-
Arabien ist schwach, und die USA agieren unentschlossen.
Ohne die amerikanische Schutzmacht ist Riad kaum in der Lage,
sich zu wehren, schon gar nicht militärisch. Iran dürfte deshalb
mit seiner »Kriegshandlung«, wie Trumps Außenminister Mike
Pompeo den Angriff richtig genannt hat, einfach davonkommen.
Susanne Koelbl

Analyse

Trotziger Wille


Iran kommt mit seiner Politik der militärischen Provokationen davon.

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Ausland

»Bring die Polizei dazu, dich zu schlagen.«‣S. 90

DER SPIEGEL Nr. 40 / 28. 9. 2019

Nur unter schwerer Bewachung können afghanische Bürger Wahlkundgebungen wie diese besuchen.Der Urnen -
gang am Samstag steht im Zeichen von Terror durch die Taliban. Diese haben vor 18 Jahren die gigantische
Buddhastatue in der Felsnische gesprengt, heute zünden sie Bomben bei Auftritten der Präsidentschaftskan-
didaten. US-Präsident Donald Trump hat Gespräche mit den Kämpfern unlängst abgebrochen.

PAULA BRONSTEIN / GETTY IMAGES
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