Egal wie hübsch da Vincis Mona Lisa
vonder Wand lächelt, Van Goghs
Sonnenblumen um die Wette leuch-
ten oder Dalís Uhren wie Butter in
der Sonne zerfließen – irgendwann
wird es selbst in den tollsten Kunst-
museen der Welt ein bisschen lang-
weilig. Die Gemälde hängen still an
der Wand, die Besucher stehen ge-
nauso still davor und alles, was Spaß
macht, ist verboten: rennen, laut
sein, anfassen, fotografieren, spie-
len, toben, lachen.
In einem Museum in Japans
Hauptstadt Tokio ist das anders.
Dort werden die Kunstwerke nicht
aufgehängt, sondern angeknipst.
520 Computer und 470 Projektoren
zeichnen dann Muster und Figuren
aus Licht an die Wände, Decken und
Böden der Ausstellungsräume. Da
gibt es zum Beispiel den „Blumen-
wald“, in dem jeder Winkel mit Blü-
ten ausgeleuchtet ist. Berührt man
sie mit den Fingern, fliegen ihre Blät-
ter in alle Richtungen davon. Oder
das „Schwebende Nest“ – ein durch
den Raum gespanntes Netz, auf dem
man wie schwerelos liegen und in ei-
ne Art digitalen Sternenhimmel
schauen kann.
Hinter dem Mu-
seum steht eine
Gruppe von Künst-
lern und Computer-
experten, die sich
Borderless nennt.
Das ist englisch und bedeutet „gren-
zenlos“. Und genau darum geht es:
Grenzen sollen verschwinden, vor al-
lem zwischen Mensch und Kunst.
Deshalb kann man mit den meisten
Kunstwerken etwas machen. Zum
Beispiel, indem man sie antippt und
dadurch verändert, so wie bei den
Blütenblättern. Oder, indem man
die Lichtfarben über eine App steu-
ert – so wie in der „Kristall-Welt“, in
der Tausende LED-Leuchten von
der Decke baumeln. Im „Lampen-
wald“ kommt es einem vor, als hätte
man plötzlich Zauberkräfte: Das
Licht folgt einem, ist abgestimmt
auf jede Bewegung.
Wendet man den
Blick, gehen wieder
andere Lampen an,
als ob man sie mit
den Augen anknip-
sen könnte.
Manche Menschen finden, das al-
les sei mehr Vergnügungspark als
Museum. Die Besucherinnen und
Besucher aber lieben es. Schon im
ersten Jahr kamen mehr als drei Mil-
lionen, darunter viele Kinder. Für
sie gibt es einen extra gestalteten Be-
reich im zweiten Stock. Wer dort ein
Tier auf Papier malt, kann wenig spä-
ter zusehen, wie es als Projektion
über die Wand flimmert. Wer auf
dem Trampolin hüpft, löst einen
Sternenschauer aus. Und wer die
Rutsche hinabsaust, hinterlässt eine
Spur aus bunten Lichtstreifen. Au-
ßerdem kann man versuchen, die
Tiere an den Wänden und auf dem
Boden mit den Händen oder Füßen
zu fangen – dann zerspringen sie,
und die Projektion erlischt.
Jeder wird so zu einem Teil der
Kunst. Alles ist in Bewegung, verän-
dert sich ständig. Manche sind über-
zeugt, dass so die Museen der Zu-
kunft aussehen werden. Wenn un-
ser Leben immer digitaler wird, war-
um nicht auch die Kunst? Vielleicht
wird es dann einen Algorithmus ge-
ben, der Mona Lisa ein Augenzwin-
kern ins Gesicht malt und die be-
rühmten Sonnenblumen im Wind
wehen lässt.
Fotos: dpa, privat (Kindertipp)
Glimm Bimm!
Im Digital Art Museum in
Tokio ist erlaubt, was
anderswo Ärger auslöst:
anfassen, austoben,
mitmachen
text: nina himmer
Die Idee
Gemeinsam mit meinem Papa ma-
che ich eine Art Radiosendung im In-
ternet. In unserem Podcast namens
„Nanu!“ stellen wir neue Brettspiele
für Familien vor und sagen, ob wir
sie gut finden. Die Idee dafür hatten
wir schnell: Spielen ist unser gemein-
sames Hobby. Die meisten meiner
Freunde kennen allerdings keine
Podcasts. Ich erkläre es ihnen so:
Das ist wie Youtube, nur dass man
denjenigen nicht sehen kann. Dann
verstehen es die meisten.
Die Vorbereitung
Vor unserer allerersten Aufnahme
war ich ziemlich aufgeregt. Ich bin ei-
gentlich eher schüchtern und jetzt
sollte ich fremden Leuten ein Spiel
vorstellen? Aber zum Glück wusste
Papa schon, wie man so etwas vorbe-
reiten muss. Wir sprechen nämlich
nicht einfach drauflos, sondern über-
legen uns genau, was wir später er-
zählen wollen. Dafür teilen wir uns
vorher die Fragen ein bisschen auf.
Vor der Aufnahme teste ich jedes
Spiel ausgiebig, lese die Beschrei-
bung und notiere die wichtigen Sa-
chen auf einem Zettel. Das, was ich
unbedingt sagen will, übe ich min-
destens fünfmal.
Der Inhalt
In einem Spiel kann es mehr um
Glück oder um Planung gehen. Was
einem gefällt, ist Geschmackssache.
Für mich ist vor allem wichtig, ob ein
Brettspiel schon Kindern in meinem
Alter Spaß macht, ob die Zeichnun-
gen schön sind und die Figuren oder
Karten gute Qualität haben. Weil die
Hörer das Spiel ja nicht sehen kön-
nen, muss ich besonders auf genaue
Beschreibungen achten: Ich erkläre
darum, wie sich die Figuren anfüh-
len, welche Farben und Materialien
verwendet wurden und wie die Pa-
ckung aussieht.
Das Sprechen
Ich wärme vor der Aufnahme meine
Stimme auf, so machen das Schau-
spieler auch. Mein Papa kümmert
sich inzwischen um die Technik und
richtet das Mikrofon ein, damit man
zum Beispiel das Schlucken oder
Schnaufen nicht so hört. Am Anfang
unserer Aufnahmen bin ich trotz-
dem oft nervös. Ich schaue dann mei-
nen Papa an und tue so, als ob ich
nur mit ihm sprechen würde. So wer-
den ich locker. Seit unserer Sendung
bin ich überhaupt weniger schüch-
tern. Referate in der Schule finde ich
jetzt zum Beispiel ganz einfach.
protokoll: rebecca sandbichler
Unter dem Wasserfall: Obwohl alle Kunstwerke technische
Illusionen sind,stammen die Ideen dafür aus der Natur.
Im „Lampenwald“ berechnet ein Computerprogramm die Position
der Besucherund stimmt die Lichter darauf ab.
Bei Rot stehen, bei Grün gehen:
Ampeln funktionierenauch des-
halb so gut, weil sie einfach zu ver-
stehen sind. Leuchtende Farben
leuchten eben allen ein. Deshalb
kämpfen viele Menschen seit Jah-
ren darum, auch Lebensmittel
mit einer Ampel zu kennzeich-
nen. Ihre Idee: Gesundes Essen
wie Haferflocken oder Natur-
joghurt soll auf der Verpackung
grün markiert werden, ungesun-
des wie ( ja, sorry!) Fertigpizza,
Schokoriegel oder Chips knallrot
und alles dazwischen gelb oder
orange. So könnte jeder im Super-
markt auf einen Blick erkennen,
ob er oder sie eine Zucker- oder
Vitaminbombe eingepackt hat.
Ja, dummerweise auch die El-
tern. Aber es hilft ja nichts: Viele
Produkte sind lange nicht so ge-
sund, wie sie auf der Verpackung
angepriesen werden – sie enthal-
ten große Mengen Zucker, Salz
oder Fett. Weil zu viel davon auf
Dauer krank macht, hat sich Er-
nährungsministerin Julia Klöck-
ner nun entschieden, die Ampel
im nächsten Jahr einzuführen.
Das Problem: Die Unternehmen
sind nicht gezwungen, sie zu ver-
wenden – die Kennzeichnung ist
nur freiwillig. Verbraucherschüt-
zer finden das doof. Sie wollen,
dass der Verzehr-Verkehr in ganz
Europa mit Ampeln geregelt
wird. Per Gesetz, so wie auf der
Straße auch. nhm
Podcasts
aufnehmen
Von Mia, 11
Podcastssind wie Youtube
zum Zuhören. Worauf
muss man bei einer eigenen
Sendung achten?
Man kommt sich vor wie
in einemComputerspiel –
inklusive Zauberkräfte
Fotos: teamLab, privat
Aktuell
Ampelessen
Normalerweise
regelnAmpeln den
Verkehr. In Zukunft
aber sollen sie auch
beim Essen zu mehr
Ordnung führen.
Warum?
Ernährungsministerin Julia Klöckner bei der
Präsentation der Lebensmittel-Ampel.
Fünf statt drei Farben: So sollen künftig
Lebensmittel gekennzeichnet werden.
Kindertipp
Es kostet Überwindung, sich auf das wacklige und
freiaufgehängte Netz zu wagen. Trotzdem bilden sich vor
„Floating Net“ oft lange Besucherschlangen.
Das Museum hat erst 2018 eröffnet und schon im ersten Jahr mehr
als 3,5 Millionen Besucher aus aller Welt angelockt.
Auch in der Kristall-Welt zerfließen Grenzen: zum Beispiel
zwischen oben und unten, den vielen Spiegeln sei Dank.