Bild - 21.09.2019

(Jacob Rumans) #1

BILD DEUTSCHLAND • 21. SEPTEMBER 2019 SEITE 3


Berlin – Kahlschlag
bei der Commerzbank:
Nach der gescheiterten
Fusion mit der Deut-
schen Bank will die
Bank rund 4300 Stel-


len streichen und 2000
neue aufbauen! Außerneue aufbauen! Außerneue aufbauen! Außer--
dem soll ein Fünftel aller
Bank-Filialen geschlos-
sen werden – 200 von


  1. Der Aufsichtsrat


entscheidet nächste Wo-
che. Das Ziel sei, den
geplanten Stellenabbau
„möglichst sozialverträg-
lich“ zu gestalten, versi-
cherte das Institut ges-

tern. Die Gesamtkosten tern. Die Gesamtkosten
für den Stellenabbau
und die Filialschließun-
gen beziffert die Com-
merzbank derzeit auf
rund 850 Millionen Euro.

Hamburg – Radfahrer
müssen einen entspre-
chend ausgeschilder-
ten Radweg nutzen.
Fahren sie stattdessen
auf der Straße, be-
gehen sie einen Ver-
kehrsverstoß. Bei ei-
nem Unfall mit einem
geparkten Auto haf-
ten sie daher allein,
ohne dass man ihnen
ein Verschulden dafür
nachweisen müsste.
Das geht aus einem
Urteil des Landge-
richts Hamburg hervor
(Az. 323 O 79/18).

Berlin – Bisher waren
sie auf Spenden ange-
wiesen. Künftig sollen
Krebsberatungs-Stellen
von den Krankenkassen
finanziert werden.
In derzeit rund 150
solcher Beratungs-Ein-
richtungen finden Pati-
enten nach einer Krebs-
Diagnose vor allem
psychologische Hilfe.
Für die Patienten ist
dies kostenlos, für die
Träger dieser Einrich-
tungen entstehen Kos-
ten von rund 21 Milli-
onen Euro/Jahr. Diese
tragen künftig die Kas-
sen. Gesundheitsminis-
ter Jens Spahn (39,
CDU) zu BILD: „In den
Beratungsstellen finden
Krebskranke schnell Ant-
worten auf ihre Fragen
und ein offenes Ohr.
Die Krankenversicherun-
gen müssen diese Bera-
tung in Zukunft endlich
mitfinanzieren.“ (kai)

Commerzbank schließt jetzt jede fünfte Filiale!


Fahrradfahrer


haftet bei


Unfall allein


Krankenkassen


müssen


Krebs-Beratung


zahlen


Deshalb kommen


plötzlich so viele


Flüchtlingsboote


aus der Türkei


MOHAMMAD
RABIE und LIANA
SPYROPOULOU

Neben dem Moto-
rengeräusch ist das rengeräusch ist das
Schreien von Babys Schreien von Babys
zu hören.
Gestern Morgen vor
der Küste der griechi-
schen Insel Lesbos.
Der Kommandeur des
griechischen Küsten-
wachboots 090 gibt
Befehle: „Ziel links
voraus, annähern,
alle fertig machen!“
Mit dem „Ziel“ ist ein
Gummiboot mit etwa
40 Flüchtlingen ge-
meint.
Es ist das neunte
Boot, das es seit MitBoot, das es seit Mit-
ternacht in griechische ternacht in griechische
Gewässer geschafft Gewässer geschafft
hat. 500 Menschen
waren an Bord, teils
Schwarzafrikaner,
aber zum größten
Teil mutmaßliche Sy-
rer. Kurz zuvor hat die
türkische Küstenwache
ein Flüchtlingsboot im
letzten Moment ange-
halten und in die Türhalten und in die Türhalten und in die Tür--
kei zurückgeschleppt.
Es sind Szenen wie
im Flüchtlingsherbst
2015, die wir, die BILD-
Reporter, gestern er-
lebten.
Seit Monatsbeginn
sind auf Lesbos 2988
Flüchtlinge mit insge-
samt 78 Booten ge-
landet. Zahlen, wie
man sie hier lange
nicht mehr kannte.
Doch warum kom-
men gerade jetzt wie-
der neue Flüchtlinge
aus der Türkei nach
Griechenland und da-
mit in die EU?
BILD sprach auf Les-
bos mit Yusuf Hassan

(43), einem syrischen
Vater aus Idlib. „Ich
blieb fünf Jahre in der
Türkei, habe gearbei-
tet und mich um mei-
ne Familie gekümmert,
aber in den vergan-
genen Monaten ging
es uns so schlecht,
dass wir wieder flie-
hen mussten.“
„Mein Sohn wur-
de auf der Straße zu-
sammengeschlagen“,
sagt Hassan. „Hätte
ich mich darüber be-
schwert, hätten sie uns
sofort zurück in den
Krieg abgeschoben.

sich verstecken, damit
sie nicht abgescho-
ben werden.“ Es sei-
en „Hunderttausende
Syrer, die darauf warSyrer, die darauf warSyrer, die darauf war--
ten nach Europa zu
fliehen, weil sie nicht
nach Syrien zurückkeh-
ren und dort unter As-
sads Bomben sterben
wollen. Wenn die EU
nichts unternimmt, wernichts unternimmt, wernichts unternimmt, wer--
den viele kommen.“
Kahled (29) verlor
erst vor drei Monaten
in Syrien sein Zuhau-
se. Seine Frau wurde
durch Assads Bomben
verletzt. Danach flüch-
teten die beiden in die
Türkei und sind jetzt auf
Lesbos. „Es war nicht
meine Wahl, ein Flücht-
ling zu sein. Aber lei-
der sind wir Flüchtlin-
ge geworden, da wir
einfach nicht wussten,
wie unser Leben in Sy-
rien weitergehen soll.
In der Türkei droht uns
die Rückführung, des-
wegen sind wir hier.
Wir wissen noch nicht,
wie es weitergeht.“
Im Lager auf Lesbos
will aber auch er nicht
bleiben.
ERLEBT EUROPA
SEINE NÄCHSTE
FLÜCHTLINGSKRISE?
Noch nicht. Noch sind

len etwa 30-mal gerin-
ger als vor dem Tür-
kei-EU-Deal.
Klar ist aber auch:
Wenn Europa nicht
rasch handelt – in der
Türkei UND in Syrien –
wird es wieder schlim-
mer werden.
„Die Strände drü-
ben sind voller Men-
schen, die rüber
wollen“, sagt ein
Flüchtling zu BILD.

Noch nicht. Noch sind Noch nicht. Noch sind
die monatlichen Zah-

Die Türkei hat mir gar
keine Wahl gelassen,
außer nach Europa zu
fliehen.“
Auch Asaad (34) hat Auch Asaad (34) hat
mit seiner Familie drei
Jahre in der Türkei geJahre in der Türkei ge-
lebt.
Zu BILD sagte er am
Freitag: „Die Türkei
schiebt einfach Men-
schen nach Idlib ab.
Ich will nicht zusehen,
wie meine Familie in
Idlib in Stücke geris-
sen wird, deswegen
bin ich nach Europa
gekommen.“
Ali (33) und seine
Familie sind erst am
Donnerstag mit ei-
nem Boot in Lesbos
angekommen. Sie
erzählen über den
schlimmen Umgang
der türkischen Regie-
rung mit den Syrern:
„In der Türkei kann
man als Syrer nicht
mehr leben. Die meis-
ten Menschen müssen

BILDER


WIE 2015


Fotos: GIORGOS MOUTAFIS, LIANA SPYROPOULOU

Die Zustände im Lager
sind katastrophal.
Es wächst „wild“
in den Wald hinein

Die griechische
Küstenwache sichert
ein Boot mit Flüchtlingen
aus Nigeria, Afghanistan,
dem Irak und Syrien

Ein Helfer hebt das Kind
einer syrischen Familie
aus dem Schlauchboot

BILD-Reporter Mohammad
Rabie im Gespräch mit
geflüchteten Syrern

Ein Vater und
seine Tochter
im Auffanglager
Moria auf Lesbos

„WIR BIETEN


MEHR FAKTEN,


MEHR EINORDNUNG,


MEHR ORIENTIERUNG.“


Tatjana Heid Politik-Chefin t-online.de
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